Loe raamatut: «Internal Investigations», lehekülg 20

Font:

c) Haftung im faktischen GmbH-Konzern

226

Im Gegensatz zu § 317 AktG knüpft das GmbH-Recht keine Rechtsfolgen an den Begriff der Abhängigkeit.[34] Deshalb scheidet eine analoge Anwendung der §§ 311, 317 AktG aus.[35] Im faktischen GmbH-Konzern gilt deshalb nur die Treubindung des herrschenden Unternehmens in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der GmbH.[36] Das herrschende Unternehmen unterliegt im Hinblick auf den Schutz der abhängigen GmbH jedoch einem umfassenden Schädigungsverbot, welches entweder aus der Treuepflicht[37] oder dem Mitgliedschaftsrecht[38] abgeleitet wird.[39] Insofern kann es in Ausnahmefällen auch zu einer Haftung der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens wegen der Nichtdurchführung oder der fehlerhaften Durchführung einer unternehmensinternen Untersuchung im faktischen GmbH-Konzern kommen.

5. Ergebnis

227

Bei der Durchführung von unternehmensinternen Untersuchungen können einer Gesellschaft somit Schäden entstehen. War die Durchführung einer internen Untersuchung nicht notwendig, so stellen die angefallenen Kosten für die Durchführung einen Schaden dar. Wird allerdings eine unternehmensinterne Untersuchung unterlassen, obwohl eine Durchführung geboten war, können der Gesellschaft ebenfalls erhebliche Schäden, wie Reputationsschäden, höhere Bußgelder und längere Verfahrensdauer entstehen. Die Durchführung von unternehmensinterner Untersuchungen ist grundsätzlich Aufgabe der Unternehmensleitung und teilweise auch des Aufsichtsrates. Verletzen diese bei der Entscheidung, ob und wie eine unternehmensinterne Untersuchung durchzuführen ist, ihre Pflichten, so haften sie auch gegenüber der Gesellschaft für die entstandenen Schäden.

228

Tab. 1: Zusammenfassung: Haftung bei unternehmensinternen Untersuchungen


Organisationsstruktur Organ Gesellschaft Gesellschafter Dritte
Einheitsgesellschaft UL § 93 Abs 2 AktG/§ 43 Abs. 2 GmbHG, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB
AR §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2 AktG (analog)
Vertragskonzern (gegenüber Tochtergesellschaft) UL § 309 Abs. 2 S. 1 AktG (analog); § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB § 309 Abs. 4 S. 1 AktG (analog) § 309 Abs. 4 S. 3 AktG (analog)
AR
Faktischer Konzern AG (gegenüber Tochtergesellschaft) UL § 317 Abs. 3 AktG; u.U. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB
AR
Faktischer Konzern GmbH (gegenüber Tochtergesellschaft) UL U.U.§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB
AR

Legende: UL= Unternehmensleitung; AR= Aufsichtsrat

Anmerkungen

[1]

Vgl. Kustor S. 25 f.

[2]

Siehe auch Hamann/Sigle/Werwigk § 17 Rn. 27 ff.

[3]

Siehe hierzu BGH DStR 1994 1272, 1273; BGH WM 1979, 853, 854; vgl. auch MK-AktG/Spindler § 91 Rn. 39; Spindler/Stilz/Fleischer § 91 Rn. 46.

[4]

BGH NJW 1953, 457; NJW 1987, 2008; BGH VersR 1995, 1205; BGH ZIP 2001, 1874, 1876 f.

[5]

Vgl. hierzu Hüffer § 84 Rn. 10; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 6 Rn. 82, § 13 Rn. 29.

[6]

Ebenso LK/Schünemann § 266 Rn. 33; MK-AktG/Dierlamm § 366 Rn. 152; Krieger/Schneider § 35 Rn. 32.

[7]

Hölters § 93 Rn. 248; MK-AktG/Spindler § 93 Rn. 158; zur GmbH siehe Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack GmbHG § 43 Rn. 18.

[8]

Siehe auch Annuß/Pelz BB Spezial 4/2010, 14, 17; Breßler/Kuhnke/Schulz/Stein NZG 2009, 721, 723 f.

[9]

Hüffer § 93 Rn. 15; Schüppen/Schaub/Ritter § 24 Rn. 103; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 2 Rn. 37.

