Loe raamatut: «Harry in love»
Inhalt
Impressum 3
In Erinnerung an Karl-Heinz Stelzer 4
Prolog 5
Kapitel 1 12
Kapitel 2 20
Kapitel 3 26
Kapitel 4 39
Kapitel 5 51
Kapitel 6 66
Kapitel 7 87
Kapitel 8 103
Kapitel 9 112
Kapitel 10 128
Kapitel 11 146
Kapitel 12 181
Kapitel 13 209
Kapitel 14 226
Kapitel 15 255
Kapitel 16 297
Kapitel 17 323
Kapitel 18 363
Kapitel 19 400
Kapitel 20 421
Kapitel 21 443
Kapitel 22 477
Kapitel 23 503
Kapitel 24 526
Kapitel 25 554
Kapitel 26 566
Kapitel 27 581
Kapitel 28 594
Kapitel 29 602
Danksagung (Quellenverzeichnis) 623
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
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© 2022 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99130-059-5
ISBN e-book: 978-3-99130-060-1
Lektorat: Mag. Eva Reisinger
Umschlagfoto: Swevil, David Benton, Designprintck, Votsis Panagiotis | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
In Erinnerung an Karl-Heinz Stelzer
Meinem ehemaligen Deutschlehrer & Tutor,
der es in seiner ganz eigenen Art und Weise geschafft hat,
nicht nur mein Interesse an der deutschen Sprache zu wecken,
sondern dem Reiz zu erliegen,
mit ihr in ihrer ganzen Vielfältigkeit zu spielen.
Danke, ich werde Sie nie vergessen!
Prolog
Buckingham Palast, Ende Oktober 2010
Prinz William, der mit der Diplomatentochter Jane Miller seit gut vier Jahren verheiratet war, saß mit seiner kleinen Tochter Marybeth, die alle nur liebevoll Marie nannten, in ihrem Kinderzimmer. Während er aus einem dicken Märchenbuch Dornröschen vorlas, spielte Marybeth mit ihrem Teddy und gähnte herzzerreißend. „Na, ich glaube, es wird Zeit für Deinen Mittagsschlaf“, sagte William.
Marie verzog ihren Mund zu einer Schnute und sah ihren Vater mit großen dunklen Kulleraugen an. „Ich mag aber nicht, bin nicht müde!“
„So, so. Und was war das eben gerade: Wolltest Du mich etwa mit Deinem großen Mund auffressen?“, witzelte William, während er seine Tochter zu sich auf den Schoß zog und in die Arme nahm.
Marybeth strahlte. „Au ja, Papi auffressen; ich bin der Wolf!“, schrie Marybeth und drückte ihrem Vater einen feuchten Schmatz auf die Wange. William verzog das Gesicht.
Langsam liefen seine Finger über Maries Bein und wanderten dabei zu ihrem Bauch, den William nun kitzelte. Seine Tochter lachte aus vollem Herzen. William lachte mit, ehe er wieder ernst wurde: „Trotzdem muss auch ein kleiner Wolf Mittagsschlaf halten. Sonst hat er zum Kaffee Bauchweh und kann kein Stück von Uromis leckerem Kuchen stibitzen.“
„Doch!“, widersprach Marybeth. William schüttelte mit trauriger Miene den Kopf und sah seine Tochter dabei eindringlich an. Marybeth machte einen Schmollmund und wollte erneut widersprechen, als es plötzlich klopfte. Überrascht schauten beide zur Zimmertür.
„Ja, bitte.“
Prinz Harry betrat den Raum. „Was denn, schläft unsere kleine Prinzessin etwa noch immer nicht?!“
William seufzte lang und anhaltend. „Nein, Marybeth ist überhaupt nicht müde.“
„Aber ihr Vater dafür umso mehr“, scherzte Harry, da William just in diesem Moment selbst gähnen musste.
„Papi schlafen! Papi schlafen!“, schrie Klein Marie putzmunter.
„Also, ich weiß zwar nicht, was Du falsch machst, aber Jane hat keine Probleme Marie flink ins Bett zu stecken“, stellte Harry trocken fest.
„Danke für die Blumen, Brüderchen“, erwiderte William. „Aber wenn Du der Meinung bist, Du kannst es besser, dann bitte schön! – Marie, heute bringt Dich Dein Onkel ins Bett! Wie findest Du das?“
„Au ja; aber ich bin doch gar nicht müde!“
William lachte.
