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Der Weihnachtsabend
Raamatust
"Die Wege der Menschen deuten ein bestimmtes Ende voraus, auf das sie hinfuhren, wenn man auf ihnen beharrt. Aber wenn man von den Wegen abweicht, andert sich auch das Ende."
In der Erzahlung «Der Weihnachtsabend» begegnet uns eine Wandlung der besonderen Art: der geizige und mitleidslose, nur auf sein Geld fixierte Geschaftsmann Ebenezar Scrooge wird am Heilig Abend mit seinem Schicksal konfrontiert. Bevor dies geschieht, fuhrt ihn uns Dickens jedoch in seiner ganzen seelischen Verhartung vor, beschreibt ihn uns und schildert uns seinen Charakter. Seinen armen Schreiber Cratchit laBt er trotz eisiger Kalte bei einem kaum noch selbst von der Fantasie erkennbaren Glimmen der Kohle in der Feuerstelle arbeiten, seinen Neffen, der ihm einen frohlichen WeihnachtsgruB geben will, wirft er mit dem Wort «Possen» hinaus und dem Sammler milder Gaben fur die Bedurftigen erwidert er nur: «Gibt es denn keine Gefangnisse mehr?»
.. Und so geschieht es. Dem angsterfullten Scrooge erscheinen zur jeweils angekundigten Stunde Geister: der der vergangenen, der gegenwartigen Weihnacht und als letzter der zukunftigen Weihnacht. Sie fuhren ihn zuruck in die Zeit seiner Kindheit, in der Scrooge ein normaler, aufgeweckter Knabe war, ein Schuler, ein Lehrling in einem Geschaft, er schaut auf seine erste Liebe zuruck, die sich von ihm dem das Geld immer wichtiger wurde, weinend trennt … Sie zeigen ihm das Leben seines armen Schreibers zu Hause, fuhren in an die Tafel seines Neffen, an der er so manche Wahrheit uber sich hort und vor allem zeigen sie ihm seine eigene Zukunft, in der er allein sein wird, ausgeraubt noch in der Sterbestunde von menschlichen Geiern, verscharrt in der Erde mit einem Grabstein, vor dem er weinend kniet und seinen Namen liest…
Am nachsten Morgen ist Ebenezar Scrooge gelautert. Frohlichen Herzens geht er durch die kalten, weihnachtlichen StraBen der Stadt, entbietet den Entgegenkommenden seinen GruB und besucht schlieBlich seinen Neffen, dessen Einladung er am Vorabend noch so unwirsch ablehnte. Naturlich ist er hier willkommen und der gewandelte Scrooge feiert voll Freude Weihnachten im Kreis seiner Angehorigen, mit der Aussicht, das er es in der Hand hat, sein Leben zu andern und damit auch sein Ende.
Das ist naturlich eine sentimentale Geschichte mit einer fast schon brachial dargebotenen Moral, aber sie passt, sie ist stimmig, voller Atmosphare und es ist die Meisterschaft Dickens, den Leser schnurstracks mitzunehmen, zuruckzufuhren in diese Zeit vor uber 150 Jahren, eine Zeit der Kalte, der Armut auch sowie des Reichtums, ungleich verteilt beide, kaum abgemildert durch die Gesellschaft, der eine moralische Verpflichtung den sozial Schwachen gegenuber noch fremd war. Einzelne kummern sich zwar, aber sie sind auf die Unterstutzung der Reichen angewiesen, Menschen wie dem «alten» Scrooge, die sich in der Borse mehr zu Hause fuhlen wie in ihrer Stube. Es ist die (immer noch sehr aktuelle) Frage, was mir das Geld nutzt, wenn um mich herum Kalte ist und Einsamkeit, wenn ich mir zwar dies und das kaufen konnte, es aber aus Geiz nicht mache…
Man, jeder hat sein Leben, sein Schicksal in der Hand, so die Moral dieser Erzahlung. Wenn man sein Ende bedenkt, sich vorstellt, wie man zukunftig leben will und vor allem auch sterben, so gibt einem dies die Richtschnur dafur sein Handeln. Eine durchaus «moderne» Lehre, die uns heutzutage in anderer Formulierung begegnet: Der Wunsch nach einem «guten» Tod fuhrt automatisch zu einem «guten» Leben, denn (sehr verkurzt gesagt) nur mit einem solchen lade ich keine/wenig Schuld auf mich, die mich im Sterben belasten konnte.
Žanrid ja sildid
Jätke arvustus