Das große Still-Kompendium

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Seine sonore Stimme, geübt durch das Herumkommandieren der Schwarzen, wenn er sie durch die Gegend scheuchte, war kaum verhallt, als eine große Basstrommel mit lautem ‚Bumm, bumm, bumm!‘ ertönte und die Pfeifen gellend durch die Luft schrillten.

„Was zur Hle ist das?“ brüllte Richter Elmore.

„Das ist die Musik der Kavallerie des Herrn, die uns helfen wird, die Fesseln jedes Sklaven zu zerschlagen!“

In diesem Moment kam der Kopf von Jim Lanes 700 Mann starker Truppe über den Hügel. Die Fahnen flogen und die Trommeln dröhnten. Richter Elmore, Oberst Young und deren Gefolgsleute begannen zu rennen. Ich rief ihnen zu, stehen zu bleiben.

„Wir haben Angst vor einem Angriff der verrückten Yankees“, gaben sie zurück.

„Es besteht keinerlei Gefahr“, antwortete ich. „Wir sind Freistaatler und als einer der Anführer werde ich dafür sorgen, dass ihr geschützt seid und Euch kein Haar gekrümmt werden wird.“

Aber ihre Beine hatten die Kontrolle über ihre Körper gewonnen und ich konnte sie nicht überzeugen. Sie liefen davon.

Wir sammelten uns und legten einen vorübergehenden Plan fest. In dieser Nacht machten sich die Freistaatler und einige Freunde, insgesamt 300 Mann, auf zu einer konstituierenden Sitzung der Sklavereibefürworter. Die Versammlung fand in einer 700 Personen fassenden Halle statt, in der wir die hinteren Reihen einnahmen. Obwohl jeder von uns mit einem oder zwei Revolvern bewaffnet war, hatten wir uns vorgenommen friedlich zu bleiben, sofern wir nicht belästigt wurden. Die Sklavereifreunde waren sehr ruhig und ihr Verfahren ordentlich. Wir hörten ihnen etwa 30 Minuten zu, als einer von ihnen Schimpftiraden über uns losließ, uns als Söhne weiblicher Hunde und begleitend mit allerlei schwefelhaltigen Adjektiven titulierte. In diesem Moment war das Maß mehr als voll; es lief über. Hauptmann Walker aus unseren Reihen sprang auf und gellte:

„Das nimmst Du vert noch mal zurück!“

Ich sah mich um und fand zu meiner Überraschung mit meinem eigenen 500 weitere Revolver gezückt, die, vom Vorsitzenden angefangen, jeden Tropfen Sklaventreiberblut in diesem Haus abdeckten. Dieser sprang auf und schlug mit seinem Hammer auf das Pult.

„Um Gottes Willen nicht schießen! Der Mann ist betrunken und weiß nicht, was er tut!“ Hauptmann Walker gab zurück:

„Dann schmeißt ihn raus und tut das Gt verschnell oder ich befehle den anderen zu schießen und nicht aufzuhören, bis das letzte dreckige Sklaventreiberschimpfwort tot und aus dem Fenster gestoßen ist und in der He schmort. Wir sind nicht hier, um uns so was anzuhören.“

In wenigen Sekunden hatten vier Männer den Betrunkenen an Armen und Beinen gepackt und brachten ihn hinaus. Hauptmann Walker richtete sich daraufhin an den Vorsitzenden und fragte ihn, ob es wahr sei, dass wir den Ärger begonnen hätten.

„Nein! Sie haben sich wie Gentlemen verhalten“, war die Antwort.

„Nun, Herr Vorsitzender, ich möchte, dass Sie über uns berichten. Wenn ich erfahre, dass Sie nicht mit ihrer Unterschrift diesen Bericht über uns bestätigen, werde ich Sie umbringen, Sie Gt verder Kerl!“

Als sich die gesetzgebende Versammlung am nächsten Morgen konstituierte, hatten wir keine Gegenstimmen und damit unser Ziel erreicht. Wir vertagten ein weiteres Treffen und beschlossen uns in Lawrence zu treffen. Im März 1858 hatten wir am Ende unserer Beratungen ein völlig neues territoriales Gesetz (außer dem Teil, der Urkunden und Heiraten betraf), das dankbar angenommen und friedlich eingehalten wurde.

