Loe raamatut: «Damian - Vertrauen», lehekülg 5

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8.

Ich habe eine lange Dusche genommen und versucht zu lesen, konnte mich jedoch nicht auf den Text konzentrieren und als ich ein viertes Mal die gleichen Zeilen lesen musste, um es zu verstehen, gab ich auf und legte mich ins Bett. Doch jetzt nach fast zwei Stunden hin- und herwälzen, stehe ich auf. Ich ziehe mir einen dünnen Morgenmantel über, den mir Damian vor einigen Wochen geschenkt hat und begebe mich auf die Suche nach ihm.

Ist er noch immer in seinem Arbeitszimmer? Ist er nicht müde? Schliesslich ist es bereits weit nach Mitternacht.

Leise schleiche ich durch den langen Flur und bleibe mit etwas wackeligen Beinen vor seiner Tür. Unschlüssig, was ich als nächstes tun soll. Doch dann hebe ich meine Hand und klopfe kurz an, bevor ich in sein Büro gehe, das nur in ein gedämpftes Licht gehüllt ist.

Noch ehe ich ihn sehe, spüre ich seine Präsenz und dann entdecke ich ihn endlich. Er sitzt hinter seinem Schreibtisch, der aus Massivholz gefertigt ist und starrt mit leeren Augen an die gegenüberliegende Wand. In seiner Hand hält er ein gefülltes Tumbler Glas.

„Ich habe dich vermisst.“ durchbreche ich die unangenehme Stille, als ich auf ihn zugehe und seine Laune versuche abzuschätzen.

„Ich wusste nicht, ob du mich bei dir haben wolltest. Nachdem was ich...“

„Schsch.“ Ich lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen. „Du warst nur ehrlich. Das habe ich mir von Anfang an gewünscht.“ Ich löse seinen Griff um das Whiskey Glas und ziehe an seinem Bürostuhl, bringe Abstand zwischen ihn und dem Tisch.

Ich kann seinen Zustand nicht wirklich abschätzen, denn die Dunkelheit verschlingt seine Verfassung. Mein Blick schweift zwischen Damian und dem vollen Glas hin und her. Wie wenn ich so herausfinden könnte, wie viel er schon getrunken hat.

Als hätte ich meine stumme Frage laut ausgesprochen, antwortet er mir: „Ich wollte mich volllaufen lassen.“ Er sieht mir fest in die Augen, wobei sich mein Magen schmerzhaft zusammenzieht. „Aber ich habe keinen einzigen Schluck genommen. Wir beide wissen ganz genau, was das letzte Mal passiert ist, als ich zu tief ins Glas geschaut habe und das möchte ich nicht noch einmal erleben.“

Eine sehr angenehme Wärme breitet sich in mir aus und ehe ich weiss, was ich tue, steige ich auf seinen Schoss, um seinen Mund in Besitz zu nehmen. Ich drücke meine Lippen auf seine und fahre mit der Zunge darüber. Immer und immer wieder bis er sie öffnet und mich in seinen Mund lässt.

„Oh Babe.“ stöhnt er, als unsere Zungen sich zu einem wilden Tanz umschliessen. „Du schmeckst so gut.“ Seine Hände fahren über den dünnen Stoff und wandern zum Knoten, der den Morgenmantel zusammenhält.

Kaum spüre ich seine Finger auf meiner Haut, jagt ein wohliger Schauer durch meinen ganzen Körper und beginne in langsamen Rhythmus meine Hüften zu kreisen.

„Schlaf mit mir.“ stöhne ich heiser auf, als eine seiner Fingerspitzen über meinen aufgerichteten Nippel fährt und ein anderer Finger zwischen meine Schenkel wandert. Ein, zwei Sekunde verharre ich in meinen Kreisbewegungen, während er mit dem Daumen in mich gleitet.

„Du bist so feucht.“ keucht er auf, als er mich von innen massiert. „Du bist so verdammt bereit für mich, dass ich mich nur schwer zurückhalten kann, dich nicht hier auf dem Tisch zu nageln.“

