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Die Gespenstersonate

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DIE MUMIE. Du willst sie mit dem Studenten verheiraten; warum denn nur? Er ist ja nichts und hat nichts.

DER GREIS. Er wird reich durch mich!

DIE MUMIE. Bist du heute abend hier eingeladen?

DER GREIS. Nein, aber ich beabsichtige, mich zum Gespenstersouper laden zu lassen!

DIE MUMIE. Weißt du, wer kommt?

DER GREIS. Nicht so recht.

DIE MUMIE. Der Baron … der hier oben wohnt, und dessen Schwiegervater heute mittag begraben wurde …

DER GREIS. Er, der geschieden werden soll, um sich mit der Tochter der Pförtnersfrau zu verheiraten … er, der einstmals dein – Geliebter war?

DIE MUMIE. Und dann kommt deine ehemalige Braut, die mein Mann verführte …

DER GREIS. Eine hübsche Versammlung …

DIE MUMIE. Ach Gott, wenn wir sterben könnten! Wenn wir doch sterben könnten!

DER GREIS. Warum verkehrt ihr denn miteinander?

DIE MUMIE. Verbrechen und Geheimnisse und Schuld binden uns ja zusammen! – Wir haben so unendlich oft miteinander gebrochen und sind unsere eigenen Wege gegangen, aber dann werden wir wieder zueinander hingezogen …

DER GREIS. Jetzt, glaube ich, kommt der Oberst …

DIE MUMIE. Dann gehe ich zu Adele hinein … Pause. Jakob, bedenke, was du tust. Schone ihn … Pause. Sie geht.

DER OBERST tritt ein, kühl, reserviert. Nehmen Sie gefälligst Platz!

DER GREIS setzt sich langsam. – Pause.

DER OBERST sieht ihn forschend an. Sie sind der Herr, der diesen Brief geschrieben hat?

DER GREIS. Ja! – Pause.

DER OBERST. Da ich jetzt weiß, daß Sie alle meine ausstehenden Schuldscheine aufgekauft haben, so ergibt sich daraus, daß ich in Ihrer Hand bin. Was wollen Sie jetzt?

DER GREIS. Ich verlange Zahlung auf die eine oder die andere Weise.

DER OBERST. Auf welche Weise?

DER GREIS. Auf eine sehr einfache – lassen Sie uns nicht von Geld reden – dulden Sie mich nur als Gast in Ihrem Hause!

DER OBERST. Wenn Ihnen mit so wenig gedient sein kann …

DER GREIS. Ich danke Ihnen.

DER OBERST. Und weiter?

DER GREIS. Verabschieden Sie Bengtsson.

DER OBERST. Weswegen sollte ich das tun? Meinen treuen Diener, der ein Mannesalter bei mir war – der die vaterländische Medaille für treue Dienste besitzt – warum sollte ich das tun?

DER GREIS. All dies Schöne ist er nur in Ihrer Einbildung – er ist nicht der, der er zu sein scheint!

DER OBERST. Wer ist das im Grunde?

DER GREIS zuckt. Wohl wahr! Aber Bengtsson muß fort!

DER OBERST. Wollen Sie über mein Haus bestimmen?

DER GREIS. Ja! da alles, was hier sichtbar ist, mir gehört – die Möbel, die Gardinen, das Service, der Leinenschrank … und anderes!

DER OBERST. Was für anderes?

DER GREIS. Alles! Alles, was hier sichtbar ist, gehört mir, ist mein!

DER OBERST. Gut, es gehört Ihnen! Aber mein adliges Wappen und mein guter Name bleiben mir!

DER GREIS. Nein, nicht einmal das! Pause. Sie sind kein Edelmann!

DER OBERST. Schämen Sie sich!

DER GREIS holt ein Papier heraus. Wenn Sie diesen Auszug aus dem Wappenbuch lesen, werden Sie sehen, daß das Geschlecht, dessen Namen Sie tragen, seit hundert Jahren ausgestorben ist.

DER OBERST liest. Ich habe allerdings dergleichen Gerüchte gehört, aber ich habe den Namen von meinem Vater geerbt … Liest. Das stimmt; Sie haben recht … ich bin kein Edelmann! – Nicht einmal das! – Da nehme ich meinen Siegelring ab. – Das ist wahr, er gehört Ihnen … Bitte schön!

DER GREIS steckt den Ring ein. Jetzt gehen wir weiter! – Sie sind auch nicht Oberst!

DER OBERST. Bin ich nicht Oberst?

DER GREIS. Nein! Sie sind ehedem Oberst im amerikanischen freiwilligen Dienst gewesen, aber nach dem Krieg auf Kuba und der Neugestaltung der Armee sind alle früheren Titel eingezogen …

DER OBERST. Ist das wahr?

DER GREIS greift in die Tasche. Wollen Sie lesen?

DER OBERST. Nein, es ist nicht nötig! … Wer sind Sie, daß Sie das Recht haben, dazusitzen und mich auf diese Weise zu entkleiden?

DER GREIS. Das werden Sie sehen! Aber was das Entkleiden betrifft … wissen Sie, wer Sie sind?

