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Die Gespenstersonate

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DER STUDENT. Sie haben so viele Geheimnisse hier im Hause …

DAS FRÄULEIN. So wie alle andern … lassen Sie uns die unsern behalten!

Pause.

DER STUDENT. Lieben Sie Aufrichtigkeit?

DAS FRÄULEIN. Ja, mit Maßen!

DER STUDENT. Mich überkommt zuweilen ein rasendes verlangen, alles zu sagen, was ich denke; aber ich weiß, daß die Welt zusammenstürzen würde, wenn man wirklich aufrichtig wäre. Pause. Ich war auf einer Beerdigung in diesen Morgen … in der Kirche – das war sehr feierlich und schön!

DAS FRÄULEIN. Auf Direktor Hummels Beerdigung?

DER STUDENT. Meines falschen Wohltäters, ja! – Zu Haupten des Sarges stand ein älterer Freund des Verstorbenen, und er führte den Leichenzug an; der Geistliche imponierte er besonders durch sein würdiges Auftreten und seine rührenden Worte. – Ich weinte, wir weinten alle. – Hinterher gingen wir in ein Wirtshaus … Dort erfuhr ich, daß die Leichenzugführer den Sohn des Verstorbenen geliebt hätte …

DAS FRÄULEIN sieht ihn scharf an, um den Sinn seiner Worte ergründen.

DER STUDENT. Und daß der Verstorbene Geld von dem wunderer seines Sohnes geliehen hatte … Pause. Am Tage darauf wurde der Geistliche verhaftet, weil er die Kirchenkasse bestohlen hatte! – Das ist doch hübsch!

DAS FRÄULEIN. Hu!

Pause.

DER STUDENT. Wissen Sie, was ich jetzt von Ihnen denke?

DAS FRÄULEIN. Sagen Sie das nicht, denn dann sterbe@ ich.

DER STUDENT. Ich muß, denn sonst sterbe ich! …

DAS FRÄULEIN. Im Krankenhaus sagt man alles, was man denkt …

DER STUDENT. Ja, alles! – Mein Vater endete in einem Irrenhaus.

DAS FRÄULEIN. War er krank?

DER STUDENT. Nein, er war gesund, aber er war verrückt. Nun ja, es brach einmal unter folgenden Umständen aus. Er war so, wie wir alle, von einem Umgangskreis umgeben, er nannte die Leute der Kürze halber Freunde; es war ein Haufe von Schurken, wissen Sie, so wie die Menschen meist sind. Aber er mußte Verkehr haben, da er nicht allein sitzen konnte. Nun ja, man sagt den Menschen im täglichen Leben nicht, was man von ihnen denkt, und das tat er auch nie. Er wußte sehr wohl, wie falsch sie waren, er kannte ihre Treulosigkeit bis auf den Grund … aber er war ein weiser Mann und wohlerzogen, deswegen war er immer höflich. Aber eines Tages gab er eine große Gesellschaft – es war eine Abendgesellschaft; er war müde von der Arbeit des Tages und von der Anstrengung, teils schweigen, teils Blech mit den Gästen reden zu müssen …

DAS FRÄULEIN schaudert.

DER STUDENT. Ja, und dann bei Tische bricht er Schweigen, ergreift sein Glas und hält eine Rede … Da lief die Sperrhaken nach, und in einer längeren Auseinandersetzung entkleidete er die ganze Gesellschaft, einen nach dem anderen, hielt ihnen alle ihre Falschheit vor. Und müde setzte er sich mitten auf den Tisch und bat sie, sich zur Hölle zu scheren.

DAS FRÄULEIN. Hu!

