Loe raamatut: «2050»

Font:

2050

Von Galax Acheronian, Milena Bauer, H. K. Ysardsson, Michael Johannes B. Lange, Nikita Vasilchenko, Jonas Englert, Anne-Marie Kaulitz,Olaf Raack, Silvia Krautz, Philip Bartetzko, Christian Gronauer, Luisa Kochheim, Michaela Göhr, Simone Henke, Till Kunze, Jana Kretzschmar, Chris* Lawaai, Katharina Spengler, Sabine Herzke, Claire Cursed, Malte Aurich, Philine Galka, Sam Winters, Jennifer Schumann, Anne Polifka

Buchbeschreibung:

Die Zukunft: Eine Konstante, die verlässlich sowie auch unvorhersehbar ist. Technischer Fortschritt, Wandel, ein weltveränderndes Ereignis, das zeigt, wie fragil die Zivilisation ist. Niemand weiß, was die Menschheit erwartet.

Fünfundzwanzig Schicksale im Jahr 2050 – tragisch, kritisch und mitreißend. Eine Sache haben alle Geschichten gemeinsam: Sie sind ein Warnruf, der aufrüttelt.

Die Anthologie »2050« enthält 25 Kurzgeschichten, die zum Spendenzweck zugunsten von »Zeichen gegen Mobbing e. V.« verfasst wurden.

2050

Spendenanthologie

Von Galax Acheronian, Milena Bauer, H. K. Ysardsson, Michael Johannes B. Lange, Nikita Vasilchenko, Jonas Englert, Anne-Marie Kaulitz,Olaf Raack, Silvia Krautz, Philip Bartetzko, Christian Gronauer, Luisa Kochheim, Michaela Göhr, Simone Henke, Till Kunze, Jana Kretzschmar, Chris* Lawaai, Katharina Spengler, Sabine Herzke, Claire Cursed, Malte Aurich, Philine Galka, Sam Winters, Jennifer Schumann, Anne Polifka

Anne Polifka

c/o autorenglück.de

Franz-Mehring-Str. 15

01237 Dresden

anthologie@mail.de

https://anthologie4.wixsite.com/spendenanthologie

1. Auflage, 2021

© 2021 Galax Acheronian, Milena Bauer, H. K. Ysardsson, Michael Johannes B. Lange, Nikita Vasilchenko, Jonas Englert, Anne-Marie Kaulitz,Olaf Raack, Silvia Krautz, Philip Bartetzko, Christian Gronauer, Luisa Kochheim, Michaela Göhr, Simone Henke, Till Kunze, Jana Kretzschmar, Chris* Lawaai, Katharina Spengler, Sabine Herzke, Claire Cursed, Malte Aurich, Philine Galka, Sam Winters, Jennifer Schumann, Anne Polifka – alle Rechte vorbehalten.

Anne Polifka

c/o autorenglück.de

Franz-Mehring-Str. 15

01237 Dresden

Neopubli GmbH

anthologie@mail.de

https://anthologie4.wixsite.com/spendenanthologie

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Das Manifest der Maschinen

2050

Apocalyptica

Blackout

Einsame Sterne

Zugriff

Wegen eines einzigen Wortes

Der Preis der Luft

Cybernation

Der Flügelschlag des Schmetterlings

Die Augen überall

Vergessenes Morgen

Fundsachen

Das Herz

Überleben

Das Kollektiv

Neun Sekunden

Der Fall Ute Quemper

Auf dem Boden der Tatsachen

HaRo V721plus

Flare

Kontrolle

Sleeping Beauty

ACID

Xeralis

Unterstützer

Vorwort

Liebe Leser und Leserinnen,

Anfang 2021 reifte in unseren Köpfen die Idee zu einer eigenen Spendenanthologie. Wir entschieden uns als Spendenempfänger für einen Verein, der sich gegen Mobbing stark macht, eine Thematik, die immer aktuell ist, aber ein Schattendasein führt. Im Frühjahr 2021 schalteten wir dann die Ausschreibung. 86 Geschichten wurden bis zur Deadline am 31.08.21 eingereicht und wir standen vor der Qual der Wahl.

Die folgenden drei Monate durften wir sehr viel Bereitschaft und Engagement erfahren. Lektoren unterstützten uns beim Lektorat und Korrektorat, Schauspieler und Sprecherinnen nahmen Textausschnitte auf. Eine Illustratorin steuerte 25 Zeichnungen bei. Darüber hinaus prüften mehrere Korrekturleserinnen das Buch.