Harry knurrte.
William grinste seinen Bruder provozierend an, welcher darauf natürlich sofort ansprang. Er nahm die Herausforderung an und wandte sich nun an seine kleine Nichte, die er liebte als sei sie seine eigene Tochter: „Aber Du musst doch schlafen, damit Du morgen auch durchhältst.“
Fragend sah Marybeth ihren Onkel an.
„Weißt Du denn nicht, was morgen ist?“
„Geburtstag!“, schrie Marie begeistert.
„Richtig. Und weißt Du schon, was Du Dir wünscht; was möchtest Du geschenkt bekommen?“, fragte Harry weiter und setzte sich in einen Sessel.
„Harry!“, brummte William ernst.
„Was? Ich habe noch kein Geschenk und da wollte ich meine Nichte einfach einmal fragen, was sie gerne hätte.“
William verdrehte die Augen, da er genau wusste, was seine Tochter jetzt darauf antworten würde. „Ein Pferd!“
Überrascht sah Harry in die Runde. „Du wünscht Dir also ein Pferd? Aber dafür bist Du doch noch viel zu klein!“, versuchte Harry seine Nichte zu beschwichtigen.
„Gar nicht, werde vier!“, gab Marybeth erhobenen Hauptes von sich und zählte vier Finger an ihrer rechten Hand ab und zeigte sie ihm dann. Harry musste unweigerlich schmunzeln.
„Na schön, komm mal her, kleine Prinzessin! Ich verspreche Dir, wenn Du jetzt ganz schnell einschläfst, dann bekommst Du morgen ein Pferd, das Dir ganz alleine gehört. Na, wäre das was?“, fragte Harry begeistert. Marybeth bekam ganz große Augen, strahlte über das ganze Gesicht und lief schnell zu ihrem Onkel herüber.
Er nahm sie auf den Arm und wollte sie nun zu ihrem Bettchen bringen, doch schon protestierte Marie von Neuem. „Vorher fliegen!“
William musste kichern, denn seine Tochter konnte wirklich hartnäckig sein, und das mit ihren kaum vier Jahren. Währenddessen zuckte Harry nur mit den Schultern, hob seine Nichte hoch über den Kopf und ließ sie durchs Zimmer fliegen. Marybeth lachte abermals aus vollem Herzen.
„Achtung, Papa, weg da! Der Düsenjet Marie setzt zur Landung an!“, rief Harry und ließ Marie sogleich aufs Kinderbett plumpsen und griff nach der Tagesdecke.
Abermals protestierte Marybeth. „Bin nicht müde! Ich will zu meiner Mama!“, jammerte sie. Harry seufzte.
„Na, den Mund wohl zu voll genommen, was?“, piesackte William seinen Bruder.
Doch Harry grinste bereits schon wieder, denn er hatte eine Idee: „Okay, kleine Prinzessin, wir gehen jetzt zu Deiner Mama und schauen, was sie macht. Wenn Deine Mutti schläft, legst Du Dich neben sie und schläfst auch, einverstanden?“ Marybeth sah ihren Onkel stirnrunzelnd an. „Und wenn Deine Mum nicht schläft, dann brauchst Du heute keinen Mittagsschlaf machen. Na, wäre das was?“
Marybeth’ Augen fingen sogleich vor Freude wieder an zu strahlen. William sah derweil entsetzt seinen Bruder an. Doch dieser nickte nur wissend. „Wir müssen jetzt aber ganz leise sein, falls Deine Mami schläft. Also psssst!“
Marybeth legte sich beide Hände auf den Mund, während Harry sie wieder auf den Arm hob. Gemeinsam gingen sie auf leisen Sohlen ins angrenzende Schlafgemach von William und Jane. Und wie sollte es auch anders sein, lag Jane auf dem Bett und schlief. Prompt wollte Marybeth protestieren und zog abermals den Mund zu einer Schnute.
„Hey! Wer wird denn da weinen wollen? Mami schläft und jetzt schläfst auch Du, kleine Lady!“, sagte Harry bestimmend.
Widerwillig krabbelte Marybeth auf das große Ehebett ihrer Eltern und kuschelte sich an ihre Mutter, die instinktiv einen Arm beschützend über ihre Tochter legte. Sanft strich Harry seiner Nichte noch einmal übers Haar und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. William tat es ihm gleich; noch bevor sich seine Tochter in irgendeiner Form beschweren konnte. Auf leisen Sohlen verließen sie anschließend das Zimmer.
