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Die acht Strömungen des technologischen Fortschritts

Auf uns rollt eine Flutwelle technologischer Innovationen zu, so viel steht fest. Aber wie kann man sich diese Welle vorstellen? Wie hoch türmt sie sich auf und wie schnell rollt sie auf uns zu?

Vorab sollte geklärt werden, was den »technologischen Wandel« eigentlich vorantreibt. Technologie per se hat keine Intelligenz. Sie erwächst nicht aus sich selbst und entwickelt auch keinerlei Eigendynamik, die sie vorantreibt. Ein Fahrrad hat ja schließlich nicht den Ehrgeiz, sich in ein Automobil zu verwandeln. Die Quelle und treibende Kraft des harten Trends nach kontinuierlichem Wissensgewinn und technologischen Fortschritt sind die Kreativität und der Erfindungsreichtum des menschlichen Geistes.

So haben zum Beispiel die Erfindung der Schrift in der Antike, die Erfindung des Buchdrucks in der Neuzeit und die digitalen Kommunikationstechnologien unserer Zeit die Alphabetisierungsrate der Weltbevölkerung stetig erhöht. Das ist ein ausgezeichnetes Beispiel für einen zunehmend steiler nach oben verlaufenden linearen Trend, wie in Kapitel 1 besprochen. Früher konnten die wenigsten Menschen lesen und schreiben, heute die große Mehrheit, und schon bald wird es weltweit keine Analphabeten mehr geben. Wie der globale Demokratisierungsprozess ist auch der globale Alphabetisierungsprozess unaufhaltsam und unumkehrbar, das heißt, er verläuft nicht zyklisch, sondern eindeutig linear.

Der kontinuierliche Wissensgewinn zieht nicht nur den kontinuierlichen technologischen Fortschritt nach sich, sondern eröffnet uns immer bessere Kommunikations- und Kooperationsoptionen. Das Produkt aus wachsendem Wissen und immer besseren Kommunikationsmöglichkeiten lässt den Bedarf nach technologischen Innovationen direkt proportional in die Höhe schnellen – und dieser geometrisch-progressiv steile Kurvenverlauf weist auf die Höhe der Welle hin, die über uns hereinbrechen wird.

Damit wir uns ein klares Bild von der Zukunft machen können, ist es sinnvoll und hilfreich, sich klar zu machen, woraus diese gewaltige Welle besteht. Der harte Trend des technologischen Wandels setzt sich aus acht spezifischen Strömungen zusammen, von denen jede für sich genommen ebenfalls einen harten Trend darstellt.

Die acht Strömungen des technologischen Fortschritts

1. Entmaterialisierung

2. Virtualisierung

3. Mobilität

4. Produktintelligenz

5. Vernetzung

6. Interaktivität

7. Globalisierung

8. Konvergenz

Man kann sich leicht vorstellen, wie diese Strömungen zustande kamen, wenn man einmal ein paar Hundert oder auch Tausend Jahre zurückblickt. Ein gutes Beispiel für den Ursprung der Strömungen 1 und 3 – Entmaterialisierung und Mobilität – ist die Entwicklung der Schrift, deren Zeichen zuerst in Stein geritzt, dann mit Tinte auf Papyrus und später auf Papier geschrieben wurden. Die fünfte Strömung, Vernetzung, entsprang den Handelsrouten der frühen Seefahrer und gewann mit dem Eisenbahnschienennetz, dem Telegrafen und später dem Telefon an Kraft. Zu unaufhaltsamen Triebkräften umwälzender Veränderungen wurden die acht Strömungen aber erst, als ihnen gegen Ende des 20. Jahrhunderts der Computer den Weg ebnete.

Die Liste der acht technologiegetriebenen Strömungen habe ich Mitte der 1980er Jahre aufgestellt und seitdem bei unzähligen Vorträgen präsentiert. Interessant war für mich zu beobachten, wie sich über die Jahre die Reaktion meines Publikums auf diese Strömungen geändert hat. Klangen die Begriffe und Konzepte in den ersten Jahren für viele noch nach mysteriöser Zukunftsmusik, sind sie heutzutage fester Bestandteil des Alltagsvokabulars. Was die acht Strömungen aber tatsächlich bedeuten und bewirken, können sich die meisten Leute momentan noch nicht vorstellen.

