Loe raamatut: «Rechtsmedizin», lehekülg 4

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II. Tod und Leichenuntersuchung › 3. Späte Leichenveränderungen › 3.2 Tierfraß

3.2 Tierfraß

Am häufigsten ist der Fliegenmadenbefall. Bereits in der Sterbephase können die ersten Fliegeneier auf dem Körper abgelegt worden sein. Bevorzugt werden feuchte Körperstellen, wie Augenwinkel, Nasen- und Mundöffnung, aber auch offene Wunden. Durch Madenfraß können vorhanden gewesene Wunden unkenntlich gemacht oder vergrößert werden. Je nach Fliegenart und Umweltbedingungen schlüpfen die Maden (Larven) unterschiedlich schnell und zehren von der Leiche. Auf diese Weise kann in den Sommermonaten innerhalb weniger Tage eine vollständige Skelettierung eintreten. Dem Larvenstadium folgen die Verpuppung und das Schlüpfen neuer Fliegen. Den Abschluss des Generationsgangs (= Metamorphose = Gestaltwandel) zeigen die leeren Puppenhüllen an. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs dieses Gestaltwandels der einzelnen Fliegenarten und der vorgefundenen Artenzusammensetzung sind überschlägige Schätzungen der Leichenliegedauer möglich. Weiterhin können toxikologische und molekularbiologische Untersuchungen an den Leicheninsekten vorgenommen werden. Derartige Analysen erfordern eine sachkundige Asservierung der Tiere.

Auch andere Insekten, vor allem Ameisen und Käfer, sind an der Leichenzerstörung beteiligt. Darüber hinaus verursachen viele Wirbeltiere ebenfalls Fraßspuren, am häufigsten Ratten, Mäuse, Vögel, Füchse, Wildschweine, gelegentlich auch Hunde und Katzen. Sind solche Haustiere längere Zeit mit einem Verstorbenen eingesperrt, so nutzen sie den Leichnam als Nahrungsquelle. Groteske Fraßdefekte sind beobachtet worden. Bei Wasserleichen kommen neben Wassertieren die Larven der Köcherfliegen als Leichenzehrer in Betracht.

Von kriminalistischer Bedeutung ist der Tierfraß, weil eine Verwechselungsgefahr mit zu Lebzeiten entstandenen Verletzungen besteht. Hautveränderungen durch Ameisen können Würgespuren oder Verätzungen vortäuschen. Vögel verursachen Verletzungen, die mitunter an Stich- oder Schrotschusswunden erinnern. Durch Waldtiere werden gelegentlich Leichenteile abgefressen und verschleppt, sodass der Eindruck einer Leichenzerstückelung entsteht. Entscheidend für die richtige Einordnung von Verletzungen als Tierfraß ist es, von vornherein an diese Möglichkeit der Leichenzerstörung zu denken.

II. Tod und Leichenuntersuchung › 3. Späte Leichenveränderungen › 3.3 Konservierende Leichenveränderungen

3.3 Konservierende Leichenveränderungen

Eine natürliche Leichenkonservierung durch Mumifikation tritt dann ein, wenn die Austrocknung des Körpers schneller voranschreitet als die Leichenzersetzung durch Fäulnis. Diese Situation ist bei mageren Leichen in trockenem, luftigem Milieu gegeben. Einer Mitwirkung von Giften, Strahlen und Bakterien bedarf es nicht.

Bereits kurze Zeit nach dem Tod sind die ersten Vertrocknungserscheinungen an den Hornhäuten der Augen, am Lippenrot und an zarten Hautpartien wie Hodensack, Vorhaut und Schamlippen zu beobachten. Der Flüssigkeitsverlust der Gesichtshaut lässt die Bartstoppeln deutlich hervortreten, wie auch das Eintrocknen der Finger- und Zehenkuppen die Nägel länger erscheinen lässt. Weder Barthaare noch Nägel wachsen nach dem Tod weiter.

Mit zunehmender Mumifizierung nimmt die Haut eine braune Farbe und eine lederartig derbe Beschaffenheit an. Auch die Weichteile schrumpfen, sodass sich Muskel- und Sehnenstränge deutlich sichtbar unter der Haut abzeichnen. Insgesamt verringert sich durch den Wasserverlust das Körpergewicht erheblich. Eine Veränderung der Haarfarbe ist möglich. Am häufigsten entsteht ein rötlicher Farbton.

