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Loe raamatut: «Salvator», lehekülg 70

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Paris in Belagerungszustand versetzt und der König am selben Tage in Compiegne jagend, das war unmöglich; er mußte auf die Jagd oder den Belagerungszustand verzichten.

»Nun dann, meine Herren.« fragte der König, »was denken Ihre Exzellenzen über den Vorschlag des Herrn Polizeipräfecten?«

Man war zum großen Erstaunen des Königs einstimmig für den Belagerungszustand.

Das Ministerium Villèle, das seit fünf Jahren auf den Felsen gekittet war, fühlte an dem dumpfen Zittern der Erde eine fortschreitende Erschütterung und wartete, besser gesagt, suchte nur eine Gelegenheit, um dem Lande eine große Schlacht zu liefern.

Diese äußerste Maßregel schien keineswegs nachdem Geschmacke des Königs.

Er schüttelte zum zweiten Male den Kopf, was bedeuten wollte, daß er durchaus nicht der Ansicht des Rathes sei.

Plötzlich und wie von einem kühnen Gedanken durchzuckt, rief der König:

»Wenn ich Herrn Sarranti begnadigte! so würde ich nicht nur die Chancen des Ausstandes vermindern, sondern ich würde mir auch durch diese Gnade eine gute Zahl Parteigänger zugesellen.«

»Sire,« sagte Herr von Peyronnet, »Sterne hatte Recht, wenn er sagte, »im Herzen der Bourbonen sei nicht ein Gran Haß.«

»Wer hat das gesagt, mein Herr?« fragte Karl X., sichtlich geschmeichelt durch das Compliment.

»Ein englischer Schriftsteller, Sire.«

»Der noch lebt?«

»Nein, er ist seit sechzig Jahren todt, Sire.«

»Dieser Schriftsteller kannte uns gut, mein Herr, und ich bedaure, daß ich ihn nicht gekannt; aber entfernen wir uns nicht von der Frage, Ich wiederhole, die Geschichte des Herrn Sarranti erscheint mir nicht klar. Ich will nicht, daß man meiner Regierung verwerfe, sie habe ihre Calas und Lesurques gehabt. Ich wiederhole, ich habe große Lust, Herrn Sarranti zu begnadigen.«

Aber die Exzellenzen schwiegen wie das erste Mal.

»Nun,« sagte der König.

Man hätte glauben können, die Wachsexzellenzen aus dem Salon von Curtius existierten noch.

»Nun,« sagte der König leicht gereizt, »Sie antworten nicht, meine Herren?«

Der Justizminister, mochte er nun kühner sein, als seine Collegen, oder die Begnadigung des Verurtheilten ihn persönlicher berühren, machte einen Schritt auf den König zu und sagte sich verbeugend:

»Sire, wenn Eure Majestät mir gestatten, offen meine Meinung zu sagen, so würde ich zu behaupten wagen, daß die Begnadigung des Verurtheilten die traurigste Wirkung auf den Geist der treuen Unterthanen des Königs machen müßte; man erwartet die Hinrichtung des Herrn Sarranti, als wenn er der letzte Sprößling der bonapartistischen Partei wäre und seine Begnadigung statt als ein Art der Humanität angesehen zu werden, würde sicher als eure Schwachheit betrachtet werden. Ich bitte deßhalb den König, – und ich glaube darin im Sinne aller meiner Collegen zu sprechen, – ich bitte den König, der Gerechtigkeit ihren Lauf zu lassen.«

»Ist das wirklich die Ansicht des Conseils?« fragte der König.

Alte Minister antworteten einstimmig, daß sie die Ansicht des Justizministers theilten.

»So geschehe, wie Sie wollen,« sagte der König mit verzweifeltem Ausdrucke.

»Und der König erlaubt mir,« sagte der Polizeipräfect indem er einen Blick mit dem Präsidenten des Conseils austauschte, »der König erlaubt mir, daß ich die Stadt Paris in Belagerungszustand erkläre?«

»Leider! muß ich wohl,« antwortete langsam der König, »da es Ihrer Aller Ansicht ist; obgleich offen gesagt, dieser Belagerungszustand mir als eine sehr rigorose Art der Unterdrückung erscheint.«

»Es gibt eine nothwendige Rigorosität, Sire,« sagte Herr von Villèle, »und der Geist des Königs ist zu gerecht, um nicht zu begreifen, daß der Augenblick gekommen ist, zu strengen Maßregeln zugreifen.«

Der König stieß einen tiefen Seufzer aus.