1. Strömung: Entmaterialisierung

In Oliver Stones 1987 erschienenem Spielfilm Wall Street gibt es eine Szene, in der der superreiche Börsenhai Gordon Gekko (dargestellt von Michael Douglas) seinen Protegé Bud Fox (dargestellt von Charlie Sheen) mit einem Anruf aus dem Schlaf reißt und ihn mit den Worten »Geld schläft nicht« aus dem Bett scheucht. Während des Gesprächs steht Gekko mit einen für damalige Zeiten hypermodernen und unglaublich teuren Mobiltelefon im Reichen-Refugium der Hamptons am Strand und bewundert den Sonnenaufgang. Diese Szene schrieb Filmgeschichte, und der Spruch wurde so populär, dass er als Titel für die Fortsetzung des Spielfilms diente, der 2010 in die Kinos kam.

Aus heutiger Sicht wirkt die berühmte Szene geradezu lächerlich, denn dieses Ding, mit dem Gekko so lässig am Strand telefoniert, dürfte mehrere Kilo gewogen haben. Seitdem wurden Mobiltelefone ständig entmaterialisiert. Im wahrsten Sinne des Wortes. In dem neuen Film Wall Street: Geld schläft nicht wird per Bluetooth-Funktechnik über sogenannte »In-Ear-Headsets« telefoniert, die so winzig sind, dass man sie kaum noch sieht.

Der Fortschritt bringt es mit sich, dass trotz zunehmender Leistungsfähigkeit der Produkte immer weniger Material für ihre Herstellung benötigt wird. Der Computer – selbst ein Mikrokosmos modernster Technologie – ist das beste Beispiel für schrumpfende Größe bei gleichzeitig wachsender Rechenleistung und Speicherkapazität. Wie das Telefon wird auch der Computer kleiner, leichter, transportabler, wirtschaftlicher (hinsichtlich des Materialbedarfs in der Produktion) und umweltfreundlicher. Laptops waren früher große, schwere Kästen, heute sind sie leichtgewichtige, flache und für jedermann erschwingliche Geräte, die ein Vielfaches der Leistung früherer Produktgenerationen bieten.

Jedes beliebige Produkt lässt sich verkleinern, sofern man das will – was nicht bei jedem Produkt der Fall ist. Entmaterialisierung ist nicht unbedingt mit Miniaturisierung gleichzusetzen. Es wäre zum Beispiel problemlos möglich, jedes Automodell radikal zu verkleinern, doch das wäre nicht sonderlich sinnvoll. Sehr sinnvoll ist es dagegen, sie leichter zu bauen, da leichtere Autos auch weniger Kraftstoff verbrauchen. Und wodurch lässt sich das erreichen? Durch Entmaterialisierung.

2. Strömung: Virtualisierung

Virtualisierung bedeutet, physische Vorgänge und Aktivitäten auf ein Medium zu verlagern, auf dem diese Vorgänge und Aktivitäten in einem Abbild der Realität – der virtuellen Welt – erfolgen. Virtuelle Welten haben sich längst über die Grenzen der Unterhaltungsbranche hinaus ausgedehnt. Eine Anwendungsmöglichkeit dieser Technik ist die Simulation. Heutzutage lassen sich unglaublich komplexe Vorgänge unserer realen Welt mit erstaunlichem Detailreichtum am Computer simulieren und in mehrdimensionalen Modellen abbilden. Wir können die Funktionsweise und Betriebssicherheit von Flugzeugen, Raumschiffen, ja sogar Atombomben testen, ohne sie erst bauen (und im Fall der Bomben zünden) zu müssen.

Zurzeit arbeite ich mit einem Firmenkunden an der effizienteren Gestaltung seiner Lieferkette. Ziel ist es, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in der Logistikkette zu implementieren. Wir stellten fest, dass sich die Zulieferprozesse größtenteils virtuell simulieren ließen, und erkannten mithilfe der Simulation plötzlich ungeahnte Möglichkeiten für kurze, effiziente Wege, die den Aufwand an Zeit, Energie und Kapital drastisch reduzierten. Dazu mussten wir lediglich die Daten der realen Vorgänge in die Simulationssoftware eingeben. Vor zehn Jahren war das noch ein Ding der Unmöglichkeit.

Die Virtualisierung hat die konventionelle Art, Geschäfte zu tätigen, revolutioniert. 1990 konnte sich kaum jemand vorstellen, dass ein virtueller Buchhandel möglich wäre, doch nur wenige Jahre darauf bewies Amazon das Gegenteil. Dass der Handel mit Gebrauchtwaren auf einem virtuellen Flohmarkt funktioniert, zeigt die Internetplattform eBay. Die Virtualisierung durchdringt jedoch nicht nur Wirtschaft und Handel, sondern unsere Gesellschaft und unser aller Leben. Dank Blogger & Co. verlagert sich die gesamte Medienlandschaft zunehmend in virtuelle Sphären. In der virtuellen Parallelwelt »Second Life«, dem bekannten Online-System mit riesiger Fangemeinde, tummeln sich die Avatare (die grafischen Stellvertreter) von Millionen Menschen, die sich neben ihrem realen Leben ein zweites, virtuelles Leben gestalten, in dem sie alles tun können – spielen, einkaufen, interagieren –, was im echten Leben auch möglich ist, nur dass es eben nicht real geschieht. (2008 wurden in virtuellen Welten eine Milliarde realer US-Dollar ausgegeben.)

