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Erste Novellen
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Der Mann

An einem nebligen, gelblichen Abend gehen Maria und Yvonne den Strand entlang, beide in Schwarz und trauervoll gebeugt, wie zwei Witwen. Kalter Reif mischt sich in den Regen, der so traurig herabrieselt, als wolle er niemals aufhören, als wären es ewige Tränen. Wie die beiden Frauen unter den Windstößen mit flatternden Kleidern von Fels zu Felsen eilen, scheinen sie Schiffbrüchige des Lebens und gleichen einander: sie sind Freundinnen.

Maria, die ältere und kleinere, hat eben ihr Kind begraben müssen. Seinen Vater hat sie schon früher verloren. Das Kind ist zwei Tage tot; der Vater hat sie schon lange verlassen. Sie hat nichts mehr auf der Welt als zwei schreckliche Erinnerungen. Der Regen schlägt in ihr Gesicht, das weiß, wie das einer Verdammten ist, kaum noch erhellt von den rotgeweinten Augen. Sie zieht ihre Freundin mit sich, aber wohin ihr Weg führt, weiß sie nicht; von Zeit zu Zeit schüttelt sie den Kopf wie eine Irrsinnige, als wolle sie das Gewesene verjagen.

Yvonne ist ein ganz junges Mädchen. Seufzend blickt sie Maria von der Seite an. Sie ist im tiefsten erschüttert von dem Leid, das sie vor sich sieht und sie schluchzt wie die Freundin, wenn sie an das denkt, was beide quält. Einmal, als sie Arm in Arm dahingehen, möchte Yvonne zu Maria sprechen. Aber wozu? Welche Worte würden ans Ohr der Unglücklichen dringen, welche könnten den Verführer ins Herz treffen, der sie nach vier Wochen von Zärtlichkeit und Glück so wild, so zynisch von sich gestoßen hat, daß das kleine Kind sicherlich an dem Schmerz der Mutter gestorben ist?

Der Elende, der Niederträchtige, der Abscheuliche! Yvonne weiß wenig vom Leben, da sie in ihrer Hütte ohne Aufhören für sich und ihre Familie ihren Lebensunterhalt verdienen muß; dennoch hat sie Stunde um Stunde das kurze und doch unendlich lange Martyrium ihrer Freundin mitangesehen und sie ballt ihre schwachen Fäuste, wenn sie an das Ungeheuer denkt, das mit dem Glück und der Freude der Frauen spielt und sie dann lächelnd fahren läßt. Heute morgen hat sie ihn erst dabei ertappt, wie er sich mit einem selbstzufriedenen Lächeln, das seine Zähne zeigte, über eine neue Eroberung geneigt hat: die sanfte Marton von der Mühle, die schon so weit war, daß sie an seiner Seite bebte, wie ein verwundeter Vogel. Er hat Marton genommen, damit aus ihr würde, was aus den andern geworden ist: aus Helene, Annette, Louison und allen jenen, die sich von seinem schwarzen Haar, seinem breiten Gesicht, seinen leuchtenden Augen haben betören lassen.

Seit langem schon, wenn Yvonne im Zimmer über ihre Arbeit gebeugt ist und nur halb hinhorcht, hört sie von dem Verderben erzählen, das dieser Mann um sich verbreitet. Sie hat den Jammer der Frauen, der verheirateten und der jungen Mädchen, mitangesehen, die er an sich gerissen hat, denen er einen Tag lang die Herrschaft über sein Herz gab, um sie dann mit Füßen zu treten, der Reue, der Verzweiflung und der Schande zu überlassen. Was ist aus all diesen armen Verblendeten geworden? Eine ist am Kummer gestorben; eine hat sich ins Meer gestürzt; die dritte hat sich auch in ein Meer gestürzt, aber in das von Paris. Die nicht an ihm gestorben sind, schleichen verwelkt und gebeugt durch die Gassen. Dann hat es Maria getroffen, deren dunkler Mantel nun im Winde flattert, als sei er das Segel eines verirrten Schiffes. Mit ihr war er noch schneller fertig als mit den andern. Vor Angst und Entsetzen hat Yvonne diesem Werke der Verführung und Zerstörung zugesehen; kaum hatte sie die Arme geöffnet, um ihre Freundin zärtlich zu entlassen, so mußte sie sie schon wieder ausbreiten, um die Gestürzte, Elende aufzufangen. Nun hat das wilde Tier wieder eine neue Beute: schon taumelt Marton unter dem Lächeln, an dem Helene, Annette und Louison zugrunde gegangen sind. Und Maria . . .