„Und wenn ich genau das möchte?“ frage ich ihn mit neckischen Augen. Ich rutsche etwas nach hinten, nur so viel, dass ich gut an seine Hose komme. Meine Hände wandern zu seiner Gurtschnalle, öffne sie, dann den Knopf und schliesslich den Reissverschluss. Schon durch die Boxershorts fühle ich seine Erektion und kann es kaum abwarten ihn in mir zu spüren. Ich schiebe meine Hand in seine Shorts und umschliesse damit seinen harten Schwanz. „Oh ja.“ stöhne ich. „Ich will dich ganz tief in mir.“ Ich ziehe seine Hose und Shorts gerade so weit nach unten, damit ich ihn befreien kann, dann lasse ich meine Hüfte nach unten senken und nehme ihn in mir auf. Ganz langsam, sodass ich jeden einzelnen Zentimeter von ihm fühlen kann. Anschliessend hebe ich mich wieder, lasse ihn ganz aus mir herausgleiten, nehme ihn in die Hand, massiere ihn wenige Male und empfange ihn wieder in meiner Vagina. Meine Bewegungen werden schneller und ich reite ihn wild auf dem Bürosessel, treibe ihn zur Ekstase.

„Du bist so verdammt gut.“ Seine Finger krallen sich in mein Fleisch und kommt mir mit groben Stössen entgegen.

Ich lege den Kopf in den Nacken, stütze meine Hände auf die Stuhllehne und keuche mehrmals seinen Namen, als er sich seinem Orgasmus nähert.

„Stopp.“ Er zwingt mich aufzustehen.

Seine Unterbrechung wirft mich völlig aus der Bahn und starre ihn verdutzt an. Seine Augen sind gefährlich dunkel.

Auf seinem Gesicht blitzt ein hungriger Ausdruck auf. „Setzt dich auf die Tischkante.“ Er wartet gar nicht ab, bis ich mich bewege, sondern hebt mich auf und lässt mich auf der kühlen Platte wieder runter. Fast gleichzeitig geht er vor mir auf die Knie und spreizt meine Beine. Plötzlich reizt seine Zunge meine Knospe.

„Oh.“ stöhne ich auf, als er mich mit geübten Bewegungen kitzelt. Meine Finger greifen in sein Haar und zerren daran. „Ja.“ seufze ich und dränge mich seinen prickelnden Liebkosungen entgegen. „Ich...“ Es ist unmöglich für mich noch einen klaren Gedanken zu fassen. Damians Zungenschläge treiben mich zu einem gigantischen Höhepunkt. Ich befürchte schon zu explodieren, wenn ich komme.

„Ja Babe. Lass dich gehen.“ höre ich seine himmlische Stimme von weit her.

„Damian!“ schreie ich und im nächsten Augenblick zuckt mein ganzer Körper und ich ringe nach Atem.

Als ich meine Augen wieder öffne, steht Damian vor mir, mit einem äusserst zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Mein Blick wandert nach unten, zu seinem senkrecht nach oben gerichteten Glied. „Dreh dich um und halt dich fest. Ich werde dich jetzt hart und schnell ficken.“

Rasch wende ich mich und strecke ihm mein Hinterteil entgegen. Seine Hände fahren über meine Backen, bevor er mich an den Seiten festhält und sich in Stellung bringt.

„Ah!“ schreie ich und kippe fast auf den Tisch, als er mich mit einem groben Stoss nimmt.

„Halt dich fest.“ keucht er hinter mir.

Ich stütze mich wieder auf die Hände und warte auf seinen festen Schwanz. Ein lautes Stöhnen kriecht aus meiner Kehle, in dem Augenblick, sowie er sich wieder in mich gräbt. Er geht fast ganz aus mir heraus und kommt mit schnellen, harten Stössen zurück. Immer und immer wieder. Ich seufze ständig seinen Namen, während er mich wild nimmt und sich zu seinem Orgasmus treibt.

„Du umklammerst mich wie eine eiserne Faust, dass ich es nicht mehr lange aushalte.“

„Vögle mich, Damian.“ Er beschleunigt seinen Rhythmus und unsere Körper klatschen laut gegeneinander. „Du bist so unglaublich hart.“ keuche ich.

„Jess! Ja!“ Plötzlich hält er inne, doch dann zittert er am ganzen Leib, als er sich in mir verliert und seinen Samen tief in mich spritzt.

Ich lege mich mit dem Oberkörper auf den Tisch und ringe um Atem. Es war unglaublich intensiv. Noch nie war ich ihm so nah, wie in den letzten Minuten. Während er mich nahm, wurde mir eines klar. Ich gehöre zu ihm und genau als das wollte er mich markieren, was mir ein wunderschönes Gefühl bereitete und es immer noch tut. Denn mit meinem Entscheid, dass ich bei ihm einziehen werde, obwohl er mich nicht heiraten möchte, bin ich mehr als glücklich. Ich kann mir ein Leben ohne ihn nicht mehr ausmalen, auch wenn es heisst, dass ich keine Kinder haben werde.

