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Wenn in diesem Augenblicke sein Verstand freier gewesen wäre, so würde er ohne Zweifel die glühenden Liebesäußerungen Cora’s zurückgewiesen haben, aber gleich ihr hatte auch er das Fieber, gleich ihr schwindelte auch ihm. Das Fieber der Wollust verzehrte das Herz Cora’s, das Goldfieber berauschte Eusebius und seine Trunkenheit konnte nicht daran denken, die seiner Gefährtin zu zügeln. Ungeachtet des Fröstelns, welches er durch seinen Körper rieseln fühlte, dachte er nur an das Ziel, zu dem sie ihn führen sollte, aber in der Hingebung, zu welcher er sich gehen ließ, beklagte er nur die Zeit, welche er dadurch verlor. Seit einer Stunde gingen sie nebeneinander so her. Allmälig waren die letzten Spuren der Cultur hinter ihnen verschwunden; auf die niedrigen Stämme und die runden Wipfel der Orangen-, der Citronen- und der Papaganienbäume folgten die hohen Stämme und mächtigen Kronen der Tamarinden, die Liquidambers, des Teckbaumes und anderer Waldbäume.

Die Luft hatte sich erhoben und rauschte laut in den großen Blättern der Cocospalmen und den biegsamen Zweigen des Arackbaumes, die bei dem Vorübergehen der beiden nächtlichen Wanderer sich schaukelnd wiegten, wie gewaltige Federbüschel.

Der Tag war nahe; Eusebius und Cora betraten den Wald, der den Fuß des Berges Taikoekoie bedeckt.

Uebereinander gehäufte Stücke Basalt, Lava und Asche bedeckten den Boden, und machten das Gehen mühsam. In der Mitte einer großen Lichtung stieg ein Fels pyramidenförmig empor, vielleicht durch irgend einen furchtbaren Ausbruch des Vulkans hierher geschleudert.

Eusebius blieb am Fuße dieses Felsens stehen, um auf Cora zu warten, die zum ersten Male etwas zurückgeblieben war; er rief sie und sah sie herbeilaufen. Sie hielt in der Hand einen großen Geodonia-Ast und Malattizweige, die sie gepflückt hatte, und beschäftigte sich damit, einen Kranz zu flechten, in welchem sie, ungeachtet der Dunkelheit der Nacht, geschickt die weißen Kelche der Geodonia mit den purpurrothen Blüthen der Malatti mischte.

»Was machst Du da?« fragte Eusebius.

»Wir können nicht weiter gehen, ohne daß ich dem Feuergeiste, der der Herr des Berges ist, ein Opfer dargebracht habe.«

»So thue es denn, aber thue es schnell,« sagte Eusebius, ohne sich die Mühe zu geben, eine Bewegung der Ungeduld zu unterdrücken.

»Sei gnädig und gut, Herr,« erwiederte die Negerin, indem sie vor Eusebius niederkniete und dessen Hand an ihre Lippen zog. »Das Gewölbe der Bäume verdoppelt die Schatten der Nacht und wir können vor Tagesanbruch nicht weiter gehen; laß Deiner Sclavin den Geist Deiner Absicht günstig stimmen; sie ist jetzt ebenso ungeduldig wie Du, den Ort wiederzufinden, an welchem die glänzenden Steine durch Deine Finger rieseln sollen, wie feurige Wogen.«

Eusebius, der durch die Worte Cora’s beruhigt wurde, setzte sich auf den umgestürzten Stamm eines Baumes. Die junge Negerin schmückte sich mit dem Kranze, den sie gewunden hatte, behielt in der Hand ein ziemlich großes Bouquet raffte eine Menge trockener Kräuter zusammen, und erkletterte dann den Fels mit wunderbarer Leichtigkeit; zu dem Gipfel gelangt, zündete sie das trockene Kraut an, kniete an der Seite des Feuers nieder, das Gesicht gegen den Boden gepreßt und flehte die Gnade des Geistes an.

Als ihre Anrufung beendet war, erhob sie sich und warf in das Feuer ein neues Päckchen Kräuter; die Flamme, die dem Erlöschen schon nahe war, entzündete sich aufs Neue, und beleuchtete mit ihrem röthlichen Schein das Gesicht und die Kleider Cora’s, welche jetzt auf dem Gipfel des einzelnen Felsblockes aufrecht stand.

Sie hatte ihr Haar aufgelöst, und die schwarze Masse flatterte im Winde; gehüllt in ihren weiten Sacong, dessen rothe Streifen Blutstrahlen zu sein schienen, die Lippen bebend, die Augen funkelnd, nahm sie die weißen Blumen der Geodonia des Bouquets, das sie in der Hand hielt, eine nach der andern und schleuderte sie in die Glut, indem sie eine Art von Gesang murmelte, dessen langsame und monotone Melodie an die Klagen der Hirten in Europa erinnerte.