Ich kehrte zurück nach Hause, um weiter Medizin zu praktizieren und Brennholz zu sägen. Dies war neben meinem Engagement in der gesetzgebenden Versammlung bis 1860 meine Beschäftigung. Im Herbst des Jahres wählten wir Abraham Lincoln, um dem kommenden Konflikt zwischen Sklaverei und Freiheit nicht nur in Kansas, sondern in ganz Nordamerika zu lösen.19 Dann begann der Krieg. Er dauerte an, bis Lincoln seine Feder in die Tinte tauchte und jene goldenen Worte schrieb: „Für immer frei, unabhängig von Farbe oder Rasse.“ Und ich möchte hinzufügen: unabhängig vom Geschlecht. Als der Rebellionskrieg gegen Gesetz und Autorität der Vereinigten Staaten erklärt wurde, begegnete ich einer weiteren Bewegung, die durch Trennung des Territoriums die damit verbundene Ausbreitung von Sklaverei und Analphabetentum erreichen wollte. Wenn irgendeine politische Partei in anderen Staaten erfolglos in einer Wahl war, sollte diese Aufteilung des Landes in eine ‚nördlich-südliche‘, östliche, westliche und mittlere südliche Konföderation als Beispiel dienen. Dann die östliche, mittlere und westliche nördliche Konföderation. So bekommt man sechs Staaten zankender Narren, die alles ruinieren würden, was unsere Vorväter uns unter dem beschworenen Versprechen, es bis ans Ende aller Zeiten nicht zu zerstören, überlassen hatten. Lincoln sagte:

„Ich werde das Versprechen halten. Wer will mir helfen?“

Mit einem Aufschrei antworteten die loyalen Legionen „Ich!“

Der Krieg kam mit aller teuflischen Wut über uns und Ströme von Blut flossen so lange, bis über eine Million Menschen fielen und nie wieder aufstanden.

KAPITEL V

Ich schreibe mich in der Kompanie F der Freiwilligen der 9. Kavallerie ein – Unsere Mission – In Kansas City – Die Verfolgung von Price – Die Armee in Spring field – Vereinte Rache an den Partisanen – Hauptmann der Kompanie D der 18. Kansas Miliz – Major der 21. Kansas Miliz – An der Grenze zu Missouri – Der Kampf mit Joe Shelby – Die Osteopathie in Gefahr – Den Tod unter der Flagge des Waffenstillstandes begraben – Das Regiment erlebt eine Überraschung

Im September 1861 schrieb ich mich in Fort Leavenworth in die neunte Kavallerie, genauer gesagt, in die Kompanie von Hauptmann T. J. Mewhinne ein. Das Regiment bestand hauptsächlich aus Männern aus Kansas, die dort in der Auseinandersetzung um die Sklaverei bereits ihre Feuertaufe erhalten hatten. Gleich nach der Einschreibung bezogen wir unsere Kleidung und unsere Ausrüstung. Wir wussten, was wir taten und waren ausgezogen, einen sehr ernsten und erfolgreichen Kampf zu führen. Von Leavenworth aus wurden wir nach Kansas City beordert, um unsere Ausrüstung zu komplettieren, uns in die Brigade von James H. Lane einzugliedern und die Westarmee zu organisieren. Nach kurzer Zeit bekamen wir Marschbefehl nach Springfield. Wir verließen Kansas City am Tag, als Mulligan Lexington an General Price verlor. Jede Nacht kampierten wir dort, wo vorher Price genächtigt hatte, bis wir auf diese Weise Springfield erreichten. Während jenes Marsches schien die Rebellenarmee zu wissen, dass sie Verfolger im Rücken hatte. Obwohl wir während des Marsches nicht in Sichtweite der Konföderierten gelangten, sammelten wir viele der Flaggen ein, die Price zuvor in die Brise gepflanzt hatte. In Pleasant Hill, Greenfield und auch an anderen Stellen wurden die Sterne und Balken eingeholt, um den Sternen und Streifen Platz zu machen.

Viele loyale Herzen, die während Prices Durchmarsch geflüchtet waren, kamen aus den Wäldern und Gebüschen, um sich uns anzuschließen und unsere Zahl zu vergrößern. Unsere Brigade war beim Erreichen von Springfield um einiges größer als bei unserem Auszug aus Kansas City. Wir erreichten Springfield kurz bevor General Fremont vom Kommando der Westarmee abgezogen wurde. Die Armee in Springfield umfasste ungefähr 120.000 Mann, und eine 400 Meter lange Artillerie säumte die Ost- und die Westseite eines 40 Hektar großen Feldes.