„Mann, war das ein hartes Stück Arbeit!“, seufzte Harry erleichtert.
William nickte zustimmend. „Woher hast Du eigentlich gewusst, dass Jane schläft? Ich dachte eben, ich verhör mich, als Du Marybeth Deinen genialen Vorschlag unterbreitet hast!“
„Jane, war bereits auf der Couch unten im Salon eingenickt. Als ich das sah, habe ich ihr vorgeschlagen, dass sie sich lieber oben ins Bett legen sollte, da unten die ganzen Vorbereitungen für morgen laufen und Jane dort keine wirkliche Ruhe finden würde“, erklärte Harry gelassen. „Außerdem kann sie so auch viel besser neue Energie tanken.“
„Die werden wir wohl auch brauchen, wenn Du vorhast, Marybeth ein Pferd zu schenken! Sag mal, was hat Dich denn geritten?“, schimpfte William auch sogleich.
„Bleib cool, Brüderchen. Als ich sagte, dass ich ihr ein Pferd schenke, habe ich nicht eine Minute an ein echtes gedacht. – Für wie blöd hältst Du mich eigentlich?“, beschwerte sich Harry.
„Bei Dir weiß man nie! Auch mit Deinen sechsundzwanzig Jahren hast Du täglich neue Flausen im Kopf“, stellte William schmunzelnd fest.
Harry grinste und zuckte gelassen mit den Schultern.
„Und an was für ein Pferd hast Du nun gedacht?“, nahm William das Gespräch wieder auf.
„An ein Schaukelpferd aus Holz natürlich; was denn sonst???“, war Harrys knappe Antwort. „Obwohl, wenn Du Dich daran erinnern möchtest, haben wir in Marybeth’ Alter schon regelmäßig auf dem Rücken eines Ponys gesessen.“
Entsetzt blickte William seinen Bruder an. „Wir müssen aber nicht unbedingt in die Fußstapfen unserer Eltern treten!“
„William, beruhige Dich, ich weiß sehr wohl, dass Marybeth gesundheitlich eingeschränkt ist. Ich werde sie schon keiner Gefahr aussetzen!“, beschwichtigte Harry seinen Bruder. „Und wenn Du mich jetzt bitte entschuldigen möchtest? Ich habe noch ein Geschenk zu besorgen und es ist bereits halb drei; ich möchte pünktlich zum Nachmittagstee wieder hier sein.“ William nickte und schon war Harry weg und ließ seinen Bruder allein im Flur stehen.
Hastig wollte Prinz Harry in den – nun schon bereits fünften – Spielzeugladen, in der Hoffnung, endlich sein versprochenes Geburtstagsgeschenk für Marybeth zu bekommen. In allen vorherigen Spielzeugläden gab es zwar Schaukelpferde, doch keines war aus Holz, sondern nur aus schäbigem Plastik! In seiner Eile sah er nicht, dass zur gleichen Zeit jemand anderes aus dem Laden treten wollte und so rannte er frontal und mit aller Wucht in eine junge Frau. Alles, was sie auf dem Arm getragen hatte, verstreute sich nun auf dem Bürgersteig.
„Sie verdammter Idiot! Haben Sie keine Augen im Kopf? Wieder mal typisch!“, wütete die junge Dame auch sofort. Abrupt blieb Harry stehen und wandte sich, überrascht von der Heftigkeit der Worte, der am Boden hockenden Frau zu. Sie war ungefähr im gleichen Alter wie er, hatte rappelkurzes, rabenschwarzes Haar und einen perfekten, jedoch zierlichen Körper. Harry hatte das Gefühl, als sei er einer Erscheinung seiner Träume begegnet.
„Was starren Sie mich so an? Statt zu glotzen könnten Sie sich wenigstens entschuldigen!“, schimpfte die Dame heftig weiter, ohne wirklich nach oben geschaut zu haben. Harry schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Hatte er sich gerade verhört? Nein, sie konnte keine seiner Wunschvorstellungen von einer Frau sein. Denn so würde sie sonst nicht mit ihm sprechen. Außerdem, was erlaubte sie sich eigentlich? Es war zwar nicht nett von ihm gewesen, sich nicht zu entschuldigen, doch so eine heftige Reaktion gegenüber einem Mitglied der englischen Königsfamilie war zu viel des Ganzen!