Mumifizierte Leichen sind in unseren Breiten am ehesten auf zugigen Dachböden, in Schuppen und Scheunen, in trockenen Gewölben und Grüften oder im Freien (im Wald Erhängte) zu erwarten. Eine vollständige Mumifikation erfordert einen längeren Zeitraum, mindestens mehrere Wochen. Häufiger sind Teilmumifizierungen, bei denen ein Mischbild verschiedener Leichenveränderungen vorliegt.

Gelangt eine auf natürliche Weise mumifizierte Leiche in ein feuchtes Milieu, quellen die Weichteile auf. Dadurch kann eine kürzere Leichenliegezeit vorgetäuscht werden.

Die kriminalistische Bedeutung der Mumifikation liegt darin begründet, dass


äußere Konturen erhalten bleiben und dadurch eine Identifizierung erleichtert werden kann,
bestimmte Verletzungen wie Strangfurchen, Stich-, Schnitt-, Hieb- und Schusswunden konserviert werden und
eine längere Liegezeit der Leiche angenommen werden muss.

Unter Fettwachsbildung versteht man eine Umwandlung der Weichteile, beginnend mit dem Körperfett, in eine grau-weiße, körnige, zuerst feucht-pastenartige, später trocken-gipsähnliche Masse mit ranzig-erdigem Geruch. Das Fettwachs (Adipocire) entsteht durch hydrolytische Spaltung des Körperfetts in Glycerol und Fettsäuren. Notwendige Bedingungen sind feuchtes Milieu, Luftabschluss und die Mitwirkung bestimmter Bakterien.

Die gebräuchliche Bezeichnung Fettwachs hat sich als chemisch falsch erwiesen. Das Umwandlungsprodukt enthält kaum Fett und kein Wachs, sondern besteht hauptsächlich aus gesättigten höheren Fettsäuren (vor allem Palmitin- und Stearinsäure). Es wird besser als Leichenlipid bezeichnet.

Bei Wasserleichen kann Fettwachs bereits nach wenigen Wochen auftreten, während es sich im feuchten Erdgrab erst im Laufe vieler Monate entwickelt. Die Fettwachsbildung zählt wie die Mumifizierung zu den konservierenden Leichenveränderungen. Daraus leitet sich dieselbe kriminalistische Bedeutung ab.

Wird ein Verstorbener alsbald nach dem Tod eingefroren, führt das ebenfalls zu einer Konservierung. Solche Eisleichen können unter natürlichen Bedingungen während Frostperioden, in Gletscherregionen und in Polargebieten entstehen.

Von Tätern wird der Konservierungseffekt des Einfrierens genutzt, um eine Leiche oder Leichenteile wenigstens zeitweilig beiseitezuschaffen.

Eine sog. Faulleichenkonservierung tritt ein, wenn sich der Leichnam oder Leichenteile längere Zeit in einer luft- und wasserdichten Umhüllung (z. B. Plastiksack, Folie, Beton) befinden. Unter diesen Bedingungen setzen die mikrobiellen Abbauprozesse zwar ein, kommen jedoch bald durch die Anhäufung von Stoffwechselendprodukten zum Stillstand.

Die Konservierung von Leichen im Moor wird durch Humin- und Gerbsäuren bestimmt. Begünstigende Bedingungen sind Kälte und Luftabschluss. Die einzelnen Körpergewebe unterliegen unterschiedlichen Veränderungen: Die Haut wird gegerbt, die Weichteile und die inneren Organe verwesen, die Knochen werden entkalkt und dadurch biegsam, färben sich schwarz und erinnern an Hartgummi.

Erfahrungsgemäß haben Moorleichen in der weitaus größten Anzahl der Fälle eine archäologische Bedeutung, doch ist eine kriminalistische Relevanz nicht von vornherein auszuschließen.

Durch Einwirkung von Salz in fester oder gelöster Form können Salzleichen entstehen (z. B. Tod im Salzbergwerk oder im Solebecken). Entscheidend ist der Wasserentzug des Körpers durch den hygroskopischen Effekt vieler Salze, am ehesten vergleichbar mit dem Pökeln.