Die Nacht war kurz. Nachdem er mich aus dem Büro in sein, unser Schlafzimmer, dass das hier jetzt auch mein Zuhause ist, an das muss ich mich noch gewöhnen, gebracht hatte, haben wir uns ein weiteres Mal geliebt. Dieses Mal langsam, zärtlich und mit vielen Küssen. Danach fiel ich in einen festen Schlaf. Doch schon nach wenigen Stunden schrillte der Wecker auf meinem Smartphone. Ich stellte ihn auf stumm und kuschelte mich wieder an den Mann, dem mein Herz gehört.

Nach unserem heftigen Streit auf seinem Anwesen in Eastbourne war dies die erste Nacht, in der wir wieder im selben Bett schliefen und genau aus diesem Grund fehlte mir heute der innere Antrieb um aufzustehen. Ich wäre liebend gern liegen geblieben, nur hat mich Damian aus den Federn gezerrt, mir befohlen mich unter die Dusche zu stellen und mich für die Arbeit fertig zu machen. Was wollte ich schon ändern? Schliesslich ist er mein Boss.

Also stehe ich jetzt vor dem riesigen Spiegel im Bad und trage gerade Wimperntusche auf, als ich höre wie Damian ins Zimmer kommt. Wahrscheinlich hat er seine Morgenzeitung gelesen, sich über die Tagesgeschäfte informiert und dazu einen Kaffee getrunken. So wie er es jeden Morgen macht.

„Fertig?“ fragt er mich gerade in dem Moment, als ich meine Schminke zur Seite lege und noch ein letztes Mal durch die Haare fahre, bevor ich zu ihm ins Zimmer gehe. „Du siehst wie immer zum anbeissen aus.“

Ich hebe abwehrend die Hände in die Höhe, wohingegen er mit einem schelmischen Funkeln in den Augen auf mich zukommt.

„Wir müssen los. Schon vergessen?“ sage ich lächelnd zu ihm und stolziere mit verführerischem Hüftschwung an ihm vorbei.

„Du Biest.“ knurrt er hinter mir und legt die Hand auf mein Kreuz, als wir den Flur entlang zum Aufzug gehen.

Pietro steht schon vor dem Gebäude und öffnet uns die Wagentür, kaum treten wir auf den Gehweg. Er strahlt bis über beide Ohren, während ich einsteige und tippt sich wie immer an seine imaginäre Hutkrempe.

„Hast du deinem Bodyguard eine Lohnerhöhung versprochen oder was?“

„Nein, der verdient sowieso schon viel zu viel. Nicht wahr, Pietro?“ Dabei sieht er in den Innenspiegel und die Blicke der beiden Männern treffen sich.

„Certo.“ antwortet Pietro schmunzelnd in seiner Muttersprache und startet den Motor des Rolls Royce.

„Warum?“ fragt mich Damian, gleichzeitig fädelt sich unser Chauffeur in den Verkehr ein.

„Weil er lächelt, als hätte er Weihnachten und Geburtstag zusammen.“

„Er ist Italiener. Die strahlen immer.“

Könnte es sein, dass Pietro schon von meinem Einzug weiss? Könnte es sein, dass er sich darüber so sehr freut, dass er lächelt wie ein Marienkäfer?

Da fällt mir ein, dass Damian und ich vereinbart haben, es heute Rose und Mira zu erzählen. Rose gemeinsam und Mira werde ich es alleine sagen. Vor den anderen Mitarbeitern werden wir weiterhin geheim halten, dass wir ein Paar sind.

Ich bin doch tatsächlich ein wenig nervös. Wie werden meine beiden Freundinnen reagieren? Eigentlich kann ich mir nichts anderes denken, als dass sie sich für mich, für uns freuen, aber bevor ich nicht ihre Gesichter gesehen habe, nachdem sie von unserer Neuigkeit erfahren haben, wandere ich doch irgendwie im Ungewissen.

„Aufgeregt?“ fragt Damian von der Seite.

Ich zucke mit den Schultern. „Irgendwie schon.“

„Kein Grund zur Sorge.“ Sanft drückt er meine Hand, die auf seinem Bein liegt.

„Ich weiss.“

Schon nach wenigen Minuten sind wir vor dem Meyers Empire. „Wenn ich weiterhin jeden Morgen aus deinem Phantom steige, wissen die Mitarbeiter schnell Bescheid, dass etwas zwischen uns läuft.“ sage ich, als Pietro anhält.

