Loe raamatut: «Wirkerei und Strickerei», lehekülg 3

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2.7 Bindungselement Schuss

Eine Fadenstrecke, die in Querrichtung in die Ware eingelegt nur durch andere Bindungselemente gehalten wird und weder Maschen noch Henkel bildet, nennt man einen Schuss (Bilder 2.60, 2.61, 2.62, 2.63).


Bild 2.60: Schüsse in einem RR-Gestrick


Bild 2.61: Schüsse in einem RR-Gestrick, 1 = Schuss, 2 = rechte Maschenseite (vgl. Bild 2.60)

Während sich der Schuss in der Einfadentechnik (Bilder 2.60, 2.61) gewöhnlich über die gesamte Warenbreite erstreckt, kann in der Kettfadentechnik sowohl ein Durchschuss (über die gesamte Breite) als auch ein Teilschuss (Bild 2.62, 2.63) eingelegt werden. In der Einfaden-Maschenware wird der Schuss gewöhnlich durch rechte und linke Maschen und in der Kettfaden-Maschenware durch Nadel- und Platinenmaschen gehalten.


Bild 2.62: Schuss (Teilschuss) in einem RL-Kettengewirk


Bild 2.63: Teilschüsse in einem RL-Kettengewirk (linke Warenseite), 1 = Schuss, 2 = linke Maschenseite

2.8 Bindungselement Flottung

Die Flottung ist eine begrenzte Fadenstrecke, die sich in der Einfaden-Maschenware (Bilder 2.64, 2.65) über mindestens 1 Maschenstäbchen (dadurch keine Platinenmasche) erstrecken muss und über Maschenreihen erstrecken kann und im Kettengewirk (Bilder 2.66, 2.67, 2.68) über mindestens eine Maschenreihe (dadurch keine Platinenmasche) erstrecken muss und über Maschenstäbchen erstrecken kann. Begrenzt wird die Flottung durch Maschen, Henkel oder Schüsse.


Bild 2.64: Flottungen in einer RL-Einfaden-Maschenware (Gestrick)


Bild 2.65: Flottungen in einer RL-Einfaden-Maschenware (linke Warenseite), 1 = Flottung, 2 = verlängerte Masche

Die Flottung entsteht in der Einfadentechnik dadurch, dass die Nadel den vorgelegten Faden nicht erfasst und damit nicht zur Masche oder zum Henkel ausbilden kann.


Bild 2.66: Flottungen in einem RL-Kettengewirk


Bild 2.67: Flottung im RL-Kettengewirk (linke Warenseite), 1 = Flottung (vgl. Bild 2.66)


Bild 2.68: Flottung in einem RL-Kettengewirk (linke Warenseite = Schauseite), 1 = Flottung, begrenzt durch Teilschüsse

In der Kettfadentechnik werden die Fäden für die Flottung nicht um die Nadeln gelegt (vgl. Kap. 7), sodass die Maschenbildung ebenfalls verhindert und stattdessen eine Fadenstrecke (Flottung) gelegt wird.

2.9 Bindungselement Stehfaden

Der Stehfaden ist eine Fadenstrecke (Bilder 2.69, 2.70), die vorwiegend in der Kettfadentechnik eingesetzt wird, zwischen zwei Maschenstäbchen verläuft und von anderen Bindungselementen (Platinenmaschen, Schüsse oder dergleichen) gehalten wird.


Bild 2.69: Stehfäden in einem RL-Kettengewirk, Stehfäden (rot)


Bild 2.70: Stehfäden in einem RL-Kettengewirk (rechte Warenseite), 1 = Stehfaden, 2 = Maschenstäbchen

Sämtliche Maschenwaren bestehen entweder nur aus dem Bindungselement „Masche“ oder aus der Kombination der „Masche“ mit anderen Bindungselementen. Die sich daraus ergebenden Musterungsmöglichkeiten sind außerordentlich vielseitig und sollen in den folgenden Abhandlungen über die Maschinen unter vorwiegend technologischem Aspekt beschrieben werden.

Als weiteres Bindungselement tritt immer wieder die ungewünschte Laufmasche in Erscheinung (Bild 2.71). Sie beißt sich, insbesondere bei Damenstrümpfen, in Maschenstäbchenrichtung durch die Strickware und stört das makellose Erscheinungsbild der Maschenstruktur. Viele Möglichkeiten zur Ausrottung wurden schon empfohlen.


