Loe raamatut: «Internal Investigations», lehekülg 19

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Anmerkungen

[1]

Lösler NZG 2005, 104; Hauschka § 1 Rn. 2; Passarge NZI 2009, 86; Schneider ZIP 2003, 645, 646.

[2]

Für die Umfassung der Reaktion durch Compliance Schaupensteiner NZA Beil. 2011, 8, 12; Fleischer NZG 2014, 321, 329; LG München NZG 2014, 345, 347.

[3]

Arnold ZGR 2014, 76 (83 f.); Spindler/Stilz/Fleischer § 91 Rn. 57.

[4]

Reichert/Ott NZG 2014, 241, 243.

[5]

Vgl. Schockenhoff NZG 2015, 409, 410.

[6]

So auch Arnold ZGR 2014, 76, 85.

[7]

Reichert/Ott NZG 2014, 241, 242.

[8]

OLG Düsseldorf AG 2013, 171.

[9]

Zu den Voraussetzungen der Inanspruchnahme einer Bonusregelung s. Bekanntmachung Nr. 9/2006 über den Erlass und die Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen – Bonusregelung – vom 7.3.2006; abrufbar unter: www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Merkblaetter/Merkblaetter_deutsch/06_Bonusregelung.pdf; Potinecke/Gottschalk CB 2015, 444, 446.

[10]

Bürgers/Körber/Israel § 76 Rn. 11; Hüffer § 76 Rn. 13.

[11]

Inderst/Bannenberg/Poppe/Poppe 7. Kap. Rn. 20.

[12]

Bürgers/Körber/Pelz § 404 Rn. 2, § 93 Rn. 47 ff.

[13]

Hüffer § 93 Rn. 7.

[14]

Bürgers/Körber/Pelz § 404 Rn. 3.

[15]

MK-AktG/Hefermehl/Spindler § 93 Rn. 62.

[16]

Bürgers/Körber/Pelz § 404 Rn. 5 zur Offenlegung von Informationen im Rahmen der due diligence.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 2. Kapitel Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen und Beratung der Unternehmensführung › VI. Haftung im Rahmen von unternehmensinternen Untersuchungen

VI. Haftung im Rahmen von unternehmensinternen Untersuchungen

202

Kommt die Unternehmensleitung ihrer Pflicht zur Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung nicht oder nicht ausreichend nach oder wird eine Untersuchung ohne Berechtigung durchgeführt, stellen sich aus gesellschaftsrechtlicher Sicht Haftungsfragen. Da die Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung Teil der Sorgfalts- und Treuepflichten der Unternehmensleitung ist, kann somit eine diesbezügliche Pflichtverletzung zu einer persönlichen Haftung der Organe führen. Meistens wird es dabei um eine unterlassene, aber sachlich gebotene unternehmensinterne Untersuchung gehen. Denkbar sind aber auch Konstellationen, in denen eine Untersuchung nicht in der gebotenen Art und Weise durchgeführt worden ist oder durchgeführt wurde, obwohl sie in diesem Ausmaß nicht notwendig war und nicht im Unternehmensinteresse stand.[1] Als Haftungssubjekte kommen grds. der Vorstand bzw. die Geschäftsführung, der Aufsichtsrat und die Gesellschafter in Betracht.

1. Haftung der Unternehmensleitung

203

Wie dargestellt, ist der Vorstand einer AG oder die Geschäftsführung einer GmbH als Unternehmensleitung beim Vorliegen hinreichender Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße zur Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung berechtigt und verpflichtet. Wird diesen Pflichten nicht ordnungsgemäß entsprochen oder bei der Durchführung einer Untersuchung eine Pflichtverletzung begangen, ist eine Haftung der Unternehmensleitung gegenüber der Gesellschaft, Aktionären bzw. Gesellschaftern sowie gegenüber Dritten denkbar.

a) Haftung der Unternehmensleitung gegenüber der Gesellschaft

204

In Betracht kommen Schadensersatzansprüche der Gesellschaft aus § 93 Abs. 2 AktG (bei der AG), aus § 43 Abs. 2 GmbHG (bei der GmbH), aus § 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 708 BGB (bei der GmbH & Co. KG) sowie deliktrechtliche Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz.[2] Für die Haftung der Unternehmensleitung gegenüber der eigenen Gesellschaft sind insbesondere die Fragen, wann die Unternehmensleitung eine Pflichtverletzung begangen hat und welcher Schaden der Gesellschaft hieraus entstanden ist, von Bedeutung.

