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Loe raamatut: «Salvator», lehekülg 72

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Und er fügte, wie voll Zweifel hinzu:

»Und Sie könnten mir den Beweis von dem liefern, was Sie mir da sagten, lieber Herr Renaud?«

»Hier ist er, mein Herr,« versetzte der Apotheker, indem er ein vierfach zusammengefaltetes Papier aus seiner Tasche zog, »ich habe hier eine von den zwölf bedeutendsten Apothekern des Arrondissement unterschriebene Petition.«

»Das empört mich wirklich,« erwiderte Herr Rappt. »Geben Sie mir das Aktenstück, lieber Herr Renaud, ich werde Ihnen genaue Rechenschaft ablegen; es soll Ihnen Recht in dieser Sache werden, das schwöre ich Ihnen, oder ich will meinen Namen als ehrlicher Mann verlieren.«

»Ah! man hatte mirs zum Voraus gesagt, daß ich mich aus Sie verlassen könne!« rief der Aphotheker, gerührt durch des Resultat seines Besuches.

»O! wenn ich eine Ungerechtigkeit sehe, bin ich unbarmherzig,« sagte der Graf, indem er aufstand, und seinen Wähler nach der Thüre begleitete. »Sie sollen in Kurzem von mir hören und werden sehen, wie Ich halte was ich verspreche!«

»Mein Herr,« sagte der Apotheker, indem er sich umwandte und wie ein geschickter Schauspieler sein letztes Wort auf die Thüre versparte, »ich weiß nicht, wie ich Ihnen für Ihre Offenheit und Geradheit danken soll; ich fürchtete, als ich kam, nicht, wie ich wünschte, von Ihnen verstanden zu werden.«

»Versteht man sich nicht immer, wenn Menschen von Herz zusammenkommen?« beeilte sich Herr Rappt zu sagen, indem er Louis Renaud nach der Thüre drängte.

Der brave Mann ging und Baptist meldete:

»Der Herr Abbé Bouquemont und Herr Xavier Bouquemont, sein Bruder.«

»Wer sind diese Herren Bouquemont?« fragte der Graf seinen Berichterstatter Bordier.

Bordier las:

»Abbé Bouquemont, fünfundvierzig Jahre alt; er hat eine Pfarrei in der Umgegend von Paris; ein schlauer Mensch und unerschütterlicher Intrigant, Er redigirt eine beabsichtigte, noch nicht erschienene bretannische Revue, betitelt: l’Hermine. Er hat alles gethan, um Abbé zu werden und jetzt, da er Abbé ist, würde er alles thun. um Bischof zu werden; sein Bruder ist religiöser Maler, das heißt er macht nur Kirchenbilder; er flieht das Nackte. Er ist heuchlerisch, eitel und neidisch, wie alle Künstler ohne Talent.«

»Pest!« sagte Graf Rappt, »lassen Sie sie nicht warten.«

XCIV
Ein Trio von Masken

Baptist führte den Abbé Bouquemont und Herrn Xavier Bouquemont ein.

Graf Rappt, der sich eben gesetzt hatte, erhob sich und begrüßte die Neueintretenden.

»Herr Graf,« sagte der Abbé mit kreischender Stimme – der Abbé war ein kleiner untersetzter fetter und blatternarbiger Mann von großer Häßlichkeit —; »Herr Graf, ich bin der Besitzer und Hauptredakteur einer bescheidenen Revue, deren Namen, aller Wahrscheinlichkeit nach, noch nicht die Ehre gehabt hat, bis zu Ihnen zu dringen.«

»Ich bitte um Vergebung, Herr Abbé,« unterbrach ihn der künftige Deputirte, »ich bin im Gegentheile einer der eifrigsten Leser der Hermine; denn so heißt ja wohl die Revue, welche Sie redigiren, nicht wahr?«

»Ja, Herr Graf,« sagte der Abbé verlegen, aber stark bezweifelnd, daß Herr Rappt wirklich einer der eifrigsten Leser einer Zeitschrift sei, die noch gar nicht erschienen.