„Egal.“

Verdutzt sehe ich Damian an. „Aber du wolltest doch, dass niemandem ausser Rose und Mira etwas von unserer Beziehung zu Ohren kommt?“ Seit wann ist es ihm gleichgültig, wenn die anderen das mit uns wissen?

Er sieht mir fest in die Augen. „Du gehörst zu mir und das kann von mir aus die ganze Welt wissen.“

„Aber wenn sie...“

„Wenn es blödes Gerede gibt, fliegen die Verantwortlichen. Ich bin ihr Boss und das sollten sie gefälligst gut im Hinterkopf behalten.“

Damian hat sich wie um hundertachtzig Grad gewendet. Noch vor wenigen Wochen, nein was sage ich, vor wenigen Tagen durfte auf keinen Fall jemand von unserer Affäre erfahren und nun kann es jeder wissen? Vor nicht mal einer Woche dachte ich, dass es zwischen uns aus wäre und jetzt das.

Mira kommt wenige Minuten nach mir ins Büro gestürzt. Ihre Wangen sind gerötet, ihr Atem geht schnell und ihre Haare, die sie erst kürzlich geschnitten hat, stehen in alle Richtungen.

„Sag nichts. Ich sehe beschissen aus.“ begrüsst sie mich, während sie sich aus ihrer Jacke schält.

„Guten Morgen.“ Jeden weiteren Kommentar bleibt mir in der Kehle stecken, als sie mir einen wütenden Blick zuwirft.

„Ich habe schon seit Jahren nicht mehr verschlafen und ausgerechnet heute, wo ich ein wichtiges Meeting habe, komme ich zu spät. Wie sehe ich aus?“ fragt sie mich.

„Irgendwie anders, aber gut.“

Sie streckt mir die Zunge heraus und ich muss mich beherrschen, nicht loszulachen. Es ist einfach amüsant ihr bei ihren fahrigen Bewegungen zuzusehen. So erlebt man sie nur sehr selten.

„Wie war die Hochzeit?“

„Es war eine sehr schöne Feier und die Braut hat einfach traumhaft ausgesehen. Alles passte. So möchte ich auch irgendwann mal heiraten.“

Ihre Erzählung gibt mir einen Stich ins Herz. Aber ich habe mich gleich wieder gefangen. „Und wer hat den Brautstrauss gefangen?“

„Eine Cousine des Bräutigams, obwohl ich mich sehr bemüht habe ihn zu fangen. Am liebsten hätte ich sie umgestossen und ihr den Strauss aus den Händen gerissen. Aber wir waren auf einer Hochzeitsfeier, da konnte ich doch wohl schlecht so etwas bringen.“ Sie fängt wild an zu gackern und ich falle amüsiert in ihr Gelächter. „Aber sieh mich jetzt an.“ Sie deutet auf ihr Gesicht. „So kann ich mich beim Meeting niemals zeigen.“

„Brauchst du Unterstützung?“ Eigentlich wollte ich ihr gleich von meinem Umzug erzählen, doch das muss sich noch etwas gedulden.

„Kannst du mir die Mappe von Ocean Tree aus der zweiten Schublade holen?“

Ich gehe an ihren Tisch und öffne das zweite Fach. „Hier ist sie nicht.“ sage ich ihr, als ich die Akte nicht finden kann.

„Sie muss aber da sein. Schau mal in der Ersten.“ Sie versucht mit den Fingern ihr Haar zu bändigen und es sieht wirklich schon besser aus.

Kaum öffne ich die obere Schublade, sehe ich die Ocean Tree Mappe. „Da haben wir dich ja.“ und lege sie auf den Tisch.

Gerade als ich die Lade wieder schliessen möchte, fällt mein Blick auf eine Verpackung, die mich sofort in meine Vergangenheit zurückwirft.

Genau wie jetzt sitze ich in meinem Büro, im Schreibtisch den Test versteckt, den ich in der Mittagspause in der Apotheke von nebenan geholt, aber noch nicht über mein Herz gebracht habe ihn zu machen.

„Alles in Ordnung?“ reisst mich Miras Stimme zurück ins Hier und Jetzt. Sie steht neben mir und sieht mich mit einem fragenden, aber auch sorgenvollen Ausdruck in den Augen an.

Erst jetzt bemerke ich, dass ich die kleine Schachtel in meinen Händen halte. „Oh, entschuldige.“ und lege sie schnell wieder zurück.