Man kann nicht den ganzen Tag draußen herumirren, auch wenn man noch so sehr in Verzweiflung ist; einmal muß man wieder nach Hause. Sie kehrten ins Dorf zurück und in Marias so entsetzlich leeres Haus. Es fing schon an dunkel zu werden, bald würde die Nacht hier eintreten, wie in ihr eigenstes Reich.

Maria setzte sich auf einen Schemel und rührte sich nicht. Ein eisiger Schauer durchlief Yvonne beim Anblick dieser trostlosen, vollkommenen, unabänderlichen Einsamkeit. Vom Grunde ihres Wesens her fühlte sie einen furchtbaren Haß gegen den Dieb und den Mörder aufsteigen, der Vernichtung um sich säte. Es war unmöglich, daß er nach all diesem weiter behaglich dahinlebe und plötzlich wußte sie, daß sie ihm die Wahrheit ins Gesicht schleudern müsse und Anklage erheben vor dem ganzen Dorfe gegen diesen selbstherrlichen Schurken mit dem zufriedenen Lächeln, der sich so ruhig über die Gesetze stellte.

Sie erhob sich, um den Mann zur Strecke zu bringen, das böse Tier. Der Regen hatte aufgehört, aber der Himmel blieb drohend und schieferfarben; er spiegelte sich in den Lachen der schmutzigen Straße.

Sie blickte nach rechts und links. Sie war zart, ein wenig knochig und sah schüchtern und demütig aus. Sie war schweigsam und etwas gebückt von der Arbeit, mit der sie die Ihren erhielt. Auf ihren schmalen Schultern lasteten schon schwere mütterliche Pflichten.

Mit einem Male erblickte sie ihn. Er kam aus dem Wirtshaus, schlendernd, eine Blume zwischen den Zähnen. Seine Schultern waren breit und mächtig, seine Hände rot und dick. Er sah geckenhaft aus, eingebildet, gefallsüchtig, unvornehm. Sie empfand Ekel und Abneigung, als sie ihn ansah.

Er erblickte sie, blieb stehen und betrachtete sie. Dann wurde er kühner, maß sie von oben bis unten und das brutale Lächeln spielte wieder um seinen Mund.

Vor diesem Gesicht und diesem tierischen und gemeinen Lächeln entsann sich das junge Mädchen blitzartig all der Unglücklichen, die in ihrer unbegreiflichen Verblendung mit ausgebreiteten Armen ins Verderben gestürzt waren. Mit einem Male bekam sie Mut und schrie ihm all ihren Haß und ihren Groll ins Gesicht, während ihre Hände sich zusammenkrampften, ihr Auge blitzte und ihr Tuch wild um sie flatterte.

Er stand einen Augenblick lang verblüfft unter dem Sturzbach ihrer Worte. Dann stammelte er mit schwerer Zunge: »Maria? Ich mag sie nicht mehr.«

Yvonne war kriegerisch, hemmungslos geworden und konnte sich nicht mehr halten: »Und was wird aus Marton?«

Er zuckte die breiten Schultern: »Ich mag Marton nicht mehr.«

»Wer ist also jetzt an der Reihe?« rief das junge Mädchen und ihr zartes Gesicht flammte auf.