Ergänzend soll die künstliche Leichenkonservierung erwähnt werden. Am bekanntesten sind die Balsamierungsrituale im alten Ägypten, aber auch heute noch werden durch verschiedene physikalische und chemische Verfahren (z. B. Tieffrieren, Paraffin- und Formalindurchtränkung, Plastination) Leichen und Leichenteile haltbar gemacht. Das kann erforderlich sein zur Aufbewahrung bei unklarer Identität, zur Überführung in andere Staaten oder für medizinische Präparatesammlungen.

II. Tod und Leichenuntersuchung › 4. Ärztliche Leichenschau

4. Ärztliche Leichenschau

Die ärztliche Leichenschau ist durch landesrechtliche Bestimmungen geregelt. Folglich gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsvorschriften zum Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen. Nachfolgend kann nur eine länderübergreifende Darstellung grundlegender Aspekte der ärztlichen Leichenschau gegeben werden, wobei auf die wichtigsten Ausnahmen hingewiesen wird. Für Detailfragen sind unbedingt die gesetzlichen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes zu beachten.

Mit den Bestimmungen zur Leichenschau verfolgt der Gesetzgeber mehrere Ziele:


Verhütung irrtümlicher Todesfeststellung (Feststellung des Todes durch einen Arzt),
Medizinalstatistik (Häufigkeit der einzelnen Todesursachen als Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen),
Seuchenbekämpfung (Anzeigepflicht bei bestimmten Erkrankungen im Todesfall),
Rechtsinteressen (Erkennung polizeilich bzw. rechtlich relevanter Todesfälle).

Nach den Landesgesetzen muss in jedem Sterbefall ein Arzt eine Leichenschau durchführen und darüber eine ärztliche Bescheinigung ausstellen. Eine Ausnahme bildet Schleswig-Holstein. Dort darf auf einigen Inseln und Halligen auch eine andere geeignete Person zur Vornahme der Leichenschau ermächtigt werden.

Die obligatorische ärztliche Leichenschau wird gelegentlich auch als allgemeine Leichenschau bezeichnet. Um deren Ergebnis zu dokumentieren, werden Formulare verwendet, die unterschiedlich gestaltet sind. Diese Vordrucke können – je nach Bundesland – Todesbescheinigung, Leichenschauschein oder Totenschein heißen.

Die ausgefüllten Formulare müssen auf dem Standesamt zur Beurkundung des Sterbefalles vorgelegt werden. Erst danach darf die Bestattung erfolgen. Jede Leiche muss an einem dafür vorgesehenen Ort bestattet werden.

In allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern ist vor einer Feuerbestattung, bei der die Leiche verbrannt und die Asche meist in einer Urne beigesetzt wird, eine zweite (amtsärztliche) Leichenschau erforderlich. Eine solche Leichennachschau dient der Feststellung von Kennzeichen eines nichtnatürlichen Todes und zur Freigabe für die Einäscherung.

Die landesrechtlichen Regelungen verpflichten den Leichenschauarzt zu folgenden Feststellungen:


Tod,
Todeszeitpunkt,
Todesursache,
Todesart (natürlicher oder nichtnatürlicher Tod),
Personalien.

Darüber hinaus unterliegt der Leichenschauarzt bestimmten Meldepflichten.

Die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin hat „Regeln zur Durchführung der ärztlichen Leichenschau“ erarbeitet, die als Leitlinien für Ärzte veröffentlicht sind.[1]

Anmerkungen

[1]

AWMF-Leitlinien-Register, Nr. 054/002.

II. Tod und Leichenuntersuchung › 4. Ärztliche Leichenschau › 4.1 Feststellung des Todes

4.1 Feststellung des Todes

Rechtlich darf erst nach ärztlicher Diagnose und Bescheinigung des Todes von einer Leiche gesprochen werden. Nach medizinischer Auffassung gilt als Leiche der Körper eines Gestorbenen, gekennzeichnet durch Leichenerscheinungen. Juristischer Ansicht zufolge ist eine Leiche der Körper eines toten Menschen oder totgeborenen Kindes, solange er noch nicht zerfallen oder noch nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs geworden ist (etwa Leichen oder Leichenteile für den Anatomieunterricht im Medizinstudium).

Bei Neugeborenen unterscheidet man zwischen


Lebendgeborenen und
Totgeborenen.