„Er liegt schon seit einer halben Woche da drin. Ich sollte ihn machen, damit ich endlich Gewissheit habe. Nur fürchte ich mich vor dem Ergebnis.“

„Willst du denn schwanger sein?“

„Nein!... Ja!“ Sie wirft beide Hände in die Höhe. „Ach, ich weiss nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es noch zu früh wäre. Ich möchte noch etwas mein Leben geniessen. Ausgehen, Partys machen. Einfach das, worauf ich gerade Lust habe. Andererseits könnte ich mir nichts Schöneres vorstellen, als mit Alan ein Kind zu haben.“

Ich versuche den Schmerz zu ignorieren, der sich um meine Brust wickelt. Dabei bemühe ich mich ein fröhliches Gesicht aufzusetzen.

„Aber warum bringt dich ein Schwangerschaftstest so aus der Fassung?“ stoppt mich Mira auf dem Weg zu meinem Tisch.

„Wie?“ Ich habe ihre Frage verstanden, nur was soll ich darauf antworten? Vielleicht ist es an der Zeit, ihr meine ganze Vergangenheit anzuvertrauen. Vor ein paar Wochen habe ich ihr zwar von Michael erzählt, dass er mich geschlagen und tyrannisiert hatte und er der Grund war, warum ich nach England kam. Doch das Schlimmste habe ich damals geschickt ausgelassen.

„Warum bringt dich ein Schwangerschaftstest so aus der Fassung?

„Ich war auch mal schwanger.“ antworte ich leise und hoffe, dass sie nicht weiterstochert.

„Was? Du hast nie etwas davon gesagt.“

„Es gab auch nie einen Grund dafür.“

Sie sieht mich skeptisch an, dann wirft sie einen Blick auf die Uhr. „Ich muss zum Meeting. Aber wir werden später darüber reden.“

9.

Eigentlich glaubte ich, dass ich an diesem Morgen im Glück schweben würde, mit einem riesigen Smile auf dem Gesicht, weil ich Rose und Mira von meinem Umzug erzählen wollte. Aber bis jetzt kam alles ganz anders. Nachdem ich von Miras eventuellen Schwangerschaft erfahren habe, rief mich Aila an. Ich bemerkte durch den Hörer hindurch, wie sie es genoss mich in Bakers Büro zu zitieren.

Seit den letzten fünf Minuten versuche ich herauszufinden, warum ich zu Baker beordert wurde. Gerne würde ich denken, dass er mich wenigstens einmal wegen meiner Arbeit rühmen oder mir eine neue Aufgabe zuteilen würde, doch ich weiss es besser. Er hatte noch nie ein gutes Wort für mich übrig. Er liebt es geradezu mich zu schikanieren. Also wird es auch dieses Mal sicher nicht anders. Aber was könnte ich angestellt haben? Ich erledige doch alles genau so, wie er es mir aufgetragen hat?

„Du kannst gleich weiter. Er wartet bereits. Wird bestimmt amüsant.“ erklärt Aila schadenfroh.

Liebend gern würde ich ihr, ihr selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht wischen, stattdessen gehe ich wie die Ruhe in Person an ihr vorbei, obwohl meine Beine bei jedem Schritt immer schwächer werden.

Aber ganz so klein gebe ich dann doch nicht nach. „Ganz bestimmt. Vor allem dann, wenn ich Baker verrate, dass er nicht der Einzige ist, den du hier vögelst.“

„Fick dich.“ antwortet sie. Wir haben schon seit langem aufgehört, falsche Freundlichkeit auszutauschen.

Ich klopfe an und trete ein, nachdem mich mein Vorgesetzter dazu aufgefordert hat.

„Nehmen Sie Platz.“

Ich setze mich vor seinen riesigen Schreibtisch aus Mahagoni und warte geduldig ab, was er mir zu sagen hat.