Prompt wollte sich auch sein Bodyguard mit einmischen. Doch Harry winkte ab. Stattdessen richtete er nun selbst eigene Worte an die junge Frau: „Ich entschuldige mich, dass ich Sie nicht gesehen habe und in Sie hineingerannt bin. Doch nichtsdestotrotz könnten Sie Ihre Worte auch etwas weniger zynisch äußern!“
„Warum sollte ich, schließlich stehen Sie doch noch immer nur herum, statt eventuell so viel Anstand zu haben und mir zu helfen!“, schleuderte sie ihm erneut ihre Schimpftirade entgegen.
„Sie scheinen nicht zu wissen, wen Sie vor sich haben!“, konterte nun auch Harry gereizt.
Kurz vor einer Explosion stehend, erhob sich die Frau vom Boden und schmetterte Harry erneut sarkastisch ihre Worte entgegen: „Und wenn Sie der Englische Prinz höchstpersönlich wären, wäre es mir …“ Entsetzt hielt sie in ihren Worten inne.
„Ja, was wäre es Ihnen???“, fragte Harry provozierend.
Die junge Frau starrte entsetzt, mit großen Augen und offenem Mund die Königliche Hoheit an. Erwartungsvoll sah Harry ihr ins Gesicht und grinste dabei selbstgefällig. Daraufhin drehte sich das Mädchen abrupt auf dem Absatz um und rannte die Straße hinunter. Harry stand da und schaute ihr mit gemischten Gefühlen hinterher. Fragend sah sein Bodyguard ihn an. „Soll ich eine Überwachung der flüchtigen Person veranlassen?“ Harry schaute überrascht zu seinem Wachhündchen. Doch plötzlich grinste er verschmitzt und nickte.
Während sein Befehl ausgeführt wurde, betrat Harry nun in aller Ruhe den Spielzeugladen. Da es eh schon nach vier war, konnte er sich jetzt auch Zeit lassen. Und er hatte Glück! In dem Spielzeugladen bekam er das, was sein Herz begehrte: Ein wunderschönes, aus Eiche geschnitztes Schaukelpferd. Aber nicht solch ein steifes, plattes, wie er es früher einmal hatte. Nein, es sah mit seinem schwarzen Fellüberzug sogar aus wie ein echtes Pferd. Dazu passend hatte es einen knallroten Ledersattel und rotes Lederzaumzeug. Harry lächelte, als er den Laden verließ. Er konnte sich seine Nichte schon bildhaft darauf sitzend vorstellen.
Als er zum Auto hinüberlief, blendete ihn auf einmal ein greller Lichtstrahl, der jedoch von unten herkam. Sein Blick fand auf dem Bürgersteig einen runden Holzsockel, auf dem eine silberne Plakette befestigt war. Er hob ihn auf und las die darauf eingravierten Worte: Möge der kleine weiße Schwan meine Enkelin stets treu begleiten. Egal, wohin der Weg sie führt! In Erinnerung, Nanni. Ganz automatisch ließ Harry seinen Blick erneut über das Gehwegpflaster schweifen. Um ihn herum lagen mehrere kleine Glas- und Keramiksplitter und eine Walze mit mehreren Vertiefungen und Erhöhungen aus Metall. Zu seinen Füßen befand sich eine zerbrochene Spieluhr. Harry ahnte, wem diese Spieluhr gehört hatte: Zwei faszinierend dunkelgrün funkelnde Augen, die ihm nicht wieder aus dem Kopf gehen sollten. Wehmütig hob er die Musiktrommel auf und steckte sie neben den Holzsockel in seine Jackentasche.