Als lebendgeboren gilt ein Kind, wenn nach der Trennung vom Mutterleib entweder das Herz geschlagen, die natürliche Lungenatmung eingesetzt oder die Nabelschnur pulsiert hat, unabhängig von Länge und Gewicht des Kindes oder von der Dauer der Schwangerschaft. Wenn ein Lebendgeborenes verstirbt, gilt es rechtlich generell als Leiche.

Ein Kind ist totgeboren, wenn es nach der Trennung vom Mutterleib keines der maßgeblichen Zeichen eines Lebendgeborenen und ein Gewicht von mindestens 500 g aufweist. Unter dieser Voraussetzung gilt auch ein Totgeborenes rechtlich als Leiche. Demnach gilt nicht als Leiche eine Leibesfrucht unter 500 g Körpergewicht. Sie wird als Fehlgeburt, Frühgeburt oder Abort bezeichnet.

Die Feststellung des Todes ist dem Arzt als Aufgabe zugewiesen, weil dazu meist medizinische Kenntnisse erforderlich sind. Bei Eintreffen am Fundort hat sich der Arzt unverzüglich davon zu überzeugen, ob die Person noch lebt oder tot ist. Wenn keine sicheren Todeszeichen vorhanden sind, müssen Reanimationsmaßnahmen eingeleitet werden. Andernfalls kann der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung erhoben werden.

Die Forderung der Todesfeststellung wird durch den Nachweis sicherer Todeszeichen erfüllt. Im Allgemeinen sind frühestens 15 bis 20 Minuten nach dem Todeseintritt die ersten Totenflecke zu erwarten, Totenstarre und Fäulnis folgen erst deutlich später. Diese Leichenerscheinungen sind zuverlässige Kriterien für die sichere Feststellung des Todes. Das gilt ebenfalls für offensichtlich nicht mit dem Leben vereinbare Verletzungen, wie vollständige Schädelzertrümmerung, Abtrennung des Kopfes oder Rumpfdurchtrennung.

Zur Dokumentation des ärztlich festgestellten Todes finden sich auf einigen Todesbescheinigungen als ankreuzbare Kästchen folgende sichere Zeichen des Todes:


Totenflecke,
Totenstarre,
Fäulnis,
Verletzungen, die nicht mit dem Leben vereinbar sind,
Hirntod.

Es wird gefordert, dass vor dem Ausstellen der Todesbescheinigung mindestens eines der sicheren Todeszeichen deutlich ausgeprägt ist. Hält sich der Arzt konsequent an diese Forderung, besteht keine Gefahr, einen Lebenden für tot zu erklären. Zu beachten ist dabei, dass eine Kältestarre nicht als Totenstarre fehlgedeutet werden darf.

In einigen Bundesländern sind Ärzte im Rettungsdienst von ihrer Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Leichenschau befreit. Ihre Pflicht beschränkt sich auf die Feststellung des Todes. Länderabhängig ist vom Notarzt außerdem eine Vorläufige Todesbescheinigung auszustellen. Bei Anhaltspunkten für einen nichtnatürlichen Tod hat auch der Notarzt sofort die Polizei zu informieren.

Bis in die Gegenwart wird immer wieder über die irrtümliche Ausstellung von Todesbescheinigungen in der Fachpresse wie auch in den Massenmedien berichtet. Diese Fälle sind insgesamt selten und ausnahmslos auf eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht zurückzuführen. Erfahrene Ermittlungsbeamte kennen aus der Praxis genügend Beispiele, bei denen der Leichenschauarzt nur einen flüchtigen Blick auf die leblose Person wirft und keine Untersuchung vornimmt. Ebenso kommt es vor, dass die Todesbescheinigung nach den Auskünften der Angehörigen ausgestellt wird, ohne die im Nebenzimmer liegende Person untersucht zu haben. Selbst aufgrund telefonischer Benachrichtigung entstanden schon Todesbescheinigungen.