»Mächtiger Rakschase,« sagte sie, »Du, dessen Hauch wie Sturmwind ist, und von dem jeder Seufzer die Flammen bis zu den Wolken treibt, reiner Geist, habe Mitleid mit meinen Thränen. Wenn sie nicht gleich denen, welche, wenn Du seufzest, dem Munde Deines Kraters entströmen, in die Ebene hinabfließen, um dort Verheerung und Tod zu verbreiten, so sind sie deshalb nicht minder bitter. Jede derselben ist ein Tropfen geschmolzenen Metalles; indem sie aus mein Herz fällt, verursacht sie eine brennende Wunde; ich bin die Taube, welche einsam bleibt, weil ihre Federn schwarz sind, und gleichwohl waren ihre Küsse süß und das Schlagen ihrer Flügel voll Versprechungen!

»Aber die Blume, die ich Dir darbringe, ist nicht weißer, als das Gesicht meines Geliebten, und der Tag vermählt sich mit der Nacht.

»Meine Augenlider schließen sich daher mehr, meine Augen können nicht einen Augenblick darauf verzichten, sein Bild zu sehen, obwohl seine Gleichgültigkeit die Hoffnung ertödtet.

»Reiner Geist, mächtiger Beherrscher des Berges, wenn unsere Anwesenheit in Deinem Reiche Dich beleidigt, wenn Dein Zorn ein Opfer verlangt, so biete ich Dir mein Leben, wie ich Dir diese Blumen biete, die sich in dem Feuer biegen und schwärzen; wähle die Taube mit den dunklen Flügeln, und laß meinen Geliebten mit dem glänzenden Gefieder die Ufer des großen Sees wieder erreichen, an denen die weiße Gefährtin, die er sich wählte, seiner wartet.«

Die ersten Worte Cora’s waren Eusebius aufgefallen, ohne seine Aufmerksamkeit im Geringsten zu erregen. Aber allmälig hörte er gespannt zu, und wurde ergriffen durch das wahrhaft Rührende in dieser Ergebenheit der Leidenschaft, welche er der jungen Negerin einflößte.

Die finstere Majestät der Umgebung, die phantastische Schönheit Cora’s, welche durch den ersterbenden Schein des Feuers beleuchtet wurde, so daß sie als eine Priesterin der Nacht erschien, ihre aufgeregte Stimme bei der Monotonie ihrer Anrufung – Alles diente dazu, Eusebius Einbildungskraft zu ergreifen, und sein Herz zu erweichen. Zum ersten Male, seitdem er Gavoet verlassen hatte, vergaß er den reichen Schatz, dessen Eroberung er entgegen schritt; er stand athemlos da, getheilt zwischen einem unbestimmten Schrecken und einem neuen Gefühle, das sich in sein Herz schlich und ihn vom Kopf bis zu den Füßen erbeben machte.

Als Cora ihre Anrufung beendet hatte, nahm sie den Kranz, der ihr Haupt bedeckte, und warf ihn ebenfalls in das Feuer; dann beobachtete sie, über die Flamme gebeugt, voll Angst sein Verbrennen. Plötzlich und als die letzten Funken die dunklen Blätter des Malatti verzehrten, stieß sie einen Freudenschrei ans, riß den halb verbrannten Kranz aus der glühenden Asche und eilte rasch den Fels herab.

»Sieh, sieht« sagte sie zu Eusebius, indem sie ihm die geschwärzten Zweige zeigte, »sieh diese Blume der Geodonia, die unberührt aus der Prüfung hervorging. Sieh, die Flamme hat sie verschont; sie ist so weiß, so rein, wie da meine Finger sie von ihrem Zweige pflückten.«

»Nun!«

»Nun, das ist ein gutes Vorzeichen; der Geist ist für Dich gewonnen; Du wirst gesund und wohlbehalten von Deiner Unternehmung zurückkehren.«

»Aber Du, Cora?« sagte Eusebius.

»Ich! Was kommt darauf an?« erwiederte Cora, indem sie zwischen ihren Fingern die wohlriechenden Kelche des Malatti zerdrückte, welche bei dieser Ceremonie wahrscheinlich sie selbst vorstellten, und die durch das Feuer entstellt, geschwärzt und verkohlt waren.