»Nun,« sagte der Polizeipräfect, »werde ich dem König einen tiefen Wunsch auszusprechen wagen.«

»Welcher wäre das?«

»Ich weiß nicht, was die Absichten des Königs für morgen sind?«

»Wahrhaftig!« sagte der König, »ich wollte in Compiegne jagen und hätte ein prächtiges Wetter gehabt.«

»Nun gut, ich werde meinen Wunsch in eine Bitte umwandeln und den König ersuchen, Paris nicht zu verlassen.«

»Hm!« machte der König. indem er ein Mitglied des Conseils nach dem andern ansah.«

»Das ist auch unser Rath, Sire!« sagten die Minister. »Wir um den König, aber der König in unserer Mitte.«

»Nun gut,« sagte der König. »sprechen wir nicht weiter davon.«

Und mit einem Seufzer, schmerzlicher als die, welche er bisher ausgestoßen, sagte er:

»Man rufe meinen Oberjägermeister.«

»Eure Majestät wird den Befehl geben . . . ?«

»Die Jagd auf ein andermal zu verschieben,« meine Herren, da Sie es durchaus wollen.«

Dann die Augen zum Himmel erhebend, murmelte er:

»O! was für ein schönes Wetter! Welch ein Unglück!«

In diesem Augenblick näherte sich ein Huissier dem König.

»Sire,« sagte er, »ein Mönch, der von Eurer Majestät die Ermächtigung zu haben behauptet, bei Tage wie bei Nacht vor Sie zu kommen, steht draußen in dem Vorzimmer.«

»Hat er seinen Namen gesagt?«

»Abbé Dominique, Sire.«

»Er ist es!« rief der König; »lassen Sie ihn in mein Cabinet kommen.«

Dann wandte er sieh nach den erstaunten Ministern um und sagte:

»Meine Herren, niemand gehe von hier weg, bis ich wieder komme; man meidet mir einen Mann, dessen Ankunft vielleicht alles ändern kann.«

Die Minister sahen sich erstaunt an; aber der Befehl war so peremptorisch, daß man sich ihm nicht entziehen konnte.«

Unterwegs begegnete der König seinem Oberjägermeister.

»Sire, was sagt man mir?« fragte dieser, »die Jagd von morgen kann nicht stattfinden?«

»Das werden wir sogleich wissen,« antwortete Karl X. »indessen nehmen Sie keine Befehle, als von mir an.«

Und er setzte seinen Weg, halb beruhigt durch die Hoffnung fort, daß diese unerwartete Ankunft vielleicht die furchtbaren Anordnungen für den anderen Tag modifizieren könnte.

XCI
Wo erklärt ist, warum Herr Sarranti sich nicht mehr im Gefängniß der zum Tode Verurtheilten befand

Als er in sein Cabinet kam, war das Erste, was dem Könige in die Augen fiel, der Mönch welcher aufrecht, blaß, unbeweglich und starr wie eine Marmorsäule am andern Ende des Zimmers stand.

Da er sich nicht sehen konnte, war die strenge und finstere Gestalt an das Lambris gelehnt, um nicht zu fallen.

Der König blieb plötzlich stehen, als er diese Art von Gespenst sah.

»Ah!« machte Karl X. »Sie sind es, mein Vater?«

»Ja, Sire,« antwortete der Priester mit so schwacher Stimme, daß man glauben konnte, sie komme aus dem Munde eines Gespenstes.«

»Aber Sie scheinen ja am Sterben zu sein?«

»Am Sterben, allerdings Sire. Ich habe, meinem Gelübde zu Folge, mehr als achthundert Stunden zu Fuß gemacht. In den Engpässen des Mont Cenis wurde ich krank; ich hatte in den pontinischen Sümpfen das Fieber geholt. Ich schwebte einen Tag zwischen Leben und Tod. Da aber die Zeit drängte, der Tag der Hinrichtung meines Vaters immer näher rückte, machte ich mich wieder auf den Weg. Mit der Gefahr, an irgend einer Quelle des Weges zu sterben, habe ich in vierzig Tagen hundert fünfzig Stunden gemacht und bin vor zwei Stunden angekommen.«

»Aber warum haben Sie nicht irgend einen Wagen genommen? Und wäre es auch nur aus Mitleid geschehen, man hätte Ihnen den Weg abgekürzt.«

»Ich hatte das Gelübde gethan, zu Fuß nach Rom zu gehen und so auch den Rückweg zu machen, Sire; ich mußte vor allem meinem Gelübde genügen.«

»Und Sie haben es erfüllt?«

»Ja, Sire.«

»Sie sind ein Heiliger.«

Ein Lächeln tiefer Trauer flog über die Lippen des Mönches.