Unter bestimmten Bedingungen können alle Lebenserscheinungen auf ein Minimum reduziert sein. Äußerlich lassen sich in solchen Fällen Atmung, Puls, Körperwärme und Reflexe kaum wahrnehmen, und es besteht eine tiefe, unter Umständen langdauernde Bewusstlosigkeit. Für diesen Zustand, bei dem die Unterscheidung zwischen Leben und Tod außerordentlich erschwert ist, wurde der Begriff Scheintod geprägt. Gelingt durch geeignete Behandlungsmaßnahmen die volle Wiederherstellung aller Lebensfunktionen, bedeutet das nicht die Erweckung eines Toten, sondern eines tief Bewusstlosen. Die medizinischen Fachausdrücke Vita reducta und Vita minima besagen, dass es sich um einen auf das Äußerste verminderten Zustand des Lebens handelt. Zur Feststellung von Lebenszeichen in solchen Fällen sind apparative Untersuchungen, wie Ableitung von Hirn- und Herzströmen, notwendig.

Die wichtigsten Ursachen für eine Vita minima werden unter der Buchstabenfolge A – E – I – O – U zusammengefasst. Dabei bedeuten:


A = Alkoholvergiftung, Anoxie (Sauerstoffmangel), Anämie (Blutarmut).
E = Epilepsie, Ertrinken, Elektrizität, auch Blitzschlag.
I = Injury of head (Schädel-Hirn-Trauma).
O = Opium, gemeint Drogen- und Medikamentenvergiftungen.
U = Urämie (Harnvergiftung durch Nierenversagen) und andere komatöse Zustände (Koma = Zustand tiefer Bewusstlosigkeit), Unterkühlung.

Bestimmte Zeichen berechtigen weder einzeln noch kombiniert zur Feststellung des Todes. Das sind


Abkühlung (nicht gleichzusetzen mit Leichenkälte),
Muskelschlaffheit,
Hautblässe,
Reaktionslosigkeit der Pupillen,
Reflexlosigkeit,
Pulslosigkeit und
Atemstillstand.

Diese Erscheinungen werden unsichere Zeichen des Todes genannt.

Durch sog. Lebensproben wollte man früher die Beweiskraft der unsicheren Todeszeichen erhöhen. Um den Atemstillstand nachzuweisen, wurde empfohlen, einen Spiegel vor Mund und Nase zu halten. Blieb ein Beschlagen aus, so meinte man damit den Beweis für den Atemstillstand erbracht zu haben. Zum selben Zweck wurde eine Feder vorgehalten, Seifenschaum aufgebracht oder ein randvoll gefülltes Wasserglas auf den Brustkorb gestellt. Das Erliegen der Herz-Kreislauf-Funktion sollte beispielsweise durch die Siegellackprobe festgestellt werden. Man tropfte heißen Siegellack auf die Haut und beobachtete, ob sich eine Hautrötung entwickelte. Wegen der Gefahr, dass eine Vita minima nicht erkannt wird, sind die genannten Lebensproben zur zweifelsfreien Feststellung des Todes unbrauchbar.

Die Angst vor dem Lebendig-Begrabenwerden im Zustand des Scheintodes resultierte nicht zuletzt aus der Fehldeutung von Leichenerscheinungen:


Der Tote „schwitzt“ – in Wirklichkeit Kondenswasser auf der abgekühlten Leiche,
die Lage der Leiche verändert sich – in Wirklichkeit verursacht durch Eintreten und Lösen der Totenstarre, später durch Fäulnis,
„Totenlaute“ (Stöhnen oder Seufzer) sind zu hören – in Wirklichkeit eine Leichenerscheinung, bedingt durch das Hochdrücken des Zwerchfells infolge Fäulnisgasansammlung im Bauchraum mit Entweichen von Luft durch die Stimmritze,
die Aufrichtung des männlichen Gliedes – in Wirklichkeit Fäulnisgasansammlung im Gewebe der äußeren Geschlechtsorgane,
die Leiche lässt eine „ganz frische Haut“ und „neue Nägel“ erkennen – in Wirklichkeit Ablösung der Oberhaut zusammen mit den Nägeln infolge Fäulnis, sodass die rosig und feucht wirkende Lederhaut bzw. die Nagelbetten frei liegen,
eine verstorbene Schwangere „gebärt“ im Sarg ihr Kind – in Wirklichkeit kommt eine sog. Sarggeburt durch einen starken Fäulnisgasdruck im Bauchraum zustande, der ebenso einen Kotabgang an der Leiche bewirken kann.

Bei Exhumierungen festgestellte Lageveränderungen der Leiche im Sarg sind zwanglos durch Umkippen oder Herunterstürzen bei unsachgemäßem Transport zu erklären.

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