Bild 2.71: Laufmasche

2.10 Fadenlaufdarstellung, Legungsbild und Patrone

Die Bindung von Maschenwaren kann sehr anschaulich durch ein Maschenbild dargestellt werden; jedoch ist die Anfertigung von Maschenbildern mit Schwierigkeiten und erheblichem Zeitaufwand verbunden. Stattdessen werden die Bindungselemente als Symbole in einer sogenannten Fadenlaufdarstellung (Bild 2.72), in einem Legungsbild (Bild 2.73) und in einer Patrone (Bild 2.74, Bild 2.75) o. dgl. dargestellt. Die Darstellung ist aus dem Herstellungsprozess und der resultierenden Maschenware abgeleitet.


Bild 2.72: Fadenlaufdarstellung (Einfaden-Maschenwaren)


Bild 2.73: Legungsbild (Kettfadenmaschenwaren)


Bild 2.74: Patrone für Rechts/Rechts, Henkel, – Flottung/verhängte Masche


Bild 2.75: Patrone für Rechts/Links und Links/Links

Aus den Nadelsystemen und ihren Durchzugsrichtungen können im Einfadenprozess (Strickmaschinen und Kulierwirkmaschinen) die Bindungsgruppen RL, RR und LL/Interlock für die Fadenlaufdarstellung unterschieden werden. Die Fadenlaufdarstellung symbolisiert die Nadelbelegung für jede Maschenreihe in der Draufsicht (Bild 2.76).


Bild 2.76: Nadelbett mit Fadenlaufdarstellung

Die vorderen und hinteren Nadeln werden durch Striche dargestellt und der Fadenlauf als Masche, Henkel, Flottung usw. gekennzeichnet (Bild 2.77). Nicht benötigte Nadeln können durch ein Kreuz dargestellt werden (Nadelzug).


Bild 2.77: Fadenlaufdarstellung, I = Darstellung von Maschen, II = Darstellung von Maschen und Henkeln, III = Darstellung von Maschen und Flottungen, 1 = Hochfußnadel, 2 = Niederfußnadel, 3 = gezogene Nadel

In je einem Musterbeispiel für RL (Bild 2.78), RR (Bild 2.79), LL (Bild 2.80) und Interlock (Bild 2.81) werden aus verschiedenen Gestricken im Maschenbild (links) die Fadenlaufdarstellungen (rechts) entwickelt.


Bild 2.78: Maschenbild (links) und Fadenlaufdarstellung (rechts) für Rechts/Links


Bild 2.79: Maschenbild (links) und Fadenlaufdarstellung (rechts) für Rechts/Rechts

Die Maschenreihen in den Fadenlaufdarstellungen werden in den Betriebsanleitungen und Veröffentlichungen teilweise von oben nach unten oder von unten nach oben nummeriert. Eine einheitliche Nummerierung von unten nach oben wäre zu empfehlen, weil die erste Maschenreihe auch im Gestrick zuerst gebildet und deshalb unten ist. Bei der Analyse eines Gestrickes müssen dann die nacheinander aufgetrennten Maschenreihen von oben nach unten gezeichnet (entspricht auch der Vorstellung!) und dann von unten nach oben nummeriert werden, um Patronenfehler sicher zu vermeiden. Bei falscher Nummerierung würde z. B. aus der französischen die Schweizer Webstrickbindung entstehen (vgl. Kapitel 5.3 „Musterungstechnik der Rundstrickmaschine“).


Bild 2.80: Fadenlaufdarstellung für Links/Links


Bild 2.81: Fadenlaufdarstellung für Interlock

Weitere Musterungen und Beschreibungen zu Fadenlaufdarstellungen können Sie in Kapitel 4 „Flachstrickmaschinen“ und 5 „Rundstrickmaschinen“ finden.

Für Kettenwirkprozesse wird die Entstehung der Legungsbilder und der Musterkettengliederfolge aus den Bewegungen der Lochnadeln im Maschenbildungsprozess abgeleitet.

Die Entwicklung und Beschreibungen der Legungsbilder und Kettengliedfolgen lassen sich Kapitel 7 „Kettenwirkautomaten und Raschelmaschinen“ entnehmen.

3 Maschen bildende Maschinen
3.1 Geschichtliche Entwicklung

Obgleich Funde von Handgestricken bezeugen, dass das Stricken mit zwei Nadeln Jahrtausende alt ist, begann die Mechanisierung der Maschenbildung erst im Jahr 1589 mit der Erfindung des Kulierwirkprozesses und der Spitzennadel.