[10]

Hüffer § 93 Rn. 15; MK-AktG/Hefermehl/Spindler § 93 Rn. 80; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 2 Rn. 37.

[11]

Schüppen/Schaub/Ritter § 24 Rn. 103.

[12]

Siehe auch Hauschka § 1 Rn. 24; Schüppen/Schaub/Ritter § 24 Rn. 27.

[13]

Vgl. hierzu ausführlich: Moosmayer/Hartwig Interne Untersuchungen; Kustor Unternehmensinterne Untersuchungen.

[14]

Siehe hierzu auch Moosmayer S. 5.

[15]

Hölters § 93 Rn. 264.

[16]

Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 43 Rn. 36.

[17]

BGH NJW 1990, 2877 für den Verein; siehe auch Wellhöfer/Peltzer/Müller § 3 Rn. 26, § 10 Rn. 19.

[18]

Vgl. Wellhöfer/Peltzer/Müller § 3 Rn. 26, § 10 Rn. 19.

[19]

Wellhöfer/Peltzer/Müller § 3 Rn. 37; Hüffer § 93 Rn. 19; vgl. auch die Darstellung in MK-AktG/Spindler § 93 Rn. 275 (i.E. auch ablehnend), mit Verweis auf OLG Celle GmbHR 2006, 377, 387; OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 1532, 1537 (die aber andere Konstellationen betreffen).

[20]

Ebenso MK-AktG/Spindler § 93 Rn. 275.

[21]

So auch MK-AktG/Spindler § 93 Rn. 275; GroßKomm-AktG/Hopt § 93 Rn. 476.

[22]

Vgl. Wellhöfer/Peltzer/Müller § 3 Rn. 37.

[23]

Wellhöfer/Peltzer/Müller § 3 Rn. 52 ff.; Palandt/Heinrichs § 280 Rn. 40, § 823 Rn. 41 f.

[24]

BGHZ 46, 21; Palandt/Heinrichs § 823 Rn. 60; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 3 Rn. 53 f.

[25]

Im Ergebnis ebenso MK-AktG/Spindler § 93 Rn. 277.

[26]

Siehe auch BGHSt 47, 187, 201; BGHSt 50, 331, 335 f.; Krause NStZ 2011, 57, 64.

[27]

Vgl. hierzu MK-AktG/Drescher § 47 Rn. 260 f.

[28]

Hüffer § 309 Rn. 10; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 4 Rn. 387.

[29]

Vgl. zur deliktischen Haftung Hamann/Sigle/Potinecke § 13 Rn. 44 ff.

[30]

Vgl. insgesamt Hamann/Sigle/Potinecke § 13 Rn. 29 ff.

[31]

Vgl. auch Roth/Altmeppen Anh. § 13 Rn. 79 f.; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 11 Rn. 201.

[32]

Siehe hierzu MK-StGB/Dierlamm § 266 Rn. 233 m.w.N.

[33]

Vgl. Hamann/Sigle/Potinecke § 13 Rn. 38.

[34]

Wellhöfer/Peltzer/Müller § 11 Rn. 203; vgl. auch Hamann/Sigle/Potinecke § 13 Rn. 38.

[35]

Ausnahme bei § 317 Àbs. 3 AktG bei Insolvenz; vgl. hierzu: Roth/Altmeppen Anh. § 13 Rn. 141, 154; siehe auch Wellhöfer/Peltzer/Müller § 11 Rn. 203.

[36]

Wellhöfer/Peltzer/Müller § 11 Rn. 203.

[37]

So etwa BGHZ 65, 15.

[38]

So Flume ZIP 1996, 161 ff. m.w.N.