aa) Anspruchsgrundlagen

205

Begeht die Unternehmensleitung im Rahmen einer unternehmensinternen Untersuchung eine schuldhafte Pflichtverletzung und entsteht der Gesellschaft dadurch ein Schaden, dann ergibt sich die Haftung des Vorstandes einer AG aus § 93 Abs. 2 AktG, der Geschäftsführung einer GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG und der Geschäftsführung einer GmbH & Co. KG aus §§ 43 Abs. 2 GmbHG, 708 BGB.

206

Daneben ist eine Haftung des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz denkbar. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet bei einer internen Untersuchung aus, da der Vermögensschaden nicht zu den geschützten absoluten Rechtsgütern des § 823 Abs. 1 BGB gehört. Schutzgesetze können grds. aus allen Rechtsbereichen stammen. Zunächst ist dabei insbesondere an die Normen §§ 91 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG und § 130 OWiG zu denken. Alle diese Normen begründen eine gesellschaftsinterne Organisationspflicht, die grds. nur gegenüber der Gesellschaft und nicht im Verhältnis zu Außenstehenden oder den Gesellschaftern besteht.[3] Deshalb handelt es sich bei §§ 91 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG und § 130 OWiG nicht um allgemeine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Die Haftung gegenüber der Gesellschaft wird insofern auch nicht beeinträchtigt, da sich diese bereits aus § 93 Abs. 2 AktG bzw. aus § 43 Abs. 2 GmbHG ergibt.

207

Denkbar ist allerdings ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. § 266 StGB stellt ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar.[4] Durch ihre Bestellung trifft die Unternehmensleitung eine besondere Treuepflicht i.S.d. § 266 StGB gegenüber der Gesellschaft.[5] Somit ist eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB durchaus denkbar, wenn die Unternehmensleitung der Gesellschaft einen Schaden im Zusammenhang mit unternehmensinternen Untersuchungen zufügt. Im Rahmen des subjektiven Tatbestandes des § 266 StGB kann sich die Unternehmensleitung jedoch wiederum auf die Business Judgement Rule berufen. Diese wurde zwar im Bereich des Gesellschaftsrechts entwickelt, ist jedoch im Rahmen des § 266 StGB auch anwendbar, da der Sorgfaltsmaßstab des Strafrechts nicht weiter gehen kann, als das vorgelagerte zivilrechtliche Pflichtenprogramm.[6]

bb) Pflichtverletzung

208

Die Unternehmensleitung begeht eine Pflichtverletzung entweder, wenn sie keine unternehmensinterne Untersuchung vorgenommen hat, obwohl nach Betrachtung der Gesamtumstände eine Verpflichtung hierzu bestanden hätte oder wenn sie eine unternehmensinterne Untersuchung durchgeführt hat, obwohl sie hierzu nicht oder nicht in der Art und Weise berechtigt gewesen ist. Nicht in der Art und Weise berechtigt bedeutet dabei, dass entweder die bestehende Berechtigung überschritten wurde und etwa ohne sachlichen Grund zu umfassende Amnestieregelungen vereinbart wurden oder dass eine unternehmensinterne Untersuchung nicht gründlich durchgeführt, insbesondere, wenn notwendige Aufklärungsmaßnahmen unterlassen wurden.

209

Die Pflichtverletzung ist verschuldet, wenn die Unternehmensleitung gegen die ihr obliegende Pflicht einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung verstoßen hat.[7] Führt die Unternehmensleitung z.B. trotz eindeutiger Hinweise auf ein dauerhaftes Fehlverhalten von Mitarbeitern keine unternehmensinterne Untersuchung durch, stellt dies eine verschuldete Pflichtverletzung dar. Die Unternehmensleitung begeht aber z.B. auch dann eine Pflichtverletzung, wenn sie die Untersuchung nur in einem Unternehmensteil durchführt, obwohl es Hinweise gegeben hat, dass es auch in anderen Unternehmensteilen zu der Begehung von Straftaten durch Mitarbeiter gekommen ist.