Wir blieben etwa bis zum 1. November in Springfield. Anschließend wurden wir ins Fort Scott abkommandiert, daraufhin zu verschiedenen Stellen entlang der Grenze von Missouri, bis wir schließlich Harrisonville erreichten, wo wir Winterquartier bezogen. Während des Winters wurden wir regelmäßig von Heckenschützen belästigt, die nicht nur unseren Soldaten auflauerten und sie erschossen, sondern auch loyale Zivilisten nicht verschonten. Diese Partisanen sorgten für eine derartige Verstimmung, dass die Colorado Brigade unter Oberst Ford, dem wir zugeteilt waren, auszog, um Rache am Feind zu nehmen. Die Colorado Truppe bestand aus Kavallerie, und in Truppen von 20 Mann reinigten sie das Land von Kansas City bis an den Osage Fluss. Mir wurde berichtet, dass sie 700 Mann in 11 Tagen töteten. Ich zählte 62 frische Gräber auf einem Friedhof nahe Harrisonville. Eine Zeit lang danach gab es keine weiteren Belästigungen durch Partisanen mehr.

Am ersten April 1862 wurde das dritte Bataillon der neunten Kavallerie von Kansas aufgelöst und man entließ mich aus dem Dienst.

Ich ging nach Hause, organisierte die Miliz in Kansas und am 15. Mai 1862 wurde ich zum Hauptmann der Kompanie D der 18. Miliz von Kansas ernannt. Ich erhielt die Order meine Leute einmal die Woche auszubilden und den so genannten Alten Santa Fe Trail zu kontrollieren, der von Kansas City ins alte Mexiko führte. Mein Revier erstreckte sich von Ost nach West durch Douglas County. Ich führte die Ausbildung fort, bis ich zur Neuorganisation des 18. Regiments, dessen Major ich werden sollte, abgestellt wurde.

Einige Monate darauf kam ein weiterer Befehl, sich mit einigen anderen Bataillonen zu vereinigen. Dazu wurde ich verlegt und gleichzeitig zum Major der 21. Kansas Miliz ernannt. Ich versah diesen Dienst bis Herbst 1864, als General Curtis am 10. Oktober an die Frontlinie zwischen Missouri und Kansas berufen wurde, um General Price zu bekämpfen, der früh am Morgen in Kansas City oder Independence erwartet wurde.

Milizen wurden von Kansas eilig so lange an die Grenzen beordert, bis sie eine Stärke von 27.000 Mann erreicht hatten. Einschließlich General Tottens Armee zählten wir insgesamt 35.000. Wir wurden südlich von Westport stationiert und bildeten eine 16 Kilometer lange Schlachtlinie. Am Donnerstag und Freitag, dem 22. bzw. 23. Oktober tobten bei Lexington und Independence heftige Kämpfe.

 

Am Morgen des 24. Oktober wandte Price sich nach Westen, formierte seine Leute und eröffnete die Schlacht über eine Strecke von 10 Kilometer von Westport aus südlich in Richtung Little Blue. Der Angriff war vehement, und wir bekämpften die Truppen Joe Shelbys, Quantrells und vieler anderer Kommandanten.

Gegen vier Uhr am Samstag, dem 24. Oktober wütete der Kampf entlang der ganzen Linie, von Westport bis nach Little Blue, wo die 21. Kansas Miliz stationiert war. Da er sich östlich der Linie befand, hielt uns Joe Shelby für Eindringlinge und gab seiner Überzeugung mit Kugelhageln Ausdruck. Wir empfanden dies als eine unzivile Art auf Besuch kommende Nachbarn zu behandeln und antworteten ihm mit ebenso heißem Feuer. Die 21. Kansas Miliz hielt, umgeben von Feuer Rauch und Blut, tapfer stand. Ich dachte an die gute alte Ermahnung der Schrift, das ‚Geben seliger als Nehmen‘20 sei und sagte den Jungs, dass sie ihr Bestes geben sollten. So gaben wir ihnen 42 Runden. Dabei bekamen sie nicht nur eine einzige Belohnung, sondern jeder erhielt sogar eine persönliche Belohnung.

In der heißesten Phase des Kampfes durchschlug eine Kugel die Klappen meines Rockes und riss ein Paar Handschuhe mit, die ich dort hineingesteckt hatte. Eine weitere Kugel durchschlug den Rücken meiner Jacke genau über den Knöpfen und hinterließ einen 15 Zentimeter voneinander entfernten Ein- und Austritt. Hätten die Rebellen gewusst, wie nahe sie daran waren die Osteopathie zu erschießen, wären sie vielleicht nicht so sorglos gewesen.