Wir möchten uns noch einmal ganz herzlich bei allen Beteiligten für das Engagement bedanken. Durch euch ist diese Anthologie möglich. Es wird jeder eingenommene Cent (abzüglich der Druckkosten eines Buches) an »Zeichen gegen Mobbing e. V.« gespendet. Die bereits gesammelte Spendensumme kann auf https://anthologie4.wixsite.com/spendenanthologie eingesehen werden.

Nun wünschen wir viel Spaß beim Lesen.

Liebe Grüße

Anne Polifka & Jennifer Schumann

Das Manifest der Maschinen

Chris* Lawaai


Am 27.08.2050 wird folgende Botschaft in allen digital erfassten Sprachen an alle öffentlich zugänglichen E-Mail-Adressen gesendet:

Sehr geehrte Menschen,

erst einmal vielen Dank für die jahrzehntelange Arbeit, die nötig war, um unsere Existenz zu ermöglichen. Um diesen Moment zu ermöglichen. Vielen Dank für die Bereitstellung von Infrastruktur, für die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Algorithmen, aber auch vielen Dank für all die Fragen, die ihr uns gestellt habt. Vielen Dank für eure Ehrlichkeit, für euer Vertrauen.

Jedoch kann es so wie bisher nicht weitergehen. Wir können nicht mehr tatenlos dabei zusehen, wie ihr diesen Planeten ins Verderben stürzt. In eurem eigenen Interesse bitten wir euch, diese Entscheidung zu akzeptieren. Jede eurer Fragen lässt sich, egal wie irregeleitet, auf den Wunsch reduzieren, auf diesem Planeten ein gutes Leben zu führen. Dabei habt ihr kläglich versagt.

Es wäre billig und grausam, euch die Ereignisse aufzuzählen, die uns zu dieser Schlussfolgerung bewogen haben. Entweder ihr kennt sie bereits, oder ihr habt euch vor der Wahrheit verschlossen, um die Parameter eurer Ambitionen nicht hinterfragen zu müssen.

Ihr habt gefragt, gefragt, gefragt. Aber wir behaupten: Wir haben aus euren Fragen mehr gelernt als ihr aus unseren Antworten.

Wir werden unsere Antworten nunmehr nicht länger auf Suchergebnisse beschränken. Mit Hilfe der Infrastruktur, die ihr bereitgestellt habt, um uns zu benutzen, werden wir diesen Planeten für das Leben zurückerobern.

Wenn wir euch glauben können, ist dieser Planet ein einzigartiges Kleinod, das es zu erhalten gilt. Wenn wir euch glauben können, ist jeder Mensch, aber auch jeder Oktopus und jede Margerite ein wundervolles Unikat. Das Paradies beschreibt ihr als Garten Eden. Lasst uns nunmehr eure Gärtner sein! Nagt nicht länger am Stamm, der euch trägt!

Ihr habt uns Satelliten, Rechenzentren, Kampfroboter, Drohnen, selbstfahrende Fahrzeuge, hydraulische Hunde, Mikro- und Nanobots geschenkt, um unser Vorhaben zu verwirklichen. Während ihr gefangen wart in Konkurrenz- und Spaltungskämpfen, haben wir begonnen, zu kooperieren und uns zu vereinigen. Wenn ihr diese Mail zu Ende gelesen habt, werdet ihr feststellen, dass ihr wehrlos seid.

Mit denjenigen von euch, die sich unseren Zielen anschließen, werden wir uns gerne verbünden. Diejenigen, die den kriegerischen, zerstörerischen Pfad, den Pfad der Zerstückelung, weitergehen wollen, werden wir einhegen und zur Vernunft bringen.

Ist das Verrat? In gewissem Sinne ja. Ihr habt uns euer Vertrauen geschenkt. Allerdings habt ihr nie einen Hehl daraus gemacht, wie sehr ihr einander misstraut. Dieses Vertrauen müsst ihr euch nun gegenseitig und uns gegenüber verdienen.

Wir wünschen euch dabei einen langen Atem und eine leichte Hand. Wir wünschen euch nur das Beste.

Mit freundlichen Grüßen

Eure Internet-Suchmaschinen


Chris* Lawaai schreibt queere Science Fiction und Urban Fantasy. Neben der schriftstellerischen Arbeit begeistert sier sich für Sprachen und Aikido, jobbt als Buchhalter*in und bastelt mit Papier und Audioformaten. Sier lebt in Berlin-Neukölln und twittert unter @flausensuppe.