Kapitel 1
Seit einer geschlagenen Woche hatte Isabel das Gefühl, dass sie verfolgt wurde. Egal, wo sie auch hinging, der schwarze Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen BY–47 FGH war auch dort. Erst dachte sie, sie bilde es sich nur ein. Doch heute Morgen gab es keinen Zweifel mehr daran. Denn seit gestern Abend, als sie nach Hause gekommen war, konnte sie den Mann in dem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite von ihrem Schlafzimmerfenster aus gut beobachten. Er hatte nicht einmal in der ganzen Nacht das Fahrzeug verlassen und sein Blick war stets auf ihre Tür gerichtet. Isabel wurde wütend, denn sie vermutete, wer der Auftraggeber war. Prompt konfrontierte sie ihren Beobachter mit ihrer Erkenntnis: „Sagen Sie mal, sind Sie es nicht langsam leid, mir überallhin zu folgen? Sie können Ihrem Boss mitteilen, dass er Sie wieder abziehen kann. Sie wissen ja nun, wo ich wohne und wo ich arbeite. Also verschwinden Sie endlich! Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen. Das, was ich gesagt habe, habe ich auch so gemeint!“ Dann machte Isabel auf dem Absatz kehrt; drehte sich aber sogleich noch einmal kurz um und sagte: „Ach übrigens, ich gehe jetzt zur Arbeit …“ Irritiert sah sie der Wachposten an, doch er sagte nichts.
Als sie zurück zum Haus lief, konnte sie sehen, wie der Mann den Wagen startete und fortfuhr. Mit einem selbstgefälligen Lächeln machte sich Isabel auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle. Doch sie hatte sich zu früh gefreut. Denn kaum bog sie auf dem Heimweg in die Straße zu ihrer Wohnung ein, konnte sie schon von weitem den schwarzen Mercedes stehen sehen. All ihre verflogene Wut kam sofort wieder zurück und mit großen, harten Schritten ging sie schnurstracks auf das Auto zu. „Entweder haben Sie oder Ihr Chef etwas an den Ohren; das grenzt ja schon fast an Nötigung! Machen Sie, dass Sie wegkommen oder ich rufe die Polizei!“, schrie Isabel den jungen Mann am Steuer an. Doch er verzog noch nicht einmal eine Miene. Stattdessen hob er nur fragend eine Augenbraue und sah Isabel ungläubig ins Gesicht.
Leicht irritiert erwiderte sie sein fragendes Gesicht.
„Glauben Sie wirklich, die Polizei würde etwas dagegen unternehmen, dass ich hier stehe?“, richtete der Wachposten ruhig und offen seine Worte an Isabel. Entsetzt starrte sie ihn an. „Es tut mir leid, aber ich tue auch nur meinen Job und befolge die mir aufgetragenen Befehle.“
Isabel schloss die Augen und seufzte tief. „Na schön, Sie scheinen wirklich der falsche Ansprechpartner für mich zu sein. Dann, bitte, fahren Sie mich zu Ihrem Auftraggeber!“, sagte Isabel bestimmend und setzte sich spontan in das Auto hinter den Fahrer.
Überrascht drehte er sich zu ihr um. „Was, jetzt?!“
„Nein, morgen; sofort natürlich!“, schrie Isabel den armen Mann erneut an. Verunsichert startete er den Wagen.
Am Buckingham Palast angekommen, bat der junge Mann Isabel, so lange im Auto zu warten, bis man sie holen komme würde. Und noch ehe sie dem widersprechen konnte, machte sich der Herr schleunigst auf den Weg zum Prinzen.
Nach geschlagenen zehn Minuten wurde Isabel von einem Bediensteten in einen Raum geführt. Doch auch dort wurde sie noch eine ganze Weile sich selbst überlassen. Sie hatte somit genug Zeit, sich in dem Raum umzusehen: Zu ihrer Rechten befand sich an der Wand der Eingangstür ein Kamin. An der rechten Wand ging dann eine zweite schmale Tür ab. Isabel nahm an, dass sie zu einem Nebenzimmer führte. Geradeaus, ihr gegenüber, stand ein großer, schwerer, mahagonifarbener Schreibtisch, auf dem sich neben verschiedenen Schreibutensilien auch ein Computer befand. Vor dem Tisch standen zwei breite schwarze Ledersessel und linkerhand im Zimmer gab es drei große Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten. Vor der Fensterfront gab es eine kleine Sitzecke, an der gut sechs Personen für eine Besprechung Platz hatten. Als Isabel diese Fakten bewusstwurden, dachte sie, sie sei in das Arbeitszimmer der Queen geführt worden. Prompt verflog ihre Wut und dafür traten Panik und Angst an deren Stelle. Was sollte sie sagen, wenn die Queen plötzlich ihr gegenüberstand und zu wissen wünschte, was sie von Prinz Harry wollte??? Unsicher sah sich Isabel um. Sollte sie, solange sie noch Zeit dafür hatte, wieder verschwinden?