DER OBERST. Schämen Sie sich nicht?

DER GREIS. Nehmen Sie Ihr Haar ab und sehen Sie in den Spiegel, aber nehmen Sie auch gleich die Zähne heraus und rasieren Sie den Schnurrbart ab, lassen Sie Bengtsson das eiserne Mieder aufschnüren, dann wollen wir sehen, ob nicht der Diener XYZ sich wieder erkennen kann, er, der Schmarotzer in einer gewissen Küche war …

DER OBERST greift nach der Glocke, die auf dem Tisch steht.

DER GREIS kommt ihm zuvor. Rühren Sie die Glocke nicht an, rufen Sie Bengtsson nicht, denn dann lasse ich ihn arretieren … Jetzt kommen die Gäste – verhalten Sie sich jetzt ganz ruhig, dann spielen wir unsere alten Rollen weiter!

DER OBERST. Wer sind Sie? Der Blick und der Tonfall sind mir bekannt …

DER GREIS. Forschen Sie nicht, schweigen Sie und gehorchen Sie nur!

DER STUDENT tritt ein, verbeugt sich vor dem Obersten. Herr Oberst!

DER OBERST. Willkommen in meinem Hause, junger Mann! Ihr edles Benehmen bei dem großen Unglück hat Ihren Namen auf aller Lippen gebracht, und ich betrachte es als eine Ehre, Sie in meinem Heim zu empfangen …

DER STUDENT. Meine geringe Herkunft … Ihr leuchtender Name, Ihre edle Geburt …

DER OBERST. Gestatten Sie, Herr Direktor Hummel, daß ich Ihnen Kandidat Arkenholz vorstelle … Wollen der Herr Kandidat nicht näher treten und die Damen begrüßen, ich muß eine Unterredung mit dem Herrn Direktor beenden …

DER STUDENT wird in das Hyazinthenzimmer geführt, wo er sichtbar bleibt, in schüchterner Unterhaltung mit dem Fräulein.

DER OBERST. Ein prächtiger junger Mann, musikalisch, singt, schreibt Poesie … Wäre er Edelmann und ebenbürtig, so würde ich nichts dagegen haben … ja …

DER GREIS. Wogegen?

DER OBERST. Meine Tochter …

DER GREIS. Ihre Tochter! – Apropos, warum sitzt sie immer da drinnen?

DER OBERST. Sie muß im Hyazinthenzimmer sitzen, wenn sie nicht draußen ist! Das ist eine Eigenheit bei ihr … Da haben wir Fräulein Beate von Holsteinkrona … eine scharmante Dame … Stiftsfräulein mit einer Rente, die groß genug für ihren Stand und ihre Verhältnisse ist …

DER GREIS für sich. Meine Braut!

DIE BRAUT weißhaarig, sieht töricht aus.

DER OBERST. Fräulein Holsteinkrona … Direktor Hummel …

DIE BRAUT verneigt sich und setzt sich.

DER VORNEHME kommt herein, geheimnisvoll, in Trauerkleidung, setzt sich.

DER OBERST. Baron Skanskorg …

DER GREIS beiseite, ohne sich zu erheben. Ich glaube, das ist der Juwelendieb … Zu dem Obersten. Lassen Sie die Mumie herein, dann ist die Versammlung vollzählig …

DER OBERST in der Tür zum Hyazinthenzimmer. Polly!

DIE MUMIE kommt herein. Kurrrrr–e!

DER OBERST. Sollen die jungen Leute auch hereinkommen?

DER GREIS. Nein! Die jungen Leute nicht! Die sollen verschont bleiben … Alle sitzen jetzt stumm in einem Kreis.

DER OBERST. Wollen wir den Tee nehmen?

DER GREIS. Was für einen Zweck hat das? Keiner mag Tee, und deswegen wollen wir nicht hier sitzen und heucheln.

Pause.

DER OBERST. Wollen wir dann konversieren?

DER GREIS langsam und mit Pausen. Über das Wetter sprechen, das wir kennen, fragen, wie es uns geht, was wir wissen; ich ziehe Schweigen vor, da hört man Gedanken und sieht das Verflossene; das Schweigen kann nichts verbergen … was Worte können; ich las hierüber, daß die Verschiedenheit der Sprachen wirklich bei den wilden Völkern entstanden ist, mit der Absicht, die Geheimnisse des einen Stammes vor den andern zu verbergen; die Sprachen sind also Chiffern, und wer den Schlüssel findet, versteht die Sprachen der ganzen Welt; aber das hindert nicht, daß Geheimnisse ohne Schlüssel offenbart werden, und namentlich in dem Fall, wo die Vaterschaft bewiesen werden soll, aber der Beweis vor dem Richterstuhl, das ist etwas anderes; zwei falsche Zeugen dienen als vollgültiger Beweis, wenn sie einig sind, aber auf solche Expeditionen, wie ich sie beabsichtige, nimmt man keine Zeugen mit, die Natur selbst hat in den Menschen ein Schamgefühl niedergelegt, das zu verbergen sucht, was verborgen werden soll; doch gleiten wir in Situationen hinein, ohne es zu wollen, und es bietet sich oft eine Gelegenheit, wo das Geheimste offenbart werden soll, wo die Maske dem Verbrecher abgerissen wird, wo der Spitzbube entlarvt wird …

Alle betrachten einander schweigend.