[39]

Vgl. insgesamt Roth/Altmeppen Anh. § 13 Rn. 140 m.w.N.; Wellhöfer/Peltzer/Müller § 11 Rn. 205.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 3. Kapitel Versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen

3. Kapitel Versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen

Inhaltsverzeichnis

I. Vorbemerkung

II. Das Deckungskonzept der D&O-Versicherung

III. Deckungsrechtliche Fragen im Rahmen der Durchführung von „Internal Investigations“

IV. Zusammenfassung

Literatur:

Baumann Versicherungsfall und zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes in der D&O-Versicherung, NZG 2010, 1366; Brand Grenzen der vorvertraglichen Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers, VersR 2009, 715; Bruck/Möller VVG – Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 2012; Goette Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers in der Rechtsprechung des BGH, DStR 1998, 1308; Günther/Spielmann Vollständige und teilweise Leistungsfreiheit nach dem VVG 2008 am Beispiel der Sachversicherung, r+s 2008, 177; Honsell Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 1999; Koch Die Rechtsstellung der Gesellschaft und des Organmitglieds in der D&O-Versicherung, GmbHR 2004, 19; ders. Das Claims-made-Prinzip in der D&O-Versicherung auf dem Prüfstand der AGB-Inhaltskontrolle, VersR 2011, 295; Lange Die D&O-Selbstbehalt-Versicherung, r + s 2010, 92; Langheid/Wandt Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 2010; Lenz/Weitzel Zur Unwirksamkeit von Anfechtungsverzichtsklauseln in der D&O-Versicherung, PHi 2012, 122, 123; Marlow/Spuhl Das neue VVG kompakt, 2010; Mayer Umfang und Grenzen der Auskunftspflicht des Versicherungsnehmers, Versicherungspraxis 2012; Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl. 2010; Römer/Langheid Versicherungsvertragsgesetz, 3. Aufl. 2012; Rüffer/Halbach/Schimikowski Versicherungsvertragsgesetz, 2. Aufl. 2011; Schirmer Zur Versicherbarkeit des Sachersatzinteresses in der Sachversicherung, ZVersWiss 1981, 637; Schramm Das Anspruchserhebungsprinzip, 2009; Schüppen/Sanna D&O-Versicherungen: Gute und schlechte Nachrichten!, ZIP 2002, 550; Schwintowski/Brömmelmeyer Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2010; Steinkühler/Kassing Das Claims-Made-Prinzip in der D&O-Versicherung und die Auslegung der Begriffe Anspruchs- sowie Klageerhebung, VersR 2009, 607; Weiberle Änderung der Antragsfragenpraxis der Versicherer in Folge der Reform des VVG, VuR 2008, 170; Graf von Westphalen Wirksamkeit des Claims-made-Prinzips in der D&O-Versicherung, VersR 2011, 145.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 3. Kapitel Versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen › I. Vorbemerkung

I. Vorbemerkung

1

Die Rechtsfragen und Rechtsfolgen, die an die moderne Terminologie von den „Internal Investigations anschließen, sind derzeit noch weitgehend ungeklärt. Auf „altdeutsch“ gesprochen handelt es sich um interne Untersuchungen innerhalb des Unternehmens, die zunächst ohne die Einschaltung staatlicher Stellen die bestehenden Missstände aber auch und insbesondere die sich aus diesen Missständen ergebenden Haftungsrisiken aufdecken sollen.[1] Interne Untersuchungen können dabei zum einen Folge eines Ereignisses sein, welches von außen auf das Unternehmen einwirkt. So haben insbesondere Hackerangriffe eine stetig steigende Bedeutung erlangt. Auch behördliche Ermittlungen, insbesondere wegen des Verdachts von Kartellverstößen, können die Notwendigkeit einer internen Untersuchung hervorrufen. Zum anderen aber können die hier angesprochenen Internal Investigations auch dann angezeigt sein, wenn das Unternehmen noch nicht Objekt von Angriffen oder behördlichen Untersuchungen ist, um präventiv eine Prüfung der bestehenden Unternehmensstrukturen vorzunehmen.

2

Die Notwendigkeit solcher Untersuchungen hat sich im Ergebnis als Reflex einer stetig strenger werdenden Judikatur und Gesetzgebung ergeben. Die Fälle Mannesmann,[2] Siemens,[3] MAN,[4] aber auch und insbesondere die in den Jahren 2014 und 2015 angestiegenen Kartellbußen[5] verdeutlichen, welche Konsequenzen sich für Unternehmen wegen der Verletzung von gesetzlichen Vorschriften ergeben können. Viele Gesellschaften sind daher präventiv dazu übergegangen, professionelle Compliance-Abteilungen zu etablieren, die eine Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sicherstellen sollen.