Seine grobe breite Stimme antwortete: »Ich mag jetzt keine mehr. Ich werde die lieb haben, die mich mag.«

Er räkelte sich, kam näher und ein plötzlicher Einfall glomm in seinen Augen auf: »Dich, wenn du willst.«

Er näherte sich noch mehr, sein Lächeln flackerte vor ihm her, sein Blick kroch über ihre Gestalt.

Sie stieß einen Ruf des Abscheus aus und drückte sich eng an die Wand. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und starrte ihn an.

Vor sich sah sie das Elend, die Verzweiflung und eine Schar jammervoller Gestalten. Sie sah die tote Helene, die tote Annette und Louison, die im Hexensabbath von Paris unterging. Sie sah Maria unbeweglich vor Schmerz und einsam trauernd um ihr totes Kind.

Aber noch näher als dies alles erblickte sie das Lächeln des Mannes vor sich, der Marton nicht mehr mochte, der niemanden mehr mochte in diesem Augenblick: dieses Lächeln näherte sich, breitete sich aus und umgab sie, wie etwas unentrinnbares. Sie sah seine Augen leuchten, aufblitzen und sie versengen.

Sie wollte rufen, schreien, sich wehren, aber sie konnte nur schweigend erzittern vom Kopf bis zu den Füßen . . . Am Himmel hatte sich das Gewitter verzogen, die untergehende Sonne überleuchtete die Wolken. Dem Mädchen verwirrten sich die Gedanken, sie wußte nicht mehr, was sie dachte, was sie sprach und der Purpur des Abends ließ sie wundervoll erröten.

Das Weib

Die Hütte, in der die beiden Frauen dahinlebten, war so niedrig und so düster, daß der Tag, der hineinschien, sich alsbald zum Abend wandelte und man niemals bis in die Ecken des Raumes sah, dessen Boden steinig und erdig war, wie eine schlechte Landstraße.

In dem dürftigen Licht, das durch die Fensterluke fiel, richtete sich die hagere Sterbende mühsam von ihrem Lager auf und sprach zu ihrer Tochter Marie:

»Wenn ich tot bin, so such' deinen Bruder auf. Er ist bei deinem Vater geblieben, von dem ich mich getrennt habe, und arbeitet im Bergwerk. Ihr seid beide Waisen, tut euch zusammen. Es ist am natürlichsten so und wird gut für euch beide sein. An seinem Namen erkennst du ihn. Du wirst ihm helfen und er dir, denn er ist kein böser Junge, mußt du wissen.«

Sie war am Ende ihrer Kraft, als sie diese Worte ausgesprochen hatte, und in der folgenden Nacht ward sie stumm für immer.

Marie, die zum Begräbnis ein graues Kleid trug und die Blume von ihrem Hut getrennt hatte, um trauermäßig auszusehen, fuhr erst ein Stück mit der Eisenbahn, dann durchquerte sie zu Fuß das schwarze Land, um ihren Bruder Jean aufzusuchen.

Je mehr man sich dem Ziel näherte, desto schwärzer wurden die Straßen, die zu den Kohlengruben führten; eine schwarze Wolke schien sich hier über die Erde gebreitet und auf sie abgefärbt zu haben.

Sie nahm ein Zimmer in einem der Gasthäuser an der Hauptstraße, die schwarz war von Straßen- und Kohlenstaub.

Abends erwartete sie die Ausfahrt aus dem Schacht in der Mitte der anderen Frauen. Sie wurde hin- und hergeschleudert, erst durch das Geheul der Signalpfeifen, dann durch die schwere und massige Schar der Arbeiter, die aus dem Loch im Berge aufstiegen und die alle in der gleichen Richtung davonzogen wie bei einem Begräbnis.

Obwohl sie ihren Bruder seit seinem fünfzehnten Jahre nicht gesehen hatte, erkannte sie ihn unter ihnen. Ja, das war sicher Jean, der mit dem kleinen blassen Gesicht, das zu blaß und zu klein für den großen Körper war. Er sah stumpf aus wie die andern, aber er schien müde und tief vereinsamt.

 

Lieber Himmel . . .