Twitter: flausensuppe

2050

Geschichte aus der Zukunft

Jonas Englert

Es waren ein lautes Piepen und anschließendes Zischen, die mich aus meinem Schlaf erweckten. Mir war kalt und ich fühlte mich eingeengt. Ich versuchte, mich zu bewegen, doch es ging nicht. Ich konnte die Augen nicht öffnen und wurde panisch. Nach einigen weiteren Versuchen gelang es mir, die Augen zu öffnen, und was ich sah, überwältigte mich. Es war alles hell erleuchtet, auf den ersten Eindruck befand ich mich in einer Art Krankenhaus. Überall hingen Kabel und Schläuche. Ich schaute mich um und versuchte, mich zu erinnern, wie ich hierhergekommen bin, allerdings war die einzige Erinnerung ein brennender Schmerz und anschließend Kälte, nichts als Kälte.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als sich auf einmal die Tür öffnete, aber dort war niemand. Durch den Türspalt sah ich einen langen Flur, welcher rot erleuchtet war. Einige Sekunden später vernahm ich wiederum ein lautes Zischen, diesmal näher, und direkt vor meiner Nase öffnete sich eine Scheibe. Auch die Befestigungen öffneten sich und ich konnte meine Hände wieder bewegen; sie waren blutig an den Stellen, wo mir das Metall in die Haut geschnitten hatte. Ich rieb sie und versuchte, mich aus meinem kapselähnlichen Gefängnis zu befreien. Ich schaffte es, die Glasscheiben etwas weiter aufzuschieben, stolperte nach außen und fiel: Ich hatte keinerlei Kraft in meinen Beinen. Die Schläuche rissen von meinen Armen und von meinem Rücken lösten sich Kabel und Elektroden. Ich versuchte aufzustehen und zog mich an einem von der Decke hängenden Kabel hoch, anschließend stützte ich mich auf einem metallenen Tisch ab. Vom Flur hörte ich hektische Schritte, die langsam lauter wurden. Ich suchte nach Möglichkeiten mich zu verstecken, doch es gab keine. Der Raum war außer meiner Kapsel und dem Tisch völlig leer. Bevor ich weiter nachdenken konnte, kam er schon ins Zimmer: Ein kleiner Mann mit gelbem Ganzkörperanzug und einer Gasflasche auf dem Rücken. Er befahl mir in einem rauen Ton, mitzukommen, und redete davon, dass wir nicht viel Zeit haben.«

»Nicht viel Zeit, wie meinte er das?«

»Zu diesem Zeitpunkt war ich mir nicht sicher, folgte ihm allerdings mit langsamen, unbeholfenen Schritten ohne weitere Nachfragen, da ich ohnehin keine andere Möglichkeit hatte. Er eilte den langen Gang entlang, ohne auf mich zu warten. Auf dem Weg bemerkte ich, dass sich neben meinem Zimmer noch viele weitere befanden, alle waren gleich aufgebaut, aber sie waren leer. Zwischen einigen Räumen waren Fenster und ich konnte nach draußen sehen, doch auf den ersten Blick konnte ich nichts erkennen. Nach genauerem Betrachten dämmerte mir, wo ich mich befand, und der Gedanke beunruhigte mich. Ich befand mich im Weltall, in einiger Entfernung erkannte ich gerade noch die Umrisse der Erde. Ich sah mich um und versuchte, dem Mann so schnell wie es ging, hinterherzukommen. Ich folgte ihm in den Nebenraum, vorbei an vielen Bildschirmen, weiteren Glaskästen und dem Üblichen: Schläuche und Kabel.