3

Vornehmlichste Aufgabe des Unternehmensleiters ist es nämlich, das Unternehmen so zu führen, dass dieses sich im Außenverhältnis rechtmäßig verhält und die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben eingehalten werden.[6] Besondere Bedeutung hat diese Frage in dem viel zitierten Urteil des LG München I im Falle „Siemens/Neubürger“[7] erhalten. Der Beklagte ist in diesem Urteil dafür haftbar gemacht worden, dass innerhalb des Unternehmens schwarze Kassen existierten und Bestechungsgelder gezahlt wurden. Dabei ist dem Vorstand keineswegs vorgeworfen worden, er habe von diesen Vorgängen gewusst. Vielmehr soll er sich deshalb pflichtwidrig verhalten haben, weil er keine Compliance-Organisation geschaffen hatte, die das System schwarzer Kassen verhindern konnte. Es gibt sehr starke rechtliche Argumente dafür, die Richtigkeit dieser Entscheidung in Zweifel zu ziehen.[8] Das LG München I hat jedenfalls verkannt, dass ein Unternehmensleiter nur für eigenständige Pflichtverletzungen in die Haftung genommen werden kann und das Zepter der Organisationspflicht nicht dazu dienen darf, eine Art Sippenhaftung für das Fehlverhalten von Mitarbeitern zu etablieren. Ein Vorstandsmitglied haftet also keineswegs für das Verschulden seiner Mitarbeiter. Der Vorstand ist allerdings – und insoweit ist dem LG München I beizupflichten – dazu verpflichtet, eine Organisation aufzubauen und zu unterhalten, die den Anforderung gerecht wird, wie sie in den §§ 76, 93 AktG normiert werden. Welche Anforderungen aber an eine ordnungsgemäße Unternehmensorganisation zu stellen sind, gehört bis heute zu den ungeklärtesten Fragen im Bereich der Vorstands- und Geschäftsführerhaftung und genau darauf hat das Gericht im vorgenannten Falle keine Antwort gegeben. Anerkannt ist, dass der Unternehmensleiter dafür Sorge zu tragen hat, dass Gesetzesverletzungen nach Möglichkeit überhaupt nicht auftreten oder aber sofort entdeckt werden, um etwaige Missstände beseitigen zu können.[9] Ganz sicher nicht zulässig ist es aber – und dies jedenfalls wird durch die Entscheidung des LG München I suggeriert – von dem Vorliegen einer Gesetzesverletzung auf das Vorliegen einer Organisationspflichtverletzung rückzufolgern. Nicht jedes Fehlverhalten des Unternehmens im Außenverhältnis kann also dem Vorstand angelastet werden. Die sogenannten Internal Investigations von denen der Titel dieses Werkes handelt, sind ein nahezu als unabdingbar anzusehendes Mittel, um feststellen zu lassen, ob denn der Unternehmensleiter der soeben beschriebenen Organisations- und Leitungspflicht gerecht geworden ist. Auch und gerade in Anbetracht der derzeitig mangels höchstrichterlicher Rspr. zwangsläufig bestehenden Rechtsunsicherheit, ist es allerdings wichtig, dass der Vorstand auch darüber nachdenkt, Versicherungen abzuschließen, welche die bestehenden Risiken abdecken. Dabei ist keineswegs ein einzelnes Versicherungsprodukt alleine dazu geeignet, der Komplexität der Risiken Rechnungen zu tragen. Vielmehr ergänzen sich verschiedene Versicherungsprodukte, die erst kumuliert eine umfassende Absicherung etablieren.[10] Da der D&O-Versicherung insoweit eine Schlüsselstellung zukommt, soll nachfolgend das Deckungskonzept näher beleuchtet werden.

Anmerkungen

[1]

Zu der stetigen Bedeutung solcher internen Untersuchungen vgl. etwa Budras FAZ v. 3.6.2012: „Hat man die Beamten erst einmal im Haus wird man sie schließlich nicht mehr so schnell los“.

[2]

BGH NJW 2006, 522.

[3]

BGH NJW 2009, 89.

[4]

Vgl. den Artikel auf Spiegel-Online „Kartellwächter nehmen Lkw-Hersteller ins Visier“, abrufbar unter: www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/durchsuchungen-bei-man-kartellwaechter-nehmen-lkw-hersteller-ins-visier-a-740233.html (letzter Abruf am 31.7.2012).

