Loe raamatut: «Bionik II»
BIONIK
Knabe Verlag Weimar
VON FLUGFRÜCHTEN ABGESCHAUT
Bernd Hill
1. Auflage März 2014
© 2014 Knabe Verlag Weimar
Trierer Straße 65 99423 Weimar
Alle Rechte sind dem Verlag vorbehalten.
Grafische Bearbeitung Nicole Laka
Satz und Layout Nicole Laka
Lektorat Julia Roßberg
Dieses Buch folgt den Regeln der neuen deutschen
Rechtschreibung.
ISBN 978-3-944575-05-6
BERND HILL
wurde 1947 geboren. Er studierte an der PH/Univer-
sität Erfurt im Schwerpunkt Polytechnik. 1987 promovierte er
über Erfindungsmethodik, 1995 erfolgte seine Habilitation über
Biostrategien und biologische Organisationsprinzipien an der
Martin-Luther-Universität Halle.
Von 1998 bis 2012 lehrte Prof. Hill an der Universität Münster
im Fachbereich Physik, Institut für Technik und ihre Didaktik.
In verschiedenen Unternehmen führt er Innovationskurse durch
und bezieht die angewandte Bionik in systematische Produkt-
entwicklungsprozesse ein. Seine Forschungstätigkeit bezieht sich
auf Innovationsstrategien, technische Kreativität sowie systema-
tische und angewandte Bionik.
BILDNACHWEIS
Illustrationen Prof. em. Dr. Bernd Hill
Fotos Seite 29: H Berends@www.sxc.hu; Seite 43: lockstockb@www.sxc.hu
Alle hier nicht mit anderer Quelle benannten Fotos stammen vom Autor.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .................................................................................................................................... 5
1
Einleitung .............................................................................................................................. 7
2
Von Samen und Früchten lernen.................................................................................. 9
3
Windverbreitung von Samen und Früchten........................................................ 27
4
Aerodynamische Grundlagen .................................................................................... 30
5
Flugfrüchte und Flugsamen erforschen ................................................................ 44
6
Flugmodelle nach Vorbildern der Natur erfinden ............................................ 68
Literaturverzeichnis........................................................................................................ 86
Arbeitsblatt 1: Ahornfrüchte – Schraubenflieger der Natur ........................ 89
Arbeitsblatt 2: Aufbau einer Löwenzahnfrucht (I) ............................................ 90
Arbeitsblatt 3: Aufbau einer Löwenzahnfrucht (II) .......................................... 91
Arbeitsblatt 4: Die Wirkung der V-Form .............................................................. 92
Arbeitsblatt 5: Die Luftschraube................................................................................ 93
Arbeitsblatt 6: Helikoptermodelle ............................................................................ 94
Register.................................................................................................................................. 95
1.
Die Natur als Ideenschmiede
2.
Von Flugfrüchten abgeschaut
3.
Leichtbau – Konstruktionsprinzipien der Natur abgeschaut
4.
Riesenseerose und Kristallpalast
5.
Schmetterlingen abgeschaut
6.
Vom Fliegen
7.
Schätze aus dem Tropenwald
8.
Schwimmen und Tauchen
9.
Wärmedämmung
10.
Seil- & Netzkonstruktionen
11.
Klimatisierung und Lüftung
12.
Schönheit der Natur
13.
Tarnen und Täuschen
14.
Das 1 x 1 des Erfindens
15.
Wettrüsten der Sinne
16.
Werkzeuge der Natur
17.
Verpacken
18.
Roboter und Prothesen
19.
Erfinden mit der Natur
20.
Bionik in Wald und Flur
Alle Titel der Buchreihe (nach Erscheinen):
5
Lernen von der Natur
VORWORT
M
it dem zweiten Band „Flugfrüchte“ wird die neue Buchreihe unter
dem Motto „Frag' die Natur“ fortgesetzt. Diese Reihe wendet sich an eine breite
Leserschaft. Sie ist sowohl auf aktiven Wissenserwerb, als auch auf das eigenstän-
dige Forschen, Entdecken, Experimentieren und Erfinden ausgerichtet. Comics
und Infoboxen lockern dabei die Wissensaneignung auf. Der Leser erfährt durch
eigenes Handeln an interessanten Sachverhalten die Funktionalität, Vielfalt,
Effizienz und Schönheit der Natur und ihre Nutzung. Die Texte enden nicht mit
der Aufnahme erklärenden Wissens, sondern machen neugierig und fordern
zum Hinterfragen, Beobachten, Forschen, Modellieren, Experimentieren und
Konstruieren auf. Anschaulich werden Methoden des Problemerkennens und
-lösens dargestellt, damit eigenes Entdecken und Erfinden möglich wird und so
Freiräume für Kreativität geschaffen werden.
Damit erschließt sich in persönlicher Weise die faszinierende Welt der Natur-
phänomene und ihre Nutzung.
Die Bände enthalten:
Sachinformationen über interessante und erstaunliche biologische und
technische Phänomene,
Abenteuer des Entdeckens und Erfindens in Form von Bildergeschichten,
6
Denk- und Arbeitsweisen von Entdecker- und Erfinderpersönlichkeiten,
nützliche Methoden zur individuellen Erschließung von Natur und
Technik,
und spannende Experimente zur Erkenntnisgewinnung und Selbstbau-
Anleitungen zur praktischen Erprobung.
Im fortlaufenden Text dienen folgende Symbole zur Orientierung:
Viel Spaß beim Lesen,
Forschen und Experimentieren.
i
Infobox zur Begriffserläuterung
8
Modelle
l
Methoden zur Erkenntnis-
T
Experimente
gewinnung und -umsetzung
7
EINLEITUNG
1
J
eder kennt die Pusteblume, den Löwenzahn, und erfreut sich daran, die Früchte
weg zu blasen. Dabei ist es ein Erlebnis zu sehen, wie der Wind lautlos die fein
gestaltete, fast zerbrechlich wirkende Frucht davon trägt. Ein Wunder! Nur selten
jedoch nehmen wir die Frucht in ihrer Ganzheit wahr, sehen nicht die filigrane
Konstruktion des Schirmchens und das mit vielen kleinen Widerhäkchen be
-
setzte Samenkorn.
Wir sagen fast ausnahmslos, dass die Früchte ausgefallen sind und entdecken
kaum die Wunder des stabilen Schwebefluges. Oft bleiben uns die erstaunlichen
und originellen „Erfindungen“ der Natur verborgen, weil wir sie
nur unzureichend wahrnehmen. Wir können
aber der Natur so manch Interessantes ab-
schauen, von all ihren Erfindungen, die
sie im Laufe von Jahrmillionen wäh
-
renden Entwicklungsprozessen hervor
gebracht hat.
Die lebende Natur ist eine uner
-
schöpfliche Quelle für technische Erfin-
dungen und andere Problemlösungen.
Von unserer Aufnahmebereitschaft
Löwenzahn und seine
Fallschirmfrüchte
8
und Kreativität hängt es ab, ob wir Anregungen für Lösungen finden, die wir
brauchen.
Schon bei einem Spaziergang kann die Natur zahlreiche Vorbilder für Lösungs-
möglichkeiten zur Auswahl bieten. Zielgerichtete Streifzüge und Exkursionen
in der Natur eröffnen neue Perspektiven in Bezug auf ein zu lösendes Problem
und begünstigen die Erzeugung von Lösungsideen, auf die wir zu Hause oder am
Arbeitsplatz nie kommen würden.
Mit Flugsamen und -früchten können allerlei aufschlussreiche Experimente
durchgeführt werden, um die Prinzipien des Gleit-, Schrauben- und Schirmfluges
zu verstehen. Faszinierend ist es auch, von den verschiedenen Flugsamen und
-früchten funktionsfähige Flugmodelle abzuleiten. Dabei fördert das Basteln
handwerkliches Geschick im Umgang mit Werkzeugen und den unterschiedlichen
Materialien. Hierbei sind der Fantasie und kreativen Neugier keinerlei Grenzen
gesetzt. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, Flugsamen und -früchte mit
den verschiedensten Materialien nachzubauen oder neuartige Flugmodelle zu
erfinden. Die Freude und der Stolz an selbst entwickelten und selbst hergestellten
Flugmodellen, die auch richtig funktionieren, können zu einer Quelle weiterer
eigener Entdeckungen und Erfindungen führen.
Die Baupläne der Natur in Form von Konstruktionen zu Flugsamen und
-früchten dienen so als Denkanregung für die Entwicklung neuer Formen und
Modelle. Untersuchungen des Aufbaus und der Funktion von Windverbreitungs-
konstruktionen können die eigenen gestalterischen Fähigkeiten und Fertigkeiten
beflügeln und dazu verhelfen, tiefer in die Grundlagen des Fliegens einzudringen.
Vielleicht werden auch durch die Untersuchung von pflanzlichen Flugobjekten
gänzlich ausgefallene Ideen für Neukonstruktionen entstehen?
Das Buch zeigt u. a., wie durch die systematische und zielgerichtete Nutzung
von Entdeckungs- und Erfindungsmethoden die Kreativität bei der Entwicklung
von Flugobjekten nach Naturvorbildern entfaltet und sogar gesteigert werden
kann. Begeben wir uns auf die Suche nach dem immer wieder aufs Neue faszi-
nierenden und spannenden Abenteuer des Fliegens und lernen bewusst vom
„Einfallsreichtum“ und „Know-how“ der lebenden Natur.
9
2
Transport durch den Wind
VON SAMEN UND
FRÜCHTEN LERNEN
J
eden Frühling bedeckt ein Meer goldgelber Löwenzahnblüten die sattgrünen
Wiesen, die später ihre Samen mit Fallschirmen durch den Wind auf die Reise
schicken. Auf dem Fruchtboden einer Löwenzahnpflanze können bis zu 400
Schirmflieger Platz haben. Macht man sich die Mühe und zählt die Anzahl der
Haare eines Schirmfliegers, so gelangt man auf eine solche von 120.
Mit Löwenzahnfrüchten wurden interessante Flugversuche durchgeführt.
Man hat dabei festgestellt, dass ein Schirmflieger etwa 5 Kilometer weit fliegt. Von
100 Schirmfliegern flog einer 10 Kilometer und von 1.000 einer 13 Kilometer weit.
10.000 Schirmflieger mussten jedoch gestartet werden, um einen mit einer Flug-
weite von mehr als 18 Kilometer zu finden. Durch die Windverbreitung, weit von
der Mutterpflanze entfernt, werden viele Nachkommen auf die Reise geschickt.
So kann das Überleben der Art gesichert und dabei Konkurrenz um
Nahrung und
Raum vermieden werden. In der Natur sind viele unterschiedliche
Lösungen für
das Problem der Oberflächenvergrößerung zur Erhöhung des Luftwiderstandes
zu finden. Dieses, im Laufe der Evolution bewährte Konstruktionsprinzip, wird
in einer riesengroßen Anzahl von Lösungsvarianten erprobt. So gibt es Varianten
wie, Flügel, Schirme, Haarfortsätze und auch Ballone.
Interessant sind auch die Schirmflieger des Weidenröschens. Bevor sie vom
Wind fort getragen werden, befinden sie sich in einer etwa 7 Zentimeter großen,
10
schotenförmigen Samenkapsel. Bis zu 200
Schirmchen mit ihren Samen sind darin
enthalten.
Wir sind fasziniert, wie sie trotz ihres
feingliedrigen und zarten Aufbaus einen
stabilen Schwebeflug ausführen. Auch
die Schraubenflieger des Ahorns und die
der Esche sowie die Gleitflieger von Birke,
Erle und Ulme faszinieren durch ihre her-
vorragenden Flugeigenschaften.
Die Natur zeigt zur Verbreitung von Sa
-
men und Früchten enorme Leistungsfähigkeit.
Mit Staunen erfahren wir, dass solche Leichtgewichte
wie Körnchenflieger, die weder Flügel noch Haare aufwei-
sen, vom Wind viele Kilometer transportiert werden. Ihre
Chance, möglichst weit vom Wind mitgenommen zu werden,
wird durch den geringen Umfang und das geringe Gewicht
erreicht. Rekordhalter unter den Körnchenfliegern ist das Sumpf-
herzblatt, dessen Samen 0,0003 Gramm wiegt. Blasenflieger, die von einer bal-
lonartigen Hülle umgeben sind, können 100 Kilometer und mehr durch die Luft
bewegt werden. Ein Vertreter der Blasenflieger ist die Große Händelwurz mit
einem Gewicht von nur 0,000008 Gramm. Ist es nicht auch wie ein Wunder, dass
2.000 Birkensamen gerade mal ein Gramm wiegen?
Die Sehnsucht des Menschen, die Lüfte zu erobern, führte bei dem Universal-
genie Leonardo da Vinci im 15. Jahrhundert zur Konstruktion unterschiedlicher
Flugapparate.
Flugfrüchte und im Wind gleitende Blätter regten ihn zur Skizzierung von
Gleitflugapparaten, Fallschirmen und sogar zu Hubschraubern an. Wer hätte
je gedacht, dass Leonardo da Vinci schon vor 500 Jahren solche technischen
Wunderwerke entwarf? Er war der festen Überzeugung, „dass der Mensch mit
seinen Vorrichtungen und großen Flügeln, indem er gegen den Luftwiderstand
anarbeitet, sieghaft seiner Herr werden und sich sicher in die Luft erheben wird.“
Mit dieser Begeisterung begann Leonardo mit Naturstudien. Zielgerichtet und
systematisch nutzte er die lebende Natur, um Anregungen für die Lösung von