„Manchmal frage ich mich, ob Sie mich absichtlich zum Narren halten möchten.“ Er klingt ziemlich wütend, worauf ich mich kerzengerade aufrichte und auf seinen Rüffel warte. „Ich würde gerne wissen, wie Sie zu Ihrem letzten Job als Teamleiterin kamen. Wahrscheinlich haben Sie Ihrem Chef eins ge....“

„Wagen Sie es ja nicht, so mit mir zu reden.“ stoppe ich ihn, bevor mir bewusst wird, vor wem ich sitze. Aber die Worte sind schon raus. Ausserdem habe ich jedes Recht, mich zu verteidigen. Egal wer er ist. Ich brauche mir so etwas nicht anzuhören. Nicht von meinen Freunden und schon gar nicht von meinem Vorgesetzten. „Wenn Sie nur mit falschen Anschuldigungen kommen wollen, dann werde ich jetzt aufstehen und gehen.“

Er sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, sein rechter Mundwinkel ist zu einem linkischen Grinsen hochgezogen. „Dieser ganze Haufen“ Baker legt eine Hand auf einen Berg Akten vor sich. „haben Sie falsch verbucht. Wir haben etliche Mahnungen erhalten, weil die Firmen ihre Zahlungen nicht bekommen haben.“

Mit offenem Mund starre ich ihn an und versuche seinen Worten zu folgen, sie zu begreifen. Aber es gelingt mir nicht, weil es nicht stimmen kann, was er mir an den Kopf wirft.

„Das kann nicht sein. Ich gehe immer alles zweimal durch.“

„Dann müssen Sie noch unfähiger sein, als ich dachte. Die Mahnschreiben und meine Nachprüfungen haben gezeigt, dass Sie falsche Zahlen oder Namen eingegeben haben. Etliche Überweisungen mussten eruiert werden, was viel Zeit in Anspruch nahm und ausserdem überflüssig war. Und alles nur, weil Sie Ihre Aufgabe nicht richtig machen können!“ Er sieht mich an, wobei er mit seinem Zeigefinger auf meine Brust deutet. Und obwohl Bakers Finger noch über einen Meter von mir entfernt ist, habe ich das Gefühl, als bohre er sich unaufhaltsam in mein Fleisch. Sein wütender Blick und seine grimmigen Gesichtszüge lassen mich nervös und meine Hände feucht werden. Liebend gern würde ich jetzt aufstehen und dieses Büro verlassen, das mir jedes Mal kälter erscheint. Denn zu sehr graut es mich vor dem, was er als nächstes sagen wird. „Mir bleibt nichts anderes übrig, als Mr. Meyer über ihre Inkompetenz zu informieren. Ich glaube nicht, dass wir eine solche Mitarbeiterin länger dulden können.“

„Aber...“ Ich sollte mich verteidigen, denn das was er mir unterstellt, ist einfach nicht möglich. Auch wenn er es mir schriftlich belegen kann. Doch mir fällt nichts mehr ein. Denn ich komme nicht gegen meinen Vorgesetzten an. Ich kann nur hoffen, dass sich Damian auf meine Seite stellt und mir eine Chance gibt mich zu beweisen.

Als ich nichts weiter sage, holt mich Baker aus meinen trüben Gedanken. „Wollten Sie noch etwas sagen?“ fragt er mich mit einem sarkastischen Ton, gut darauf bedacht, dass er mir nicht verborgen bleibt.

„Wenn das jetzt alles ist, würde ich gerne gehen.“ bringe ich mit so fester Stimme hervor, wie es mir in diesem Moment nur möglich ist.

„Gehen Sie zurück an Ihre Arbeit und sehen Sie zu, dass Sie keine Fehler mehr machen. Ich werde Ihnen bald mitteilen, wie es weitergeht.“

„Gut.“ Ich erhebe mich aus dem Stuhl und recke das Kinn in die Höhe, um mir ja nicht meine Niederlage anmerken zu lassen.

Nachdem ich das Büro von Baker verlassen und seine Assistentin hinter mir gelassen habe, kann ich die Tränen kaum noch zurückhalten, die in meinen Augen brennen. Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf, aber auf keine habe ich eine Antwort.

Seit ich hier angefangen habe, versucht mir Baker die Arbeit schwer zu machen. Ich habe keine Ahnung warum er mir immer wieder Steine in den Weg legt und mich absichtlich kränkt. Schliesslich habe ich nichts getan, um ihn gegen mich aufzubringen.

Doch mit jedem Schritt, mit dem ich mich auf mein Büro zubewege, verstärkt sich immer mehr ein erdrückender Gedanke. Baker möchte mich loswerden, auf jeden Fall. Davon bin ich zunehmend überzeugt. Aber warum? Und kann es sein, dass er die Buchungen manipuliert hat?

Ich bin sicher über eine halbe Stunde vor dem bodentiefen Fenster gestanden und habe auf die Londoner Metropole gestarrt ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Immer wieder versuchte ich eine Erklärung für Bakers Antipathie gegenüber mir zu finden. Jedoch ohne Erfolg. Schliesslich empfinde ich gegenüber ihm nicht anders. Er hat irgendwas an sich, was mir unheimlich ist. Leider kann ich mir nicht erklären, woher dieses Gefühl kommt, aber es ist da und wird immer stärker. Manchmal würde ich gerne verstehen, was Damian in Baker sieht. Vielleicht würde ich dann besser mit meinem Vorgesetzten auskommen.