Diese genialen Erfindungen, die einem Magister der Theologie, dem Reverend William Lee in Calverton bei Nottingham, gelangen, schufen die ersten technischen Grundlagen für die heutige Maschenindustrie (vgl. Bild 3.1). Lees große Erfindung hat sich bis heute im Prinzip erhalten, und fast zwei Jahrhunderte vergingen, bevor der Strumpfwirker Josiah Crane aus Nottingham zusammen mit den Brüdern John und Sinckler Porter eine erste Veränderung brachte und eine Fadenlegeeinrichtung zum Brokatieren entwickelte, die 1769 als Zusatzapparat zum Handkulierstuhl angemeldet werden konnte.


Bild 3.1: Lees Handkulierstuhl (Rösschenstuhl) mit horizontal angeordneten Spitzennadeln und vertikal arbeitenden kombinierten Kulier-Einschließ-Abschlag-Platinen (Aufnahme aus dem Museum of Technology, Leicester)

Nach weiteren Entwicklungen dieser Kettfaden-Legetechnik konnte schließlich Crane 1775 den Handkettenstuhl zum Patent anmelden. Der Handkulierstuhl von Lee wurde 1769 von Samuel Wise weiter mechanisiert (Triebwelle mit Hubscheiben u. dgl.) und schließlich durch den französischen Wirker Decroix zum Rundwirkstuhl so umkonstruiert, dass ihm 1798 in Frankreich ein Patent dafür gewährt wurde.

Damit waren die Prinzipien aller modernen Wirkprozesse der Einfaden-(Kulier-) und Kettfadentechnik entwickelt, während die Mechanisierung des von Alters her bekannten Handstrickens bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts unbekannt war.

Die Mechanisierung des Strickens begann erst nach der Erfindung der Zungennadel, die die Arbeitsgeschwindigkeit der Prozesse erhöhte und die Technik des Handkulierstuhls vereinfachte (Press- und Kuliereinrichtungen entfielen). Diese Erfindung der Zungennadel wurde 1847 dem Wirker Matthew Townsend in Leicester durch ein Patent zuerkannt. 1856 begannen Jeacock und Barber mit ersten Entwicklungen einer Schiebernadel, die jedoch erst 1924 durch ein Patent von J. F. Wilcomb einsatzfähig wurde.

Wieder war es dann ein Theologe, der Baptisten-Geistliche Isaac Wixom Lamb, der das Prinzip des Strickens fand und in Form einer Flachstrickmaschine weiterentwickelte, wofür er 1863 ein Patent erhielt. 1866 wurde in den USA ein Patent für eine Rundstrickmaschine erteilt. Weitere Erfindungen bzw. deren Einsatz, z. B. 1859 Konstruktion der Raschelmaschine durch Einsatz der Zungennadel im Kettenstuhl, 1865 Erfindung der Doppelzungennadel durch Clay in England und 1881 Erfindung der Röhrchennadel durch Durand, folgten und führten unter Anwendung der Naturwissenschaften zu Verbesserungen an den Maschinen. Aber auch große Rückschläge (Gewalttaten, Streiks und dergleichen) waren zu verzeichnen.

Erst im 20. Jahrhundert wurden die Wirk- und Stricktechniken und die zu verarbeitenden Rohstoffe (insbesondere Chemiefasern) so vervollkommnet und die Entwicklungen (bis hin zur elektronischen Musterverarbeitung) so stürmisch fortgesetzt, dass heutige Massenproduktionen mit einer unvorstellbaren Mustervielfalt ermöglicht wurden.

So konnten von der Maschenindustrie in den letzten Jahren viele neue Märkte auf den Gebieten Bekleidung, Heimtextilien, Technische Textilien gewonnen und gesichert werden.

3.2 Einteilung Maschen bildender Maschinen

Die Maschen bildenden Maschinen können zunächst eingeteilt werden in die Maschinen, die allein durch Maschenbildung eine Fläche erzeugen, und die Verbundtechniken, zu denen die Näh- und Nähwirktechniken zählen. Die allein durch Maschenbildung eine textile Fläche bildenden Maschinen werden Wirk- oder Strickmaschinen genannt.

