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Die Mohicaner von Paris

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»Thun wir das, Marquise, ich bitte Sie inständig.«

»Ei! Sie sprechen wie Ihr Bruder der Freibeuter.«

»Wir werden also von meinem Bruder dem Freibeuter sprechen, Marquise?«

»Nein.«

»Wovon denn?«

»Sie haben ohne Zweifel sagen hören, der Graf Rappt . . . «

»Ah! nun kommen wir hieraus zurück!«

»Lassen Sie mich vollenden . . . Sei zum König entboten worden.«

»Ja, Marquise, ich habe dies sagen hören.«

»Sie wissen nicht, in welcher Absicht?«

»Thun Sie, als ob ich es nicht wüßte.«

»Es geschah in der Absicht, unsern lieben Sohn . . . «

»Ihren lieben Sohn!«

»Ins Ministerium zu berufen.«

»Ich bin darüber erstaunt, doch ich glaube es.«

»Warum glauben Sie es, da Sie darüber erstaunt sind?«

»Credo, quia absurdum.«

»Was besagen will?«

»Ich erwarte die Fortsetzung Ihrer Rede, Marquise.«

»Nun wohl, bei dieser Zusammenkunft Seiner Majestät mit dem Grafen Rappt war viel von Ihnen die Rede.«

»Von mir?«

»Ja; denn ich muß Ihnen sagen, mein lieber General, wenn die Stimme des Blutes bei Ihnen stumm ist, so spricht sie doch im Herzen des armen Kindes.«

»Marquise, Sie werden mich rühren.«

»Sie thut mehr: sie spricht nicht nur, sie schreit!«

»Und was hat man von mir bei dieser Zusammenkunst gesagt?«

»Sie seien der einzige Mann, der im Stande, der Nachfolger des gegenwärtigen Kriegsministers zu werden.«

»Hören Sie, Marquise, wir müssen ein Ende machen, denn ich erwarte meinen Neffen beim Mittagessen aus den Schlag sechs Uhr, und wenn Sie uns nicht die Ehre geben wollen, mit uns zu speisen . . . «

»Sie sind sehr gut. mein lieber General; ich muß nothwendig bei meinem Bruder speisen: man ordnet heute die Artikel des Heirathsvertrages zwischen Regina und . . . «

»Ihrem lieben Grafen Rappt. Nun wohl, da ich Sie nicht aufhalten will: mit zwei Worten komme ich zum Ziele, zum Endzwecke. Geht das Gesetz durch, so ist Herr Rappt Minister; und damit das Gesetz durchgehe, fehlen Ihnen dreißig bis vierzig Stimmen: Sie kommen, um mich um die meinige und um die meiner Freunde zu bitten.«

»Nun wohl,« sprach mit einschmeichelndem Tone die Marquise, »wenn dies wirklich die Absicht, der Endzweck meines Besuches wäre, was würden Sie sagen?«

»Ich würde sagen, ich bedaure, daß ich nicht hundert, hundertundfünfzig, tausend Stimmen habe, um sie alle gegen das Gesetz zu geben, das ich als abscheulich, schändlich und, – was noch viel mehr ist, – als dumm betrachte.«

»Hören Sie, General.« rief die Marquise, welche ebenfalls in Hitze gerieth, »Sie werden als unbußfertiger Sünder sterben, das sage ich Ihnen.«

»Und ich stehe Ihnen dafür.«

»Ist es möglich, daß, um einem Menschen, den Sie hassen, einen Possen zu spielen, während Sie im Gegentheile müßten . . . ?«

»Marquise, Sie werden mich wüthend machen, das erkläre ich Ihnen!«

»Sie stimmen mit den Liberalen? Wissen Sie, daß, käme eine Revolution, die Vorstädter, die Jacobiner und die Sansculottes Sie würden die Rolle von la Fayette spielen lassen? Sie haben schon hierzu die weißen Haare! . . . Oh! wenn die Courtenay wieder auf die Welt kämen, ich wäre in der That begierig, zu erfahren, was sie sagen würden, sähen sie ihren Namen von einem Freibeuter, einem Jacobiner und einem Künstler getragen!«

»Marquise!« rief der General wüthend.