»Nein,« rief Eusebius, »lieber wollte ich auf diese Diamanten verzichten, wären sie auch so schwer und so zahlreich wie die aller Minen von Visapour, als daß ich ein einziges Deiner Haare opferte!«

Bei diesem leidenschaftlichen Ausrufe, den sie Eusebius endlich entrissen hatte, fühlte Cora sich ohnmächtig werden; sie wankte auf ihren Füßen und ließ verwirrte Blicke umherschweifen, als ob die Besinnung ihr entfliehe; ihre Stimme erstickte in ihrer Kehle und die Thränen, welche ihr Gesicht bedeckten, bewiesen ihre gewaltige Aufregung. Sie wollte sich ihrem Herrn zu Füßen werfen, doch dieser bückte sich und breitete die Arme aus, um sie aufzuheben; bei dieser Bewegung streiften die Haare der Negerin das Gesicht des jungen Holländers; ihre feuchten Wangen berührten Eusebius Gesicht und dieser fühlte einen brennenden Hauch. Es schien, als sollte auch er erliegen. Die ersterbenden Augen, die Cora auf ihn richtete, bezauberten ihn, wie die der Schlange den Vogel bezaubern, den sie sich zur Beute ausersehen hat. Beherrscht durch das Uebermaß des sinnlichen Ausdrucks, welches jeder Zug des Gesichts, jede Haltung des Körpers der Negerin verrieth, war es ihm unmöglich, sich dieser gefährlichen Berührung zu entziehen;er fühlte seine Lippen erbeben unter dem heftigen brennenden Kusse von zwei Feuerlippen und eine Wolke breitete sich über seine Augen; das Gefühl war so heftig und sein Körper war so davon galvanisirt worden, daß das Uebermaß des electrischen Stromes Eusebius rettete; die Wollust wurde zum Schmerz und erweckte ihn, indem er ihn der Trunkenheit entriß, welche sich seiner zu bemächtigen begann; erfaßt von einem Schrecken, dessen Ursache er sich nicht zu erklären vermochte, stieß er plötzlich die Negerin zurück, indem er die Arme loslöste, mit denen sein Hals umschlungen war.

Einige Augenblicke blieben sie einander.gegenüber; Eusebius aufrecht und indem er sich zu erholen trachtete, Cora auf dem Rasen liegend und in einer so vollkommenen Regungslosigkeit, daß ihr Herr sie für ohnmächtig hätte halten müssen, wenn nicht die Seufzer und das Schluchzen, die sich ihrer Brust entrungen, ihm bewiesen hätten, daß sie das Bewußtsein nicht verloren hatte.

Eusebius hörte in der Entfernung einiger Schritte das Murmeln eines Baches und eilte zu demselben hin und tauchte seinen Kopf in das Wasser. Die Frische desselben befreite ihn von dem Blute, das zu seinem Gehirn geströmt war; er athmete freier, allein indem er zu dem Gebrauche seiner Vernunft zurückkehrte, fühlte er weder Unwillen noch Zorn gegen die Sclavin.

 

»Ich bin nur ein Dummkopf,« sagte er halblaut zu sich selbst. »Beinahe wäre ich durch dieses Possenspiel gefangen worden. Die Diamantengrube ist nichts als eine Fabel, um die Gelegenheit zu finden, sie mit Bequemlichkeit aufführen zu können. Aber ich kann deshalb diesem armen Mädchen nicht zürnen. Ihre Liebe ist zu wahr und zu aufrichtig, als daß ich ihr den geringsten Vorwurf darüber machen könnte.«, Dann näherte er sich Cora und sagte:»Komm, mein Kind, stehe aus und laß uns versuchen, noch vor Tagesanbruch nach Gavoet zurückzukehren.«

»Und weshalb?« fragte die Sclavin erstaunt.

»Weil es nutzlos ist, diesen Scherz zu verlängern.«

»Von welchem Scherz sprecht Ihr, Herr?«

»Von dem, den Du Dir mit mir gemacht hast, indem Du von diesen kostbaren Steinen sprachst, ein Scherz, den ich Dir verzeihe, Cora. Der einzige Diamant, den Du mir zu bieten hattest, ist Deine Liebe, und Du weißt wohl, daß es mir verboten ist, mich mit diesem zu schmücken, weil ich Esther gehöre, und weil ich ihr die Treue bewahren will.«

Bei dem Namen Esthers erhob Cora sich hastig; eine Umwandlung ging in ihrem Gesichte vor, welches soeben noch zärtlich und wollüstig gewesen war, jetzt aber finster und drohend wurde. Sie zog aus ihrem Gürtel einen kleinen Crid mit silbernem Griff und reichte ihn ihrem Gebieter.

