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Die Dame von Monsoreau

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Vierzehntes Kapitel
Die Liebenden

Die Ohnmachten der Freude sind weder lang noch gefährlich. Man hat tödliche gesehen, doch das Beispiel ist außerordentlich selten.

Diana öffnete daher bald wieder die Augen und fand sich in den Armen von Bussy, denn Bussy hatte Frau von Saint-Luc nicht das Vorrecht, den ersten Blick von Diana zu erhaschen, überlassen wollen.

»Oh!« flüsterte sie erwachend, »oh! es ist abscheulich von Euch, Graf, dass Ihr uns so überfallt.«

Bussy erwartete andere Worte. Und wer weiß? die Männer sind so anspruchsvoll, wer weiß, sagen wir, ob er nicht etwas Anderes, als Worte erwartete, er, der mehr als einmal die Rückkehr zum Leben nach Ohnmachten erfahren hatte.

Aber Diana blieb nicht nur hierbei stehen, sondern sie entwand sich sogar sanft den Armen, die sie gefangen hielten, und kehrte zu ihrer Freundin zurück, welche Anfangs bescheiden einige Schritte unter die Bäume gemacht hatte, dann neugierig, wie es jede Frau ist, auf das reizende Schauspiel einer Wiederversöhnung unter Leuten, die sich lieben, ganz sachte zurückgekehrt war, nicht um an dem Gespräche Teil zu nehmen, sondern nur nahe genug zu den Redenden, um nichts davon zu verlieren.

»Nun! fragte Bussy, »empfangt Ihr mich so, Madame?«

»Nein,« erwiderte Diana, »denn in der Tat, Herr von Bussy, was Ihr getan habt, ist zart, ist liebevoll … aber …«

»Oh! kein aber,« seufzte Bussy, seinen Platz wieder zu den Füßen von Diana einnehmend.

»Nein, nein, nicht so, nicht zu meinen Füßen, Herr von Bussy.«

»Oh! lasst mich einen Augenblick beten, wie ich es tue,« sprach der Graf, die Hände faltend, »ich habe so lange diesen Platz beneidet.«

»Ja; doch um ihn einzunehmen, seid Ihr über die Mauer gestiegen. Das ist nicht nur nicht schicklich für einen Herrn Eures Ranges, sondern es ist auch unklug für Einen, der für mein Glück Sorge tragen würde.«

»Wie so?«

»Wenn man Euch zufällig gesehen hätte?«

»Wer sollte mich gesehen haben?«

»Unsere Jäger, die kaum vor einer Viertelstunde hinter der Mauer vorüberkamen.«

»Oh! beruhigt Euch, Madame, ich verberge mich zu sorgfältig, um gesehen zu werden.«

»Ihr verbergt Euch!« sagte Jeanne, »oh! in der Tat, das ist höchst romantisch, erzählt uns das, Herr von Bussy.«

»Vor Allem, wenn ich Euch auf dem Wege nicht einholte, so war es nicht mein Fehler; ich wählte einen Weg, und Ihr verfolgtet den andern. Ihr seid durch Rambouillet gekommen und ich durch Chartres. Hört und urteilt, ob Euer armer Bussy verliebt ist; ich wagte es nicht, Euch einzuholen und ich zweifelte doch nicht, dass ich es könnte. Ich fühlte, dass Jarnac nicht verliebt wäre und dass das würdige Tier sich nur mittelmäßig für die Rückkehr nach Méridor begeistern würde. Euer Vater hatte auch keinen Grund, zu eilen, da er Euch bei sich besaß. Doch nicht in Gegenwart Eures Vaters, nicht in Gesellschaft Eurer Leute wollte ich Euch wiedersehen; denn ich hatte mehr bange, als Ihr wohl glauben mögt, Euch auf irgend eine Weise bloßzustellen. Ich legte den Weg Etappe für Etappe zurück und speiste vom Stiel meiner Gerte; der Stiel meiner Gerte war meine gewöhnliche Nahrung während dieser Tage.«

»Armer Junge!« sagte Jeanne, »sieh nur, wie er abgemagert ist.«

»Ihr kommt endlich an,« fuhr Bussy fort, »ich hatte eine Wohnung in der Vorstadt genommen und sah Euch, hinter einem Laden verborgen, vorüberziehen.«

»Oh! mein Gott,« fragte Diana, »seid Ihr denn unter Eurem Namen in Angers?«

»Für wen haltet Ihr mich denn?« versetzte lächelnd Bussy, »nein, ich bin ein reisender Kaufmann; seht mein zimmetfarbiges Kleid an; es verrät mich nicht zu leicht, denn es ist eine Farbe, welche viel unter den Tuchhändlern und Goldschmieden getragen wird …. und dann habe ich auch eine gewisse unruhige, geschäftige Miene, die einem Botaniker, der Kräuter sucht, nicht übel steht. Kurz, man hat mich noch nicht bemerkt.«

»Bussy, der schöne Bussy, zwei Tage hinter einander in einer Provinzstadt, ohne erkannt worden zu sein? Man wird das nie bei Hofe glauben,« sagte Jeanne.