Aber Bordier, der ohne die Miene zu machen, als ob er die Augen öffnete und die Ohren spitzte, altes hörte und sah, Bordier begriff das Mißtrauen des Abbé und sagte, indem er Herrn Rappt eine gelb eingebundene Broschüre bot:

»Hier ist die letzte Nummer.«

Herr Rappt warf einen Blick auf die Broschüre, vergewisserte sich daß sie ausgeschnitten war, und bot sie dem Herrn Abbé Bouquemont hin.

Dieser aber wies sie mit der Hand ab und sagte:

»Gott behüte mich, an Ihren Worten zu zweifeln. Herr Graf.«

Im Grunde seines Herzens hatte er aber sehr gezweifelt.«

»Teufel!« sagte er bei Seite. »wir müssen auf der Hut sein, wir haben es mit schlauen Leuten zuthun; Wenn der Mann ein Exemplar einer Revue hat, die noch nicht mal ausgegeben ist, muß er schon ein ganz verschlagener Patron sein. Wir wollen uns tüchtig zusammen nehmen!«

»Ihr Name,« fuhr Herr Rappt fort, »wird-wenn er es noch nicht sein sollte, sicher bald einer der berühmtesten in der »kämpfenden Presse« sein. In Beziehung auf scharfe Polemik kenne ich wenige Publizisten, die eine solche Höhe zu erklimmen bestimmt sind. Wenn alle Kämpen der guten Sache so tapfer wären, als Sie, Herr Abbé, so müßte mich alles täuschen, wenn wir noch lange zu kämpfen hätten.«

»Wirklich, mit Generalen wie Sie, Oberst,« antwortete der Abbé im gleichen Tone, »scheint mir der Sieg leicht; das sagten wir noch diesen Morgen, mein Bruder und ich, als wir die Stelle in Ihrem Circulär lasen, wo Sie daran erinnern, daß alle Mittel gut seien, wenn es gilt, die Feinde der Kirche niederzuwerfen. Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir, Ihnen meinen Bruder vorzustellen, Herr Graf.«

Und, indem er seinen Bruder verführte, setzte er hinzu:

»Herr Xavier Bouquemont.«

»Maler von großem Talente,« sagte Graf Rappt, mit seinem liebenswürdigsten Lächeln.

»Wie! Sie kennen auch meinen Bruder?« fragte, der Abbé erstaunt.

»Ich habe die Ehre, von Ihnen gekannt zu sein, Herr Graf?« sagte Herr Xavier Bouquemont halblaut und in einem widerlichen Fisteltone.

»Ich kenne Sie, wie ganz Paris, mein junger Meister,« antwortete Herr Rappt; »dem Rufe nach. Wer kennt die berühmten Maler nicht?«

»Nicht die Berühmtheit ist’s, der mein Bruder nachstrebt,« sagte der Abbé Bouquemont, indem er die Hände demüthig in einander legte und die Augen zu Boden senkte. »Was ist die Berühmtheit? Das eitle Vergnügen, von denen gekannt zu sein, die Sie nicht kennen. Nein, Herr Graf, mein Bruder hat den Glauben. Nicht wahr, Du hast den Glauben, Xavier? Mein Bruder kennt nur die große Kunst der christlichen Maler des 14. und 15. Jahrhunderts.«

»Ich thue alles, was ich kann, Herr Graf,« sagte der Maler mit heuchlerischem Tone; »aber ich gestehe, daß ich niemals gehofft, mein armer Ruf würde bis zu Ihnen dringen.«

»Hören Sie ihn nicht an, Herr Graf,« beeilte sich der Abbé hinzuzufügen; »er ist von einer empörenden Schüchternheit und Bescheidenheit, und wenn ich ihm nicht immer aus den Fersen wäre, um ihn anzuspornen, er würde keinen Schritt vorwärts kommen. Glauben Sie wohl, zum Beispiel, daß er sich energisch weigerte, Ihnen mit mir einen Besuch abzustatten, unter dem Vorwande, Sie um einen kleinen Dienst zu bitten.«

»Wirklich, mein Herr?« sagte Graf Rappt erstaunt über die unverschämte Frechheit des Geistlichen.