Nach der Nadelbeweglichkeit können die Maschinen weiter unterteilt werden (s. Tabelle 3.1). Alle Maschinen mit einzeln bewegten Nadeln werden Strickmaschinen, die mit gemeinsam bewegten Nadeln Wirkmaschinen genannt. Nicht die Nadelart – Zungennadel/ Strickmaschine, Schiebernadel/Wirkmaschine –, sondern nur die Nadelbeweglichkeit gestattet eine einwandfreie Unterscheidung der Strickmaschinen von den Wirkmaschinen ohne Ausnahme. Sowohl die Strickmaschinen als auch die Wirkmaschinen können nach der Fadenvorlage und Fadenverarbeitung – ein Faden oder eine Fadenkette – in Einfaden-Strick/ Wirkmaschinen bzw. Kettfaden-Strick/Wirkmaschinen eingeteilt werden.


Tabelle 3.1: Einteilung Maschen bildender Maschinen

Die Einfaden-Wirkmaschinen werden auch Kulierwirkmaschinen genannt, weil der vorgelegte Faden vor der Maschenbildung kuliert (zu Fadenschleifen ausgebildet) werden muss (vgl. Kap. 3.3).

Durch die Maschenbildung in der Einfadentechnik entsteht eine Einfaden-Maschenware, deren Maschen in Richtung einer Maschenreihe aufgebaut sind und die sowohl auf Strickmaschinen als auch auf Wirkmaschinen hergestellt werden kann (Unterscheidung in einigen Maschenwaren nicht möglich).

Durch die Verarbeitung einer Fadenkette, die zurzeit nur in der Wirkerei Bedeutung hat, entsteht eine Kettfaden-Maschenware, deren Maschen vorwiegend in Richtung der Maschenstäbchen aufgebaut sind.

Die Kettenstrickmaschinen haben derzeit keine Bedeutung, sodass auch keine Kettfadengestricke hergestellt und deshalb sämtliche Kettfaden-Maschenwaren als Kettengewirke bezeichnet werden können. Aus dem gleichen Grund kann die Bezeichnung „Einfaden-Strickmaschine“ durch die Bezeichnung „Strickmaschine“ ersetzt werden.

Nach der Nadelanordnung können alle Maschinen weiter unterteilt werden. Bei geradliniger Nadelanordnung lautet die Bezeichnung Flachstrick- bzw. Flachwirkmaschine, bei kreisförmiger Nadelanordnung Rundstrick- bzw. Rundwirkmaschine. Nach der üblichen und von der Konstruktion der Maschine abhängigen Arbeitsweise in einer Bindungsgruppe unterscheidet man RL-, RR- und LL- Strick/ Wirkmaschinen. Alle Maschinen mit einer Nadelgruppe und einer Durchzugsrichtung können nur RL-Maschenwaren herstellen, die Maschinen mit zwei Nadelgruppen und zwei Nadeldurchzugsrichtungen RR-Maschenwaren bzw. bei Ausschaltung einer Nadelgruppe ebenso RL-Maschenwaren und mit Spezialnadeln durch Maschenübergabe auch LL-Maschenwaren. Die Maschinen mit LL-Nadeln (Übergabe von Doppelzungennadeln) können LL-Maschenwaren, RR-Maschenwaren und RL-Maschenwaren herstellen.

In der Ausführungsform haben zurzeit die Flachstrickmaschinen der RR-Bindungsgruppe, die Rundstrickmaschinen der RL-, RR- und LL-Bindungsgruppe, die RL-Flachkulierwirkmaschinen (System Cotton) und die Flachkettenwirkmaschinen der RL- und RR-Bindungsgruppe eine Bedeutung.

Bevor diese Maschinen sowie deren Mustereinrichtungen beschrieben werden, soll als Ergänzung, zum besseren Verständnis der Maschineneinteilung und für einen besseren Überblick zunächst das Prinzip ihrer Arbeitsweise kurz erläutert werden.

3.3 Arbeitsprinzipien der Strick- und Wirkmaschinen
3.3.1 Strickprinzip der Einfaden- und Kettfaden-Strickmaschinen

Die Strickmaschinen sind vorwiegend mit Zungennadeln ausgestattet, die einzeln bewegt werden und somit die Maschen nacheinander einzeln ausbilden.

In Bild 3.2 ist die Maschenbildung nach dem Strickprinzip dargestellt. Der gestreckt vorgelegte Faden wird von den Haken der ausgetriebenen Nadeln nacheinander erfasst und durch die zuvor gebildeten Maschenschleifen gezogen. Auf diese Art werden alle Phasen der Maschenbildung von den Nadeln nacheinander ausgeführt und die für die Maschenbildung notwendige Fadenmenge von jeder einzelnen Nadel abgezogen.