»Ich verlasse Sie, General, ich verlasse Sie; doch über Nacht kommt guter Rath, und ich hoffe, morgen werden Sie Ihre Ansicht geändert haben.«

»Meine Ansicht geändert, morgen? Weder morgen, noch übermorgen, noch in acht Tagen, noch in hundert Jahren! Marquise, es ist also unnütz, wenn Sie vor dieser Zeit wiederkommen.«

»Sie jagen mich fort, General? Sie jagen die Mutter Ihres . . . «

»Monsieur Petrus Herbel,« meldete Franz, die Thüre öffnend.

Zu gleicher Zeit schlug die Pendeluhr sechs.

LHXXVI
Gespräch eines Oheims mit seinem Neffen

Petrus erschien im Halbschatten des Flurganges.

»Komm hierher.« rief der General. »Ah! alle Hagel! Du kommst zu rechter Zeit!«

»Ei! mir scheint, Sie bedurften keiner Verstärkung, General,« sagte die Marquise. »Wären Sie fünf Minuten früher gekommen. Herr Petrus, so hätte Ihnen Ihr Oheim eine schöne Lection in der Galanterie gegeben.«

Die Marquise begleitete diese Worte mit einem Gruße, der eine gewisse Vertraulichkeit in Betreff des jungen Mannes bezeichnete.

»Ah! Sie kennen meinen Neffen, Marquise?« fragte der General.

»Ja; das Gerücht von seinen Succeen ist zu uns gelangt, und meine Nichte wollte ein Portrait von seiner Hand haben. Sie müssen stolz sein, General,« fügte die alte Dame mit einem halb geringschätzenden, halb spöttischen Tone bei, »Sie müssen stolz sein, in Ihrer Familie einen Künstler von einem solchen Talente zu besitzen!«

»Ich bin in der That stolz daraus, denn mein Neffe ist einer der redlichsten Jungen, die ich kenne. Ich habe die Ehre, Sie zu grüßen. Marquise.«

»Adieu, General; denken Sie an den Gegenstand meines Besuches, und verlassen wir uns als gute Freunde.«

»Es ist.mir lieb, wenn wir uns verlassen; doch als gute Freunde, das ist etwas Anderes.«

»Oh! Gendarme!« brummte die Marquise, während sie sich entfernte.

Kaum war sie aus dem Salon weggegangen, kaum hatte sich die Thüre hinter ihr zugethan, als der General, ohne seinem Neffen, der sich nach seiner Gesundheit erkundigte, zu antworten, nach der Klingelschnur stürzte und wüthend daran zog.

Franz eilte herbei.

Er hatte schon sein Kreuz und seine Borten nicht mehr, ein so strenger Beobachter jedes militärischen Befehles war er.

»Sie haben geklingelt, mein General?«

»Ja. ich habe geklingelt. Stelle Dich ans Fenster, Bursche.«

Franz wandte sich nach dem bezeichneten Orte.

»Hier bin ich,« sagte er.

»Oeffne das Fenster, Dummkopf!«

Franz öffnete das Fenster.

»Schau’ auf die Straße.«

Franz neigte sich hinaus.

»Ich schaue, mein General.«

»Was siehst Du?«

»Nichts, mein General: die Nacht ist schwarz wie eine Patrontasche.«

»Schau’ immerhin.«

»Oh! ich sehe einen Wagen, mein General.«

»Und dann?«

»Und dann eine Dame, welche einsteigt . . . Die Dame, die so eben von hier weggeht . . . «

»Du kennst sie, diese Dame, nicht wahr?«

»Zu meinem Unglück, General.«

Franz spielte aus seine Degradation an.