»Fahrt fort, Graf,« sprach Diana errötend. »Wie kommt Ihr von der Stadt hierher?«

»Ich habe zwei Pferde von auserwählter Race, ich besteige eines derselben; ich reite im Schritt aus der Stadt, halte auch stille, um Anschlag-Zettel und Schilder zu betrachten, doch bin ich einmal aus den Blicken, so schlägt mein Pferd einen Galopp an, der ihm die vier Stunden, die es von hier nach der Stadt ist, in zwanzig Minuten zurückzulegen erlaubt. Einmal in den Waldungen von Méridor, betrachte ich mir die Örtlichkeit und finde die Mauer des Parks, doch sie ist lang, sehr lang, denn der Park ist groß. Gestern untersuchte ich diese Mauer vier Stunden und kletterte an vielen Stellen hinauf, stets in der Hoffnung, Euch zu erblicken. Endlich verzweifelte ich beinahe, als ich Euch am Abend in dem Augenblick, wo Ihr nach Hause zurückkehrtet, gewahrte. Die zwei großen Hunde des Barons sprangen hinter Euch und Frau von Saint-Luc hielt ihnen ein junges Feldhuhn in die Luft, das sie zu erreichen suchten, dann verschwandet Ihr.

»Ich sprang dort herab; ich lief hierher, wo Ihr so eben waret; ich sah, dass Gras und Moos beständig zertreten wurden; daraus schloss ich, Ihr dürftet diesen Ort, der während des Sonnenscheins so reizend ist, als Lieblingsaufenthalt gewählt haben; um mich auszukennen, brach ich durchs Unterholz, wie auf der Jagd; und seufzend, was mir furchtbar wehe tut …«

»Aus Mangel an Gewohnheit,« unterbrach ihn Jeanne lächelnd.

»Ich sage nicht nein, Madame; seufzend also, was mir furchtbar wehe thut, ich wiederhole es, schlug ich den Weg nach der Stadt ein; ich war sehr müde; ich hatte überdies, auf die Bäume kletternd, mein zimmetfarbiges Wamms zerrissen, und dennoch, trotz, der Risse meines Wammses, trotz des Druckes, der auf meiner Brust lastete, fühlte ich Freude in meinem Herzen, denn ich hatte Euch gesehen.«

»Das scheint mir eine bewunderungswürdige Erzählung zu sein,« sagte Jeanne, »und was für furchtbare Hindernisse habt Ihr überwunden, das ist schön und das ist heldenmütig; aber ich, die ich kein so großes Herz habe, wie Ihr, die ich mich fürchte, auf Bäume zu klettern, ich hätte an Eurer Stelle mein Wamms erhalten, ich hätte besonders meine schönen, weißen Hände geschont; seht, in welchem abscheulichen Zustande sich die Eurigen befinden, sie sind ganz durch die Dornen zerkratzt.«

»Ja, aber ich hätte diejenige nicht gesehen, welche ich sehen wollte.«

»Im Gegenteil, ich würde Diana von Méridor und sogar Frau von Saint-Luc gesehen und viel besser gesehen haben, als Ihr.«

»Was hättet Ihr denn getan?« fragte Bussy voll Eifer.

»Ich wäre geraden Wegs nach der Brücke des Schlosses Méridor und dann durch das Thor in das Schloss selbst hineingegangen. Der Herr Baron hätte mich in seine Arme geschlossen, Frau von Monsoreau hätte mich bei Tische neben sich gesetzt, und Frau von Saint-Luc hätte Anagramme mit mir gemacht. Das war das Allereinfachste in der Welt; es ist freilich wahr, dass an das Einfachste in der Welt Verliebte nie denken.«

Bussy schüttelte den Kopf mit einem Blick und einem Lächeln an Diana gerichtet.

»O nein, nein,« sagte er, »was Ihr getan hättet, war gut für Jedermann, aber nicht für mich.«

Diana erröthete wie ein Kind, und dasselbe Lächeln und derselbe Blick spiegelten sich in ihren Augen und auf ihren Lippen ab.