Wie still es geworden ist!

Langes Schweigen.

Hier zum Beispiel in diesem achtungswerten Hause, in diesem hübschen Heim, wo sich Schönheit, Bildung und Wohlstand vereinen …

Langes Schweigen.

Alle, die wir hier sitzen, wir wissen, wer wir sind … nicht wahr? … ich brauche es nicht zu sagen … und Sie kennen mich, obwohl Sie Unwissenheit heucheln … ! Da drinnen wiederum sitzt meine Tochter, meine, das wissen Sie ebenfalls … Sie hatte die Lust zu leben verloren, ohne zu wissen warum … aber sie welkte in dieser Luft, die Verbrechen, Betrug und alle Arten von Falschheit atmet … deswegen suchte ich nach einem Freund für sie, in dessen Nähe sie das Licht und die Wärme von einer edlen Handlung spüren konnte …

Langes Schweigen.

Dieses war meine Mission in diesem Hause: das Unkraut auszujäten, das Verbrechen zu enthüllen, den Bücherabschluß zu machen, so daß das junge Paar neu in diesem Heim beginnen kann, das ich ihnen geschenkt habe!

Langes Schweigen.

Jetzt bewillige ich freien Abzug für jeden einzelnen in Reihe und Ordnung; wer zurückbleibt, den lasse ich verhaften!

 

Langes Schweigen.

Hört, wie die Uhr tickt, wie die Totenuhr in der Wand! Hört ihr, was sie sagt? »Die – Zeit! Die – Zeit!« Wenn sie nach einer kleinen Weile schlägt, da ist eure Zeit um, da müßt ihr gehen, aber nicht früher. Sie sagt aber an, ehe sie schlägt! – Hört! jetzt warnt sie: »Die Uhr kann schlagen« – – Auch ich kann schlagen … Er schlägt mit der Krücke auf den Tisch. Hört ihr?

Schweigen.

DIE MUMIE tritt an die Uhr heran und hält sie an; darauf klar, aber ernsthaft. Ich aber kann die Zeit in ihrem Lauf aufhalten – ich kann das Verflossene zu nichts, das Geschehene ungeschehen machen; doch nicht durch Bestechungen, nicht durch Drohungen – sondern durch Leiden und Reue – – – Tritt an den Greis heran. Wir sind arme Menschen, das wissen wir; wir haben gesündigt, wir haben gefehlt, wir wie alle; wir sind nicht die, die wir scheinen, denn wir sind im Grunde besser als wir selbst, wenn wir unsere Versehen mißbilligen; aber daß du, Jakob Hummel, mit falschem Namen dich als Richter aufwerfen willst, das beweist, daß du schlechter bist als wir Ärmsten! Auch du bist nicht der, der du zu sein scheinst! – Du bist ein Menschendieb, denn du hast mich einstmals mit falschen Vorspiegelungen gestohlen; du hast den Konsul, der hier gestern begraben wurde, gemordet; du hast ihn mit Schuldscheinen erwürgt; du hast den Studenten gestohlen, indem du ihn bandest mittels fingierter Schulden seines Vaters, der dir nie einen Heller schuldig war …

DER GREIS hat versucht, sich zu erheben und das Wort zu ergreifen, ist aber in den Stuhl zurückgefallen und schrumpft zusammen, schrumpft unter dem Folgenden mehr und mehr zusammen.

DIE MUMIE. Aber da ist ein dunkler Punkt in deinem Leben, den ich nicht genau kenne, jedoch ahne … ich glaube, daß Bengtsson Bescheid darüber weiß! Klingelt mit der Glocke.

DER GREIS. Nein, nicht Bengtsson! Nicht Bengtsson!

DIE MUMIE. Also, der weiß es! Klingelt abermals.

Jetzt erscheint das kleine Milchmädchen in der Tür zum Vorzimmer, ungesehen von allen, ausgenommen vom Greis, den ein Grauen packt. Das Mädchen verschwindet, als Bengtsson eintritt.

DIE MUMIE. Kennst du diesen Herrn, Bengtsson?

BENGTSSON. Ja, ich kenne ihn, und er kennt mich. Das Leben wechselt, das wissen wir ja, und ich habe bei ihm gedient, ein andermal hat er bei mir gedient. Er war zwei ganze Jahre lang Schmarotzer in meiner Küche –: da er um drei Uhr fort mußte, so wurde das Mittagessen für zwei Uhr fertig gemacht, und das Haus mußte aufgewärmte Speisen essen wegen des Ochsen da – aber er trank auch von der Fleischbrühe, die dann mit Wasser verlängert werden mußte – er saß da draußen wie ein Vampir und sog alle Kraft aus dem Hause, so daß wir wie Skelette wurden – und er hatte uns fast ins Gefängnis gebracht, weil wir die Köchin eine Diebin nannten.