210

Durfte die Unternehmensleitung hingegen vernünftigerweise und auf der Grundlage angemessener Informationen annehmen, dass die durchgeführten Untersuchungen nach Art und Umfang ausreichend waren und dass sie zum Wohle der Gesellschaft durchgeführt wurden, fehlt es an einer Pflichtverletzung. Insoweit ist die Business Judgement Rule einschlägig.[8]

cc) Schaden

211

Neben einer Pflichtverletzung ist stets ein konkreter Schaden des Unternehmens Voraussetzung jedes Anspruches gegen die Unternehmensleitung. Es gilt der allgemeine Schadensbegriff der §§ 249 ff. BGB. Schaden ist somit jede Minderung des Gesellschaftsvermögens, so wie auch jede unterlassene Mehrung.[9] Unerheblich ist in einer Gesellschaft, ob sich der Wert der Anteile erhöht hat, da das Vermögen der Gesellschafter und das der Gesellschaft stets zu trennen ist.[10] Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt und die Höhe des entstandenen Schadens trägt die Gesellschaft.[11]

212

Führt die Unternehmensleitung eine Untersuchung durch, obwohl diese nicht oder nicht in diesem Ausmaß geboten war, so liegt der Schaden der Gesellschaft mindestens in der Höhe der zu viel getätigten Aufwendungen. Unterlässt die Gesellschaft hingegen eine unternehmensinterne Untersuchung, obwohl sie hierzu verpflichtet gewesen ist, dann ist die Bestimmung des Schadens weitaus schwieriger. Unternehmensinterne Untersuchungen als Teil der allgemeinen Corporate Compliance haben insbesondere eine Risikobegrenzungsfunktion.[12] Ziel einer unternehmensinternen Untersuchung ist die unternehmensinterne Sachverhaltsaufklärung und Ahndung des Fehlverhaltens. Hierdurch soll zum einen präventiv Fehlverhalten in der Zukunft verhindert werden, zum anderen eine bestmögliche Verteidigung des Unternehmens gegen drohende Bußgelder gewährleistet sein.[13] Anhand dieser Ziele lässt sich der potentielle Schaden bestimmen. Wird ein bereits begangenes Fehlverhalten nicht endgültig aufgeklärt, wiederholt es sich möglicherweise. Hierdurch drohen dem Unternehmen weitergehende Schäden, die bei Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung, Einstellung der Verstöße und ggf. Anpassung des Compliance-Systems möglicherweise nicht angefallen wären.

213

Eine weitere Schadensquelle liegt in der Schadensminderungsfunktion unternehmensinterner Untersuchungen. Über die Zurechnungsnorm des § 30 OWiG besteht bei Gesetzesverstößen regelmäßig die Gefahr der Bußgeldsanktion des Unternehmens. Nur wer den gesamten Sachverhalt kennt, kann sich gegen diesen optimal gegenüber den Behörden und vor Gericht verteidigen. Je weniger ein Unternehmen hingegen den vorgefallenen Sachverhalt kennt, desto weniger kann es zur eigenen Verteidigung beitragen und ist den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft „ausgeliefert“. Zudem kann das Unternehmen aufgrund des regelmäßig besseren Einblicks meist schneller als die Staatsanwaltschaft ermitteln. Eine unternehmensinterne Untersuchung kann somit dazu führen, dass Ermittlungen und Verfahren gegen Unternehmen möglichst zeitnah abgeschlossen sind und das Unternehmen sich wieder dem operativen Geschäft als der eigentlichen Aufgabe widmen kann. Bei vollständiger Sachverhaltskenntnis kann sich das Unternehmen gegenüber den Behörden und vor Gericht besser verteidigen und möglicherweise durch eine Kooperation die Folgen für das Unternehmen erheblich mildern. Besonderes Beispiel ist hier das Kartellrecht, in welchem die Kronzeugenregelung in Kombination mit einer schnellen Sachverhaltsaufarbeitung große Vorteile bringt.[14]