»Ah! ah!« rief Jeanne, »es scheint, ich verstehe nichts mehr von den schönen Manieren?«

»Nein!« sprach Bussy den Kopf schüttelnd, »nein, ich konnte nicht in das Schloss gehen! Madame ist verheiratet, der Herr Baron ist dem Gemahl seiner Tochter, wer es auch sein mag, eine strenge Überwachung schuldig.«

»Gut,« versetzte Jeanne, »ich erhalte da eine Lektion in der Höflichkeit; ich danke, Herr von Bussy, denn ich verdiene sie; das wird mich lehren, mich in das Gespräch von Narren zu mischen.«

»Von Narren?« wiederholte Diana.

»Von Narren oder Verliebten,« antwortete Frau von Saint-Luc, »und folglich …«

Sie küsste Diana auf die Stirne, machte Bussy eine Verbeugung und entfloh.

Diana wollte sie mit einer Hand zurückhalten, aber Bussy ergriff sie bei der andern, und Diana musste sich entschließen, ihre Freundin frei zu lassen.

Bussy und Diana blieben also allein.

Diana schaute Frau von Saint-Luc nach, die sich Blumen pflückend entfernte, dann setzte sie sich errötend nieder.

Bussy legte sich zu ihren Füßen.

»Nicht wahr?« sagte er, »ich habe wohl getan, Madame, und Ihr billigt mein Benehmen?«

»Ich will nicht heucheln,« antwortete Diana, »und überdies kennt Ihr den Grund meiner Gedanken; ja, ich billige Euer Benehmen, doch hierbei bleibt meine Nachsicht stehen; indem ich Euch herbeiwünschte, indem ich Euch rief, wie ich es so eben tat, war ich wahnsinnig, war ich schuldig.«

»Mein Gott! was sagt Ihr da, Diana?«

»Ach! Graf, ich sage die Wahrheit; ich habe das Recht, Herrn von Monsoreau, der mich so weit getrieben hat, unglücklich zu machen, doch ich habe dieses Recht nur, indem ich einen Andern glücklich zu machen mich enthalte. Ich kann ihm meine Gegenwart, mein Lächeln, meine Liebe verweigern; doch wenn ich diese Gunstbezeigungen einem Andern gewährte, so würde ich denjenigen bestehlen, der wider meinen Willen mein Gebieter ist.«

Bussy hörte geduldig diese ganze Moral an, welche allerdings durch die Anmut und Weichheit von Diana ungemein versüßt wurde.

»Nicht wahr, nun ist es an mir, zu sprechen?« sagte er.

»Sprecht,« antwortete Diana.

»Freimütig?«

»Sprecht.«

»Wohl, von dem, was Ihr so eben sagtet, Madame, habt Ihr nicht ein Wort in dem Grunde Eures Herzens gefunden.«

»Wie?«

»Hört mich, ohne ungeduldig zu werden, Madame, Ihr seht, dass ich Euch geduldig angehört habe; Ihr habt mich mit Sophismen niedergeschlagen.«

 

Diana machte eine Bewegung.

»Die Gemeinplätze der Moral sind nur dies, wenn es ihnen an Anwendung fehlt,« fuhr Bussy fort. »Im Austausch gegen Eure Sophismen, Madame, will ich Euch Wahrheiten geben. Ein Mann ist Euer Gebieter, sagt Ihr: habt Ihr diesen Mann gewählt? Nein, ein unseliges Verhängnis nötigte ihn Euch auf und Ihr unterwarft Euch. Ist es nun Eure Absicht, Euer ganzes Leben hindurch die Folgen eines so gehässigen Zwanges zu ertragen? Dann ist es meine Sache, Euch davon zu befreien.«

Diana öffnete den Mund, um zu sprechen.

Bussy hielt sie mit einem Zeichen zurück.

»Oh! ich weiß, was Ihr mir antworten wollt,« sagte der junge Mann.

»Ihr wollt mir antworten, wenn ich ihn herausfordere und töte, so werdet Ihr mich nie wiedersehen. Es sei, ich sterbe vor Schmerz, weil ich Euch nicht mehr sehen kann, doch Ihr werdet frei, Ihr werdet glücklich leben, Ihr könnt einen artigen Mann glücklich machen, der zuweilen in seiner Freude meinen Namen segnen und sagen wird: Ich danke, Bussy, ich danke, dass Ihr uns von diesem abscheulichen Monsoreau befreit habt! Und Ihr selbst, Diana, Ihr, die Ihr es nicht wagtet, mir, dem Lebenden zu danken, würdet mir danken, wenn ich tot wäre.«

Die junge Frau ergriff die Hand des Grafen, drückte sie zärtlich und sprach:

»Ihr habt noch nicht gefleht, Bussy, und Ihr droht bereits.«

»Euch drohen? Oh! Gott hört mich und weiß, was meine Absicht ist; ich liebe Euch so glühend, Diana, dass ich nicht handeln werde, wie ein anderer Mann handeln würde. Ich weiß, dass Ihr mich liebt. Mein Gott! verteidigt Euch nicht, Ihr würdet in die Klasse der gemeinen Geister zurückkehren, deren Worte ihre Handlungen Lügen strafen. Ich weiß es, denn Ihr habt es gestanden. Seht, eine Liebe, wie die meinige, strahlt auch wie die Sonne und belebt alle Herzen, die sie berührt; also werde ich Euch nicht anflehen; ich werde mich nicht in Verzweiflung verzehren. Nein, ich werfe mich zu Euren Füßen nieder, die ich küsse, und sage, die rechte Hand auf dem Herzen, auf diesem Herzen, das nie gelogen hat, weder aus Eigennutz noch aus Furcht: Diana, ich liebe Euch, ich liebe Euch für mein ganzes Leben! Diana, ich schwöre Euch im Angesicht des Himmels, ich werde für Euch, ich werde Euch anbetend sterben. Sagt Ihr mir sodann abermals: Geht, raubt nicht einem Andern sein Glück, so erhebe ich mich ohne einen Seufzer, ohne ein Zeichen von diesem Platze, wo ich doch so glücklich bin, verbeuge mich tief vor Euch und spreche zu mir: »Diese Frau liebt mich nicht; diese Frau wird mich nie lieben.« Dann reise ich ab, und Ihr werdet mich nie mehr sehen. Doch da meine Ergebenheit für Euch größer ist, als meine Liebe, da mein Wunsch, Euch glücklich zu sehen, die Gewissheit, dass ich selbst nicht glücklich sein kann, überlebt, so werde ich, insofern ich das Glück eines Andern nicht gestohlen habe, das Recht besitzen, ihm sein Leben, das meinige dabei opfernd, zu rauben; das werde ich tun, Madame, und zwar aus Furcht, Ihr könntet ewig Sklavin sein, und das dürfte Euch zum Vorwand dienen, die braven Leute, die Euch lieben, unglücklich zu machen.«

Bussy war, indem er so sprach, immer mehr in Bewegung geraten. Diana las in seinen so glänzenden und so redlichen Augen die ganze Stärke seines Entschlusses: sie begriff, dass er tun würde, was er sagte, dass sich seine Worte unzweifelhaft in Handlungen übertragen würden; und wie der Aprilschnee in den Sonnenstrahlen schmilzt, so schmolz ihre Strenge bei der Flamme seines Blickes.

»Wohl!« sagte sie, »ich danke Euch für die Gewalt, die Ihr mir antut, Freund. Es ist abermals eine Zartheit von Euch, dass Ihr mir sogar die Reue, Euch nachgegeben zu haben, benehmt. Werdet Ihr mich nun bis zum Tode lieben, wie Ihr sagt? Werde ich nicht das Spiel Eurer Phantasie sein und werdet Ihr mich nicht eines Tags bitter beklagen lassen, dass ich nicht auf die Liebe von Herrn von Monsoreau hörte? Doch nein, ich habe keine Bedingungen zu machen; ich bin besiegt, ich bin preisgegeben, ich gehöre Euch, wenigstens der Liebe nach, Bussy. Bleibt, und nun, da mein Leben das Eurige ist, wacht über uns.«

Während Diana diese Worte sprach, legte sie eine von ihren so weißen und so zarten Händen auf die Schulter von Bussy und reichte ihm die andere, die er voll Inbrunst an die Lippen drückte: Diana schauerte unter diesem Kusse.

Man hörte dann die leichten Schritte von Jeanne, begleitet von einem kleinen, bezeichnenden Husten; sie brachte ein Büschel neuer Blumen und den ersten Schmetterling, der sich vielleicht noch aus seinem seidenen Bälgchen gewagt hatte: es war ein Admiral mit rot und schwarzen Flügeln.

Instinktartig trennten sich die verschlungenen Hände.

Jeanne gewahrte diese Bewegung.

»Verzeiht, meine Freunde, dass ich Euch störe,« sagte sie, »doch wir müssen nach Hause zurückkehren, sonst wird man uns suchen. Herr Graf, begebt Euch gefälligst wieder zu Eurem vortrefflichen Pferde, das vier Stunden in einer halben macht, und lasst uns so langsam als möglich, denn ich setze voraus, dass wir sehr viel zu plaudern haben, die fünfzehnhundert Schritte gehen, die uns vom Schlosse trennen. Seht, durch Eure Hartnäckigkeit, Herr von Bussy, verliert Ihr das Mittagsmahl im Schlosse, das besonders vortrefflich für einen Mann sein muss, der geritten und über Mauern geklettert ist, und hundert gute Scherze, die wir gemacht hätten, abgesehen von dem Austausche gewisser Blicke, die dem Herzen einen unendlichen Reiz gewähren. – Vorwärts, Diana, laß uns nach Hause gehen.«

Und sie nahm ihre Freundin beim Arm und machte einen leichten Versuch, sie mit sich fortzuziehen.