»Stoße mir dies Eisen in das Herz,« sagte sie; »ich will es lieber hinein dringen fühlen, als Deine Worte, die kalter und schärfer sind, als das Eisen. Weshalb willst Du mir die Freude rauben, durch welche die letzten Augenblicke Derjenigen versüßt wurden, die dem Tode entgegengeht, indem sie Dich zu den Reichthümern des Berges Taikoekoie führt!«

»Du lügst!« rief Eusebius mit einer Stimme, die um so härter war, da er die Vermuthungen seiner Habgier ersticken wollte, welche sich des Zugeständnisses weigerte, daß Cora die Absicht gehabt hätte, ihn zu betrügen.

In diesem Augenblick ließ ein dumpfes Grollen, ähnlich dem des fernen Donners, sich an dem Horizont vernehmen. Cora erbebte; ihre Zuversicht verließ sie, ihre Arme sanken an ihrem Körper herab, ihr Kopf neigte sich auf die Brust.

».Du hast Recht, Herr-z« sagte sie mit kaum hörbarer Stimme, »laß uns nach Gavoet zurückkehren; es muß sein.«

Diese Ergebung der jungen Negerin schien einen lebhafteren Eindruck auf Eusebius zu machen, als ihre vorhergehenden Versicherungen es vermocht hatten; eine Minute lang hatte sein Herz sich aufs Neue der Hoffnung geöffnet; es wurde ihm schwer, sich darein zu fügen, sie noch einmal erlöschen zu sehen.

»Also,« sagte er mit dem Tone des Vorwurfs, »hat Cora schmachvoll mein Vertrauen so gemißbraucht?«,

»Laß uns gehen, ich beschwöre Dich, Herr,« erwiederte das junge Weib, welches vor Schrecken halb wahnsinnig zu sein schien; »laß uns gehen und keine Secunde verlieren.«

Jetzt war es nicht mehr ein dumpfes Grollen, welches sich hören ließ, sondern ein furchtbares donnerndes Gebrüll, das die Luft in der Entfernung von hundert Schritten hinter den beiden Wanderern erschütterte, gerade in der Richtung, in welcher Cora ihren Gefährten fortzuziehen sich bemühte.

»Ein Tiger!« rief Eusebius, indem er den Dolch aus der Scheide zog, und die Hand der Sclavin ergriff.

»Er, er!« murmelte Cora mit so leiser Stimme, daß Eusebius sie nicht verstehen konnte.

Inzwischen wurde das Gebrüll, welches erst gellend und drohend gewesen war, dumpf, und das rauhe Knarren, noch immer furchtbarer, näherte sich mehr und mehr; es schien, als sei das wilde Thier bis zu dem Saume des Waldes vorgedrungen. Eusebius erwartete es aus dem hohen Haidekraut, welches das Holz umsäumte, hervordringen und auf die Lichtung springen zu sehen.

»Stelle Dich hinter mich, Cora,« sagte er zu seiner Gefährtin.

»Nein, nein,«– sagte diese, welche aus der ungeheuern Größe der Gefahr neue Kraft geschöpft zu haben schien; »nein, laß uns unsern Weg verfolgen; Rakschase, der Geist des Berges, war mit uns und wir haben nichts von den wilden Thieren zu fürchten; sieh nur, Herr.«

Dabei deutete sie mit dem Finger auf einen phosphorartigen Schein, der in der Richtung des Berges auf und nieder schwebte, bald den Boden berührend, bald sieh bis zu der Spitze der hohen Palmbäume erhebend.

»Aber wohin sollen wir nach der Zeit?«

»Auf den Taikoekoie. Ehe die Sonne die Hälfte ihres Laufes vollbracht hat, wirst Du Deine Hände in das Becken tauchen, welches den furchtbaren Reichthum enthält, von dem ich Dir sagte. Ich sprach die Wahrheit, Herr, ich schwöre es Dir – bei der Liebe, die mein Herz erfüllt. Laß uns gehen; er eilt, es muß sein.«

Ungeachtet dessen, was diese letzten Worte für Eusebius Unverständliches hatten, zögerte er nicht, und entflammt durch eine neue Begier, folgte er Cora, welche sich durch den tanzenden Schein führen ließ, den sie ihrem Herrn gezeigt hatte, die ersten Abstufungen des Taikoekoie erstieg und ihm durch die Schlingpflanzen, die den Wald zu einer undurchdringlichen grünen Masse machen, einen Weg bahnte.

Bald verließen Eusebius und Cora die Region der großen Bäume, um die zu betreten, in welcher der Boden ausgedörrt durch die Asche, die Lava, mit denen die Oberfläche bedeckt ist, nur noch verkrüppelte Mimosen und Zwergpalmen trägt. Bei der Annäherung des Morgens waren die Sterne erloschen und die Nacht noch dunkler geworden; gleichwohl folgte das junge Mädchen den Irrgewinden, indem welche der Irrwisch in eigensinnigen Sprüngen vor ihr und ihrem Gefährten beschrieb.