»Nicht wahr, Xavier; nun, sei offen, Xavier, nicht wahr, Du weigertest Dich, zu kommen?«

»Allerdings,« antwortete der Maler, den Blick zu Boden gesenkt.

»Ich wiederholte ihm umsonst, daß Sie einer der ausgezeichnetsten Offiziere der jetzigen Zeit, einer der größten Staatsmänner Europas, einer der einsichtsvollsten Beschützer der Künste in Frankreich seien; seine verwünschte Schüchternheit, seine trostlose Empfindlichkeit wollten nichts davon wissen, und ich wiederhole Ihnen, ich war beinahe gezwungen, Gewalt zu brauchen, um ihn hierher zu bringen.«

»Leider, meine Herren,« sagte Graf Rappt, entschlossen, die Heuchelei mit ihnen bis aufs Aeußerste zu treiben, »habe, ich nicht die Ehre, Künstler zu sein und das ist ein tiefer Kummer für mich. Was ist der kriegerische Ruhm, was ist das politische Ansehen neben der unsterblichen Krone, welche Gott um die Stirne Raphaels und Michel Angelos schlingt? Aber wenn ich auch diesen Ruhm nicht habe, so habe ich wenigstens das Glück, in naher Beziehung zu den berühmtesten Künstlern Europas zu stehen. Einige von ihnen sogar, und das ist eine Ehre, auf die ich stolz bin, haben die Güte, einige Freundschaft für mich zu hegen und ich habe nicht nöthig, Ihnen zu sagen, Herr Xavier, daß ich glücklich sein würde, wenn ich Sie unter diese zählen dürfte.«

»Nun, Xavier, machte der Abbé mit gerührtem Tone, indem er mit der Hand über die Augen fuhr, wie um eine Thräne zu trocknen, »nun« Xavier, was sagte ich Dir? Habe ich die Verdienste dieses unvergleichlichen Mannes übertrieben?«

»Mein Herr!« sagte Graf Rappt, als käme er über ein solches Lob in Verlegenheit.

»Unvergleichlich! ich habe mich nicht versprochen und ich erkläre, daß ich nicht wüßte, wie ich Ihnen danken sollte, wenn Sie für Xavier den Auftrag von sechs Fresken erwirkten, mit denen wir die Wände unserer armen Kirche schmücken wollen.«

»Ach! mein Bruder« Du gehst zu weit! Du weißt wohl, daß ich bei der Krankheit unserer armen Mutter ein Gelübde gethan, diese Fresken zu malen und daß Du sie, ob sie bezahlt werden oder nicht, sicher bekommst.«

»Gewiß; aber dieses Gelübde geht über Deine Kräfte, Unglücklicher! und Du wirst Hungers sterben, wenn Du es erfüllst; denn ich, Herr Graf, habe nichts, als meine Pfarrei, deren Einkommen meinen armen Beichtkindern gehört; und Du, Xavier, hast nichts als Deinen Pinsel.«

»Du täuschest Dich, mein Bruder, ich habe den Glauben,« sagte der Maler, den Blick zum Himmel erhebend.

»Sie hören ihn, Herr Graf, Sie hören ihn. Ich frage Sie, ist das nicht trostlos?«

»Meine Herren« sagte Graf Rappt, indem er sich erhob, um den beiden Brüdern anzuzeigen, daß die Audienz geschlossen sei, »in acht Tagen werden Sie die Ausfertigung des offiziellen Auftrags der sechs Fresken erhalten.«

»Nachdem wir Sie hundert Mal, tausend Mal, Millionen Mal unseres vollsten Dankes und des thätigsten Antheils versichert, den wir morgen an der großen Schlacht nehmen, sagte der Abbé, »werden Sie uns erlauben, uns ihre ergebensten Diener zu nennen und uns zu empfehlen.«

Mit diesen Worten wollte sich Abbé Bouquemont, nachdem er sich vor dem Grafen tief vorbeugt, wirklich zurückziehen, als sein Bruder Xavier ihn mit einem gewissen Ungestüm festhielt, und zu ihm sagte:

»Noch einen Augenblick, mein Bruder, ich habe meinerseits auch einige Worte an den Herrn Grafen zu richten. Erlauben Sie, Herr Graf?«

»Sprechen Sie, mein Herr,« sagte der Graf, ohne einen gewissen Unwillen verbergen zu können.