Bussy schaute die zwei Freundinnen mit einem Lächeln an; noch halb auf seine Seite gewendet, reichte ihm Diana die Hand.

Er näherte sich ihr und fragte:

»Nun, ist das Alles, was Ihr mir zu sagen habt?«

»Morgen,« antwortete Diana, »nicht wahr, das ist abgemacht?«

»Morgen nur?«

»Morgen und immer!«

Bussy konnte sich eines kleinen Freudenschreis nicht erwehren; er neigte seine Lippen auf die Hand von Diana; dann den beiden Frauen ein letztes Lebewohl zuwerfend, entfernte er sich, oder entfloh er vielmehr.

Er fühlte, dass er einer Willensanstrengung bedurfte, um sich von Diana zu trennen, mit der wiedervereinigt zu werden, er so lange verzweifelt war.

Diana folgte ihm mit dem Blick bis in die Tiefe des Gehölzes und horchte, ihre Freundin am Arme haltend, auf das entfernte Geräusch seiner Tritte im Gesträuche.

»Ah! willst Du nun ein wenig mit mir plaudern, Diana?« sagte Jeanne, als Bussy völlig verschwunden war.

»Oh! ja,« antwortete die junge Frau bebend, als ob sie die Stimme ihrer Freundin einem Traum entrissen. »Ich höre Dich.«

»Wohl, meine Liebe, morgen werde ich mit Saint-Luc und Deinem Vater auf die Jagd gehen.«

»Wie! Du wirst mich allein im Schlosse lassen?«

»Höre, teure Freundin, ich habe auch meine moralischen Grundsätze, und es gibt gewisse Dinge, welche zu tun ich nicht einwilligen kann.«

»Oh! Jeanne,« rief Frau von Monsoreau, »kannst Du mir so Hartes sagen, mir, Deiner Freundin?«

»Es kommt hier nicht auf die Freundin an,« sprach Frau von Saint-Luc mit derselben Ruhe. »Ich kann nicht so fortfahren.«

»Ich glaubte, Du liebtest mich, Jeanne, und nun durchbohrst Du mir das Herz,« versetzte Diana, Tränen in den Augen, »Du willst nicht fortfahren, sagst Du, was willst Du denn nicht fortfahren?«

»Fortfahren,« flüsterte Jeanne ihrer Freundin in's Ohr, »fortfahren, ein Hindernis zu sein, dass Ihr Euch ganz nach Eurem Wohlgefallen lieben könnt.«

Diana schloss die lachende junge Frau in ihre Arme und bedeckte ihr blühendes Gesicht mit Küssen.

Während sie die Freundin so umschlossen hielt, ließen die Jagdhörner ihre lärmenden Fanfaren erschallen.

»Horch, man ruft uns,« sagte Jeanne, »der arme Saint-Luc wird ungeduldig. Sei also nicht härter gegen ihn, als ich es gegen den Verliebten im zimmetfarbigen Wamms sein will.«

Fünfzehntes Kapitel
Wie Bussy dreihundert Pistolen für sein Pferd fand und es um nichts gab

Am andern Tage entfernte sich Bussy von Angers, ehe der am frühesten aufstehende Bürger seinen Morgenimbiss genommen hatte.

Er ritt nicht, er flog auf der Straße. Diana war auf eine Terrasse des Schlosses gestiegen, von wo aus man den weißlichen, gekrümmten Pfad sah, der sich wellenförmig durch die grünen Wiesen zog. Sie erblickte den schwarzen Punkt, während er wie ein Meteor vorrückte und das gewundene Band der Straße immer länger hinter sich ließ.

Sogleich stieg sie wieder herab, um Bussy nicht Zeit zum Warten zu gönnen und um sich ein Verdienst aus dem Warten zu machen.

Die Sonne erreichte kaum die Gipfel der hohen Eichen, das Gras war mit Tau beperlt; man hörte in der Ferne auf dem Berge das Horn von Saint-Luc, den Jeanne zu blasen aufforderte, um ihre Freundin an den Dienst zu erinnern, den sie ihr dadurch leistete, dass sie dieselbe allein ließ.

Es herrschte eine so gewaltige, so heftige Freude in dem Herzen von Diana, sie fühlte sich so berauscht von ihrer Jugend, von ihrer Schönheit, von ihrer Liebe, dass es ihr zuweilen während des Laufens vorkam, als würde ihr Körper durch ihre Seele auf Flügel erhoben, um ihn Gott zu nähern.