Marie sah, daß seine Gefährten ihn pufften, lachten, ihn verhöhnten. Er wehrte sich, riß sich los und lief davon.

Sie folgte ihm. Erst trat er in ein Haus ein, wo Zimmer vermietet wurden, nachdem er sich, nach der Art schüchterner Menschen, sorgsam vergewissert hatte, ob es auch das richtige Haus sei; er kam wieder heraus und ging ins Wirtshaus zum Essen. Erst blieb er auf der Schwelle stehen, wie erschrocken von dem Lärm, dann ging er mechanisch auf die entfernteste Ecke des Raumes los und verkroch sich dort.

Also hatte er keine Frau, keine Freundin. – Sonderbar! Für sie war das die wichtige Gewißheit, daß sie an der Seite ihres Bruders leben konnte, ohne ihn zu stören, war das ein Glück nach ihrer abenteuerlichen Reise in den Zufall und doch tat ihr das Herz weh. Auch sie trat ins Wirtshaus und setzte sich ihm gegenüber, aber durch zwei Tische von ihm getrennt und eingeengt zwischen Leuten, die schmatzend aßen.

Jean sah bedrängt und traurig aus, obgleich er von dem Tode seiner Mutter noch nichts wissen konnte. Das nackte Licht einer Gasflamme ließ auf seinem knochigen Gesicht schwarze Linien und weiße Flächen erstehen.

»Ach, der schöne Bursch!«

Ein paar übermütige Kerle, ein gierig blickendes, buntbebändertes Frauenzimmer mit überdeutlicher und leichtfertiger Gebärde unter ihnen, waren vor dem jungen Menschen stehen geblieben und rempelten ihn höhnisch an. Schamvoll, stotternd beugte er das Gesicht über seinen Teller. Endlich gingen die Spötter, aber aus den Kehlen der Weiber stieg ringsumher raketenartig Gelächter auf.

Ach, der Bruder, den sie wiederfand, wurde geschmäht und verlacht! Niemand wollte etwas von ihm wissen. Wenn er von der Arbeit heimkam, mußte er in die äußerste Ecke des Schankzimmers flüchten, um den Menschen zu entgehen!

Tränen traten in Mariens Augen. Er tat ihr so leid. Jetzt aber war sie da. Durch sie würde sein Leben milder werden. Sie würde seine Familie sein. Sie würden ein Heim haben und sie, Marie, würde dafür sorgen, daß ihm vom Sims ein Blumenstrauß entgegenblühe.

Bevor sie sich von ihrem Platz erhob, wo sie von ihren Nachbarn fast zerquetscht wurde, sah sie ihn lange an. In diesem Augenblick hob er den Kopf und sein Blick begegnete dem ihren.

Sie lächelte.

Er blieb mit offenem Mund, wie erstarrt, als er sah, daß eine Frau ihm zulächelte.

Sie errötete. Er konnte sie nicht erkannt haben. Er würde also glauben, daß sie . . . Instinktiv senkte sie die Augen, aber instinktiv hob sie sie wieder. Er blickte sie noch immer an und hatte die Augen so weit aufgerissen, daß sie in seinem blassen Gesicht glänzten wie von Tränen. Auf diesem Antlitz malte sich ein so erschütterndes Staunen, daß Marie am ganzen Körper zu zittern begann. Aufs neue lächelte sie.

Die kleine Szene war den Gästen nicht entgangen, deren lärmende Schar im Schankzimmer umherlümmelte. Der Cadiot und die niedliche Unbekannte äugten sich an! Die Arbeiter stießen einander, beobachteten die Vorgänge und flüsterten erstaunt:

»Der da? Unglaublich! Nein, wirklich!«

Marie verkroch sich in sich selber, vollendete ihre Mahlzeit und wagte nicht, aufzusehen, obgleich sie seine Augen und die aller andern auf sich ruhen fühlte.

Als es Zeit zum Kaffee war, leerte sich das Zimmer teilweise.