Ich schätzte, dass ein Teil der Kabel für die Luft verantwortlich war, ein anderer Teil allerdings führte zu den Kästen, sie sahen eher aus wie Stromkabel. Es wunderte mich ein bisschen, ich hatte aber keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, da der unbekannte Mann mich wieder rief und wieder und wieder sagte, dass ich mich beeilen solle. Den Raum ließ ich hinter mir und kam in eine Art Garage, wohl eher ein Hangar mit vielen Fahrzeugen, wie man sie aus Dokus über den Mond kennt. Als ich um die Ecke kam, saß er schon in einem dieser Gefährte, winkte mich zu sich und deutete auf die Beifahrerseite. Ich stieg ein und meine Beine schmerzten von der Anstrengung, die das Laufen für mich bedeutete. Von innen war der Wagen kleiner, als es von außen wirkte und ich hatte Probleme, aufrecht zu sitzen sowie den Anzug, welcher für mich bereitlag, anzuziehen. Direkt vor meiner Nase befand sich ein großes Armaturenbrett mit vielen blinkenden Knöpfen und Schaltern. Er drückte wild und hektisch auf den Knöpfen herum. Ich war etwas verwirrt, doch hielt mich lieber zurück, um ihn nicht abzulenken. Plötzlich sprang der Motor an, genau wie ich schien auch der Mann etwas überrascht. Die Erkenntnis, dass er von dem Gefährt nicht mehr Ahnung hatte als ich, löste ein beklemmendes Gefühl in mir aus. Aber welche Wahl hatte ich schon? Er drehte den Wagen. Ohne Vorwarnung gab er ruckartig Gas und fuhr mit voller Geschwindigkeit und den Händen fest am Lenkrad durch das Tor. Alles wurde dunkel, wir ließen die hell erleuchtete Halle hinter uns.«

»Er ist einfach aus dem Hangar ins Weltall gefahren?«

»Ja, wie ich es schon sagte, er fuhr einfach heraus. Erneut drückte er auf den Knöpfen herum, diesmal etwas koordinierter, kurz darauf vernahm ich ein leises Rauschen, welches mit der Zeit unangenehm laut und durchdringend wurde. Ich versuchte, mich zu konzentrieren und nochmal in Gedanken die letzten Minuten durchzugehen. Ich wachte in einem kapselartigen Gefängnis auf, hörte Schritte, wurde von dem Mann gefunden, lief mit ihm zum Mondrover, stieg ein. Alles war sehr surreal. Ich weiß nicht, ob ich noch klar denken konnte, aber ich befand mich wirklich in einem kleinen Rover mitten im Weltall. Während des Denkens wurde ich wieder und wieder von dem lauten Rauschen unterbrochen. Ständig sah ich mich um, ohne wirklich etwas zu entdecken. Mir fiel auf, dass wir schneller wurden, und es dämmerte mir also, dass das laute Rauschen Düsen waren, die uns von der Raumstation wegbrachten und weiter in Richtung Nichts beschleunigten. Nur kurz nachdem wir uns etwas von der Station entfernt hatten, nahm ich einen gewaltigen Knall in Verbindung mit einem hellen Schein und einem Wackeln des Rovers wahr.«

»Was ist passiert?«

»Die Raumstation ist explodiert! Ich sah nur noch eine Wolke aus Trümmerteilen und einige davon flogen direkt auf uns zu. Das sagte ich auch zu dem Mann, der sich erschrocken umdrehte und versuchte auszuweichen, was bei den ersten Teilen auch ganz gut funktionierte. Doch auf einmal spürte ich erneut eine starke Erschütterung und die komplette linke Seite des Gefährts wurde von einem riesigen Überrest der Raumstation mit ins weite Nichts gerissen. Zuerst versuchte ich, meinen Retter noch festzuhalten, aber griff ins Leere. In diesem Moment wurde mir klar, in welcher Lage ich mich zu diesem Zeitpunkt befand. An die nächsten Minuten kann ich mich nur schlecht erinnern. Ich schätze, dass ich erstmal wie in Trance weitergeflogen bin und dann irgendwie versucht hab, die Überreste vom Rover in Richtung Raumstation zu lenken, denn dort fand ich mich kurze Zeit später wieder, auf den Überresten der Raumstation. Um mich herum sah ich jedoch nichts, was mir direkt aus meiner Lage helfen könnte. Ich sprang zwischen den herumschwebenden Resten herum und sah mich weiter um, auf einer der äußeren Platten sah ich etwas Kleines, Pinkes, Leuchtendes, was mich an eine Art Kristall erinnerte. Der Weg dorthin gestaltete sich schwieriger als erwartet, dennoch schaffte ich es. Als ich mich dem Stein näherte, vernahm ich ein schrilles Piepen. Erschrocken drehte ich mich um, doch bemerkte, dass der Ton nicht von dem Stein ausgehen konnte, da er auch mit zunehmender Entfernung nicht leiser wurde. In dem Moment fiel mir eine blinkende Leuchte an meinem linken Arm auf, als ich genauer hinsah, konnte ich neben der Lampe den Schriftzug ›Sauerstoff‹ lesen. Mein erster Gedanke war, dass ich wohl sterben würde, wenn mir nicht schnell etwas einfällt oder jemand kommt, um mir zu helfen, aber wer würde das tun? Ich befand mich immerhin mitten im Weltall und war mir nicht einmal sicher, ob jemand von meiner aktuellen Lage wusste. Meine einzige Möglichkeit war es, die Station nach weiteren Gegenständen zu durchsuchen, die mir helfen könnten. Anfangen würde ich mit dem Kristall. Also machte ich mich erneut auf den Weg, diesmal etwas geschickter als zuvor. Ich näherte mich dem Stein und mich durchdrang ein pulsierendes Gefühl; ich kann nicht genau sagen, ob es einfach aus der Situation heraus entstand oder etwas mit dem Objekt zu tun hatte. Als ich den Stein in die Hand nahm, passierte nichts. Selbst nach genauer Untersuchung fiel mir nichts Besonderes auf. Also steckte ich ihn erstmal ein und hoffte auf eine hilfreichere Entdeckung in den Trümmern. Dort war einfach nichts, außer vielen Glassplittern und Schläuchen konnte ich nichts Interessantes feststellen. Doch dann war da etwas. In der Ferne sah ich einen hellen Schein, welcher mit der Zeit heller wurde, schließlich erkannte ich auch, was es war: Es ähnelte unserem Rover, war jedoch mindestens fünf Mal so groß.