Doch der Gang vom Hause bis zum Gebüsch war lang, die kleinen Füße der jungen Frau wurden müde durch das Niedertreten des dichten Grases, und es gebrach ihr wiederholt auf dem Wege an Atem; sie konnte daher den Ort der Zusammenkunft erst in dem Augenblick erreichen, wo Bussy auf dem Kamme der Mauer erschien und herabsprang. Er sah sie laufen; sie stieß ihren kleinen Freudenschrei aus; er kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu; sie stürzte, ihre beiden Hände auf ihr Herz drückend, gegen ihn: ihr Morgengruß war ein langes, glühendes Pressen. Was hatten sie sich zu sagen? sie liebten sich. Was hatten sie zu denken? sie sahen sich. Was hatten sie zu wünschen? sie saßen neben einander und hielten sich bei der Hand.

Der Tag verging wie eine Stunde. Als Diana zuerst aus dieser sanften Erstarrung, welche der Schlaf einer durch Glückseligkeit müden Seele ist, erwachte, drückte Bussy die Hand der träumerischen jungen Frau an sein Herz und sagte:

»Diana, es scheint mir, heute hat mein Leben begonnen; es scheint mir, von heute an sehe ich klar auf dem Wege, der mich zur Ewigkeit führt. Ihr seid, zweifelt nicht daran, das Licht, das mir so viel Glück enthüllt; ich wusste nichts von dieser Welt, nichts von der Lage der Menschen in dieser Welt; ich kann Euch auch wiederholen, was ich Euch gestern sagte: durch Euch habe ich angefangen zu leben und mit Euch werde ich sterben.«

»Und ich,« erwiderte sie, »ich, die ich mich eines Tags ohne Bedauern in die Arme des Todes geworfen habe, ich zittere heute aus Angst, nicht lange genug zu leben, um alle Schätze zu erschöpfen, die mir Eure Liebe verheißt. Doch warum kommt Ihr nicht in das Schloss, Louis? Meinen Vater würde es glücklich machen, Euch zu sehen. Herr von Saint-Luc ist Euer Freund und verschwiegen… Bedenkt, dass eine Stunde, die wir uns mehr sehen, unschätzbar ist.«

»Ach! Diana, wenn ich eine Stunde in das Schloss gehe, so werde ich immer gehen; wenn ich dahin gehe, so wird es die ganze Provinz erfahren; dringt das Gerücht zu den Ohren des Werwolfes, Eures Gemahls, so wird er herbeieilen … Ihr habt mir verboten, Euch von ihm zu befreien …«

»Wozu soll es nützen?« sagte sie mit jenem Ausdruck, den man stets nur in der Stimme einer Frau findet, welche man liebt.

»Für unsere Sicherheit, nämlich für die Sicherheit unseres Glückes ist es von Belang, dass wir unser Geheimnis vor Jedermann verbergen, Frau von Saint-Luc weiß es bereits, Herr von Saint-Luc wird es ebenfalls erfahren! …«

»Oh! Warum …«

»Würdet Ihr mir jetzt etwas verbergen?« sagte Bussy.

»Nein … das ist wahr.«

»Ich habe diesen Morgen Saint-Luc durch ein paar Zeilen um eine Zusammenkunft in Angers gebeten. Er wird kommen und ich erhalte dann sein Ehrenwort, dass Ihm nie eine Silbe über dieses Abenteuer entschlüpfen wird. Dies ist um so wichtiger, liebe Diana, als man mich sicherlich überall sucht. Die Ereignisse waren ernster Natur, als wir Paris verließen.«

»Ihr habt Recht … und dann ist mein Vater ein so ängstlich gewissenhafter Mann, dass er im Stande wäre, so sehr er mich auch liebt, mich bei Herrn von Monsoreau anzugeben.«

»Verbergen wir uns wohl … und gibt uns Gott unsern Feinden preis, so können wir wenigstens sagen, dass anders handeln unmöglich war.«

»Gott ist gut, Louis; zweifelt in diesem Augenblick nicht an ihm.«

»Ich zweifle nicht an Gott, ich fürchte irgend einen auf unsere Freude eifersüchtigen Dämon.«

»Sagt mir Lebewohl, mein Herr, und reitet nicht so rasch zurück; Euer Pferd macht mir bange.«

 

»Ihr habt nichts zu befürchten, es kennt bereits den Weg und ist der sanfteste, sicherste Renner, den ich je bestiegen habe. Kehre ich in meine süßen Gedanken versunken in die Stadt zurück, so führt er mich, ohne dass ich den Zügel berühre.«

Die Liebenden tauschten tausend Worte dieser Art vermischt mit tausend Küssen aus. Endlich ließ das Jagdhorn in der Nähe des Schlosses die Melodie ertönen, welche Jeanne mit ihrer Freundin verabredet hatte, und Bussy entfernte sich.