»O! geben Sie nicht voreilig mir diesen Titel,« sagte er. »Ich bin im Gegentheil ein Verbrecher, der Gerechtigkeit für Andere und Gerechtigkeit für sich zu fordern kommt!«

»Ein Wert vor Allem, mein Herr.«

»Der König geruhe zu sprechen,« sagte der Abbé Dominique, indem er sich verbeugthe.

»Sie waren nach Rom gegangen . . . in welcher Absicht? können Sie es mir jetzt sagen?«

»Ja, Sire. Ich war nach Rein gegangen, um Seine Heiligkeit zu bitten, das auf meine Lippen gelegte Siegel zu brechen, und mich zu autorisieren, das Geheimniß der Beichte zu offenbaren.«

»Auf diese Weise,« sagte der König mit einem Seufzer, »bringen Sie, obgleich nach immer von der Unschuld Ihres Vaters überzeugt, keinen Beweis dieser Unschuld bei?«

»Doch, Sire, einen unverwerflichen Beweis.«

»So sprechen Sie.«

»Kann mir der König fünf Minuten gönnen?«

»So viel Zeit als Sie wollen, mein Herr; Sie interessieren mich lebhaft. Aber setzen Sie sich. Ich zweifle, daß Sie die Kraft haben, stehend zu sprechen.«

»Die Kraft, die mir beinahe gebrach. gibt mir die Gnade des Könige wieder. Ich werde stehend sprechen, Sire, wie es einem Unterthanen zukommt, der mit seinem König spricht, oder vielmehr, ich werde knieend sprechen, wie es einem Verbrecher zukommt, der mit seinem Richter spricht.«

»Halten Sie ein, mein Herr,« sagte der König.

»Warum, Sire?«

»Sie wollen mir sagen, was Ihnen zu enthüllen verboten ist: das Geheimniß der Beichte. Ich will nicht bei einem Meineide betheiligt sein.«

»Der König verzeihe mir. So furchtbar auch die kurze Erzählung sein mag, die ich Ew. Majestät zu machen habe, Sie können sie jetzt ohne irgend einen Meineid vernehmen.«

»So will ich Sie also anhören, mein Herr.«

»Sire, ich stand an einem Todtenbette, als man mich an ein Sterbebette rief. Der Todte bedurfte meiner Gebete nicht mehr, der Sterbende aber bedurfte meiner Absolution; ich ging zu dem Sterbenden . . . «

Der König näherte sich dem Priester, dessen Stimme kaum bis zu ihm drang, und ohne sich zusetzen, stützte er seine Hände auf den Tisch.«

Er war offenbar mit dem größten Interesse beider Sache.

»Der Sterbende begann seine Beichte. aber kaum hatte er zwei Worte gesprochen, als ich ihm ins Wort fiel.«

»Sie sind Gérard Tardieu,« sagte ich zu ihm, »ich kann kein Wort weiter von dem hören, was Sie mir sagen wollen.«

»Und weßhalb?« fragte der Sterbende.

»Weil ich Dominique Sarranti bin, der Sohn dessen, den Sie des Diebstahls und Meuchelmords, angeklagt.«

»Und ich rückte meinen Fauteuil von seinem Bette weg.«

»Aber er hielt mich an meinem Rocke zurück.«

»Mein Vater,« sagte er, »im Gegentheil, die Vorsehung führt Sie zu mir. Ich hätte Sie am Ende der Welt aufsuchen lassen, wenn ich gewußt, wo Sie finden, um Ihnen zu sagen, was Sie nun vernehmen sollen . . . Mönch, ich vertraue mein Verbrechen Ihrem Busen an. Sohn, ich gebe Ihnen die Unschuld Ihres Vaters zurück. Ich werde sterben; bin ich todt, so sagen Sie, was ich Ihnen erzählen werde . . . «