Die beiden Brüder waren sicher zu scharfsichtig, um diese Bewegung nicht zu bemerken; sie thaten jedoch, als wenn sie diese Pantomime nicht verstünden, und der Maler begann nun in unerschrockenem Tone:

»Mein Bruder Sulpice,« – dabei deutete er auf den Abbé, – »hat Ihnen so eben von meiner Schüchternheit und Bescheidenheit gesprochen; und erlauben Sie mir nun auch, Herr Graf, Ihnen von seiner Uneigennützigkeit, seiner unheilbaren Uneigennützigkeit, zu sprechen. So wissen Sie denn vor Allem: ich habe, obgleich ich Sie um alles nicht stören wollte, nur in der bestimmten Absicht eingewilligt, ihm hier zu folgen, um ihm zu helfen und Ihr Interesse für ihn in Anspruch zu nehmen. O! Wenn es sich nur um mich gehandelt, glauben Sie mir, Herr Graf, ich hätte niemals eingewilligt, Ihre Ruhe zu stören. Ich für mich brauche nichts, ich habe den Glauben! und wenn ich etwas brauchte, wüßte ich zu warten. Habe ich mir nicht überdies jeden Augenblick gesagt, daß wir in einem Zeitalter und in einem Lande leben, wo die, welche man die großen Meister nennt, kaum werth sind, die Pinsel Beato Angelieos und Fra Bartolomeos zu reinigen? und weßhalb das, Herr Graf? Weil die Künstler unserer Zeit keinen Glauben haben. Ich, ich habe den Glauben; das ist schuld, daß ich nichts brauche, daß ich Niemanden brauche und daß ich demzufolge Niemanden zu bitten brauche, wenigstens nicht für mich. Aber wenn ich meinen Bruder sehe, meinen armen Bruder, mein Herr, den Heiligen, der vor Ihnen steht; wenn ich ihn den Armen die zwölfhundert Franken seiner Pfarre geben und nicht so viel zurück behalten sehe, als er für den Wein braucht, mit dem er Morgens kommuniziert, sehen Sie, Herr Graf, dann schnürt sich mein Herz zusammen, meine Zunge entfesselt sich und ich fürchte nicht mehr aufdringlich zu sein«,denn ich bitte nicht für mich, sondern für meinen Bruder.«

»Xavier, mein Freund!« machte der Abbé heuchlerisch.

»O, ich habe gesprochen. Sie wissen jetzt, Herr Graf, was Sie zu thun haben. Ich schreibe Ihnen nichts vor, ich auferlege Ihnen nichts; ich überlasse alles Ihrem edlen Herzen. Ach! wir gehören nicht zu den Leuten, welche zu einem Candidaten kommen und sagen. »Wir sind Besitzer und Redakteure eines Journals; Sie brauchen die Unterstützung unseres Blattes, bezahlen Sie. Wir wollen den Preis des Dienstes voraus bestimmen und wir werden Ihnen diesen Dienst erweisen.« Nein, Herr Graf, nein, Gott sei Dank! wir gehören nicht zu diesen Leuten.«

»Kann es solche Menschen geben, mein Bruder?« fragte der Abbé.