Eusebius wagte einige Bemerkungen, aber obgleich Cora am ganzen Körper zitterte, als müßte sie sich noch von ihrer gewaltigen Erregung erholen, bestand sie doch mit der größten Zuversicht darauf, um nicht von dem Wege abzukommen, müßten sie genau dem tanzenden Lichte vor ihnen folgen, welches, wie sie sagte, Rakschase selbst, ihr Gebieter, abgesendet hätte, um sie zu führen und sie von dem Tiger fortzubringen und Eusebius wagte darauf keine weiteren Einwände.

Allmälig kamen sie über die letzten Mimosen hinaus; der Boden, auf dem sie gingen, wurde immer schwieriger und schwieriger, Bald mußten sie über erkaltete Lavahaufen oder Basaltblöcke steigen, die ringsumher verstreut lagen; bald sanken sie bis an die Knie in die bewegliche Asche, welche die Erde mit einer mehrere Fuß hohen Lage bedeckte.

»Deinem Berichte nach, Cora,« sagte Eusebius, »glaube ich, daß wir alle diese Felsen vergeblich erklettern. Der senkrechte Fels und der Bach, der die Diamanten mit sich führt, müssen sich auf dieser Höhe des Taikoekoie befinden, aber mehr zur Rechten; es muß auf der Seite des Berges sein, welche nach dem Pazandajan, seinem Nachbarn, blickt.«

Statt aller Antwort zeigte Cora ihrem Herrn das bleiche Licht, welches fortwährend vor ihnen her schwebte, und als Eusebius die finsteren Massen des Berges näher besichtigte, die sich vor ihm erhoben, glaubte er, daß sie noch nicht mehr als den dritten Theil seiner Höhe erreicht hätten, und daß die Negerin daher wohl recht haben könnte.

»Gleichviel,« sagte er; »ich glaube dennoch, daß wir gut thun, hier den Tag zu erwarten. Ich habe mehr Vertrauen auf deine Erinnerungen, als auf den guten Willen, den Rakschase für mich zeigt.«

Als Eusebius diese Worte sprach, verwickelte er sich mit seinen Füssen in irgend einen Gegenstand, über den er strauchelte. Er fühlte mit der Hand danach und stieß einen Schreckensruf aus; denn er erkannte in diesem Hinderniß ein menschliches Scelett.

Auf seinen Schrei antwortete ihm ein ähnlicher Schrei Cora’s; die Negerin ihrerseits hatte, wie durch einen mächtigen Hauch angetrieben, die Flamme verschwinden sehen, von der sie bisher geführt worden waren. Zugleich verursachte ein stinkender scharfer Geruch den beiden Wanderern Schwindel. Eusebius gab sich nicht sogleich Rechenschaft von dem, was um ihn hervorging, aber in diesem Lande erzogen, konnte Cora sich nicht täuschen und schrie sogleich:. »Wir sind verloren, rettungslos verloren! Der Geist des Berges hat uns in das Gebiet des Quevoupas gelockt!«

»Der Quevoupas? Was ist das? Fragte Eusebius.

»Es ist das fürchterliche Thal, aus dem noch Keiner von Denen, die es betreten haben, jemals zurückgekehrt ist; blicke um Dich und Du siehst den Boden bedeckt mit den Gebeinen aller Derer, welche hier den Tod gefunden haben.«

»Das ist eine Fabel,« entgegnete Eusebius;»der Bohonupas hat Denen, die in seinem Schatten einschliefen, nie den Tod gebracht; sein Saft ist nur dann tödtlich, wenn er in die Adern eindringt«

»Wer spricht von dem Bohonupas?« sagte Cora ungeduldig; »ich sagte Dir, daß wir in Quevoupas sind, in dem Thale des Giftes; es ist nicht der Schatten des verfluchten Baumes, der uns tödtlich ist, sondern es sind die Ausdünstungen, die der Erde entströmen und die Rakschase seinen Feinden sendet, um sie zu ersticken.«

Eusebius begriff, daß die Negerin die Wahrheit sprach, und daß sie sich bei einem jener erloschenen Schwefelkrater befanden, in welchem die kohlensauren Dünste, die in der Atmosphäre verbreitet sind alle lebenden Wesen ersticken, welche in diese vergifteten Raume einzudringen wagen.

Bei jedem Schritte, den er auf diesen verfluchten Boden machte, stieß er an das Scelett eines Menschen oder eines Thieres; er hörte und fühlte, wie die ausgedörrten Gebeine unter seinen Füßen brachen und krachten; ein kalter Schweiß badete seine Stirn und sein Herz klopfte, als wollte es die Brust zersprengen.