214

Der Nachweis der Kausalität zwischen Nichtdurchführung einer unternehmensinternen Untersuchung und Schadenseintritt wird oftmals schwer zu führen sein. Die Gesellschaft muss den Eintritt und Höhe des Schadens und die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vorstandsmitglieds und dem Schaden beweisen. Die betroffene Unternehmensleitung muss hingegen gem. § 93 Abs. 2 S. 2 AktG darlegen, dass sie nicht pflichtwidrig gehandelt hat.[15] Die Beweislastverteilung des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG ist im Rahmen des § 43 Abs. 2 GmbHG analog anzuwenden und gilt damit nicht nur für die AG, sondern auch für die Unternehmensleitung einer GmbH und einer GmbH & Co. KG.[16] Also ist auch der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet nachzuweisen, dass er nicht pflichtwidrig gehandelt hat, wenn die Gesellschaft Eintritt, Höhe und Kausalität des Schadens bewiesen hat. Für die Geschäftsführer bedeutet dies, dass alle unternommenen Maßnahmen zur Aufklärung von Verstößen möglichst gründlich dokumentiert werden sollten.

b) Haftung der Unternehmensleitung gegenüber Aktionären bzw. Gesellschaftern

215

Verstößt die Unternehmensleitung im Rahmen unternehmensinterner Untersuchungen gegen ihre Pflichten, ist neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft auch eine Haftung gegenüber den Aktionären bzw. Gesellschaftern denkbar.

216

Eine solche Haftung kann sich zum einen aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben, da die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft ein sonstiges Recht im Sinne der Vorschrift ist.[17] Handelt die Unternehmensleitung pflichtwidrig, bedeutet dies allerdings keinen Eingriff in die Mitgliedschaft, da die Mitgliedschaft nicht das Recht auf pflichtgemäße Unternehmensleitung beinhaltet.[18] Eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB im Rahmen einer Pflichtverletzung bzgl. der Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung scheidet somit aus.

217

Denkbar ist wiederum eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB. Ein Teil der Literatur erachtet den § 266 StGB auch als einschlägig, insbesondere in der Form des Treubruchtatbestandes.[19] Dem ist zu widersprechen, da es sich bei § 266 StGB nicht um ein Schutzgesetz zu Gunsten der Aktionäre bzw. Gesellschafter handelt. Zwar handelt es sich, wie bereits gezeigt, bei § 266 StGB um ein Schutzgesetz. Allerdings schützt es nur denjenigen, gegenüber dem ein Treueverhältnis besteht. Die personale Selbstständigkeit der Gesellschaft führt aber dazu, dass die Treuepflichten der Unternehmensleitung nur gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber den einzelnen Aktionären bzw. Gesellschaftern bestehen.[20] Die Unternehmensleitung ist als handelndes Organ verpflichtet, die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu wahren und zu verwalten. Eine Erstreckung der Treuepflicht des Vorstandes gegenüber den Aktionären und Gesellschaftern würde die Trennung von Aktionär/Gesellschafter und Gesellschaft verkennen.[21] Der BGH hat zu dieser Frage bislang noch keine Stellung nehmen müssen. Sieht man mit der erstgenannten Meinung § 266 StGB als Schutzgesetz zugunsten der Anteilsinhaber an, liegt der Schaden des Aktionärs bzw. Gesellschafters insbesondere darin, dass sein Anteil entwertet wird.[22] Grds. gilt der Haftungsmaßstab des § 93 Abs. 2 AktG nur gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber den Gesellschaftern.[23] Somit gilt im Verhältnis zu den Gesellschaftern der allgemeine Haftungsmaßstab des § 276 BGB und die Business Judgement Rule ist nicht unmittelbar anwendbar. Allerdings setzt eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB eine vorsätzliche Untreuehandlung des Schädigers voraus.[24] Fehlt es hieran, scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB aus, da das Schutzgesetz nicht verletzt ist. Zudem ist auch die Business Judgement Rule bei der Beurteilung einer Strafbarkeit nach § 266 StGB anzuwenden (Rn. 207).[25]

2. Haftung des Aufsichtsrats

218

Soweit den Aufsichtsrat wie dargestellt eine Pflicht im Hinblick auf unternehmensinterne Untersuchungen trifft, so ändert sich die Haftung im Vergleich zur Unternehmensleitung nicht. Insofern kann auf dortige Ausführungen verwiesen werden. Gem. § 116 S. 1 AktG gilt § 93 mit Ausnahme des Abs. 2 S. 3 AktG. Hierfür enthält § 116 AktG eigene Regelungen zur Verschwiegenheit in S. 2. Insbesondere findet auch die Business Judgement Rule Anwendung auf den Aufsichtsrat.