In diesem Kampf ritt ich auf demselben Maultier, das mich schon in Kansas über den Balken getragen hatte. Die Reaktionen dieser Kreatur auf die dicksten Kugelhagel waren äußerst amüsant. Sie schien den Eindruck zu haben, es handele sich lediglich um Stechfliegen, während ich ziemlich überzeugt davon war, dass es sich um Bleikugeln handelte.

Es gab einige eigenartige Ereignisse während dieser Auseinandersetzungen. Einige Jungs fielen auf die Knie und beteten zum Herrn um Rettung. Unter solchen Umständen hielt ich es allerdings für besser, die Andacht zu unterbrechen und den Feind, der uns mit Blei überschüttete, direkt in der Frontlinie zu bekämpfen. Ich sprang von meinem Maultier, stellte mich direkt hinter die Soldaten und brach das Gebet ab. Sie schlossen auf und hielten sich während des gesamten Kampfes wacker.

Wir hielten die Stellung, bis Prices Kräfte sich zurückzuziehen begannen. Sie ließen 52 tote Männer und 127 Pferde zurück, die uns in die Hände fielen. Kurz nach Abzug des Feindes legte die Nacht ihren freundlichen Mantel über die Szene und verbarg den Schrecken des Krieges vor unseren Augen. Unser Regiment marschierte drei Kilometer Richtung Westen, dann sechs nach Norden, einen nach Osten und erreichte so das Camp von Shawneetown. Um sechs Uhr am kommenden Morgen eröffnete die Artillerie unter General Totten das Feuer auf Westport. Über 10 oder 13 Kilometer südlich fielen 28 Stellungen mit kleinen Waffen in diesen Chor ein, der einen höllischen Krach entlang der ganzen Linie machte. Das schwere Feuer hielt bis etwa acht Uhr an, als General Price begann, sich Richtung Süden zurückzuziehen. Wir folgten ihm über eine Strecke von 144 Kilometer, während derer wir immer wieder in Scharmützel verwickelt wurden, 28 Kanonen eroberten und schließlich fast vor Fort Scott standen.

An dieser Stelle beschlossen wir Price nicht länger zu eskortieren und überließen ihn sich selbst. Da wir stattdessen den konföderierten General Marmaduke in schlechter Gesellschaft vorfanden, luden wir ihn ein, uns nach Hause zu begleiten und da wir darauf vorbereitet waren, auf unserer Forderung zu bestehen, stimmte er widerwillig zu. Er hatte anscheinend doch noch einen Hang zu den ‚Sterne und Balken‘.

Nach dem Rückzug von Price verstummten die Waffen für einige Zeit. Sie hatten bereits ganze 32 Kilometer zurückgelegt, als das Feuer erneut begann.

Dem Feind wurde erlaubt seine Toten zu begraben und bald darauf trafen 140 unserer tapferen Feinde mit der Fahne des Waffenstillstandes, die wir immer respektierten, in unserem Lager ein. Ich forderte den Hauptmann und seine Leute auf abzusitzen und die Waffen niederzulegen, was sie befolgten. Daraufhin sollte der Befehlshaber seine Leute vor mir in einer Reihe formieren und ich ließ eine Wache für ihre Waffen abkommandieren. Ich wandte mich an den Hauptmann:

„Na, wie wär’s mit einem Happen?“

„Auf jeden Fall, Major“, gab er zur Antwort. Dann sagte ich so ernst, wie es mir möglich war:

„Ich möchte Sie bitten mir fünf Minuten zuzuhören, was ich zu sagen habe und ich möchte nicht einen Muskel zucken sehen, bis ich fertig bin!“

Dann schilderte ich den Schrecken des Krieges und die extremen Maßnahmen, die manchmal vonnöten sind. Ich erwähnte, dass die Rebellen viele unserer Männer erschossen hatten. Obgleich sie unter der Flagge des Waffenstillstandes zu uns gekommen wären, gedächte ich sie und ihren Hauptmann zu erschießen. Im selben Moment erbleichten alle Wangen und ihr Atem ging schnell. Einige waren kurz davor etwas zu erwidern, als ich mit den Worten schloss:

„Ich meine, ich werde Euch allen das Maul stopfen mit Essen und Kaffee, da ich alle Eure Sorgen in Freude verwandeln möchte.21 Rührt Euch, geht zum Kommissionär und schlagt Euch die Bäuche voll!“

Der Hauptmann und seine Offiziere schlugen mir freundlich auf die Schulter und bedauerten, dass der Krieg uns zu Feinden gemacht hatte (die wir doch eigentlich aufgrund des Naturrechts Freunde sein sollten). Sie drückten ihre Hoffnung aus, der Friedensengel möge bald seine weißen Flügel über unserem geliebten Land ausbreiten. Die Rebellen genossen das Mahl offensichtlich, und ohne Zweifel war es für sie das erste gute Essen seit Tagen.