Bild 3.2: Strickprinzip

3.3.2 Wirkprinzip der Einfaden-Wirkmaschinen (Kulierwirkmaschinen)

Die Einfaden-(Kulier-)Wirkmaschinen sind mit gemeinsam bewegten und geradlinig angeordneten Spitzennadeln ausgestattet. Ein gestreckt vorgelegter Faden kann von gemeinsam bewegten Nadeln nicht gleichzeitig zu Maschen ausgebildet werden, da ein Faden ohne extreme Dehnbarkeit zerreißen würde (Bild 3.3).


Bild 3.3: Gemeinsame Maschenbildung aus einem gestreckten Faden ist nicht möglich


Bild 3.4: Wirkprinzip (Einfadentechnik) „Fadenlegen“


Bild 3.5: Wirkprinzip (Einfadentechnik) „Kulieren“ – Ausformen des Fadens zu Schleifen nacheinander


Bild 3.6: Wirkprinzip (Einfadentechnik) „Ausbildung der Maschenschleifen“

Aus diesem Grund wird der vorgelegte Faden (Bild 3.4) zunächst von dünnen Stahlprofilen (Kulierplatinen) nacheinander zu Schleifen vorgeformt (Bild 3.5, Kulieren), die dann gemeinsam (Cottonmaschine, Bild 3.6) von den Nadeln zu Maschenschleifen ausgebildet werden. Die für die jeweilige Maschengröße erforderliche Fadenmenge muss stets während des Kuliervorganges bereitgestellt werden.

3.3.3 Wirkprinzip der Kettfaden-Wirkmaschinen (Kettenwirkmaschinen)

Die Kettenwirkmaschinen sind ebenfalls mit gemeinsam bewegten und geradlinig angeordneten Spitzen-, Zungen-, Schieber- oder Karabinernadeln ausgestattet. Um eine Fadenkette von den Nadeln gleichzeitig zu Maschenschleifen ausbilden zu können, ordnet man jeder Nadel mindestens einen Fadenleger zu (Bild 3.7). Die in einer Barre angeordneten Fadenleger schwingen in die Nadelgassen, versetzen und schwingen wieder aus, wodurch sie die Fäden um die Nadeln legen (Bild 3.8). Durch die gemeinsame Nadelbewegung werden die in den Nadelkopf gelegten Fäden anschließend gleichzeitig zu Maschenschleifen ausgebildet. Die für die entsprechende Maschengröße notwendige Fadenmenge kann von den Nadeln ohne Kuliervorgang aus dem jeweiligen Fadenleger gezogen werden. Infolge der Einsparung des zeitraubenden Kuliervorganges ergibt sich eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit während der Maschenbildung.


Bild 3.7: Wirkprinzip (Kettfadentechnik) „Einschwingen der Fadenleger“

Durch den Einsatz mehrerer Legebarren (Fadenleger) und durch entsprechenden seitlichen Versatz der Fadenleger vor und nach dem Einschwingen entstehen zahlreiche Musterungen.


Bild 3.8: Wirkprinzip (Kettfadentechnik) „Legen der Fäden“

4 Flachstrickmaschinen
4.1 Maschinenelemente der Flachstrickmaschinen

Die zurzeit in der Fertigung eingesetzten Strickmaschinen dienen ausschließlich der Herstellung von Einfaden-Gestricken, deren Maschen also durch die Vorlage eines Fadens in Richtung einer Maschenreihe entstehen. Zu diesem Zweck sind diese Maschinen mit einzeln beweglichen Zungennadeln ausgestattet. Grundsätzlich unterscheidet man Flach- und Rundstrickmaschinen.

Die Zungennadeln der Flachstrickmaschinen sind geradlinig (flach) in Nadelkanälen der Nadelbetten beweglich angeordnet. Durch Einwirkungen auf die Nadelfüße werden sie nacheinander ausgetrieben und nach der Fadenvorlage wieder in die Nadelkanäle gezogen. Je nach Anordnung der Nadelkanäle und der Verwendung von Zungen- und Doppelzungennadeln unterscheidet man RR-Flachstrickmaschinen und LL-Flachstrickmaschinen. LL-Flachstrickmaschinen werden nicht mehr gebaut, weil die LL-Musterung in der RR-Technik durch Transfertechnik erreicht wird.