»Und dann, Sire, erzählte er mir eine furchtbare Geschichte: erstens, daß er sich selbst bestohlen, um den Verdacht auf meinen Vater zu werfen, der an jenem Tage, nachdem er gegen Ihren Bruder konspiriert, zu fliehen gezwungen war.«

»Dann erzählte er mir das Verbrechen, das wirkliche Verbrechen, Sire . . . «

»Aber wie können Sie mir das Alles sagen, mein Herr, da Sie das Allen nur unter dem Siegel des Beichtgeheimnisses wissen?«

»Lassen Sie mich vollenden, Sire . . . Ich sage Ihnen, ich betheure Ihnen, ich schwöre Ihnen, daß ich Ihre Seele in keine Sünde verwickeln will, daß meine Seele allein Gefahr läuft, verloren zu gehen . . . . oder vielmehr – Herr des Himmels!« fügte der Mönch hinzu, indem er die Blicke zum Himmel erhob, »bereits verloren ist.«

»Fahren Sie fort.« machte der König.

»Dann erzählte mir Gérard Tardieu, daß er, den Rathschlägen einer Frau nachgebend, mit welcher er lebte, den Entschluß gefaßt habe, seine beiden Neffen bei Seite zu schaffen. Er sei allerdings nicht ohne Zagen, nicht ohne Kämpfe, nicht ohne Gewissensbisse zu diesem Entschlusse gekommen, aber er kam dazu . . . Die beiden Mitschuldigen theilten sich in das furchtbare Geschäft: er nahm den Knaben auf sich, sie das kleine Mädchen. Ihm gelang es, indem er seinen Neffen in einen Teich warf, und ihn, so oft er auftauchte, auf den Kopf schlug . . . «

»Wissen Sie, daß das furchtbar ist, was Sie mir da sagen!«

»Furchtbar! ja, Sire, ich weiß es!.«

»Und daß Sie mir den Beweis von alle dem, was Sie da vorbringen, liefern müssen.«

»Ich werde ihn liefern, Sire.«

»Die Frau scheiterte,« fuhr der Mönch fort; »in dem Augenblicke, als sie das arme Kind erwürgen wollte, brach ein Hund, von dem Geschrei der Kleinen angelockt, die Kette, sprang durch das Fenster und an den Hals der Frau, die er erdrosselte, das kleine Mädchen floh von Blut übergossen . . . «

»Und es lebt?« fragte der König.

»Ich weiß es nicht; Ihre Polizei hat es verschwinden lassen, um dies Zeugniß zu Gunsten meines Vaters zu vernichten.«

»Mein Herr, ich schwöre Ihnen bei der Ehre eines Edelmannes, daß die Gerechtigkeit hier ihr Amt üben soll. Aber den Beweis! den Beweis!«

»Den Beweis,« sagte der Mönch, indem er ein Manuscript aus seiner Tasche zog. »Hier ist er.«

»Und sich vor dem König vorbeugend, übergab er ihm die Papierrolle, auf welcher die Worte geschrieben standen.

»Dies ist meine Generalbeichte vor Gott und vor den Menschen, welche, wenn es nöthig, nach meinem Tode veröffentlicht werden kann.

Gérard Tardieu.«

»Und seit wann haben Sie dieses Papier? fragte der König.

»Ich hatte es immer, Sire,« antwortete der Mönch; »der Mörder gab es mir, da er sich dem Tode nahe glaubte.«

»Und trotzdem, daß Sie dieses Papier besaßen, haben Sie nichts gesagt? Sie haben es nicht dem Gerichte unterbreitet? Sie haben es mir nicht gegeben?«

»Sire, sehen Sie nicht auf dem Papier selbst, daß die Beichte des Verbrechers erst nach seinem Tode veröffentlicht werden durfte.«

»Er ist also todt?«

»Ja, Sire,« antwortete der Mönch.

»Seit wann?«

»Seit drei Viertelstunden; so lange als ich brauchte, um von Vanvres nach Saint Cloud zukommen.«

»O! der Elende!« sagte der König, »das hat Gott gnädig gefügt, daß er ihn zur rechten Zeitsterben ließ.«

»Ja, ich glaube, daß es eine gnädige Fügung ist, Sire. Aber ich kenne,« fuhr der Mönch fort, indem er auf ein Knie sank, »einen noch Elenderen, als den, welcher starb.«

»Was wollen Sie sagen?« fragte der König.