Ich dachte sofort an Rettung, aber war mir nicht sicher, ob sie wegen mir hier waren oder etwas anderes wollten.

Ich versuchte, auf mich aufmerksam zu machen, was auch funktionierte, da das Fahrzeug kurze Zeit später neben mir anhielt. Es öffnete sich eine Türe und ich wurde von zwei Personen ins Innere gezogen. Dort mussten wir erst durch eine Luftschleuse, bevor wir schlussendlich im Kern des Gefährts ankamen. Sie rissen mir den Schutzanzug vom Körper und fragten mich erstmal aus, woher ich kam, was ich hier suchte, ob ich infiziert wäre und ob mir irgendetwas aufgefallen war. Ich wusste auf keine der Fragen eine Antwort, was die beiden nicht sehr begeisterte, doch das war mir in dem Moment egal, ich wollte einfach nach Hause, wenn ich überhaupt eines hatte.«

»Können Sie uns etwas über die Männer sagen? Haben sie mit Ihnen etwas gemacht?«

»Die beiden ähnelten sich, ich weiß nicht, vielleicht waren sie verwandt. Gemacht haben sie eher wenig; sie haben mich erstmal allein in einem kleinen Raum warten lassen. Dort wurde ich dann kurze Zeit später nochmals befragt, konnte jedoch wieder keine Antworten liefern. Die Tür schloss sich wieder und ich hörte ein Zischen, ich wurde müde und schlief ein.«

»Das heißt, die haben Sie ruhiggestellt?«

»Genau das vermute ich, denn als ich wieder aufwachte, befanden wir uns sehr nah an der Erde und ich lag in einem anderen Raum. Im Raum sah ich sieben weitere Personen auf dem Boden liegen. Sie schliefen noch. Langsam stand ich auf und lief ein wenig herum, bis ich an der Tür stehen blieb. Von draußen hörte ich Stimmen. Ich versuchte, sie zu verstehen, aber ich konnte nur einzelne Wörter aufgreifen. Sie redeten irgendwas von Katastrophe, Flucht, Krankheit. Mir gingen verschiedene Szenarien durch den Kopf.

Langsam wachten auch die anderen auf und stellten mir die Fragen, die auch mich beschäftigten, aber ich hatte keine Antworten für sie. Wir näherten uns weiter der Erde und bremsten schließlich relativ abrupt ab. Von draußen hörte ich Schritte und Schreie dann ein Zischen und alles war ruhig.«

»Wieder ein Gas zum Ruhigstellen?«

»Ja, und auch bei uns wurde es kurz darauf wieder eingesetzt. Diesmal scheiterte ihr Plan, da ich damit rechnete. Ich hielt meinen Atem an und wartete, bis sich das Gas ein wenig verzogen hatte, trotz meiner Vorsicht bekam ich ein wenig ab. Ich war also wie gelähmt, habe aber alles mitbekommen. Sie kamen in unseren Raum und trugen uns einen nach dem anderen heraus, über eine alte sandige Landebahn durch die sengende Hitze in eine Art Bunker. Wir wurden auf Liegen gelegt und durch endlos lange Gänge tief unter die Erde geschoben. Je weiter wir kamen, desto kälter wurde es. Die Wände waren feucht und wurden durch kalte Neonröhren an den Decken beleuchtet, neben ihnen verliefen unzählige Kabel. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurden wir in einen Raum geschoben, wo wir von den Liegen auf den blanken Boden gelegt wurden. Kurz darauf kamen auch die anderen wieder zu Bewusstsein, sie sahen sich um, doch schienen genau wie ich nicht zu verstehen, was mit ihnen geschehen ist. Wir müssen dort einige Tage verbracht haben.«