Bild 4.1: RR-Hand-Flachstrickmaschine, 1 = Schlitten, 2 = Nadelbett, 3 = Fadenführer, 4 = Fadenkontrolle

Weiterhin können die Flachstrickmaschinen nach dem Antrieb und der Steuerung unterteilt werden in:

Hand-Flachstrickmaschinen (Bild 4.1)

Die Bewegungen der Strick- und Maschinenelemente sowie die Funktionen (Fadenführer- und Festigkeitswechsel, Schaltung der Stahlkurven für die Nadelfüße u. dgl.) erfolgen durch Handantrieb.

Mechanisch gesteuerte Flachstrickmaschinen (Bild 4.2)

Die Strick- und Maschinenelemente werden von einem Motor angetrieben und die Funktionen von einer Steuereinrichtung mechanisch betätigt.


Bild 4.2: Mechanisch gesteuerte Flachstrickmaschine, 1 = Schlitten, 2 = Nadelbett, 3 = Fadenführer, 4 = Fadenkontrolle, 5 = Steuereinrichtung, 6 = Warenabzug

Elektronisch gesteuerte Flachstrickautomaten (Bild 4.3)

Sämtliche Steuerungen sowie die Einzelnadelauswahl (Jacquard) werden von einem CAD-Programm gesteuert und elektromechanisch (mit Magneten oder Motoren) ausgeführt.


Bild 4.3: Maschinenelemente der elektronisch gesteuerten Flachstrickmaschine, 1 = Spulenablage, 2 = Fadenbremse, 3 = Fadenwächter, 4 = Fournisseure, 5 = Fadenführer, 6 = Nadeln und Niederhalteplatinen, 7 = Nadelbetten, 8 = Stößer, 9 = Schlitten, 10 = Schloss, 11 = Steuereinheit, 12 = Warenabzug

Die Arbeitsbreiten der Flachstrickmaschinen werden in Abhängigkeit von ihren Einsatzgebieten (z. B. Bändern, Oberbekleidung mit veränderlicher bzw. konstanter Warenbreite) ausgeführt.

Hand-Flachstrickmaschinen haben eine übliche Arbeitsbreite von 60–120 cm, die Flachstrickmaschinen für reguläre Gestricke (Zunahme und Minderung) eine Breite von 65–104 cm und die Flachstrickmaschinen für Oberbekleidung mit konstanter Warenbreite eine Breite von 114–305 cm.

Die Geschwindigkeiten der Flachstrickmaschinen (Schlittengeschwindigkeiten), die weitestgehend von der Bindung bzw. von der Mustertechnik sowie von dem eingesetzten Material abhängig sind, liegen zwischen 0,5 und 1,3 m/s.

Bei einer Arbeitsbreite von 180 cm entspricht diese Geschwindigkeit 14–36 Schlittenhüben/ min.

Die Maschinenfeinheit der Flachstrickmaschine bestimmt u. a. die Maschenstäbchendichte im Gestrick; sie gibt an, wie viele Zungennadeln je Längeneinheit (1” e = 25,4 mm) in einem Nadelbett vorhanden sind.

Feinheit E = Nadelzahl/1” e

Die Flachstrickmaschinen werden in den Feinheiten von E 2 bis E 20 gebaut.

Die Teilung T ist der Abstand zweier Nadeln im gleichen Nadelbett.

Teilung t [mm] = 25,4/Feinheit

In Abhängigkeit von der Maschinenfeinheit ist die Materialfeinheit festgelegt, die jedoch bei einer bestimmten Maschinenfeinheit je nach Bindung und Eigenschaft des Gestrickes innerhalb oberer und unterer Grenzwerte variiert werden kann.

Die passenden Garnfeinheiten für Woll- und Wollmischgarne sind in Tabelle 4.1 in Abhängigkeit von der Maschinenfeinheit dargestellt. Es ist zu berücksichtigen, dass die Tabelle nur grobe Anhaltswerte geben kann, da die passende Garnfeinheit auch wesentlich vom Fasermaterial (Wolle, Baumwolle, Polyester usw.) und dem Garnvolumen (Ringgarn, Rotorgarn, Filamentgarn, Effektgarn usw.) abhängt. Letztendlich entscheidet die Anwendung aufgrund der gewünschten Bindung, des benötigten Deckungsgrades (Coverfactor) im Gestrick, der erforderlichen Maschenfestigkeit bzw. dem gewünschten Flächengewicht und der Verstrickbarkeit.


Tabelle 4.1: Materialfeinheiten (dtex) in Abhängigkeit von den Flachstrickmaschinenfeinheiten (E)

Die RR-Flachstrickmaschinen sind mit zwei Nadelbetten ausgestattet, die dachförmig unter einem Winkel von etwa 90° zueinander angeordnet sind (Bild 4.4) und in deren Kanälen die Zungennadeln auf- und abgleiten können (Bild 4.5).