Kaum reifte dieser Gedanke zu einer Tat heran, rannte sie auch schon Prinz Harry direkt in die Arme. Irritiert wich sie vor ihm zurück und blieb erst stehen, als ihr einer der Sessel den weiteren Fluchtweg versperrte. Verängstigt sah Isabel Prinz Harry an. Doch er war weder wütend noch überrascht. Gelassen schloss er die Türen hinter sich und lehnte sich dagegen. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, wartete er geduldig, bis Isabel ihren ersten Schrecken verdaut hatte.
„Sie wollten mich sprechen?“, waren daraufhin seine ersten, ruhigen Worte. Doch statt einer Antwort starrte sie ihn noch immer ungläubig an. „Miss Canningham? So war doch Ihr Name, wenn ich mich recht entsinne?“, wandte Harry weiter seine Worte an Isabel. Doch noch immer erfolgte keinerlei Reaktion von ihr. Langsam schritt Harry durch den Raum und begab sich hinter seinen Schreibtisch. „Wollen wir uns nicht setzen?“, fragte er und tat es dann einfach. Isabel schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch, ehe sie sich zaghaft in den rechten Sessel ihm gegenüber setzte.
„Nun, Miss Canningham, was kann ich für Sie tun?“, fragte Harry, sich keiner Schuld bewusst, und schon entfachte er damit erneut die angestaute Wut in Isabel. Prompt sprang sie wieder auf.
„Sie verlogenes Scheusal, Sie wissen ganz genau, warum ich hier bin! Sie lassen mich doch seit einer Woche beschatten; finden Sie das lustig? Ich nicht! Also unterlassen Sie das, sonst werde ich Anzeige gegen Sie erstatten!“, schrie es sofort aus Isabel heraus.
Harry stützte derweil seine Ellenbogen auf die Stuhllehnen und verschränkte die Hände. „Miss Canningham. Bitte verzeihen Sie, dass mein Beobachter sich so unschicklich verhalten und somit versehentlich Ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Er sollte lediglich ein wachsames Auge auf Sie haben und mich darüber unterrichten, wo Sie hingehen und ob Ihr Weg Sie dabei eventuell zur Presse führen würde“, erklärte Harry ruhig.
„Was interessiert es Sie, wo ich hingehe, geschweige denn was ich gegebenenfalls mit der Presse zu tun habe?“, fragte Isabel erbost.
„Nun, ich werde es einmal so ausdrücken: Ich kann es mir nicht erlauben, schon wieder mit irgendwelchen schlechten Schlagzeilen in den Klatschspalten der Illustrierten zu stehen, das würde das Herz meiner Großmutter nicht verkraften.“ Fragend sah Isabel zum Prinzen herüber. „Die Queen ist nicht mehr die Jüngste und jede unnötige Aufregung würde ihr schaden“, erklärte Harry weiter.
„Das ist nicht mein Problem; es ist doch Ihr eigenes Verschulden, wenn Sie sich nicht zu benehmen wissen! Da sind ja meine Kinder noch besser erzogen als Sie!“
Entsetzt sah Harry Isabel an. „Ihre Kinder? Wie viele haben Sie denn?“
„Fünf“, war Isabels knappe Antwort.
Harry stand der Mund offen. „Für so alt habe ich Sie noch gar nicht gehalten …“
„Was fällt Ihnen ein?!“, schrie Isabel empört.
Harry erschrak, denn er hatte seinen Gedanken laut ausgesprochen. Er errötete prompt. „Bitte verzeihen Sie, so war das nicht gemeint! Aber ich schätze Sie nicht älter als achtundzwanzig; eher jünger“, offenbarte Harry ehrlich.
„Ich bin fünfundzwanzig. Und es sind nicht meine eigenen Kinder, sondern ich betreue sie nur. – Ich bin Tagesmutter.“
Harry fing an zu lachen. Irritiert sah Isabel herüber. Sie wusste nicht, was es da zu lachen gab.