»Leider, ja, Herr Abbé, sie existieren,« sagte Graf Rappt. »Aber wie Ihr Bruder sagt, Sie gehören nicht zu diesen Leuten. Ich werde mich mit Ihrer Angelegenheit beschäftigen, Herr Abbé. Ich werde den Cultusminister sprechen und wir wollen suchen, Ihre armseligen Einkünfte wenigstens auf das Doppelte zu erhöhen.«

»Mein Gott, Sie wissen. Herr Graf,« sagte der Abbé, »wenn man mal am Bitten ist, muß man auch etwas bitten, was der Mühe lohnt. Der Minister, welcher Ihnen nichts abschlagen kann, weil Sie als Deputirter ihn in der Hand haben, wird Ihnen eben so gut eine Pfarrei von sechstausend Franken bewilligen, als eine von drei. Es ist nicht für mich, mein Gott, denn ich lebe von Wasser und Brod; aber meine Armen oder vielmehr die Armen des lieben Gottes!« fügte der Abbé, mit dein Blick zum Himmel, hinzu: »die Armen werden Sie segnen, und werden, durch mich belehrt. woher die Wohlthat kommt, für Sie beten.«

»Ich befehle mich Ihren Bitten wie denen Ihres würdigen Pfarrers,« sagte Graf Rappt, indem er sich zum zweiten Male erhob. »Sehen Sie sich an, als wenn Sie die Pfarrei schon hätten.«

Die beiden Brüder machten dasselbe Manöver, das sie schon einmal gemacht.

Sie gingen, gefolgt von dem Candidaten, der es für seine Pflicht hielt, sie zu. begleiten, nach der Thüre, als der Abbé sich plötzlich umwandte und sagte:

»Apropos, Herr Graf, ich vergaß . . . «

»Was, Herr Abbé?«

»Es ist kürzlich in meiner Pfarrei Saint-Mandé, antwortete der Abbé in einem Tone voll Zerknirschung, »einer der ehrenwerthesten Männer der Christenheit Frankreichs, ein Mann von unerschöpflicher Wohlthätigkeit, die sich nie verleugnete, und von aufgeklärter Frömmigkeit gestorben; der Namen dieser heiligen Person ist gewiß bis zu Ihnen gedrungen.«

»Wie heißt er?« fragte der Graf, der vergeblich suchte,« wo hinaus der Abbé wollte und welch’ einen Tribut er ihm aufzuerlegen gedachte.

»Es war der Stiftsamtmann Gourdon de Saint-Herem.«

»O! ja, Sulpice! Du hast Recht,« unterbrach ihn Xavier. »Ja, der Mann war ein ächter Christ!«

»Ich wäre unwürdig zu leben,« sagte Herr Rappt, »wenn ich den Namen dieses frommen Mannes nicht kenne.«

»Nun gut,« sagte der Abbé, »der arme würdige Mann ist gestorben, indem er eine unwürdige Familie enterbte und all sein Besitzthum, bewegliches wie unbewgliches, der Kirche vermachte.«

»Ach! warum erinnerst Du mich an diese schmerzlichen Dinge?« sagte Xavier, indem er sein Taschentuch an die Augen hielt.

»Weil die Kirche keine undankbare Erbin ist, mein Bruder.«

Und zu Herrn Rappt sich umwendend, nachdem er seinem Bruder diese Lection der Dankbarkeit gegeben, sagte er:

»Herr Graf, er hat sechs Bände ungedruckter religiöser Briefe hinterlassen, ächte Bekehrungen für einen Christen, eine zweite Ausgabe der »Nachfolge Christi«. Wir werden diese sechs Bande hinter einander erscheinen lassen; Sie sollen ein Fragment in der nächsten Nummer der Revue sehen. Ich glaubte, mein theurer Bruder in Gott, Ihren Wünschen zuvorzukommen, indem ich Sie bei diesem schönen und guten Werke betbeiligte, und habe Sie zu diesem Ende auf die Subscriptionsliste mit vierzig Exemplaren gesetzt.«

»Daran haben Sie Recht gethan,« Herr Abbé.« sagte der künftige Deputirte, indem er sich vor Wuth die Lippen blutig biß, zum Scheine aber beständig lächelte.

»Ich war dessen gewiß!« sagte Sulpice, indem er wieder nach der Thüre ging.

Xavier aber blieb wie an den Boden genagelt stehen.

»Nun, was willst Du denn?« fragte ihn Sulpice.

»Ich machte Dich fragen, was Du machst?« antwortete Xavier.