Bild 4.4: Querschnitt im Schlitten einer RR-Flachstrickmaschine, 1 = Nadelbett, 2 = Zungennadel, 3 = Schlitten mit Schloss, 4 = Nadelfeder, 5 = Gestrick, 6 = Abschlagkamm


Bild 4.5: Kanäle mit Zungennadeln einer RR-Flachstrickmaschine, 1 = Zungennadel, 2 = Nadelkanal, 3 = Abschlagkamm, 4 = Gestrick

Diese Bewegung der Nadeln, die für die Maschenbildung notwendig ist, wird von Schlössern (Bilder 4.6, 4.7) verursacht, die in einen Schlitten (Bild 4.8) über beiden Nadelbetten eingelassen sind und von diesem über die Nadelfüße bewegt werden. Durch die Schlosskurven (Bilder 4.6, 4.7) und die Schlittenbewegung werden die Nadeln nacheinander ausgetrieben und wieder abgezogen.


Bild 4.6: Schloss, 1, 2 = untere Austriebsteile, 3, 4 = obere Austriebsteile, 5, 6 = Abzugsteile


Bild 4.7: Vordere Schlösser einer 3-systemigen RR-Flachstrickmaschine, 1 = Nadelselektionsbereich für Masche/Henkel, 2 = Nadelaustriebsteile, 3 = Abzugsteile


Bild 4.8: Schlitten einer RR-Flachstrickmaschine, Ansicht von vorne (links), Ansicht von rechts (rechts)

Das Schloss (Bilder 4.6, 4.7) besteht aus den unteren und oberen Austriebsteilen sowie den Abzugsteilen und ist in den Flachstrickmaschinen für die verschiedenen Einsatzgebiete sehr unterschiedlich konstruiert. Dennoch sind die in Bild 4.6 dargestellten Schlossteile grundsätzlich für die Maschenbildung (vgl. Bilder 4.8, 4.9) notwendig und somit auch in allen Schlössern mit geringfügigen konstruktiven Abweichungen vorhanden. Die unteren Austriebsteile (Bild 4.6) bestimmen, ob die Nadel ausgetrieben wird oder im Nadelbett verbleibt. Die Schaltung der oberen Austriebsteile (Bild 4.6.) kann nach dem Austrieb durch die unteren Austriebsteile den Nadelweg zwischen Henkel und Masche bestimmen. Die Abzugsteile (Bild 4.6) bestimmen den Rückzugsweg der Nadeln. Dieser Rückzugsweg, auch Kulierung oder Festigkeit genannt, bestimmt die Maschenlänge.


Bild 4.9: Nadelbewegung und Fadenvorlage einer RR-Flachstrickmaschine (Maschenbildungsvorgang), 1 = Zungennadel unmittelbar vor der Maschenbildung, 2 = Fadenführer

Über den Nadeln bewegt sich mit dem Schlitten ein Fadenführer, der den ausgetriebenen Zungennadeln den Faden vorlegt (Bild 4.9).

Je nach Konstruktion des Schlittens bzw. nach der Anzahl der Schlösser im Schlitten, mit denen eine Maschenbildung möglich ist, ergeben sich je Schlittenhub eine oder mehrere Maschenreihen. Üblicherweise werden die Flachstrickmaschinen mit mehreren Systemen (Schlösser) auf jeder Nadelseite ausgestattet. Um auch die Leistungsfähigkeit der Maschinen zu verbessern, die durch die ständige Schlittenumkehr beeinträchtigt wird, werden Maschinen mit vielsystemigen Schlitten (bis zu 6 Schlosssysteme auf jeder Seite = 6 Strickprozesse mit einer Schlittenbewegung) oder Maschinen mit mehreren Schlitten (Tandem-Maschinen) gebaut, die unabhängig, aber auch gekoppelt stricken können. Hinzu kommt die Hubanpassung des Schlittens an den Ort des aktuellen Strickens, die den Wirkungsgrad ebenfalls verbessert.