Als er sich von dem berauschenden Tage träumend und stolz auf seine Freiheit, er, den die Ehrenbezeigungen, die Sorgen des Reichtums und die Gunst eines Prinzen von Geblüt stets mit goldenen Ketten umschlungen hielten, als er sich, sagen wir, der Stadt näherte, bemerkte er, dass die Stunde nicht mehr ferne war, wo man die Tore schloß. Sein Pferd, das den ganzen Tag in den Blättern und im Grase geweidet hatte, setzte diese angenehme Beschäftigung auf dem Wege fort, und so kam die Nacht.

Bussy war im Begriff, dem Tiere die Sporen zu geben, um die verlorene Zeit wieder einzuholen, als er hinter sich den Galopp von ein paar Pferden hörte.

Für einen Menschen, der sich verbirgt, und besonders für einen Liebenden, erscheint Alles als eine Drohung. Die glücklich Liebenden haben dies mit den Dieben gemein. Bussy fragte sich, ob es besser wäre, einen Galopp anzuschlagen, um einen Vorsprung zu gewinnen, oder sich auf die Seite zu werfen und die Reiter vorüber zulassen; doch ihr Lauf war so rasch, dass sie sich in einem Augenblick bei ihm befanden.

Sie waren ihrer zwei. Bussy dachte, es wäre keine Feigheit, zwei Männer zu vermeiden, wenn man so viel wert ist, als vier, und drückte sich auf die Seite; er sah, dass die Fersen von einem der Reiter fest in die Flanken seines Tieres gepresst waren, und dass dieses noch durch eine gute Anzahl von Steigriemenhieben, die ihm sein Gefährte erteilte, angestachelt wurde.

»Vorwärts! dort ist die Stadt,« sagte dieser Mann mit seinem sehr scharfen gascognischen Accente, »noch dreihundert Peitschenhiebe und hundert Spornstiche … also Mut gefasst und vorwärts.«

»Das Tier hat keinen Atem mehr, es schauert, es wird schwach, es weigert sich, zu gehen,« erwiderte derjenige, welcher voraus ritt. »Ich gäbe doch hundert Pferde, wenn ich in meiner Stadt wäre.«

»Das ist irgend ein verspäteter Einwohner von Angers,« sagte Bussy zu sich selbst. »Doch … wie die Furcht die Leute so albern macht … ich glaubte die Stimme zu erkennen … Halt, das Pferd des braven Mannes wankt.«

In diesem Augenblick waren die Reiter im Niveau von Bussy auf der Straße.

»He! nehmt Euch in Acht, mein Herr,« rief er, »verlasst die Steigbügel rasch, Euer Tier stürzt.«

Das Pferd fiel wirklich schwerfällig auf die Seite und bewegte krampfhaft ein Bein, als ob es die Erde bearbeitete; plötzlich stockte sein geräuschvoller Atem, seine Augen verdunkelten sich, der Schaum erstickte es und es verschied.

»Mein Herr, dreihundert Pistolen,« rief der abgesetzte Reiter, »dreihundert Pistolen für das Pferd, das Euch trägt.«

»Ah! mein Gott!« rief Bussy, sich ihm nähernd.

»Hört Ihr mich? mein Herr, ich habe Eile …«

»Ei! mein Prinz, nehmt es für nichts,« sprach mit dem Zittern einer unsäglichen Aufregung Bussy, der den Herzog von Anjou erkannt hatte.

Zu gleicher Zeit hörte man das Knarren einer Pistole, die der Gefährte des Prinzen spannte.

»Haltet ein!« rief der Herzog von Anjou diesem unbarmherzigen Verteidiger zu, »haltet ein, Herr d'Aubigné, es ist Bussy, oder der Teufel soll mich holen!«

»Ja, ich bin es, mein Prinz! Doch was macht Ihr, dass Ihr um diese Stunde und auf diesem Wege Pferde zu Tode reitet?«

»Ah! es ist Herr von Bussy?« sagte d'Aubigné, »dann bedürft Ihr meiner nicht mehr, Monseigneur … Erlaubt mir, zu demjenigen zurückzukehren, welcher mich gesandt hat, wie die heilige Schrift sagt.«

»Nicht ohne einen aufrichtigen Dank und das Versprechen einer dauernden Freundschaft in Empfang zu nehmen,« sagte der Prinz.

»Ich nehme Alles an, Monseigneur, und werde Euch eines Tages an Eure Worte erinnern.«

»Herr d'Aubigné! … Monseigneur! … Ah! ich falle aus den Wolken,« sagte Bussy.