»Ich will sagen, daß Herr Gérard keines natürlichen Todes gestorben ist, Sire.«

»Er hat sich selbst gemordet?« rief der König.

»Nein, Sire, er wurde ermordet!«

»Ermordet!« rief der König, der mitten in dem Dunkel eine Helle, wie die eines Blitzes gewahrte; »ermordet und von wem?«

Der Mönch zog aus seinem Busen das Messer mit welchem er Herrn Gérard getödtet und legte es zu den Füßen des Königs nieder.

Das Messer war noch ganz blutig . . .

Die Hand des Mönchs war blutig.

»O!« machte der Könige indem er einen Schritt zurück that, »der Mörder sind . . . «

Er wagte es nicht zu vollenden.

»Bin ich, Sire,« sagte der Mönch, den Kopf beugend; »das war das einzige Mittel, die Ehre und den Kopf meines Vaters zu retten. Das Schaffot ist errichten Sire; befehlen Sie, daß ich es besteige!«

Es entstand eine Pause, während welcher der Mönch sein Urtheil gebeugten Hauptes erwartete.

Aber zum großen Erstaunen des Mönches sagte der König, der beim Anblick des blutbespritzten Dolches einen Schritt zurückgetreten war, mit sanftem Tone, ohne jedoch näher zu kommen: »Stehen Sie auf, mein Herr, Ihr Verbrechen ist allerdings ein furchtbares, schreckliches Verbrechen; aber es findet seine Erklärung, wenn auch nicht seine Entschuldigung in Ihrer Kindesliebe; diese hat Ihnen das Messer m die Hand gegeben, und obgleich es Niemand erlaubt sein kann, Richter in eigener Sache zu sein, so wird das Gesetz doch diesen Umstand in Betracht ziehen, und ich habe nichts zu sagen, nichts zu thun, bis zur Stunde des Gerichts, das über Sie richten wird.«

»Aber mein Vater, Sire! mein Vater!« rief der junge Mann.

»Das ist eine andere Sache.«

Der König läutete; ein Huissier erschien an der Thüre.

»Benachrichtigen Sie den Herrn Polizeipräfekten und den Herrn Großsiegelbewahrer, daß ich sie hier erwarte.«

Und da der Mönch trotz der Aufforderung, aufzustehen, am Boden knieen geblieben war, sagte der König zum zweiten Male:

»Erheben Sie sich, mein Herr.«

Der Mönch gehorchte: er war jedoch so schwach, daß er sich auf den Tisch stützen mußte, um nicht umzusinken.

»Setzen Sie sich, mein Herr,« sagte der König.

»Sire!« stotterte der Mönch.

»Ich sehe wohl, daß Sie einen Befehl brauchen. Ich befehle Ihnen deßhalb, sich zu setzen.«

Fee Mönch fiel halb erschöpft auf einen Fauteuil.

In diesem Augenblicke erschienen der Polizeipräfekt und der Justizminister an der Thüre, um sich dem König zu Befehl zu stellen.

»Meine Herren,« sagte der König beinahe heiter, »ich hatte Recht, als ich Ihnen eben noch sagte, die Ankunft der Person, die man mir meldete, könne den Dingen ein ganz anderes Gesicht geben.«

»Was will Eure Majestät sagen?« fragte der Justizminister.

»Ich will sagen, daß ich großartig Recht hatte, als ich behauptete, es bedürfe des Belagerungszustandes nur im äußersten Nothfalle; wir sind aber nun nicht so weit, Gott sei Dank!.«

Dann sich an den Polizeipräfecten wendend,« fügte er hinzu:

»Sie haben mir gesagt, daß ohne dies Zusammentreffen von Manuels Leichenbegängniß und Herrn Sarrantis Hinrichtung Sie Herr der Situation zubleiben sich getrauten.«

»Ja, Sire.«

»Nun gut, Sie haben kein Zusammentreffen mehr zu fürchten. Von diesem Augenblicke an ist Herr Sarranti frei; ich habe die Beweise seiner Unschuld in Händen.«

»Aber . . . « sagte der Polizeipräfekt bestürzt.