»Nun, Franz, wenn sie wieder kommt, um mich zu besuchen, so sagst Du ihr. ich sei aus dem Marsfelde.«

»Ja, mein General«

»Es ist gut: schließe das Fenster und geh.«

»Mein General hat mir nichts mehr zu befehlen?«

»Doch, alle Teufel! ich habe Dir zu befehlen, daß Du dem Koch einen Schlag gibst.«

»Es soll geschehen, mein General.«

In dem Augenblicke, wo er weggehen wollte, blieb er jedoch wieder stehen und sagte:

»Wenn er mich aber fragt, warum ich ihm den Schlag gebe, was soll ich ihm antworten?«

»Du wirst ihm antworten: ›Weil es fünf Minuten über sechs Uhr sei, und das Mittagsbrod noch nicht aus dem Tische stehe.‹

»Jean ist nicht daran Schuld, wenn das Mittagsbrod noch nicht aus dem Tische steht, mein General.«

»Dann bist Du Schuld. Sage Jean, er soll Dir einen Schlag geben,«

»Ich bin auch nicht Schuld.«

»Wer denn?«

»Der Kutscher der Frau Marquise.«

»Gut! es fehlte nur das, um mich mit ihr zu versöhnen!«

»Er kam in die Küche, und da er unter dem Arme den Hund der Marquise trug, der nach Bisam roch, so machte der Geruch des Bisams die Saucen gerinnen.«

»Du hörst, Petrus?« sagte der General, indem er sich mit einer tragischen Miene an seinen Neffen wandte.

»Ja, mein Oheim.«

»Vergiß nie: die Marquise hat gemacht, daß Dein Oheim erst ein Viertel nach sechs Uhr zu Mittag speisen konnte! . . . Gehen Sie, Herr Franz, und nehmen Sie Ihr Kreuz und Ihre Borten erst nach Ablauf eines Monats wieder.«

Franz verließ das Zimmer in einem Zustande, der an die Verzweiflung grenzte.

»Der Besuch der Marquise hat Ihnen einigen Aerger verursacht, wie es scheint, mein Oheim?«

»Ich glaubte. Du kennest sie.«

»Ja, ein wenig, mein Oheim.«

»Nun wohl. Du mußt wissen, daß es überall, wohin die alte Devote kommt, gerade ist, als ob der große Teufel der Hölle gekommen wäre.«

»Verzeihen Sie, mein Oheim,« erwiderte Petrus lachend, »man beschuldigt Sie in der Welt, Sie haben viel Devotion für diese alte Devote gehabt.«

»Ich habe so viel Feinde! Doch, alle Hagel! laß uns von etwas Anderem reden. Haft Du Nachricht von dem Piraten Deinem Vater?«

»Vor ungefähr drei Tagen habe ich erhalten, mein Oheim.«

»Und wie geht es dem alten Corsaren?«

»Sehr gut, mein Oheim; er umarmt Sie von ganzem Herzen.«

»Um mich zu erwürgen als ein alter Jacobiner, was er ist . . . Ah! sage mir, machst Du für Deinen Oheim diese Toilette?«

»Ein wenig für Sie, ein wenig für Lady Grey.«

»Du kommst eben von ihr.«

»Ich war bei ihr, um ihr zu danken.«

»Wofür? Dafür, daß mir ihr Bruder der Admiral, so oft er mir begegnet, Komplimente über die Heldenthaten zur See Deines verruchten Vaters macht?«

»Nein, sondern dafür, daß sie die Absicht gehabt hat, den Verkauf meines Coriolans zu bewirken.«

»Ich glaubte, er sei verkauft.«

»Es würde in der That nur von mir abhängen, daß er es wäre.«

»Nun?«

»Ich habe mich geweigert, ihn zu verkaufen.«

»Stand Dir der Preis nicht an?«

»Man wollte mir das Doppelte von dem, was er werth ist, geben.«

»Warum hast Du Dich dann geweigert?«

»Weil mir der Käufer nicht anstand.«

»Du erlaubst Dir, dem einen oder dem andern Gelde den Vorzug zu geben?«

»Ja, mein Oheim, weil sich meiner Ansicht nach nichts so wenig gleicht, als das Geld und das Geld.«