Da erhob sie sich und näherte sich ihrem Bruder. Als dieser gewahrte, daß wirklich er es war, mit dem sie sprechen wollte, erhob er sich und um den Irrtümern, den Verwechslungen, an die er glaubte, ein Ende zu machen, nannte er seinen Namen:

»Ich bin Jean Cadiot.«

Sie öffnete eben den Mund, um zu sagen: »Und ich bin Marie!« aber er sah diesen frischen Mund mit einem Ausdruck von so wundersamer Erwartung und Hoffnung an, daß sie schwieg, und ohne ganz zu verstehen, was in ihr vorging, lächelte sie wieder und sah ihn an.

Der Mann murmelte endlich: »Wollen wir miteinander fortgehen?«

Zusammen traten sie hinaus, verlegen und linkisch. Unter den Gästen des Arbeiterwirtshauses wurde es ganz still, als sie vorbeigingen.

Kaum waren sie draußen, so berührte er ihren Arm und legte ihn in den seinen. Sie ließ ihn gewähren. Warum klärte sie nicht so rasch wie möglich seinen traurigen und peinigenden Irrtum auf? Sie sagte aber nur:

»Leben Sie ganz allein?«

»Natürlich,« sagte er. Dann stammelte er mit Anstrengung: »Warum fragen Sie mich das? Ich bin es nicht gewöhnt, daß man von mir hören will. Die andern finden das auch sonderbar.«

Er zeigte mit dem Finger nach hinten. Die erleuchteten Fenster sahen aus, wie Flächen weißer Kinoleinwand, und auf ihnen zeigten sich schwarze Späherköpfe.

»Haben Sie gar keine Freunde?«

»Kann man mich denn lieb haben? Ich kann es ja verstehen, es ist nur, um Ihnen zu erklären . . .«

Er sprach schwer, als wäre er von diesen Dingen ausgehöhlt und des Redens ungewohnt. Anstatt ihm alles in diesem Augenblick aufzuklären, sagte sie leise:

»Sie sehen gut aus. Es gibt gewiß Frauen, die glücklich mit Ihnen werden könnten.«

»Das hat mir noch keine gesagt,« murmelte der junge Mensch.

»Aber ich sag' es Ihnen.«

»Sie . . .! Sie . . .!«

Plötzlich warf er seine langen Arme dem jungen Mädchen um die Schultern und zog sie an sich. Sie stieß ihn zurück.

Er stand regungslos, mit hängenden Armen, wie ein Sklave.

»Hören Sie,« sagte Marie, »Sie dürfen mich nicht lieb haben. Ich würde unglücklich werden, wenn Sie mich lieb hätten. Ich bin nicht mehr frei, nein, wirklich nicht. Wenn Sie alles wüßten! Aber andere Frauen werden kommen und finden, daß Sie besser sind als andere Männer.«

»Wirklich?« sagte er. »Wirklich? Wieso?«

Er stand vor ihr in Verzückung: »Mich lieb haben? Ist das denn möglich? Sagen Sie, würden Sie mich lieb haben, wenn Sie frei wären?«

»Ja,« flüsterte sie. »Leben Sie wohl. Ja.«

Sie verschwand und er blieb stehen, starr, bleich und wie von innen heraus erleuchtet. Sein ganzes Wesen glänzte von dem wundervollen Widerschein eines weiblichen Wesens.

Er war damit geschmückt wie von einer wunderbaren Kostbarkeit von unbeschreiblichem Wert, wie mit einem Talisman, der ihm die Kraft und den Mut geben sollte, mit dem Leben und dem Glück zu ringen.

Sie war schattenhaft ins Wirtshaus zurückgeglitten und begrub sich in dem armseligen Zimmerchen, aus dem sie am nächsten Morgen weit fort fliehen mußte. Jetzt durfte sie den verlassenen Bruder nicht wiedersehen, dem sie statt einer wirklichen Schwester lieber der Schimmer eines wirklichen Weibes gewesen war. Die Tränen flossen über ihr Gesicht und sie weinte zugleich vor Schmerz und vor Glück.

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