»Nun. ich gehe, ich verlasse den Herrn Grafen; es scheint mir, wir nehmen schon zu lange seine Zeit in Anspruch.«

»Und Du gehst. vergissest sogar die Sache, wegen der wir gekommen sind; ja, ja, man beschäftigt sich mit Kleinigkeiten und vergißt darüber die Hauptsache.«

»Sage vielmehr, Sulpice, daß Du in Deiner beklagenswerthen Schüchternheit nicht wagtest, dem Herrn Grafen mit einer neuen Bitte beschwerlich zu fallen.«

»Gut denn, ja,« sagte der Abbé, »ja, ich gestehe;das ist’s.«

»Er wird sich niemals ändern, Herr Graf, und wenn Sie ihm nicht mit einem Korkenzieher die Worte aus dem Munde ziehen, wird er nicht sprechen.«

»Sprechen Sie, lassen Sie hören,« sagte Herr Rappt. »Da wir mal dabei sind, lieber Abbé, wollen wir’s auch ganz abmachen.«

»Sie sind es. der mich dazu ermuthigt, Herr Graf,« sagte der Abbé in schmeichelndem Tone, indem er übermenschliche Anstrengungen zu machen schien, um seine Schüchternheit zu überwinden. »Nun denn, es handelt sich um eine Schule, die wir, ich und einige Brüder, mit tausend Mühen und Sorgen in der Vorstadt Saint Jacques gegründet haben, wir wollen mit den größten Opfer, die wir uns auferlegen, das sehr theure Haus kaufen und es dann vom Erdgeschoß bis zum dritten Stock besetzen, aber ein Apotheker wohnt im Erdgeschoß und einem Theil des Entresol. Es befindet sich ein Laboratorium dort, aus welchem Dünste aufsteigen, die für die Gesundheit der Kinder unzuträglich sind. Wir möchten nun ein anständiges Mittel finden, um diesen unbequemen Gast so rasch als möglich aus dem Hause zu bringen, denn, wie man sieht, es liegt Gefahr im Verzuge.«

»Ich bin über diese Sache genau unterrichtet, Herr Abbé,« unterbrach ihn der Graf; »ich habe den Apotheker gesprochen.«

»Sie haben ihn gesprochen?« rief der Abbé.

»Ich habe es Dir doch gesagt, Xavier, daß er es war, welcher wegging, als wir eintraten.«

»Ich sagte, er sei es nicht, weil ich mir nicht denken konnte. daß er die Kühnheit haben werde, sich bei dem Herrn Grafen einzufinden.«

»Er hatte die Kühnheit,« antwortete der künftige Deputirte.

»Allerdings,« sagte der Abbé, »wenn Du ihn nur ansahst, mußtest Du erkennen, was das für ein Mensch ist.«

»Ich bin ein ziemlich guter Physiognom, meine Herren, und ich glaube es erkannt zu haben.«

»Ja diesem Falle werden Sie seine großen Nasenflügel bemerkt haben?«

»Er hat allerdings eine enorme Nase.«

»Das ist das Zeugniß der schlimmsten Leidenschaften.«

»So sagt Lavater.«

»Man erkennt daran den gefährlichen Menschen.«

»Ich glaube.«

»Wenn man ihn nur sieht, weiß man schon, daß er sich zu den gefährlichsten politischen Ansichten bekennt.«

»Er ist allerdings ein Voltairianer.«

»Das heißt so viel als Atheist.«

»Er war Girondist.«

»Das heißt er war Königsmörder.«

»Er haßt die Geistlichen.«

»Und wer die Priester haßt, liebt auch Gott nicht, und wer Gott nicht liebt, liebt den König nicht, weil der König von Gottes Gnaden regiert.«

»Er ist also entschieden ein schlechter Mensch.«

»Ein schlechter Mensch, das heißt so viel, als ein Revolutionär!« sagte der Abbé.