 

»Ha! Bursche, solltest Du, nachdem Du Deinen Herrn Vater zu Grunde gerichtet hast, – was kein großes Unglück ist, denn das schlecht erworbene Gut soll nie zum Nutzen ausschlagen, – zufällig die Prätension haben, mich auch auszuplündern?«

»Nein, mein Oheim, seien Sie unbesorgt,« erwiderte lachend Petrus.

»Und wer war der Käufer, der Ihnen nicht zusagte, Herr Häkelig?«

»Der Minister des Innern, mein Oheim.«

»Der Minister des Innern wollte Dein Bild kaufen? Ei! versteht er sich denn aus Malerei?«

»Ich habe Ihnen gesagt, es sei aus die Empfehlung von Lady Grey geschehen.«

»Ah! es ist wahr. Und Du hast es verweigert?«

»Ja, mein Oheim!«

»Darf man den Grund dieser Weigerung wissen?«

»Ihre Opposition, mein Oheim.«

»Was hat meine Opposition mit Deinen Bildern zu schaffen?«

»Es schien mir, dieser Ankauf eines Bildes vom Neffen sei eine Fuchsschwänzerei an die Adresse des Oheims . . . Wir haben in der Kammer für sich selbst unbestechliche Leute, in deren Familie aber Stellen im Betrage von hunderttausend Franken sind.«

Der General dachte einen Augenblick nach, und ein Lächeln der Befriedigung klärte sein Gesicht aus.

»Höre, Petrus,« sagte er mit dem väterlichsten Tone, »ich trachte nicht danach, Dir meine Meinungen aufzudringen, mein Kind; und, obschon ich der erbitterte Feind des Ministeriums im Allgemeinen und vom Minister des Innern insbesondere bin, will ich doch nicht, daß Du meinetwegen die gerechten Ermunterungen ausschlägst, die die Regierung den Männern von Verdienst geben zu müssen glaubt. Ich theile nicht die alberne Ansicht derjenigen, welche denken, ein Künstler dürfe weder das Kreuz, noch eine offizielle Arbeit annehmen, weil das Ministerium seine Meinung nicht vertrete. Da in jedem Falle das Ministerium factisch das Land vertritt, so empfängt man vom Lande und nicht vom Ministerium; der Minister bestellt die Gemälde, das ist wahr, Frankreich aber bezahlt sie.«

»Nun wohl, mein Oheim, ich will nichts von Frankreich haben; es ist zu arm.«

»Sage zu ökonomisch.«

»Und dann, was wird aus allen diesen unglücklichen von den zwei bis drei Generationen Directoren der schönen Künste, die wir haben blühen sehen, bestellten Bildern? Man weiß es nicht. Sind die Gemälde nicht mit einem großen Namen bezeichnet, so begräbt man sie in den Museen von Unterpräfecturen und Cantonshauptorten; vielleicht kratzt man sogar die Malerei aus und verkauft die Rahmen und die Leinwand! Im Ernste gesprochen, mein Oheim, ich habe kein Bild gemacht, damit es das Refectorium eines Klosters oder den Saal einer Schule des gegenseitigen Unterrichts meublire.«

»Wären alle Maler wie Du, mein lieber Freund, so möchte ich wohl wissen, was aus den Provinzgallerien würde.«

»Man würde Gewächshäuser daraus machen mit Pomeranzenbäumen, Granatbäumen, Pisangbäumen, Palmbäumen, was, ich schwöre es Ihnen, mehr werth wäre, als die Landschaften einiger mir bekannten Maler. Uebrigens bin ich nicht der Einzige, der ausschlägt, und ich habe ganz einfach das Beispiel eines Mannes, der trefflicher als ich, befolgt.«