219

Auch in Bezug auf eine Haftung des Aufsichtsrats wegen Untreue ergeben sich keine Unterschiede, da aufgrund der Funktion und den Befugnissen des Aufsichtsrats eine strafrechtliche Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gesellschaft i.S.d. § 266 StGB besteht.[26] Somit kann sich eine Haftung des Aufsichtsrates gegenüber der Gesellschaft aus § 116 S. 1 AktG i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB ergeben. Für die Haftung gegenüber den Gesellschaftern kann ebenfalls auf die Ausführungen zur Unternehmensleitung verwiesen werden.

3. Haftung der Gesellschafter/Aktionäre

220

Da Aktionäre und Gesellschafter wie bereits dargestellt keine Pflicht zur Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung trifft, scheidet auch eine entsprechende Haftung aus. Die allgemeine gesellschaftsrechtliche Haftung von Gesellschaftern und Aktionären gegenüber der Gesellschaft bleibt hiervon unberührt.[27]

4. Haftung im Konzern

221

Auch im Konzern hat die Unternehmensleitung der Konzernmutter das Recht und die Pflicht zur Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte. Wie bereits dargestellt, besteht diese Pflicht aber nur gegenüber der herrschenden Gesellschaft und nicht gegenüber Tochter- oder Enkelgesellschaften.[28] Eine in Betracht kommende unmittelbare Haftung der Konzernleitung gegenüber der Konzernmutter für eine sorgfaltswidrig unterlassene Anweisung zur Durchführung einer Untersuchung richtet sich auch im Konzern nach § 93 Abs. 2 AktG bzw. § 43 Abs. 2 GmbHG oder §§ 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 708 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB.[29]

222

Ist die Konzernleitung hingegen berechtigt, die nachgeordneten Konzerngesellschaften anzuweisen und macht sie hiervon Gebrauch, so kann es bei Pflichtverstößen auch zu einer Haftung gegenüber der Tochtergesellschaft kommen. Hierbei ist wiederum entscheidend, ob das beherrschte Unternehmen eine AG oder GmbH ist und ob es sich um einen faktischen oder Vertragskonzern handelt.

a) Haftung im Vertragskonzern

223

Besteht im Konzern ein Beherrschungsvertrag, so ergibt sich die Haftung der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens aus § 309 Abs. 2 S. 1 AktG. Bei der Erteilung von Weisungen muss die Unternehmensleitung des herrschenden Unternehmens gegenüber der beherrschten Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwenden (§ 309 Abs. 1 AktG). Diesen Anspruch kann gem. § 309 Abs. 4 S. 1 AktG auch jeder Aktionär geltend machen.[30] Jedoch darf er gem. S. 2 Leistung nur an die Gesellschaft fordern. Soweit Gläubiger der beherrschten Gesellschaft keine Befriedigung erlangen können, können sie den Anspruch gem. § 309 Abs. 4 S. 3 AktG geltend machen. Handelt es sich bei der beherrschten Gesellschaft um eine GmbH, so finden die Regelungen analoge Anwendung.[31]

224

Daneben kann eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB bestehen. Eine Vermögensbetreuungspflicht im Vertragskonzern kann sich aus der in §§ 308 ff. AktG normierten Leitungsmacht ergeben.[32] Bejaht man zusätzlich eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Gesellschaftern, so kann auch eine Haftung gegenüber den Gesellschaftern des beherrschten Unternehmens bestehen (Rn. 217).

b) Haftung im faktischen AG-Konzern

225

In einem faktischen AG-Konzern besteht grundsätzlich keine Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens gegenüber seinen Tochter- oder Enkelunternehmen.[33] Übt die Unternehmensleitung aber trotzdem Druck auf den Vorstand der abhängigen Gesellschaft aus und erreicht so die Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung, obwohl diese nicht geboten war, sieht der § 311 Abs. 1 a.E. AktG eine Ausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens vor. Gem. § 317 Abs. 3 AktG haften die handelnden gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens neben dem herrschenden Unternehmen, wenn der Verlust nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres durch das herrschende Unternehmen ausgeglichen worden ist. Die Ersatzpflicht scheidet aber wiederum aus, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Rechtsgeschäft auch vorgenommen oder die Maßnahme getroffen hätte.

Žanrid ja sildid
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