Cora lief außer sich hin und her, als suchte sie einen Weg aus diesem Thale, als hoffte sie, irgend ein Mittel der Rettung zu entdecken.

»Rakschase hat sich nicht geschämt, sich mit dem Barkasaham zu verbinden; sein Feuergeist hat sich dem Willen dessen unterworfen, der gleich dem ekelhaften Wurme aus den Gräbern die Nahrung saugt, die sein Leben verlängert! – Und gleichwohl hatte er selbst dem Barkasaham nur geschworen, daß er sich mit einem Opfer begnügen würde! – Wenn Du mich betrogen hast, als ich Dich auf den Knieen bat, die Tage Dessen zu erhalten, der mir theurer ist, als mein Leben. sei verflucht, o Basilius!«

Dieser Name erweckte Eusebius aus der Betäubung, in die er entweder durch die Wirkung des Schreckens oder durch den Einfluß des eingeathmeten Gases versunken war, so daß er beinahe niederstürzte. Er sprang auf Cora zu, und ergriff sie bei dem Arme in dem Augenblick, als sie einen gewaltigen Basaltblock erklettern wollte, der allein über die Todesebene hervorragte.

»Weib,« schrie er, »antworte mir, wie Du Deinem Gott antworten würdest! Welchen Namen hast Du soeben ausgesprochen?«

»Gnade! Gnade!« antwortete Cora, indem sie die Knie ihres Herrn umschlang.

»Ha! jetzt begreife ich Alles! Ich erblicke mich gefangen in einer höllischen Schlinge! Du, die ich für gut hielt, für zärtlich, für ergebungsvoll, Du, deren Leidenschaft, wo nicht ein Echo, doch wenigstens Mitleid in meinem Herzen erweckte, Du bist gleich der gemeinen Rangune bei Mynheer Cornelis gedungen worden, um mich in das Verderben zu stürzen! Nun wohl, Weib oder Phantom, kehre zu dem zurück, der Dich zu diesem schmachvollen Possenspiel der Liebe antrieb; sage ihm. daß ich seinen Anstrengungen und seiner Wuth trotze; daß Esther noch immer Die ist, welche alle meine Liebe besitzt; daß Du, weit entfernt, von Eusebius ein Wort der Zärtlichkeit oder der Liebe zu erlangen, nur von ihm beschimpft wurdest; daß er nicht warten wollte, bis das Gift des Quevoupas Dich von Deinem elenden Leben erlöste; daß er Dich mit seinem Dolche traf und daß Du nur seine Fläche und seinen Haß mit Dir hinwegnimmst.«

Indem Eusebius diese Worte sprach, versetzte er der Negerin mit dem Crid, den er in der Hand hielt, einen so gewaltigen Stoß, daß die arme Cora auf den Fels niederstürzte und von dort in den Spalt hinabglitt, der sich auf der entgegengesetzten Seite von der, welche sie erstiegen hatten, zeigte.

Eusebius hörte, wie der Körper des jungen Weibes auf dem Abhange hinabrollte, indem er zahlreiche Steine mit sich fortriß; dann vernahm Eusebius einen letzten Liebesruf, den die Negerin ihm zusendete und Alles versank in Schweigen.

Wie gerechtfertigt ihm auch seine Rache erschien, wie glühend und gewaltig der Gedanke des Hasses war, den der Name seines Verfolgers tu ihm erweckte, wurde Eusebius doch beinahe augenblicklich von Reue über das vollbrachte Verbrechen ergriffen. Er schleuderte die blutige Waffe, die er in der Hand hielt, weit weg, vergaß seinen Zorn gegen Cora und seine eigene Lage und weinte über das Geschick des unglücklichen jungen Mädchens. Die Schmerzen, die er empfand, riefen ihn zu sich selbst zurück.Sein Athem wurde schwerer und schwerer, sein Gehirn verwirrte sich mehr und mehr; es schien ihm, als würde er in allen Richtungen von tausend feurigen Nadeln durchbohrt.

 

Er versuchte zu gehen, doch seine Beine brachen unter ihm zusammen, er taumelte wie ein Betrunkener und jede Bewegung, die er machte, tönte in seinem Kopfe wieder und verursachte ihm unerträgliche Schmerzen. Er erkannte, daß die Buße dem Verbrechen auf dem Fuße folgen würde und setzte sieh auf den Basaltblock nieder, um den Tod zu erwarten.

Vor ihm dehnte sich die Ebene ans; erhörte das Rauschen des Windes, der durch die Wipfel der Bäume strich; er sah, wie die finsteren Massen, die ihn von dem Horizont trennte, sich hier und dort mit Licht färbten; diese Lichter waren die, welche die Wohnungen beleuchteten eines derselben brannte vielleicht an dem Kopfende des Lagers, auf dem Esther ruhte, währender fern von ihr starb.