»Laß das Beispiel hören; das wird mich vielleicht ruhiger aus die Suppe warten machen. Vor Allem, wer ist dieser Trefflichere als Du?«

»Abel Hardy.«

»Der Sohn vom Conventsmitgliede?«

»Ganz richtig.«

»Was hat er gethan?«

»Er hat das Kreuz und vier Fresken in der Madeleine ausgeschlagen.«

»Wahrhaftig?«

»Ja, mein Oheim.«

»Wie alt bist Du, Petrus.«

»Sechsundzwanzig Jahre,«

»Nun wohl, mein Kind, ich finde Dich jung für Dein Alter. Das ist, Gott sei Dank! kein unwiederbringliches Unglück, da man immer ziemlich schnell alt wird.«

»Was wollen Sie damit sagen?«

»Du würdest wohl daran thun, mein lieber Petrus, wenn Du gegen die unüberlegten Schätzungen, die Du machst oder ganz gemacht über die Menschen und die Dinge annimmst, auf Deiner Hut wärest. Begegnet es Dir, daß Du für Jemand eingenommen wirst, und das begegnet Dir ziemlich oft, so siehst Du in ihm, armer Tropf, die ganze Unschuld, die Du in Dir hast. So hat Dich, zum Beispiel, in diesem Augenblicke Deine Freundschaft für Abel Hardy eine von den Albernheiten sagen lassen, über die ich für Dich erröthet wäre, hätten wir einen Zeugen gehabt, und wäre dieser Zeuge Franz, mein Stiefelputzer, gewesen, oder Croupette, dieser Hund der Marquise, der die Saucen meines Kochs gerinnen macht, weil er nach Bisam riecht.«

»Ich verstehe Sie nicht, mein Oheim.«

»Du verstehst mich nicht? Erfahre vor Allem, daß man das Kreuz nicht ausschlägt, weil die Regierung es nur denjenigen gibt, welche darum bitten; willst Du es, so lassest Du Dir es durch die Maitresse des Directors der schönen Künste oder durch den Meßner von Saint-Acheul erbitten, und Du wirst es haben.«

»Sie bezweifeln Alles, mein Oheim!«

»Mein Freund, man hat, wie Du leicht begreifst, nicht die Revolution, das Directorium, das lebenslängliche Consulat, das Kaiserreich, die Restauration, die hundert Tage und Waterloo gesehen, ohne berechtigt zu sein, an vielen Dingen und besonders an den Regierungen zu zweifeln! In meinem Alter, da Du wahrscheinlich so viel Regierungen gesehen haben wirst als ich, wirst Du so skeptisch sein als ich.«

»Gut, was das Kreuz betrifft, doch die Fresken, mein Oheim? ich habe die Bestellung gesehen.«

»Kommen wir also aus die Fresken zurück . . . Dein Freund hat sie ausgeschlagen?«

»Ausgeschlagen.«

»Weil . . . ? Es gibt einen Grund für seine Weigerung?«

»Allerdings . . . Weil er nichts für eine Regierung machen will, welche Herrn Horace Vernet, unsern Nationalmaler, verhindert, seine Schlachten von Montmireul, Hanau, Jemappes und Valmy auszustellen.«

»Mein lieber Petrus, Dein Freund Abel Hardy hat die Fresken der Madeleine ausgeschlagen, weil der Kaiser von Rußland, dessen Regierung, wie Du zugeben wirst, nicht viel liberaler ist, als die unsere, bei ihm ein Gemälde des Rückzugs aus Rußland bestellt hat, und ihm dieses Bild mit dreißigtausend Franken bezahlt, während unsere Direction der schönen Künste nur zehntausend Franken für die Fresken der Madeleine bezahlt . . . Gestehe, mein lieber Freund, das ist nicht Patriotismus; das ist Buchhaltung.«