Der Fadenführer kann durch eine Fadenführerwechseleinrichtung nach jedem Maschenbildungsvorgang (eine Maschenreihe) gewechselt werden. Der Faden gelangt von der Spule durch eine Fadenbremse, Knotenwächter und einen Fadenspanner mit Fadenwächter (Bilder 4.10, 4.11, 4.12) zu den Nadeln. Der Fadenspanner soll den Faden zu Beginn und Ende des Strickvorganges gespannt halten, damit einwandfreie Randmaschen entstehen und durchhängende Fadenschlaufen sich nicht verdrehen (Kringelneigung der gedrehten Fäden). Die Zuführung des Fadens kann durch Fournisseure (siehe auch Rundstrickmaschinen) für die Vergleichmäßigung der Fadenspannung unterstützt werden (Bilder 4.13, 4.14).


Bild 4.10: Fadenführung, 1 = Bremse, 2 = Fadenspanner (Fadenrückholfeder)


Bild 4.11: Fadenführung mit Bremse und Fadenspanner, 1 = Bremse, 2 = Fadenspanner

Bild 4.12: Seitliche Fadenüberwachung, 1 = Fadenwächter


Bild 4.13: Fournisseur für Flachstrickmaschinen


Bild 4.14: Fournisseur für die Garnlieferung (auch elastisch) mit Rückholvorrichtung zur Plattierung

Die Maschen müssen für den Maschenbildungsvorgang von den Nadeln abgezogen werden. Zu diesem Zweck kann ein Abzugskamm (Anschlagkamm) (Bilder 4.15, 4.16) für abgepasste Artikel und für den Gestrick-Anfang und ein Walzen-Warenabzug (Bilder 4.17, 4.18) für Meterware eingesetzt werden.


Bild 4.15: Bildung des Gestrick-Anfangs mit Anschlagkamm, 1 = Netzreihe, 2 = Anschlagdraht, 3 = Draht, der die Anschlagdrähte verbindet und nach Abzug des Anschlagkammes die Fadenschleifen abzieht


Bild 4.16: Nadeln des Anschlagkammes mit Draht und Fadenschleifen (Netzreihe), 1 = Fadenschleife, 2 = Zungennadel, 3 = Nadel des Anschlagkammes, 4 = Draht des Anschlagkammes


Bild 4.17: Warenabzug, 1 = Abzugswalzen, 2 = Andruckrollen, 3 = Warenlauf, 4 = Regulierung für den Druck zwischen Abzugswalzen und Andruckrollen, 5 = Hebel mit veränderlichem Gewicht

Da die Maschen im Strickprozess nacheinander entstehen, eignen sich als Warenabzug mehrere Teilwalzen, die auf einer gemeinsamen Welle frei beweglich gelagert sind und die durch Federn (Bild 4.19) jeweils gespannt die anfallende Ware nach Bedarf abziehen. Die Spannung der Federn wird durch Verdrehung der Abzugswalzenwelle erreicht. Diese Verdrehung wird von Schaltklinken ausgeführt und von einem Hebel mit veränderlichem Gewicht unterstützt. Unter den Teilwalzen sind Andruckrollen vorgesehen, die sich mit regulierbarem Druck der Warenart anpassen und die durch die Warenumschlingung einen sicheren und wirkungsvollen Abzug gewährleisten.


Bild 4.18: Warenabzug, 1 = Abzugswalze, 2 = Andruckrolle mit Feder, 3 = Hebel mit veränderlichem Gewicht, 4 = Schaltklinken, 5 = Nadelbett und Nadelfüße


Bild 4.19: Warenabzug, 1 = Abzugswalzen, 2 = Andruckrollen, 3 = Warenlauf, 4 = Regulierung für den Druck zwischen Abzugswalzen und Andruckrollen, 5 = vorgespannte Federn, die die Abzugswalzen in Warenlaufrichtung verdrehen

Um eine einwandfreie Maschenbildung der strickenden Zungennadeln zu gewährleisten, muss beim Nadelaustrieb die zuletzt gebildete Maschenschleife über die Zunge auf den Nadelschaft gleiten. Diese Aufgabe übernimmt in der Regel der Warenabzug.

In Strickvorgängen für auf Passform gearbeitete Teilstücke (fully fashion) oder für extreme Strukturmusterungen sind Hilfselemente (Einstreicher, Niederhalteplatinen und dergleichen) notwendig, um die einwandfreie Maschenbildung zu sichern.

Die Mascheneinstreicher bewegen sich mit dem Schloss und gleiten so unter die austreibenden Nadeln, dass die Maschenschleifen auch ohne Abzug sicher aus dem Nadelkopf über die Zunge auf den Nadelschaft gebracht werden können (Bild 4.20).


Bild 4.20: Mascheneinstreichvorrichtung, 1 = Maschen einstreicher, 2 = Nadelbürste