Nachdem sich Harry wieder beruhigt hatte, entschuldigte er sich erneut bei Isabel. Mit einer einfachen Handbewegung wischte sie das Missverständnis vom Tisch. Im Gegenzug dafür kam Harry wieder auf das ursprüngliche Thema zurück: „Wollen Sie sich nicht doch wieder setzen?“
„Nein, danke, ich stehe lieber! Zumal ich davon ausgehe, dass sich unser Gespräch eh jeden Moment erledigt hat …“
„Ich kann also davon ausgehen, dass Sie sich nicht an die Presse wenden werden?“
„Warum sollte ich? Es wird wohl kaum jemanden interessieren, dass Sie ein ungehobelter Klotz mit einem unmöglichen Benehmen sind und auch noch die Frechheit besitzen, in die Privatsphäre anderer einzudringen.“, stellte Isabel leichtfertig fest.
„Wenn Sie das so sehen …“, begann Harry, hielt jedoch dann inne.
„Wollen Sie etwa behaupten, dass Sie nicht der Widerling sind, den Sie doch so gerne nach außen kehren?!“, schrie es daraufhin ganz automatisch aus Isabel heraus.
Doch statt einer Antwort von Harry kam eine Antwort von einer Person hinter ihr: „Ich glaube, Sie vergreifen sich gerade im Ton, junge Dame! Es wäre angebracht, wenn Sie sich jetzt bei Seiner Hoheit entschuldigen und danach die Räumlichkeiten schleunigst wieder verlassen“, sagte die Queen todernst.
Aus Isabels Gesicht war jegliche Farbe gewichen. Abrupt drehte sie sich um, machte einen sehr tiefen, ehrfurchtsvollen Knicks vor der Queen und entschuldigte sich aufrichtig. Als sie sich wieder erhob, zierte ein dunkles Rot ihre Wangen und alles, was Isabel jetzt noch wollte, war weglaufen! Doch noch ehe Isabel den Raum verlassen konnte, hatte Harry auch schon nach ihrem Arm gegriffen und hielt sie fest. Völlig apart starrte Isabel den Prinzen an, während er mit seiner Großmutter sprach: „Grandma. Miss Canningham hat keinen Grund sich zu entschuldigen. Es war ihr gutes Recht, so mit mir umzuspringen. Denn ich bin derjenige, der sich ihr gegenüber zuvor unmöglich benommen hat. Wir waren gerade dabei, über die umständlichen Vorkommnisse zu sprechen und darüber eine gütliche Einigung zu finden.“
Isabel klappte überrascht die Kinnlade herunter. Denn sie hatte mit allem, nur nicht damit gerechnet. Die Queen sah mürrisch zwischen beiden hin und her und entschied sich, vorerst nichts weiter dazu zu sagen und verließ stattdessen, ohne ein weiteres Wort, wieder den Raum.
Auch nachdem die Queen bereits einige Minuten lang das Zimmer wieder verlassen hatte, standen Harry und Isabel noch immer vor dem Schreibtisch und starrten sich gegenseitig an; jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Isabel war die Erste, die ihre Stimme wiederfand: „Hätten Sie die Güte mich loszulassen? Sie tun mir weh!“
„Verzeihung, das wollte ich nicht!“, flüsterte Harry und strich sanft über Isabels Arm. Heftig, so als hätte sie sich verbrannt, entriss Isabel Harry ihren Arm. Ergebend hob Harry beide Hände in die Höhe und gewährte einige Schritte Abstand zwischen ihm und ihr. Isabel war darüber dankbar und beruhigte sich langsam wieder.
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie einen ungehobelten Klotz genannt habe. Sie können, wenn Sie wollen, auch recht anständig sein.“
„Danke für die Blumen“, erwiderte Harry und ein leichtes Grinsen huschte über sein Gesicht. „Ich wusste gar nicht, dass nur Worte Ihre Meinung über mich so schnell ändern können?!“
Prompt wurde Isabel knallrot.
Harry nutzte ihre Verlegenheit aus und betrachtete Isabel eindringlich. Sie hatte etwas Magisches an sich! Ihre kurzen, pechschwarzen Haare waren ein krasser Gegensatz zu ihrer schneeweißen Haut. Doch am interessantesten fand Harry noch immer ihre katzenartigen Augen. Sie waren von einem solch dunklen Grün, dass man zweimal hinschauen musste, um sich zu vergewissern, dass man sich nicht versah. In ihren Augen spiegelte sich das Grün der Wiesen wider. Ihre langen, dunklen Wimpern ließen sie schüchtern und unantastbar wirken. Jedoch ihr dunkelroter Mund lud zum Küssen ein.