»Oh! mein Oheim, ich kenne Abel, und ich würde mit meinem Leben für ihn stehen.«

»Obschon Du der Sohn Deines Vaters, das heißt eines abscheulichen Seeräubers bist, ist mir Dein Leben doch zu kostbar, mein lieber Petrus, als daß ich Dir erlauben würde, es so leichtsinnig preiszugeben.«

»Sie sind ein vertrocknetes Herz, mein Oheim: Sie glauben an nichts mehr!«

»Du täuschest Dich: ich glaube an Deine Zuneigung, und Deine Zuneigung ist um so uneigennütziger, als ich Dir nie etwas gegeben habe und nie etwas zu meinen Lebzeiten geben werde, ausgenommen mein Mittagsbrod, wenn Du so gut sein willst, zu kommen und es zu nehmen; – und das heutige scheint mir noch sehr problematisch! – Mehr noch: ich glaube an Deine Zukunft, wenn Du Deine Zeit, Dein Talent, Dein Leben nicht verschleuderst. Du bist Maler; Du stellst seit drei Jahren aus; Du hast im vorigen Jahre die goldene Medaille bekommen, und Du trägst weder einen spitzigen Filzhut, noch ein mittelalterliches Wamms, noch anliegende Hosen; Du kleidest Dich wie Jedermann; so daß Du nicht genötigt bist, wenn Du ausgehst, aus Leibeskräften zu laufen, damit Dir nicht wie einer Maske alle Gassenbuben des Quartiers folgen; das ist schon etwas. Nun wohl, willst Du bei den Anlagen, die Du hast, die Rathschläge eines Greises, der viel gesehen, nicht verachten . . . «

»Ich liebe Sie wie einen zweiten Vater, und betrachte Sie als meinen besten Freund.«

»Ich bin wenigstens Dein ältester Freund, und unter diesem Titel bitte ich Dich, mich einen Augenblick anzuhören, da wir nichts Besseres zu thun haben, als zu schwatzen.«

»Ich höre Sie, mein Oheim.«

»Ich kenne alle Deine Verbindungen, ohne daß ich das Ansehen habe, mein lieber Petrus: ich kenne Deinen Freund Jean Robert, ich kenne Deinen Freund Ludovic, kurz ich kenne alle Deine Freunde.«

»Haben Sie etwas gegen sie zu sagen?«

»Ich? durchaus nichts! Doch warum verbindest Du Dich mit Dichtern und Studenten der Medicin?«

»Weil ich Maler bin, mein Oheim.«

»Dann, wenn Du durchaus Dichter sehen willst, laß Dich dem Herrn Grafen von Marcellus vorstellen.«

»Ei! mein Oheim, er hat nur eine Ode an den Knoblauch gemacht.«

»Er ist Pair von Frankreich . . . Sodann bei Herrn Briffaut.«

»Er hat nur ein Trauerspiel gemacht.«

»Er ist von der Academie . . . Du verbindest Dich zu viel mit jungen Leuten, mein Lieber!«

»Können Sie, mein Oheim, der Bewunderer der Jugend, selbst ein junger Mann, der Sie aus Eitelkeit eine Perrücke von weißen Haaren tragen, können Sie einen solchen Vorwurf an mich richten?«

»Solche Verbindungen nutzen nichts, mein lieber Petrus; sie dienen weder dazu, Vermögen, noch Ruhm zu erwerben.«