»Wusstest Du es nicht,« erwiderte der Prinz mit einem Ausdrucke von Unzufriedenheit und Misstrauen, »erwartetest Du mich nicht, da Du hier bist?«

»Teufel!« sagte Bussy zu sich selbst, Alles bedenkend, was sein verborgener Aufenthalt in Anjou dem argwöhnischen Geiste von Franz Zweideutiges bieten konnte, »Teufel, wir wollen uns nicht bloßstellen!«

»Ich tat etwas Besseres, als Euch erwarten,« sagte er, »doch da Ihr in die Stadt hinein wollt, ehe die Tore geschlossen werden, so sitzt auf, Monseigneur.«

Er bot sein Pferd dem Prinzen, der einige zwischen dem Sattel und der Schabrake verborgene wichtige Papiere von dem seinigen loszumachen beschäftigt war.

»Gott befohlen, Monseigneur,« sprach d'Aubigné umwendend.

»Herr von Bussy, Euer Diener!« Und er entfernte sich.

Bussy sprang leicht auf das Kreuz hinter seinen Herrn und lenkte das Pferd nach der Stadt, während er sich ganz leise fragte, ob dieser schwarz gekleidete Prinz nicht der finstere Dämon wäre, der die bereits auf sein Glück eifersüchtige Hölle gegen ihn erwecke.

Sie gelangten nach Angers beim ersten Klang der Trompeten des Schoppenamtes.

»Was nun tun, Monseigneur?«

»In das Schloss! Man pflanze mein Panier auf, man soll mich anerkennen, man rufe den Adel der Provinz zusammen.«

»Nichts ist leichter,« sagte Bussy, den Fügsamen spielend, um Zeit zu gewinnen, und überdies zu sehr erstaunt, um etwas Anderes als leidend zu sein.

»He da, meine Herren, trompetet!« rief er den Herolden zu, welche nach dem ersten Blasen zurückkamen.

Diese schauten ihn an und schenkten ihm keine große Aufmerksamkeit, da sie zwei Männer, ganz mit Staub und Schweiß bedeckt und von ziemlich geringfügiger Equipage, erblickten.

»Oho!« sagte Bussy, auf sie zuschreitend, »ist der Herr in seinem Hause nicht bekannt? Man hole sogleich den Schöppen vom Dienste!«

Dieser anmaßende Ton brachte die gehörige Wirkung auf die Herolde hervor; einer von ihnen näherte sich und rief voll Schrecken, den Herzog aufmerksam betrachtend:

»Mein Jesus und Gott! ist es nicht unser gnädigster Herr!« Der Herzog war sehr leicht an der Mißstaltung seiner geteilten Nase zu erkennen.

»Monseigneur der Herzog!« fügte er, den andern Herold, der vor Erstaunen aufsprang, beim Arm packend.

»Ihr wisst nun so viel als ich,« sprach Bussy, »strengt Euren Athem, an, lasst Eure Trompeten Blut und Wasser schwitzen und Jedermann in der Stadt erfahre in einer Viertelstunde, dass Monseigneur zu Hause angekommen ist.«

»Wir, Monseigneur, gehen langsam nach dem Schlosse; wenn wir dort ankommen, ist der Spieß bereits am Feuer, um uns zu empfangen.«

Bei dem ersten Schrei der Herolde bildeten sich bereits die Gruppen, bei dem zweiten liefen die Kinder und alten Weiber durch alle Quartiere und riefen: »Monseigneur ist in der Stadt, Heil Monseigneur!

Die Schöpffen, der Gouverneur, die vornehmsten Edelleute stürzten nach dem Palast, gefolgt von einer Menge, welche immer dichter und gedrängter wurde.

So waren, wie es Bussy vorhergesehen hatte, die Behörden der Stadt vor dem Prinzen im Schlosse, um ihn würdig zu empfangen. Als er über den Quai zog, konnte er kaum das Gedränge durchschneiden; aber Bussy fand wieder einen von den Herolden, der, den Pöbel mit Trompetenstreichen bearbeitend, seinem Prinzen bis zu den Stufen des Stadthauses Bahn brach.

Bussy bildete die Nachhut.

»Meine Herren und sehr getreuen Freunde,« sprach der Prinz, »ich bin gekommen, um mich in die Arme meiner guten Stadt Angers zu werfen. In Paris haben mich die furchtbarsten Gefahren bedroht; ich verlor sogar meine Freiheit. Es gelang mir, mit Hilfe einiger guten Freunde zu entfliehen.«

Bussy biß sich in die Lippen; er erriet den Sinn des ironischen Blickes von Franz.

»Und seitdem ich mich, in Eurer Stadt fühle, sind meine Ruhe und mein Leben gesichert.«

Sehr erstaunt, riefen die Behörden nur schwach: »Es lebe unser gnädigster Herr!»