Nachdem ich mich endlich wieder aus meiner Starre befreien konnte, ging ich zu den Fahrstühlen und drückte auf den obersten Knopf. Ich war mehr als erleichtert, dass ich in einem leeren Aufzug nach oben fahren konnte. So hatte ich noch einen kurzen Augenblick, um meine Gedanken zu ordnen. Ich musste mit Damian sprechen und überlegte mir fieberhaft, ob Baker schon bei ihm war. Ich hoffte es nicht.

Die Türen glitten lautlos zur Seite, ich trat hinaus und ging mit energischem Schritt auf Rose' Empfang zu. Doch in dem Moment als sich unsere Blicke trafen, geriet ich ins Wanken und konnte nur noch mit Mühe auf sie zugehen. Ich brauchte sie nicht zu fragen, was passiert ist. Ich konnte alles in ihrem Gesicht lesen. Sie sprang auf, half mir um die Theke und zog einen Stuhl in ihrer Kaffeeecke hervor.

Dort sitze ich nun und mustere das dunkle Getränk, das mir Rose vor einer gefühlten Ewigkeit zubereitet hat. Meine Hände umklammern mit festem Griff die warme Tasse, als würde mir diese den Halt geben, den ich jetzt unbedingt brauche.

Baker war hier. Er muss gleich zu Damian gegangen sein, nachdem ich sein Büro verlassen hatte. Das hat mir Rose erzählt, sowie ich auf dem Stuhl Platz nahm. Dass die beiden Männer sich ernsthaft über mich unterhalten haben, brauchte sie nicht laut auszusprechen. Das war für uns beide eindeutig.

Ich wäre am liebsten in Damians Büro gestürmt, um mich zu verteidigen. Aber leider sind gerade potenzielle Kunden bei ihm, wie mir Rose mitteilte, nachdem sie mich am Arm zurückgehalten hatte, als ich unangemeldet zu ihm wollte.

„Wenn ich nur wüsste, was er gegen mich hat.“ seufze ich vor mich hin und stütze meinen Kopf in die Hände.

Rose sitzt neben mir und sieht mich mit beunruhigtem Blick an. Zwar versucht sie sich nichts anmerken zu lassen, doch kann ich förmlich spüren, dass auch sie sich Gedanken macht, was meine Anstellung in dieser Firma betrifft.

„Es wird sicher alles gut.“ Sie fährt mir tröstend über den Arm.

„Woher willst du das wissen?“

„Ich kenne Damian. Er verurteilt niemanden vorschnell.“

Ich reisse mich aus meiner kümmerlichen Haltung und sehe sie wütend an. „Ich habe nichts Falsches getan!“ gebe ich ihr aufgebracht zur Antwort. „Es wird mir doch noch gelingen einfache Buchungen richtig einzugeben. Ausserdem überprüfe ich alles zweimal.“

„Beruhige dich, meine Kleine.“ Rose greift nach meiner Hand. „Jetzt sag mir mal, was Baker gegen dich in der Hand hat.“

Ich erzähle ihr von dem Gespräch, das heute Morgen zwischen mir und Baker stattgefunden hat und was er mir vorwirft. Dabei vergesse ich nicht seinen herablassenden Ton zu erwähnen.

Als ich mit meiner Schilderung ende, betrachtet mich Rose fassungslos und kopfschüttelnd. „Der kann wahrhaftig ein widerliches Scheusal sein. Es tut mir wirklich leid, dass er so auf dir herumtrampelt.“

„Weisst du was ich glaube?“

„Nein. Was denn?“

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass er die Buchungen sabotiert hat.“

„Warum sollte er das tun? Dafür hat er doch überhaupt keinen Grund.“ Ich sehe Rose an, dass sie mir bei dieser Sache nicht ganz folgen kann oder nicht will.

„Das wüsste ich auch gern und leider kann ich nichts beweisen.“

Unsere Unterhaltung wird schlagartig unterbrochen, als eine Tür geöffnet wird und zwei Männer und eine Frau aus Damians Büro kommen.