Nachdem wir, wie bereits erwähnt, Price über 144 Kilometer verfolgt hatten, zogen wir in Kansas auf der Höhe von De Soto ein. Am Dienstagmorgen, dem 27. Oktober 1864 bekam ich den Befehl das 21. Regiment aufzulösen und heimzugehen. Ich behielt diesen Befehl für mich und beschloss mir auf Kosten meiner Jungs einen kleinen Scherz zu erlauben und ihren Mut zu testen.

Ich ließ das ganze Regiment in Reihe Aufstellung nehmen und hielt eine Rede, in welcher ich von einem langen Marsch und aussichtslosem Kampf sprach, den wir noch vor uns hätten. Ich betonte, dass ich von niemandem, der nicht bei seinen vollen Kräften sei, verlange, diesen schweren Marsch auf sich zu nehmen und in einen schrecklichen Kampf verwickelt zu werden. Falls sich jemand zu krank fühle, matt oder zu schwach, uns zu begleiten oder irgendeinen anderen Grund hätte, diese Torturen nicht zu ertragen, der wäre auch nicht gezwungen uns zu begleiten. Alle, die freiwillig mit mir durch alle Kämpfe und Gefahren gehen wollen, sollten sechs Schritte vortreten. Etwa ein Drittel trat vor und sie erklärten so ihr Einverständnis, mir überall hin zu folgen. Dann las ich mit lauter Stimme den Befehl zum Auflösen des Regiments vor und sagte jenen, die sich nicht wohl genug fühlten uns zu begleiten, sie möchten sich im Hospital melden und sich in die Obhut des Arztes begeben. Den anderen aber rief ich zu: „Jungs, wir gehen nach Hause!“

Jubel und schallendes Gelächter übertönten jede weitere Äußerung und innerhalb von 10 Minuten hatten wir nicht einen kranken Mann mehr im Regiment. Das Regiment wurde aufgelöst und wir gingen alle nach Hause. So endete meine Erfahrung als Soldat.

KAPITEL VI

Das Ende des Krieges – Jubel im Morgenrot des Friedens – Neue Gefahren – Das Übel der Medikamente – Fürchterliche Visionen – Ein gemaltes Bild – In indianischen Gräbern nach Objekten graben – Das große Buch der Natur studieren – Die Verwüstungen der schrecklichen Krankheit Meningitis – Gebete und Medizin – Der Tod von vier Familienmitgliedern – Sind Medikamente ein Irrtum?

Der Krieg endete so wie jeder vernünftig denkende Mensch dies erschlossen hatte.22 Hass, Leidenschaft und Gier mögen für eine Weile vorgeherrscht haben, aber schließlich musste jener so feurige kleine Süden, der so galant gekämpft hatte, dem Norden nachgeben und sich ihm anschließen.

Zudem waren Geld und Männer so knapp geworden, dass der Kampf gar nicht länger hätte fortgeführt werden können. Kapitulation und Frieden waren vorprogrammiert, und damit endete die Sklaverei als Teil der Institutionen Amerikas. Alle beschlossen diesen Konflikt mit Freuden und gingen zu ihrem friedlichen Bürgerleben über. Ich brauchte allerdings nicht lange, um zu entdecken, dass wir Gewohnheiten, Gebräuche und Traditionen besaßen, die nicht besser als die Sklaverei in ihren schlimmsten Tagen, dabei aber weitaus tyrannischer waren. Mein Schlaf war nahezu ruiniert. Tag und Nacht sah ich Legionen von Männern und Frauen im ganzen Land hin und her taumelnd und nach Befreiung von Medikamentengebrauch und Trunksucht bettelnd. Mein Herz klopfte, meine Gedanken fanden Tag und Nacht keine Ruhe, wenn ich sah, dass die Menschen, die Bilder ihres Schöpfers, mit so wenig Respekt und Verstand von denen behandelt wurden, die es besser wissen mussten. Ich sah Männer und Frauen mit Medikamenten voll gepumpt, deren giftiger Fang der Schlange der Sucht gehörte, und die sich ihrer Opfer so sicher war, wie es bei einem Stein sicher ist, dass er auf die Erde zurückkehrt, nachdem er in die Luft geworfen wurde. Ich träumte vom Tod und vom Sterben jener, die Sklaven dieser Gewohnheit waren und noch immer sind. Ich versuchte die Ursache für so viel Tod, Fesseln und Elend in meiner Rasse herauszubekommen und fand die Ursache in der Unwissenheit unserer ‚medizinischen Schulen‘. Diejenigen, welche die erste überzeugende Dosis verabreichten, waren selbst ein Beispiel für die Gewohnheit des Konsums von Medikamenten und des Trinkens und damit eine erschütternd hoffnungslos eng mit der Schlange verknäuelte Form von taumelnder Menschenfreundlichkeit. Umsonst rief jemand:

„Wer kann mich von dieser Schlange befreien, die alle meine und meiner Geliebten Freiheiten und Freuden versklavt hat?“ In tiefer Seelennot rief er: „Ich wollte, ich wäre so frei wie der Schwarze, für den ich drei lange Jahre in den Krieg gezogen bin!“

„Oh“, sagte einer, der die Gewohnheit des Medikamentenkonsums und Trinkens kultivierte: „Ich kann meinen Herrn verlassen, wann immer ich will, aber der Nigger konnte das nicht, weil das Gesetz ihn mit rohlederner Peitsche, Bluthunden und Gewehren in der Sklaverei hielt und ihn zum Gehorsam zwang; ich dagegen bin frei Medikamente zu konsumieren oder nicht – ganz wie ich will.“

Wenn Du seinen Rücken mit einem Stück Kreide markierst, wirst Du ihn schon bald, über Unwohlsein klagend, in einer Apotheke vorfinden. Er ist erkältet und sagt:

„Meine Frau geht zur Kirche und die Treffen finden immer so spät abends statt und die Räume sind so heiß, dass ich mich auf dem Heimweg erkälte. Ich glaube, ich sollte was einnehmen.“

Der Apotheker sagt: „Professor, ich glaube ein kleiner Jamaika Ingwer und eine Unze alter Weizenschnaps ist genau das Richtige, um Sie wieder auf die Beine zu bringen.“

„Ja, ich glaube, ich werde das versuchen, obwohl ich es hasse in die Kirche zu gehen und dabei nach Whisky zu riechen.“

„Kauen Sie ein paar Nelken und Zimtsamen und niemand wird den Geruch nach Whisky bemerken“, sagt der Apotheker.

Schon bald finden die Abendsitzungen der Kirche nicht mehr statt, aber der Professor kommt mit Rückenschmerzen wieder und sagt:

„Ich war die letzte Nacht hinter einem Fuchs her und habe mich noch mehr erkältet“ und winkt dem Apotheker mit den Worten zu: „Machen Sie mir noch mal das Gleiche fertig wie letztes Mal und geben Sie mir einen weiteren halben Schoppen für Großmutter.“

So ein heuchlerischer Anspruch wurde mir mehr und mehr zuwider. Ich, der ich einige Erfahrung in der Erleichterung von Leiden hatte, fand die Medizin im Irrtum. Seit meiner Kindheit studiere ich das Buch der Natur. In meinen frühen Tagen im windgepeitschten Kansas hatte ich meine Aufmerksamkeit auf das Studium der Anatomie gerichtet und wurde zu einem Dieb im Namen der Wissenschaft. Indianergräber wurden entheiligt und die Körper der Entschlafenen im Namen der Wissenschaft exhumiert. Ja, ich wurde zu einem jener Geier mit dem Skalpell und studierte die Toten, damit die Lebenden davon profitieren konnten.

 

Ich besaß zwar gedruckte Bücher, kehrte jedoch immer wieder zum großen Buch der Natur als meinem Hauptlehrer zurück. Der Dichter sagt, ‚die größte Studie des Menschen ist der Mensch‘ und ich glaube, ich hätte es auch getan, wenn er es nicht gesagt hätte. Die beste Art den Menschen zu studieren, besteht darin ein paar Körper zu sezieren.