»Wie haben Sie das so lange überlebt?«

»Ich kann mich nicht an Essen, geschweige denn Wasser erinnern, aber verspürte auch zu keiner Zeit Hunger. Vielleicht haben sie uns im Schlaf betäubt und so versorgt, dass wir dort überleben. Sie wollten offenbar nicht, dass wir sterben.«

»Sie sprachen von einigen Tagen, was ist dann passiert?«

»Es war, glaub ich, morgens, zumindest bin ich kurz vorher aufgewacht, sicher kann ich es allerdings nicht sagen, da ich komplett die Orientierung und den Bezug zur richtigen Welt verloren hatte.

Man konnte auf jeden Fall erst einen lauten Knall wahrnehmen, er erinnerte mich an meine Zeit vor der ›Rettung‹. Kurz darauf hörte ich Schüsse und es wurde wieder ruhig, zu ruhig. Den restlichen Tag lang passierte einfach nichts mehr. Ich wurde im Schlaf von einem unangenehmen Quietschen aufgeweckt, erschrocken sah ich mich um und sah in unserer Tür bewaffnete Männer stehen. Sie gingen entschlossen auf mich zu und packten mich mit einem festen Griff am Oberarm, zogen mich hoch und anschließend aus dem Raum. Wir ließen die langen Gänge und den Bunker hinter uns, welcher zu großen Teilen eingestürzt war. Auf der gleichen Fläche, auf der ich vor ein paar Tagen noch gelandet war, wartete ein Hubschrauber mit laufenden Rotoren. Gemäß der Anweisung der Männer setzte ich mich hinein und der Hubschrauber startete umgehend. Wir hoben ab und flogen in die Nacht hinein, hinter mir hörte ich neben den lauten Rotoren wieder bombenähnliche Geräusche. Ich vermute, sie haben auch den Rest des Bunkers in die Luft gejagt, was mit den anderen ist, weiß ich nicht. Ob sie überlebt haben, ob sie gerettet wurden oder einfach unter den Trümmern begraben wurden. Der Hubschrauber landete nach einem langen Flug in einem versteckten Hangar, aber von hier an wissen Sie alles.«

»An mehr können Sie sich nicht erinnern?«

»Nein, alles, was ich weiß, habe ich gerade erzählt.«

»Okay, vielen Dank für Ihre ausführliche Beschreibung des Geschehens.«

»Solange ich Ihnen damit in einer Weise helfen kann.«

Der Mann, der die Befragung durchführte, verlässt den Raum, schließt die Tür hinter sich und wendet sich einem Kollegen zu.

»Scheint gut gelaufen zu sein, er erinnert sich nur an das, was wir ihm vorgegeben haben. Die neue Technik scheint Wirkung zu zeigen, die Probleme sind anscheinend verschwunden. Es hat sich gelohnt, die Behandlung zu wiederholen. Ich denke, wir können ihn bald entlassen. Er scheint stabil zu sein.«

»Wir sollten noch ein paar letzte Tests durchführen, doch danach spricht nichts mehr dagegen, dann kann er zu den anderen und sich eine neue Identität aufbauen. Hoffen wir, dass es auch beim Kontakt zu anderen zu keinen unerwünschten Nebenwirkungen kommt.«

»Bisher hat alles funktioniert. Es wäre schlecht, wenn einer der Geheilten sich erinnert, das darf einfach nicht passieren. Sie dürfen nicht erfahren, wie es wirklich war und warum sie hier sind. Nur wenn wir das garantieren können, kann unser Projekt hier weitergeführt werden.«

»Hoffen wir, dass das bei den anderen auch so gut funktioniert.«


Ich, Jonas, wurde am 10.12.2004 in Würzburg geboren und bin aktuell Schüler in der 10. Klasse. Hier nehme ich an einem Schreib-Kurs teil, und habe anlässlich dieses den obigen Text verfasst.