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Aufenthalt in London. Mrs Morgan wird einen Termin mit Ihnen ausmachen.“ Damian schüttelt jedem einzelnen die Hand und beschenkt sie mit einem offenen Lächeln, aber als er in meine Richtung blickt, verschwindet sogleich der muntere Ausdruck auf seinem Gesicht.

Er wartet höflich ab, bis seine Besucher vor Rose' Empfangstheke sind, um mit ihr einen neuen Termin zu vereinbaren, dann ruft er mich in sein Büro. „Miss Weber, kommen Sie bitte.“

Ich folge ihm mit zittrigen Beinen und schliesse vorsichtig die Tür hinter mir.

„Nimm Platz.“ Damian deutet auf den Stuhl vor seinem Tisch.

Noch vor wenigen Stunden planten wir meinen Umzug und haben uns glücklich vor dem Meyers Empire voneinander verabschiedet. Und nun sitze ich vor ihm, um kühl und distanziert von ihm angesehen zu werden.

„Ich weiss, dass du einiges mit dir herumschleppst und dass du vieles verarbeiten musst, aber bei der Arbeit solltest du deinen Kopf bei der Sache haben.“

Mir klappt der Kiefer nach unten und traue meinen Ohren nicht. „Was?“

„Wir alle haben mit irgendwelchen Problemen zu kämpfen. Die einen mit weniger, die anderen mit mehr. Wir beide wissen, wovon ich spreche. Trotzdem können wir in unserem Beruf keine Fehler leisten.“ Er sieht mich unbewegt an.

„Ist das dein Ernst?“ Ich hatte mir gewünscht, dass wenigstens Damian an meine Kompetenz glauben würde, doch in diesem Moment werde ich eines Besseren belehrt und stelle erschreckt und traurig fest, dass er nicht hinter mir steht.

„Jedem kann mal ein Fehler passieren, aber es sollte sich nicht wiederholen.“

Ruckartig erhebe ich mich aus dem Stuhl und balle meine Hände an den Seiten zu Fäusten. „Glaubst du wirklich, dass ich wegen meiner Vergangenheit meine Aufgaben nicht richtig erledigen kann?“ Ich muss mich extrem zusammenreissen, dass ich nicht laut anfange um mich zu brüllen. Bloss mit grosser Mühe gelingt es mir meine Wut und meine Enttäuschung im Zaum zu halten. Damian hält zu Baker, was mich unsäglich verletzt. Manchmal glaube ich, es ist ein schlechter Film, nur leider spiele ich darin die Hauptrolle. „Jess...“ Er steht ebenfalls auf und kommt um den Tisch auf mich zu, doch ich weiche vor ihm zurück.

„Du kennst meine Geschichte und dass es nicht immer einfach für mich ist, sie in der hintersten Ecke meines Gedächtnisses zu verschliessen. Aber du weisst, dass ich stark genug bin, um sie wenigstens während meiner Arbeit zu vergessen. Ich...“

„Ich weiss, dass du dein Bestes gibst.“ Damian macht einen weiteren Schritt auf mich zu, wobei ich die Arme vor meiner Brust verschränke. „Nur leider habe ich Unterlagen, die darauf deuten, dass du Rechnungen falsch verbucht hast.“

„Zeig sie mir!“ bringe ich wütend hervor. Er soll mir diese blöden Akten zeigen, damit ich endlich sehen kann, was ich verkehrt gemacht habe.

Ich glaube so etwas wie Erstaunen in seinem Blick zu lesen. „Hast du das noch nicht?“

„Nein! Baker wollte sie mich nicht sehen lassen.“

Damian dreht sich und streckt seine Hände nach den Mappen aus, die auf seinem Tisch liegen. Als er die erste öffnet, stelle ich mich neben ihn und sehe mir die Buchungen durch. Es sind alles mir vertraute Firmen und jedes einzelne Blatt ist mit meinem Namen unterzeichnet. Allem Anschein nach habe ich sie verbucht. Aber es kann nicht sein, dass ich so viele Falschbuchungen gemacht habe, oder doch? Es fehlt nicht mehr viel und ich zweifle selbst an mir.

Ich gehe die Unterlagen ein zweites und ein drittes Mal durch und schüttle benommen den Kopf. „Das kann nicht sein. So neben den Schuhen kann ich gar nicht sein.“

„Vielleicht hattest du einen schlechten Tag.“ Das Mitleid in seinen Augen ist nicht zu übersehen und kaum zu ertragen.

Ich dachte, ich könnte nicht mehr wütender werden, aber in diesem Moment werde ich weit mehr als das. „Und ich dachte, du hältst zu mir!“