DER STUDENT. Ich war mit dabei, und ich vergesse nie, was dann geschah! … Vater und Mutter schlugen sich, die Gäste stürzten zur Tür hinaus … und Vater wurde in das Irrenhaus gebracht, wo er starb! Pause. Durch zu langes Schweigen bildet sich stillstehendes Wasser, das fault, und so ist es hier im Hause ebenfalls. Hier ist etwas faul! Und ich glaubte, es sei das Paradies, als ich Sie hier zum erstenmal hineingehen sah … Da stand ich am Sonntagmorgen und sah hier hinein; ich sah einen Obersten, der kein Oberst war, ich hatte einen edlen Wohltäter, der ein Bandit war und sich erhängen mußte, ich sah eine Mumie, die keine war, und eine Jungfrau, apropos, wo findet man Virginität? Wo findet man Schönheit? In der Natur und in meinem Gemüt, wenn es sein Sonntagsgewand trägt! Wo findet man Treu und Glauben? In den Märchen und in den Kindervorstellungen! Wo findet man das, was hält, was es anspricht? In meiner Phantasie! – Nun haben Ihre Blumen mich vergiftet, und ich habe Ihnen das Gift zurückgegeben – ich bat, Sie zur Gattin in einem Heim machen zu dürfen; wir dichteten, sangen und spielten, und da trat die Köchin ein … Sursum corda! Versuchen Sie noch einmal, Feuer und Purpur aus der goldenen Harfe zu schlagen … versuchen Sie es, ich bitte, ich befehle auf meinen Knien … Gut, dann tue ich es selbst. Nimmt die Harfe, aber die Saiten gehorchen nicht. Sie ist stumm und taub! Denken Sie nur, die schönsten Blumen sind so giftig, sind die giftigsten, der Fluch ruht ja auf der ganzen Schöpfung und dem Leben … Warum wollten Sie meine Braut nicht sein? Weil Sie krank sind an dem Quell des Lebens … jetzt fühle ich, wie der Vampir in der Küche anfängt mich auszusaugen, ich glaube, es ist eine Lamia, die Kinder säugt – in der Küche werden den Kindern der Familie immer die Herzblätter abgeknipst, falls es nicht in der Schlafstube geschieht … es gibt Gifte, die das Gesicht wegnehmen, und Gifte, die die Augen öffnen – ich bin gewiß mit dem letzteren geboren, denn ich kann das Häßliche nicht schön sehen oder das Schlechte gut nennen, ich kann es nicht! Jesus Christus stieg in die Hölle hinab, das war seine Wanderung auf Erden, nach dem Tollhaus, dem Zuchthaus, dem Leichenhaus Erde hinab; und die Toren töteten ihn, als er sie befreien wollte, aber der Bandit wurde freigegeben, der Räuber hatte aller Sympathien! – Wehe! wehe über uns alle! Heiland der Welt, erlöse uns, wir vergehen!

DAS FRÄULEIN ist zusammengesunken, scheint sterbend, klingelt.

BENGTSSON erscheint.

DAS FRÄULEIN. Bringen Sie den Schirm! – Schnell – ich sterbe!

BENGTSSON zurück mit dem Schirm, den er auseinander schlägt und vor das Fräulein stellt.

DER STUDENT. Der Befreier kommt! Willkommen, du Bleicher, Milder! – Schlafe, du Schöne, Unglückliche, Unschuldige, ohne Schuld an deinen Leiden, schlafe ohne Träume, und wenn du wieder erwachst … mögest du begrüßt werden von einer Sonne, die nicht brennt, in einem Heim ohne Staub, von Freuden ohne Schande, von einer Liebe ohne Makel … Du weiser, milder Buddha, der du da sitzest und wartest, daß ein Himmel aus der Erde emporwachsen soll, verleihe uns Geduld in den Prüfungen, Reinheit im Wollen, daß die Hoffnung nicht zu Schanden werde! Es säuselt in den Saiten der Harfe, ein weißes Licht füllt das Zimmer.

 
Sah die Sonne, und es war mir,
Als erschaut' ich den Verborgnen;
Seine Werke Menschen freuen,
Glücklich, wer da Gutes übet.
Für die Zornestat, die du vollbrachtest,
Büße nicht mit Bosheit;
Tröste, den du einst betrübet,
Gütig; und du hast gesühnet.
Niemand fürchtet, der nicht Böses wollte;
Schadlos sei, und du bist gut.
 

Man hört ein Stöhnen hinter dem Schirm.

Du armes kleines Kind, Kind dieser Welt der Irrungen, der Schuld, des Leidens und des Todes, dieser Welt des ewigen Wechsels, der Enttäuschungen und Schmerzen! Der Herr des Himmels sei dir gnädig auf der Fahrt …

Das Zimmer verschwindet; Boecklins Toteninsel wird zum Hintergrund; schwache Musik, still, angenehm trauernd, tönt von der Insel herüber.