»Gleichviel, wenn sie nur zum Glücke dienen.«

»Ja, und Du nennst das Glück, in einem Atelier hockend in der Manier der Türken, und die Geschichte von Herrn Mayeux erzählend, schlechte geschmuggelte, Cigarren rauchen; oder in den Kaffeehäusern Theorien über die Kunst machend Halbtassen trinken! Hat man die Ehre, der Sohn eines ehrlichen Seeräubers zu sein, der nicht die Mittel besitzt, einen zu ernähren, was Teufels! dann muß man die Ehre seines Namens aufrecht halten. Seeräuberei verpflichtet34, und wir stammen von den Kaisern von Constantinopel ab. Mein lieber Petrus, glaube einem Manne, der Richelieu alt und Lauraguais jung gekannt hat: es sind die Frauen, die unsern Ruf in der Gesellschaft, und folglich unser Glück machen; Du mußt Viele sehen, so lange Du kannst, und so vertraut, als Du nur immer kannst. Eine gut gestellte Frau, die für uns eingenommen wird, und die uns bei ihrer Coterie anpreist, das ist die Wohlfahrt in Fleisch und Knochen, mein Kind. Verbinde Dich also nicht so leicht: bedenke, so oft Du eine neue Verbindung eingehst, welche Vortheile Du daraus ziehen kannst: das ist das, was man Weltkenntniß, Lebenserfahrung nennt. Benutze meine Erfahrung und meine Weltkenntniß; fasse Fuß in allen Ministerien; verschaffe Dir Eintritt bei allen Gesandtschaften; Du wirst Opposition machen, wenn Du fünfzig Jahre zählst und eine Rente von sechzigtausend Livres hast. Besuche in Deinen verlorenen Augenblicken einige Banquiersfrauen, eine oder zwei Frauen von Notaren, nicht mehr. Mache ein paar Pastellbilder von Witwen von Stande, das wird die Aufmerksamkeit auf Dich ziehen; kennst Du keine solche Witwen, so erfinde! In einem Winkel ihres Cabinets machen und vernichten die Frauen die Reputationen; besuche die Frauen, mein Lieber, besuche die Frauen! Die Frauen sind es, welche die Meinung modeln, und am Ende ist die Meinung die Königin der Welt!«

»Aber, mein Oheim, es ist eine ungesellige Gesellschaft, die Sie mir da vorschlagen.«

»Die Gesellschaft, mein Kind, ist ein Wald, wo Jeder bewaffnet spazieren geht: die Waffe des Einen ist sein Geist; die Waffe des Andern sein Vermögen, Wehe dem, der der Art, wie die Polizei gemacht ist, vertraut und nicht seine Vorsichtsmaßregeln nimmt! Das Spiel des Lebens, mein lieber Petrus, ist wie das Piquet: Einige spielen es ehrlich, und richten sich dabei zu Grunde; viele Andere filiren die Karte, und bereichern sich dabei.«

»Mein lieber Oheim, es gibt indessen Menschen, die sich bereichern, ohne solche Manoeuvres anzuwenden.«

»Ja: man muß den Theil des Zufalls machen, der sich manchmal täuscht und bei einem ehrlichen Manne eintritt, im Glauben, er trete bei einem Spitzbuben ein; es gibt Thüren, die sich gleichen.«

»Ist die Gesellschaft so, wie Sie sagen, mein Oheim, so wäre es besser, man würde Alles verlassen und Kohl und Rüben pflanzen.«

»Das ist es; und in der Hoffnung leben, sie zu essen, nicht wahr? Nun, das ist abermals eine Illusion, die Dir entschlüpfen wird: Du wirst sie weich zu essen glauben, sie werden hart sein.«

»Oh! wie mußten Sie leiden, um dahin zu gelangen, mein lieber Oheim!«

»Nein . . . nur, sterbe ich vor Hunger!« sprach der General.

»Herr General, es ist ausgetragen,« meldete Franz. indem er die Thüre mit einem so heiteren Gesichte öffnete, als es ein österreichischer Corporal, der weder Borten, noch Kreuz trägt, haben kann.

 

»Komm geschwinde!« sagte der General, während er seinen Arm um den seines Neffen schlang; »wir werden unser Gespräch bei Tische wieder ausnehmen, und ich schaue dann vielleicht die Welt unter einem andern Lichte an . . . Alle Teufel! ich begreife diejenigen, welche die Revolutionen unter dem Vorwande machen, sie haben Hunger!«

34Es bezieht sich auf das Sprichwort: Noblesse oblige, -Adel verpflichtet. Der Uebersetzer.