»Ein Blutsauger,« sagte der Maler, »der nur an den Umsturz der menschlichen Ordnung denkt.«

»Ich war davon überzeugt,« sagte Herr Rappt; »er hat ein zu ruhiges Aussehen, um nicht ein gewaltthätiger Mensch zu sein . . . Ich bin Ihnen für diese Charakteristik zu großem Danke verpflichtet, meine Herren.«

»Keineswegs, Herr Graf,« sagte Xavier, »wir haben nur unsere Pflicht gethan.«

»Die Pflicht jedes guten Bürgers,« fügte Sulpice hinzu.

»Wenn Sie, meine Herren, mir schriftliche und unzweifelhafte Beweise der Bösartigkeit dieses Menschen geben können, so wäre es vielleicht möglich, ihn verschwinden zu machen, sich seiner auf die eine oder andere Weise zu entledigen; können Sie mir diese Beweise geben?«

»Nichts leichter,« sagte der Abbé, mit einem viperartigen Lächeln; »wir haben glücklicher Weise alle Beweise in Händen.«

»Alle!« versicherte der Maler.«

Der Abbé zog aus seiner Tasche, gerade wie es der Apotheker gemacht, ein vierfach gefaltetes Papier und sagte, indem er es Herrn Rappt darbot:

»Sehen Sie hier eine von zwölf der bedeutendsten Aerzte des Quartiere unterzeichnete Petition, welche beweist, daß die von diesem Giftmischer verkauften Medicamente nicht mit der in solchen Dingen nöthigen Vorsicht präparirt sind; so daß einige von diesen Droguen unzweifelhaft den Tod herbeigeführt haben.«

»Tod und Teufel, das ist ja furchtbar,« sagte Herr Rappt, »geben Sie mir diese Petition, meine Herren und glauben Sie mir, daß ich guten Gebrauch von derselben machen werde.«

»Das Geringste, was man für einen solchen Menschen reclamiren kann, Herr Graf, da es nicht möglich ist, ihn in ein Gefängniß von Rochefort oder, Brest zu bringen, ist wenigstens eine Zelle in vicetre.«

»O! Herr Abbé, welch großes Beispiel christlicher Liebe sind Sie!« sagte der Graf, »Sie wollen die Reue, nicht den Tod des Sünders.«

»Herr Graf,« sagte der Abbé, sich verbeugend, »ich arbeite seit langer Zeit mit Hilfe von Nachforschungen, die ich mit großer Mühe anstellte, an Ihrer Biogrophie. Ich wartete nur noch eine Unterredung ab, wie die, welche wir eben hatten, um sie erscheinen zu lassen. Ich werde sie in der nächsten Nummer der Hermine ankündigen. Ich habe noch einen weiteren Zug zu Ihrer Charakteristik die Liebe zur Humanität, hinzuzufügen.«

»Herr Graf,« fügte Xavier hinzu, »ich werde diesen Besuch nie vergessen und wenn ich den Gerechten male, bitte ich um die Erlaubnis, mich der Züge Ihres edlen Gesichten erinnern zu dürfen.«

Während dieser Unterredung hatte der Oberst, in seiner Eigenschaft als großer General, ein Titel, den ihm der Abbé gegeben, wie ein geschickter Strategiker gehandelt, und die beiden Brüder bis an die Thüre gedrängt.

Sei es nun, daß er das Manöver verstanden, oder nichts mehr zu legen hatte, der Abbé entschloß sich, die Hand auf den Knopf zu legen.

In diesem Augenblicke öffnete sich die Thüre, nicht durch den Druck des Abbé, sondern durch einen Druck von Außer, und die alte Marquise von la Tournelle, welche unsere Leser nicht vergessen haben, wie ich hoffe, und die durch mehr als ein verwandschaftliches Band mit dem Grafen Rappt verbunden war, stürzte athemlos in des Zimmer.

»Gott sei Dankt« murmelte Rappt, indem er sich endlich aus den Klauen der beiden Brüder befreit glaubte.

Žanrid ja sildid
Vanusepiirang:
0+
Ilmumiskuupäev Litres'is:
04 detsember 2019
Objętość:
1707 lk 13 illustratsiooni
Õiguste omanik:
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