[5]

Das Bundeskartellamt hat unter dem 25.6.2013 neue Leitlinien erlassen.

[6]

Michalski/Haas/Ziemons § 43 Rn. 46; MK-GmbHG/Fleischer § 43 Rn. 30; Roth/Altmeppen § 43 Rn. 6; Saenger/Inhester/Lücke/Simon GmbHG, 2011, § 43 Rn. 19; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 43 Rn. 23; Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer § 93 Rn. 6; Spindler/Stilz/Fleischer § 93 Rn. 14; MK-AktG/Spindler § 93 Rn. 63; Hüffer Rn. 4; § 93 Rn. 6; GroßKomm-AktG/Hopt § 93 Rn. 98; Heidel/Landwehrmann § 93 Rn. 71; Hölters § 93 Rn. 54; Thümmel Haftung von Managern und Aufsichtsräten, Rn. 184; zum Ganzen vgl. auch Goette DStR 1998, 1308, 1309.

[7]

LG München I 10.12.2013 – 5 HK O 1387/10 = NZG 2014, 345.

[8]

Herr Neubürger hat Suizid begangen, vgl. dazu FAZ v.6.2.2015.

[9]

Henssler/Strohn/Oetker § 43 Rn. 25; Saenger/Inhester/Lücke/Simon GmbHG, 2011, § 43 Rn. 28; Schmidt/Lutter/Krieger/Sailer § 93 Rn. 6; Hölters § 93 Rn. 63 ff; MK-AktG/Spindler § 83 Rn. 82; Heidel/Landwehrmann § 93 Rn. 71.

[10]

Die D&O-Versicherung, auf die weiter unten noch einzugehen sein wird deckt als Haftpflichtversicherung dass Fehlverhalten des Unternehmensleiters; die Vertrauensschadenversicherung deckt Risiken ab, die durch das vorsätzliche Verhalten von Mitarbeitern des Unternehmens verursacht werden; andere Produkte wie die Cyber-Versicherung oder die R&W decken speziell auftretende Risiken ab.

1. Teil Ermittlungen im Unternehmen › 3. Kapitel Versicherungsrechtliche Rahmenbedingungen › II. Das Deckungskonzept der D&O-Versicherung

II. Das Deckungskonzept der D&O-Versicherung

4

Mit der D&O-Versicherung wird grundsätzlich die gesamte Reichweite organschaftlicher Haftung von Unternehmensleitern und Aufsichtsorganen versichert. Man unterscheidet insoweit zwischen Innen- und Außenhaftung.

5

Die Innenhaftung ist in § 93 AktG/§ 43 GmbHG geregelt. Danach haften Unternehmensleiter, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens als Gesamtschuldner. Für die Aufsichtsorgane trifft die Verweisungsvorschrift des § 116 AktG eine entsprechende Regelung. Man spricht in diesem Zusammenhang von Innenhaftung, weil die Haftung das Innenverhältnis zwischen Organ und Gesellschaft betrifft.

6

Von einer Außenhaftung spricht man demgegenüber dann, wenn ein Dritter – also ein Gläubiger – Schadensersatzansprüche gegen das Organmitglied erhebt. Solche Schadensersatzansprüche können entweder auf § 311 Abs. 3 BGB (sog. Sachwalterhaftung) oder – insbesondere – auf deliktische oder spezialgesetzliche Normen gestützt werden.

1. Haftpflichtversicherung und Versicherung für fremde Rechnung

7

Die Deckungskonzepte der Versicherer, die D&O-Policen anbieten, variieren hinsichtlich der Einzelheiten teilweise erheblich.[1] Gemeinsam ist allen Konzepten, dass die D&O-Versicherung als Haftpflichtversicherung in der Weise ausgestaltet wird, dass die Inanspruchnahme des Unternehmensleiters im Rahmen der Innenhaftung – also die Inanspruchnahme durch das Unternehmen selbst – den Versicherungsfall auslöst.[2] Eine Haftpflichtversicherung i.S.d. §§ 100 ff. VVG ist dadurch gekennzeichnet, dass der Haftpflichtversicherer das Risiko des Versicherten übernimmt, von einem „Dritten“ auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden.[3] Dieses typische Risiko ist auch Gegenstand der D&O-Police. Denn versichert wird danach das Organ gegen die Inanspruchnahme durch das Unternehmen (Innenhaftung) oder durch Dritte (Außenhaftung).