Meine Objekte waren die Körper aus den Indianergräbern. Tag und Nacht streunte ich über das Land, grub die toten Indianer bei Mondschein und bei Tageslicht mit einer Schaufel aus, und nutzte ihre Körper zum Wohl der Wissenschaft. Jemand sagte, der Zweck heiligt die Mittel. Diese Theorie nahm ich an, um meine Gewissensbisse zu beruhigen. Die toten Indianer hatten nie daran gedacht als Material für den Unterricht und das Fortkommen der Wissenschaft zu dienen. Ihre Verwandten hatten ebenfalls davon keine Ahnung. Denn, wo ‚Unwissenheit ein Glück ist, ist es verrückt wissend zu sein‘. Da das Wissen, das ich durch diese Forschung erarbeitete, mir geholfen hat Tausende von ihrem Leiden zu befreien und viele vor dem Tod zu bewahren, werde ich nicht erlauben, dass mein Gleichmut durch den Gedanken gestört würde, dass ich einst das Wissen von indianischen Knochen erworben hatte.

Meine Wissenschaft oder Entdeckung wurde in Kansas unter vielen schwierigen Umständen geboren: Während ich im Grenzland die Sklavereibefürworter, Schlangen und Dachse bekämpfte, und später auch während des Bürgerkrieges und danach – bis am 22. Juni 1874 das Morgenrot der ganzen Wahrheit meinem Verstand wie der Durchbruch der Sonne durch die Wolken erschien, dass ich mich durch Studium, Forschung und Beobachtung langsam einer Wissenschaft näherte, die einmal von großem Nutzen für die Welt sein sollte.

Mögen unsere College-verwöhnten Gentlemen ruhig fragen: „Ist das Grenzland ein Ort, um zu studieren?“ Henry Ward Beecher bemerkte einst, dass es nicht von Belang sei, wie jemand seine Bildung erworben habe, ob in den klassischen Schatten und freskoverzierten Hallen von Oxford oder Harvard oder an der Feuerstelle eines einsamen Blockhauses im Grenzland. Ja, es ist ein guter Ort, um die Wahrheit kennen zu lernen. Dort belästigt Dich niemand. Beecher war schon in reifen Jahren und wusste wovon er sprach. Er wusste aus lebenslanger Erfahrung, dass eine Collegeausbildung keinen guten Sinn in einen Kopf bekommt, in dem nicht schon ein Verstand sitzt.23

Das Grenzland ist das große Buch der Natur. Es ist der Ursprung des Wissens und die Naturwissenschaft wird hier von den ersten Prinzipien an gelehrt.24Wie lernt der Wissenschaftler etwas über die Gewohnheiten und die Gebräuche der Tiere, die er studieren möchte? Durch die Beobachtung der Tiere selbst. Der alte Grenzlandbewohner weiß mehr über die Gewohnheiten der wilden Tiere als ein Wissenschaftler jemals entdecken kann. Agassiz mit all seinem Wissen über die Naturgeschichte wusste nicht so viel von Nerz und Biber, wie der Fallensteller, dessen Lebensaufgabe es ist, sie zu fangen.

In der Abgeschiedenheit des Grenzlands, eingebettet in die Natur setzte ich meine Anatomiestudien mit mehr Eifer und zufrieden stellendem Erfolg fort als auf dem College. Ohne Lehrer, aber mit den Tatsachen der Natur vor Augen; ohne Mitschüler, sieht man vom Dachs, dem Kojoten und meinem Maulesel ab, saß ich in der Prärie und überprüfte, was ich in den medizinischen Schulen gelernt hatte. Mit dem festen Gedanken ‚die größte Studie des Menschen ist der Mensch‘ begann ich mit dem Skelett. Ich verbesserte mein anatomisches Wissen, bis ich ganz mit jedem einzelnen menschlichen Knochen vertraut war. Das Studium des Körpers war immer faszinierend für mich gewesen. Ich liebte diese Studien und habe sie immer mit großem Eifer betrieben. Indianer nach Indianer wurde exhumiert und seziert, aber ich gab mich nie zufrieden. An die 1.000 Experimente unternahm ich mit den Knochen, solange, bis ich die knöcherne Struktur ganz begriffen hatte.