Er suchte seine Gedanken auf Die zu richten, die er liebte und das Bedauern über die Reichthümer, die seine letzten Augenblicke verdunkelt hatten, zurückzuweisen. Allmälig wurde sein Kopf immer schwerer und sein mit lauter Stimme gesprochener Name traf sein Ohr, wie der unbestimmte verworrene Ton eines Traumes.

Indeß gab die frische Seeluft, die kühl über seine Stirne strich, ihm seine Besinnung in etwas zurück, es schien ihm, als ob diese Stimme die Cora’s sei, und als ob die Negerin aus der Tiefe des Abgrundes herauf, in den er sie hatte stürzen sehen, ihre Rettung verkündete.

Dieser Gedanke erweckte in ihm das Gefühl der Selbsterhaltung, welches bei dem Menschen so schwer zu tödten ist, und er versuchte sich aufzurichten; aber seine gelähmten Glieder verweigerten ihm den Gehorsam.

Die Rufe verdoppelten sich; die Stimme Cora’s flehte Eusebius an, zu ihr zu kommen, bei dem Namen alles dessen, was ihm auf dieser Welt theuer sei, bei seiner Frau und seinem Kinde. Ein plötzlicher Gedanke erleuchtete Eusebius mitten unter den Nebeln, die ihn umhüllten; er warf sich auf den Rücken und gab sich an dem Abhange des Berges der Schwere seines Gewichtes hin. Aber diese letzte Anstrengung nahm den ganzen Rest seiner Kraft in Anspruch, und als er die Spitzen des Felsens, über denen er hinabglitt, seinen Körper zerreißen fühlte, wurde er ohnmächtig.

Diese Ohnmacht währte nur wenige Augenblicke; ein lebhaftes Gefühl des Wohlbehagens und der Frische rief ihn zu sich selbst zurück; er öffnete die Augen und fand sich am Boden liegend neben einem Bache, der aus dem Felsspalt des Felsens hervorquoll; sein Kopf ruhte auf den Knieen Cora’s, die sich selbst gegen den Fels lehnte, und nahe daran schien, das Leben auszuhauchen.

»Gerettet! Gerettet!« sagte die Negerin, in dem sie die Hände faltete. »Verzeihe, Rakschase, daß ich an der Aufrichtigkeit Deiner Prophezeihung zweifelte!«

»Ja, – gerettet,« sagte Eusebius, »und gerettet durch Die, der ich das Leben rauben wollte; denn Deine Stimme war es, die mir den Entschluß einflößte, in diesem Spalt hernieder zu gleiten, der gegen die Dünste des Vulcans geschützt ist. Cora, meine Dankbarkeit gegen Dich wird ewig sein.«

»Desto besser! O, jetzt mag der Tod kommen, da ich gewiß bin, Deine Flüche nicht mit in das Grab zu nehmen!«

»Der Tod! Du täuschest Dich. Wenn Du nicht gleich unter dem Stoße erlegen bist, so wirst Du leben.«

»Nein, nein,« erwiederte Cora, »in wenigen Augenblicken werde ich zu Dem zurückgekehrt sein, der uns seine Arme öffnet, welche Farbe auch unsere Haut haben möge. Deine Sorge ist nutzlos. Aber sei gesegnet für den Gedanken des Mitleids, der auf Deinen Zorn folgte, und der meine letzten Augenblicke versüßen wird.Vielleicht wird Dein Lohn für dieses Mitleid nicht auf sich warten lassen.«

»Was willst Du sagen?«

»Rakschase ist gerecht; Rakschase ist groß; der mächtige Geist des Berges konnte sich nicht mit dem schmutzigen Barkasaham verbinden.«

»Wohin zielst Du?«

»Rakschase spottet Derer nicht, die ihn mit inbrünstigem Herzen anflehen.«.

»Ich kann Dich nicht verstehen.«

»Er muß unsere Schritte zu dem Orte geleitet haben, wohin Du wolltest; ich habe ihm mein Leben angeboten, wenn er gestatten wollte, daß Du aus den Eingeweiden dieses Berges die Steine nehmen dürftest, nach denen Du verlangst; ich sterbe und Rakschase kann uns nicht getäuscht haben. Wir müssen dem Orte nahe sein, wo unter dem klaren Wasser die Kiesel schlummern, die Dein Glück machen sollen.«

