Gedankenspuren – Nicht alltägliche Kurzgeschichten von heiter bis besinnlich

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Gedankenspuren – Nicht alltägliche Kurzgeschichten von heiter bis besinnlich
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Bettina Döblitz

Gedankenspuren – Nicht alltägliche Kurzgeschichten

von

heiter

bis

besinnlich

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2014

Bibliografische Information durch

die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek

verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet über

http://dnb.dnb.de abrufbar.

Coverbild:

Mit freundlicher Genehmigung von

Swan Arts Photography

by Henning Ritter ©

Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag

Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Mütter haben keine Angst

An dich, mein Kind!

Rabenschwarzer Freitag

Die Entsorgerin

Das Gespräch

Der Traum vom Fliegen

Leuchtzeichen

Die Wahrheit über

Schneewittchen

Wie der kleine Stern zum Himmel kam

Ein glorreicher Herbstanfang

Der Weihnachtsbrief

Die Autorin

Mütter haben keine Angst

„Mama, ich hab Durst!“ Eine kleine Hand hält mir erwartungsvoll ein Glas entgegen.

„Ja, Krümelchen, ich gehe ja schon und hole etwas.“

„Fanta, ich will Fanta!“ Breitbeinig baut sich der kleine Kerl vor mir auf. Ein Blick in den Kühlschrank verschafft mir Gewissheit. Nichts Trinkbares mehr da!

Also bleibt mir nichts anderes übrig, als in den Keller zu gehen und für Nachschub zu sorgen. Dort hat mein Mann sorgfältig Kisten mit Sprudel, Limo und Bier aufgestapelt.

ICH hasse den Keller.

Also, Korb geschnappt und auf nach unten.

Vor der Kellertür atme ich erst noch einmal tief durch. Dann drücke ich die Klinke herunter und öffne die Tür. Wieso nur krampft jedes Mal mein Magen, wenn ich hier unten bin? Wenn mich jetzt einer sehen würde! Eine erwachsene Frau, die Angst vor dem dunklen Keller hat. Lächerlich.

Beherzt knipse ich das Licht an. Na toll, die Birne flackert. Wie oft schon habe ich meinem Mann gesagt, dass hier eine Neonröhre reingehört. So richtig hell, damit jeder Winkel ausgeleuchtet wird. Männer!

Da, schon wieder flackert das Licht. Langsam schleiche ich die Treppe runter.

Mein Magen fühlt sich mittlerweile Bleischwer an. Links von mir rauscht es plötzlich. Ich zucke heftig zusammen. Mein Gott, nur das verflixte Wasserrohr. Björn hat bestimmt gerade Pipi gemacht, um Platz für seine Fanta zu schaffen.

Am Fuß der Treppe geht es nach links in den ersten Kellerraum. Noch liegt er im Dunkeln vor mir. Im Dämmerlicht, das durch das kleine vergitterte Kellerfenster fällt, steht eine schauerliche Gestalt vor mir. Ich sauge scharf die Luft ein und drücke schnell auf den Lichtschalter neben mir. Das Licht fällt auf einen alten Kleiderständer, den mein Mann irgendwann in den letzten Tagen hierhin gebracht hat. Darüber hängt ganz harmlos eine Arbeitsjacke.

Ich lache über mich selbst und fange an zu pfeifen. Nicht, weil ich Angst habe.

Nein, aber das lenkt mich ein bisschen ab.

Hinter diesem Raum liegt der Vorratskeller.

Wieder knarrt es in einer Ecke.

Meine Hände krampfen sich um den Tragebügel des Korbes und er fängt verdächtig an zu knirschen.

Als wenn es hier unten Monster gebe. „Diese blöden Gruselfilme. Ich sollte mir vielleicht keine mehr ansehen.“ Meine eigene Stimme gibt mir Mut und so bahne ich mir den Weg durch den Wohlstandsmüll, der hier unten vor sich hinstaubt. Schränke und Truhen, gefüllt mit altem Geschirr und Decken. Aus einer Kiste grinsen mich Weihnachtsmänner an.

Es wird Zeit, dass hier mal wieder richtig ausgemistet wird.

Im selben Moment, in dem ich die Tür zum letzten Keller öffne, geht das Licht aus.

Mein Herz fängt an zu rasen und meine Hände werden schlagartig feucht.


Björn (3 Jahre) und Charly

Zwei rotglühende Augen starren mich aus der Dunkelheit an. Einer Ohnmacht nahe entfährt meinen Lippen ein leiser Schrei. Ein Luftzug streift meinen Nacken und mein mulmiges Gefühl verwandelt sich langsam, aber sicher in Panik.

Hinter mir ertönen schlurfende Geräusche, etwas schleift an der Wand entlang. Mir wird speiübel.

Die roten Augen vor mir fangen an zu grollen. Wie ein Häufchen Elend mache ich mich ganz klein und versuche krampfhaft, mich hinter meinem kleinen Korb zu verstecken.

In diesem Moment geht das Licht wieder an und Björn steht vor mir. „Hast du etwa Angst im Dunkeln?“ Belustigt stemmt er seine kleinen Arme in die Hüften und sieht mich grinsend an. „Du hast geschrien.“

Ich schleiche mit wackeligem Schritt am Heizkessel vorbei, an dem zwei rote Lampen leuchten, hole zwei Limo und zwei Sprudelflaschen, schiebe meinen Sohn vor mir aus dem Keller und lösche das Licht.

Mütter haben keine Angst im Dunkeln!“, kläre ich ihn auf.

*

An dich, mein Kind!

Ich spüre es noch ganz genau, gerade so, als sei es erst gestern gewesen.

Ein leichtes Streicheln und Kitzeln ganz tief in mir, als wenn zarte Schmetterlingsflügel meine Bauchwand berühren.

Du warst ganz nah bei mir, du warst IN mir.

NIE mehr werden wir uns so nah sein.

Aus dem leichten Flattern wurde mit der Zeit ein Klopfen und Stoßen, als wolltest du sagen: „Hallo, ich bin da, spürst du mich?“

Und wie ich dich gespürt habe. Jede Bewegung habe ich genossen, auch wenn es manchmal sehr unangenehm war.

Einmal dachte ich sogar, du durchstoßest jeden Moment meine Rippen. Mir blieb fast die Luft weg.


Im süßen Alter von 4 Jahren

Dann musste ich dich aus deiner Geborgenheit entlassen, doch nur, um dich endlich in den Arm zu nehmen.

Du warst so weich, so klein, so hilflos.

Man musste dich einfach lieben und beschützen.

Stundenlang hätte ich deinen kleinen Körper halten können, nur um deine Nähe zu spüren, dich zu riechen, einfach nur anzusehen.

Ich konnte dir beim Wachsen zusehen.

Begierig sogst du die Eindrücke deiner Umgebung in dich auf, wurdest immer selbstständiger.

Früher durfte ich dich waschen, füttern und anziehen, doch irgendwann schobst du meine Hand zur Seite und sahst mich mit deinen großen Augen an. „Nessa alleine machen!“

Ich nahm dich bei deinen kleinen Händen und half dir, die ersten Schritte zu machen.

DU musstest lernen loszulassen, um alleine auf deinen kleinen Beinen zu stehen.

Damals.

Heute muss ICH lernen loszulassen, damit du auf eigenen Beinen stehst.

Doch wann immer du zu stolpern anfängst;

Ich bin da und fang dich auf!

*

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