8

Die Besonderheit der D&O-Versicherung besteht allerdings darin, dass die Versicherung regelmäßig[4] nicht als Eigenversicherung von dem begünstigten Organ selbst abgeschlossen wird, sondern das Unternehmen als Versicherungsnehmerin die Prämien bezahlt und im Falle der Innenhaftung selbst Geschädigter ist, so dass sich Geschädigter und Versicherungsnehmer in einer Person vereinen. Deshalb ist die D&O-Versicherung gleichzeitig als Versicherung für fremde Rechnung i.S.d. §§ 43 ff. VVG einzuordnen.[5] Eine Fremdversicherung gem. § 43 VVG liegt nämlich dann vor, wenn die Versicherung von demjenigen, der den Vertrag mit dem Versicherer abschließt, im eigenen Namen für einen anderen „genommen“ wird. Diese Art der Versicherung ist also dadurch gekennzeichnet, dass der Versicherer ein fremdes Interesse versichert. Dass ist dann der Fall, wenn ohne Abschluss der Versicherung nicht der Versicherungsnehmer, sondern ein Dritter – nämlich der Versicherte – den Schaden tragen müsste.[6]

9

Diese Besonderheit ist bei der Übertragung des Haftpflichtversicherungskonzeptes auf die D&O-Versicherung zu beachten. Denn das VVG spricht regelmäßig nur vom Versicherungsnehmer, da es von dem Normalfall der Eigenversicherung ausgeht, wo Versicherungsnehmer und Versicherter identisch sind. Die einzelnen Vorschriften der §§ 100 ff. VVG erfassen allerdings bei Vorliegen einer Fremdversicherung immer auch den Versicherten, ohne dass diese meist selbstverständliche Folgerung besonders hervorgehoben wird.[7] Deshalb muss man – soweit man die §§ 100 ff. VVG zugrunde legt – den Versicherungsnehmer mit der „versicherten Person“ im Sinne der D&O-Versicherung gleichsetzen, während das Unternehmen – jedenfalls im Falle der Innenhaftung – in die Rolle des geschädigten „Dritten“ schlüpft.

10

In Ziffer 1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG), die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) als Musterbedingungen empfiehlt,[8] wird der Gegenstand der D&O-Versicherung wie folgt beschrieben:

11

Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz für den Fall, dass ein gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates, des Vorstandes oder der Geschäftsführung der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft (versicherte Personen) wegen einer bei Ausübung dieser Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts für einen Vermögensschaden von Dritten, also nicht von der Versicherungsnehmerin oder einer Tochtergesellschaft oder einer anderen versicherten Person auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird.

12

Diese Formulierung ist sachlich den allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) nachempfunden und wird in den marktüblichen D&O-Policen in der Grundkonzeption auch so übernommen.[9] Daher sind die §§ 100 ff. VVG uneingeschränkt auf die D&O-Versicherung übertragbar. Für das betroffene Organmitglied macht es nämlich keinen Unterschied, ob es von einem außenstehenden Dritten oder von dem Unternehmen gem. § 93 Abs. 2 AktG/§ 43 Abs. 2 GmbHG in Anspruch genommen wird, zumal die Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen in der Praxis regelmäßig erst dann erfolgt, wenn das Organ bereits das Unternehmen verlassen hat. Für das versicherte Organ ist es lediglich von Bedeutung, vor unberechtigten Ansprüchen geschützt zu werden und im Falle der Begründetheit der Ansprüche die Versicherungssumme hinter sich zu wissen. Deshalb ist das typische Risiko der Haftpflichtversicherung materiell auch Gegenstand der D&O-Police: Es handelt sich um das Interesse der versicherten Personen/Organe, dass ihr Privatvermögen nicht mit einer Haftpflichtverbindlichkeit belastet wird. Genau dieses Interesse ist als Gegenstand der Haftpflichtversicherung zu definieren.[10]

Žanrid ja sildid
Vanusepiirang:
0+
Objętość:
3010 lk 17 illustratsiooni
ISBN:
9783811442757
Kustija:
Õiguste omanik:
Bookwire
Allalaadimise formaat:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip