Raamatust
Ein Fußballprofi findet sich damit ab, nur Reserve zu sein. Ein verheirateter Mann simuliert den Ehebruch, ein Rockfan sucht halbherzig sein altes Idol. Und ein zu allem entschlossener Tyrannenmörder wartet noch auf ein angemessenes Opfer.
Burkhard Spinnens Helden sind Männer, die sich mit dem Mittleren arrangiert haben: mit mittleren Laufbahnen, mittlerem Erfolg, mittleren Malaisen und mittlerem Alter. Aber nur einen Schritt beiseite getreten, erscheint das mittlere Maß als das Mittelmaß; das heißt: als etwas vollkommen Unerträgliches. Und so drohen eine kleine Aufregung, ein überraschender Jahrestag oder eine harmlose Notlüge gleich furchtbare Katastrophen anzurichten. Der Mittelweg ist und bleibt der gefährlichste.
Burkhard Spinnens Geschichten sind darüber hinaus Kalendergeschichten. Seine Helden stammen aus den befriedeten Lebens- und Denkräumen der alten Bundesrepublik, aus der man nach der Abschaffung von Unterdrückung und Armut auch noch das Schicksal hatte vertreiben wollen. Bei der Veränderung aller Verhältnisse sind sie zwar noch beinahe jung, aber bald darauf müssen sie schmerzhaft erfahren, wie sehr ihnen ihre schlaraffische Vergangenheit noch in den Knochen steckt. Gerade auf das Unabänderliche und das Todsichere sind sie am wenigsten vorbereitet.
Präzise, konzentriert, doch auch mit leicht hochgezogener Augenbraue und dem ihm eigenen, vertrackten Humor erzählt Spinnen zweierlei zugleich: die Geschichten einiger ziemlich durchschnittlicher Sonderlinge – und die späte Konfrontation altbundesrepublikanischer Geborgenheit mit dem Umstand, daß es spätestens ab der Mitte des Lebens etwas rauh zugehen kann.