»Sie werden den Herrn in Ihren Wagen nehmen,« sagte der König aus Bruder Dominique deutend: »Sie gehen mit ihm nach der Conciergerie, Sie setzen Herrn Sarranti augenblicklich in Freiheit. Ich wiederhole Ihnen, er ist unschuldig und ich will nicht, daß ein Unschuldiger, sobald seine Unschuld bewiesen ist, einen Augenblick länger hinter Schloß und Riegel bleibe.«

»O, Sire, Sire!« sagte der Mönch, indem er seine Hände dankbar gegen den König ausstreckte.

»Gehen Sie, mein Herr,« sagte König Karl X. »und verlieren Sie keinen Augenblick.«

Dann wandte er sich an den Mönch und sagte:

»Sie heben acht Tage, um sich von den Anstrengungen Ihrer Reise In erholen,« sagte er zu ihm; »in acht Tagen werden Sie sich als Gefangener stellen.«

»Ja, Sire!« rief der Mönch; »soll ich schwören?«

»Ich verlange keinen Schwur von Ihnen. Ihr Wort genügt mir.«

Dann wandte er sich an den Präfekten und sagte:

»Gehen Sie, mein Herr, es geschehe, wie ich befohlen.«

Der Polizeipräfekt verbeugte sich und ging, gefolgt von dem Mönch.

»Wollen Eure Majestät mir die Gnade erzeigen, zu erklären . . . « wagte der Justizminister zu sagen.

»Die Erklärung wird kurz sein, mein Herr,« sagte der König. »Sehen Sie dies Papier, es, enthält den Beweis der Unschuld des Herrn Sarranti. Ich verpflichte Sie, es dem Minister des Innern mitzutheilen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird ihn ein peinliches Gefühl anwandeln, wenn er den Namen des wehren Mörders liest und in diesem Namen den eines Mannes findet, dessen Candidatur er unterstützte. Was den Mönch betrifft, so werden Sie, da Gerechtigkeit sein muß, dafür Sorge tragen, daß seine Sache vor die nächsten Assisen kommt, . . . Ah! sehen Sie mein Herr, nehmen Sie des Messer: es ist ein Beweismittel.«

Und indem er dem Großsiegelbewahrer die Wahl ließ. sich zurückzuziehen oder ihn zu folgen, kehrte der König heiter in den Saal zurück, wo ihn der Oberjägermeister erwartete.

»Nun. Sire? fragte dieser.«

»Es bleibt bei der Jagd von Morgen, mein lieber Graf,« sagte der König, »sorgen Sie, daß sie gut wird!«

»Der König erlaube mir zu sagen,« machte der Oberjägermeister, »daß ich seine Majestät nie heitereren Aussehens gefunden.«

»Allerdings, mein lieber Graf,« antwortete Karl X., »seit einer Viertelstunde fühle ich mich um zwanzig Jahre jünger.«

Dann sagte er zu den Ministern, die ihn ganz erstaunt anhörten:

»Meine Herren, nach den Nachrichten, die ich so eben erhalten, steht der Herr Polizeipräfekt für die Ruhe der Stadt Paris.«

Und indem er sie mit der Hand grüßte, machte er einen letzten Gang durch die Salons, theilte dem Dauphin mit, daß die Jagd abgehalten werde, sagte ein galantes Wart zur Frau Herzogin von Angoulême, küßte die Frau Herzogin von Berry, gab einen Großvaterklaps dem Herzog von Bordeaux, wie es ein Bürger aus der Rue Saint Denis oder vom Boulevard du Temple gemacht und kehrte zu seinem Schlafzimmer zurück.

Dort ging er an das Barometer, gegenüber von seinem Bette, stieß einen Freudenschrei aus, als er sah, daß es aus »beständig schön« stand, legte sich nieder und schlief mit den tröstlichen Worten ein:

»Ah! Gott sei Dankt wir werden morgen schönes Wetter für die Jagd haben!«

In Folge der Ereignisse, welche wir so eben erzählt, fand Salvator das Gefängniß des Herrn Sarranti leer.

Žanrid ja sildid
Vanusepiirang:
0+
Ilmumiskuupäev Litres'is:
04 detsember 2019
Objętość:
1707 lk 13 illustratsiooni
Õiguste omanik:
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