»Unglückselige! Wieder sprichst Du von den Diamanten? Wir sind in einem Abgrunde ohne Ausgang, und wenn es uns nicht gelingt, den Abhang des Quevoupas wieder zu ersteigen und wir uns der Gefahr aussetzen, aufs Reue die vergiftete Ebene zu überschreiten, wie wollen wir dann von hier fort? Komm zu Dir, Cora, und höre auf, meine Leichtgläubigkeit zu verspotten, indem Du noch von den fabelhaften Reichthümern sprichst.«

»Cora hat Deine Leichtgläubigkeit nicht verspottet, Herr; im Angesicht des Todes schwört sie es Dir; sie hat einen Fehler begangen, indem sie dem Barkasaham gehorchte, und Dir entgegenkam, um seinem Hasses zu dienen; aber es ist ebenso wahr, daß ich, sobald mein Blick Deinem Blicke begegnet war, wirklich die Liebe empfand, die zu erheucheln er mir befohlen hatte. Ich erkannte, daß mein Herz seinen König gefunden, und es ist wahr, daß ich zu den Füßen meiner todten Mutter die Steine angehäuft sah, von denen Du behauptest, daß sie so kostbar sind.«

»Mein Gott! mein Gott!« rief Eusebius in einer schwindelnden Aufregung, »ist es nicht der Fieberwahnsinn, der sie so sprechen läßt? Sagt sie die Wahrheit?«

»Mir scheint, als hätten meine Augen schon einmal diesen Ort des Entsetzens erblickt; wenn meine Kräfte mich nicht verlassen hätten, so würde ich Dich, wie schwarz auch die Nacht ist, sicher durch dieses Gewirr leiten, und Dich zu dem ersehnten Schatze führen.«

»Nein, Du darfst Dich nicht rühren; jede Anstrengung, die Du machtest, würde Deine Kräfte erschöpfen und den Augenblick beschleunigen – o mein Gott, weshalb gab ich denn meinem Zorne nach? Weshalb habe ich Dich verwundet? Cora, ich gehe! Sprich, nach welcher Richtung soll ich mich wenden?«

Um Cora neu zu beleben, deren Stimme dem Erlöschen nahe schien, tauchte Eusebius sein Taschentuch in den Bach und benetzte ihr damit das Gesicht; dann richtete er behutsam ihren Oberkörper in die Höhe und lehnte den Kopf des jungen Weibes an seine Brust.

»Cora, keinen zu Dir; suche Deine Erinnerungen zu sammeln. Ach, wenn ich diese Reichthümer besäße, so könnte ich Basilius trotzen! Cora, nach welcher Seite muß ich meine Schritte lenken?«

»Ach,« sagte die Negerin, ohne Eusebius zu antworten, und als ob sie von einem neuen unbekannten Wohlbehagen ergriffen würde, »die Liebe ist stärker als die Materie; Deine Zärtlichkeit bezwingt den Tod. Seitdem ich Dich neben mir fühle, scheint es mir, als hätte mein Blut etwas von seiner Wärme wiedergewonnen und rinne aufs Neue durch meine Adern; bleibe so, Herr, bleibe so. Wer auf Erden oder im Himmel könnte Anstoß an diesen Liebkosungen nehmen, welche die Hand des schwarzen Engels sogleich unterbrechen wird?«

Nach einem kurzen Schweigen fuhr sie dann fort:

»Du sprachst soeben von Gott; ich habe keinen anderen Gott, als Dich, Du machst für mich den Tag und die Nacht und wenn Dein Lächeln meine Thränen trocknete, fühlte ich mich so glücklich, wie man es nur in dem Paradiese der Erwählten sein kann.«

Eusebius Hand, welche die der Sterbenden hielt, antwortete auf diese Worte durch einen zärtlichen Druck.

»Hast Du mir verziehen, Herr?« fragte sie.

»Ja; aber kannst Du jetzt Deine Gedanken sammeln und mir sagen, nach welcher Seite ich meine Nachforschungen richten muß?«

»Glaubst Du jetzt, daß ich Dich nicht belogen habe?«

»Der Schatz besteht, doch die. Augenblicke sind kostbar; Du mußt mir einige Andeutungen geben, die mich leiten können, nicht nur, um ihn zu finden, sondern auch, um aus diesem Abgrunde zu gelangen, der nichts anderes sein kann, als einer von den Kratern des Vulkans. Wenn Du mich wahrhaft liebst, Cora, so wirst Du sprechen. – Einige Minuten werden mir genügen, um zu sammeln, was uns für immer reich und mächtig macht; – dann trage ich Dich auf meinen Armen fort; – die Wissenschaft gehört Dem der sie bezahlt und ich werde sie so theuer bezahlen, daß sie Deinem Haupte den Tod, der Dir droht, abwendet. Du kannst noch lange Tage leben und glücklich an meiner Seite sein. Sage, willst Du das?«