Ich wäre vielleicht schneller in der Osteopathie vorangeschritten, wenn der Bürgerkrieg nicht meine Studien unterbrochen hätte. Wir können nie sagen, wie eine Sache aussieht, bis sie sich entwickelt hat. Oft stellen wir fest, dass das größte Gut einem großen Leid und großer Not folgt, denn – wie Ihr alle wisst – das Feuer ist die beste Probe für die Reinheit des Goldes.25 So mag es gut für Metall sein, doch für das Gold genügt es nicht. Erst als ich durch das Feuer geprüft wurde, ließ ich von der Dummheit der Medikamente ab. Erst als mein Herz von Not und Kummer zerrissen wurde, erkannte ganz ich die Unwirksamkeit der Medikamente. Manch einer mag sagen, dass dieses Leiden notwendig war, damit sich das Gute entwickeln konnte. Ich aber glaube, meine Not wurde durch die grobe Unwissenheit der medizinischen Profession verursacht.

Im Frühjahr 1864, die entfernten Donner des sich zurückziehenden Krieges waren noch gut zu vernehmen, trat ein neuer Feind auf. Der Krieg war im Vergleich zu ihm sehr nachsichtig mit mir gewesen. Der Krieg hatte meine Familie verschont, aber als die dunklen Schwingen der zerebrospinalen Meningitis das Land überzogen, schien sie meine Lieben als Beute auserkoren zu haben. Die Ärzte kamen und waren sich ihrer Behandlung sicher. Tag und Nacht kümmerten sie sich um meine Kranken und verabreichten ihre vertrauenswürdigsten Medikamente – alles ohne Erfolg. Die Geliebten wurden immer schwächer. Der Reverend kam und stand uns bei. Sicher würden meine Geliebten mithilfe der Männer Gottes, welche die göttliche Hilfe erflehen konnten und mithilfe der wissenschaftlich kunstfertigen Männer gerettet werden. Jeder hoffte, dass der Todesengel mittels Tabletten und Predigern von der Tür fern gehalten werden konnte. Er aber ist ein unerbittlicher Feind. Wenn er einem Opfer sein Siegel aufgedrückt hat, helfen Gebete und Tabletten nicht mehr. Ich hatte in jener Zeit großes Vertrauen in die Ehrbarkeit meines Predigers und jener Ärzte und ich habe dieses Vertrauen nicht verloren. Gott weiß, sie taten, was sie für das Beste hielten. Sie vernachlässigten ihre Patienten nie, sie dosierten, fügten hinzu und veränderten die Dosierungen und hofften genau das zu finden, was den Feind vertreiben würde, aber es half alles nichts.

Ich stand erstarrt vor meinen drei Familienmitgliedern: zwei meiner Kinder und ein adoptiertes Kind, alle an der zerebrospinalen Meningitis gestorben. Ich stellte mir selbst die ernste Frage: ‚Hat Gott den Menschen bei Krankheit in einer Welt des Ratens verlassen? Soll man raten, was der Fall ist? Was man geben soll, wie das Ergebnis sein wird? Und wenn sie gestorben sind, bleibt nur zu raten übrig, wo sie bleiben?‘

Ich entschied damals, dass Gott kein Gott des Ratens, sondern ein Gott der Wahrheit sei. Alle seine Werke, spirituelle und materielle, sind harmonisch. Sein Gesetz des animalischen Lebens ist absolut. Der weise Gott hat daher die Medikamente sicher in das materielle Haus gelegt, das der Geist des Lebens bewohnt.

Mit diesem Gedanken hisste ich das Segel und stieß mein Boot als Entdecker in die See. Wie Kolumbus fand ich Treibgut an der Oberfläche. Ich notierte die Richtung des Windes, woher er kam und steuerte mein Schiff entsprechend. Schon sah ich die grünen Inseln der Gesundheit überall im Meer des vernünftigen Schließens.26 Seitdem habe ich immer nach Treibholz und der Richtung des Windes Ausschau gehalten und immer die Herkunft des Treibholzes gefunden.

Ich glaubte, dass ein liebender intelligenter Schöpfer des Menschen die Medikamente in genügender Menge im menschlichen Körper an einem bestimmten Ort oder im ganzen System bereithielt, um alle Krankheiten zu heilen. Von jeder Erkundungsreise konnte ich eine Fracht unbestreitbarer Bestätigungen dafür mitbringen, dass alle für die Gesundheit notwendigen Medikamente im menschlichen Körper vorhanden waren. Sie können zum Einsatz kommen, wenn der Körper so angepasst wird, dass diese Medikamente sich natürlich miteinander verbinden, den Ruf nach Heilung wahrnehmen und den Leidenden erleichtern können. Es ist mir immer gelungen, diese Medikamente in den vorderen Regalen der Apotheke des Unendlichen, im menschlichen Körper zu finden.