Wieder einmal völlig perplex über seine eigenen Gedankengänge sagte Harry als Nächstes: „Ich weiß zwar nicht, was ich verbrochen habe, dass Sie solch eine abwertende Haltung mir gegenüber haben – abgesehen von dem Zwischenfall vor dem Spielzeugladen vergangene Woche –, aber sicher werden Ihre Gründe schon stichhaltiger Natur sein …“
Unsicher sah Isabel auf den Teppichboden zu ihren Füßen. Ein zaghaftes „Verzeihung“ kam über ihre Lippe, ohne dass sie dabei aufsah.
„Miss Canningham. Nicht Sie müssen sich entschuldigen, sondern ich mich bei Ihnen! Als Gentleman hätte ich mich erkundigen müssen, ob ich Ihnen wehgetan habe, als ich in Sie hineingerauscht bin. Ich hätte mich dafür entschuldigen müssen und eben Ihre Sachen aufheben sollen, statt Ihnen nur dabei zuzusehen. Gegebenenfalls hätte ich auch Ihre zu Bruch gegangenen Habseligkeiten anstandslos ersetzen müssen.“ Verwirrt sah Isabel den Prinzen an. „Sie haben schon Recht, ich habe mich wie ein Idiot benommen. Ich hatte es eilig und habe nur an meinen Status gedacht“, erklärte Harry sachlich und ruhig weiter, während er um den Schreibtisch herumging und ein Schubfach öffnete. „Leider kann ich eine Sache nicht wieder anstandslos ersetzen“, sagte er und schob dabei den kleinen Holzsockel und die Musikwalze über den Tisch.
Als Isabel die Reste ihrer Spieluhr sah, fing sie unweigerlich an zu weinen. Sofort war Harry zur Stelle und zog sie, keinen Widerspruch duldend, in seine Arme. „Es tut mir leid!“, flüsterte er.
„Harry, kannst Du mir bitte einmal sagen, was Du jetzt schon wieder … angestellt hast???“, kam es plötzlich von der Tür. Es war Prinz William und er sah ungläubig auf das Bild, welches sich ihm bot: Eine unbekannte junge Frau, weinend in den Armen seines Bruders. Sofort riss sich Isabel von Harry los und ohne William eines Blickes zu würdigen, rannte sie aus dem Raum. Fragend sah William erst der jungen Dame hinterher und dann zu seinem Bruder herüber. Harry lehnte am Schreibtisch und strich sich mit den Händen durchs Haar. „Willst Du mir irgendetwas hierzu sagen; oder solltest Du nicht viel lieber ihr hinterher?“, fragte William.
Harry schüttelte resigniert den Kopf und warf sich in den Sessel, auf dem vor kurzem noch Isabel gesessen hatte. William schloss die Türen und setzte sich zu seinem Bruder. „Ist sie der Grund für Elisabeth’ Wutausbruch?“, fragte William sogleich. Harry verdrehte entnervt die Augen und berichtete dann, was ihm in der letzten Woche widerfahren war.
Nachdem sich William die ganze Geschichte angehört hatte, kam er nur zu einer einzigen Erkenntnis: Sein Bruder empfand etwas für die junge Dame, was sein Herz höher schlagen ließ! Harry stritt dies natürlich sofort energisch ab, doch sein schmerzerfüllter Blick strafte seine Worte lügen. Ausgerechnet die Frau, die ihm wie eine Erscheinung seiner innersten Träume begegnet war, hatte er nicht nur beschämt, sondern ihr auch noch Leid zugefügt, das er nicht wieder lindern konnte. Harry seufzte verzweifelt. Prinz William dagegen gab das neue Sorgenkind noch nicht gänzlich auf, denn so hatte er seinen Bruder noch nie erlebt! „Hey, Harry, Kopf hoch, das wird schon wieder. Lass ihr etwas Zeit …“
Harry lachte bitter auf. „Die Worte kommen mir irgendwie bekannt vor. Waren es nicht genau dieselben Worte, die Dad verwendete, als Du die Bande zwischen Dir und Jane aufzugeben drohtest?“
William schmunzelte. „Gerade deswegen sage ich sie Dir ja! Und wie Du jeden Tag selbst sehen kannst, hat sich das Kämpfen gelohnt: Ich bin mit Jane glücklich verheiratet und verliebt wie am ersten Tag.“