Die Virtualisierung bringt unzählige Veränderungen mit sich, von denen wir manche nicht einmal wahrnehmen. Bei Toyota dauert es heutzutage gerade einmal zwölf Monate, bis aus einer Idee für ein neues Fahrzeug ein fahrbereites Auto wird. Innerhalb so kurzer Zeit den gesamten Prozess vom Konzept zur Fertigstellung zu durchlaufen, ist nur dank Simulation und Virtualisierung möglich. Erinnern Sie sich noch an die Crashtest-Dummys früherer Autowerbespots? Heutzutage werden die meisten Crashtests mit virtuellen Dummys mit realistischen Pulsfrequenzen und Blutdruckwerten simuliert. Nach simulierten Verkehrsunfällen können die virtuellen Opfer sogar virtuell autopsiert werden, um zu untersuchen, welche inneren Verletzungen bei dem Aufprall entstanden sind.

Die Boeing 787, Beiname Dreamliner, ist das derzeit leichteste, stabilste und komfortabelste (dank verbesserter Qualität der Atemluft und natürlicheren Druckbedingungen in der Kabine) Verkehrsflugzeug überhaupt und kann trotz drastisch reduziertem Treibstoffverbrauch längere Strecken als andere Flugzeuge fliegen. Der Dreamliner besteht aus Millionen von Einzelkomponenten. Vor zehn Jahren wäre es schlichtweg nicht möglich gewesen, ein solches Flugzeug zu bauen. Simulation und Virtualisierung haben es ermöglicht.

 

3. Strömung: Mobilität

Als Kind habe ich oft meine Großeltern besucht, die in einem winzigen Dorf namens Telephone etwa 100 Kilometer nördlich von Dallas, Texas, lebten. Das Kaff war so winzig, dass man das Ortseingangs- und -ausgangsschild eigentlich an denselben Pfosten hätte nageln können. Der Ort Telephone wurde im Jahr 1886 nach dem einzigen Telefonapparat weit und breit benannt, der im Krämerladen von Peter Hindman installiert war. Im Lauf der Zeit statteten immer mehr Amerikaner ihr Zuhause mit der praktischen Fernsprecheinrichtung aus, die damals eine klobige Holzkonstruktion war und wie ein Einbauschrank an der Wand befestigt wurde.

Als ich ein kleiner Junge war, gab es natürlich schon in fast jedem Haushalt ein Telefon. Ein schweres, schwarzes Ding aus Bakelit (der erste industriell produzierte Kunststoff) mit einer Wählscheibe, dessen dickes, schwarzes Kabel fest mit dem Anschluss an der Wand verschraubt war. In den 1970er Jahren kamen die ersten Modelle auf den Markt, die etwas leichter und in anderen Farben als schwarz erhältlich waren. Als nächstes kamen Klinkenstecker, um das einzige Telefon im Haus problemlos in einem anderen Zimmer anstöpseln zu können. Dann wurde das Telefon schnurlos und wir konnten überall in der Reichweite der Basisstation telefonieren. Heute telefonieren wir dank Mobiltelefon praktisch überall und ständig.

Die Weiterentwicklung der Mobilfunktechnologie (und der Entmaterialisierung) vergrößert unsere Bewegungsfreiheit, da praktisch alles immer winziger und mobiler wird. Aus Großrechnern wurden Desktop-Computer, dann Laptops, dann Palmtops, und heute verfügen schon Mobiltelefone über die Funktionalität eines Computers.

Vor einigen Jahren brachte I-Tech eine virtuelle Tastatur auf den Markt, die per Laser auf den Schreibtisch oder einen anderen flachen Untergrund projiziert wird. Die ultimativ virtualisierte und entmaterialisierte Tastatur: Man kann sie nicht anfassen, aber man kann sie sehen und benutzen. Materiell existiert sie überhaupt nicht und doch ist sie da. Ich habe kürzlich den Prototypen eines noch erstaunlicheren Minigerätes gesehen: Es sieht aus wie ein Stift mit einem winzigen Glasknopf am oberen Ende, unter dem sich ein Laserprojektor verbirgt. Mittels zweier ausklappbarer Stützen lässt sich das Gerät auf den Tisch stellen, dann schaltet man es ein, und der Laser projiziert einen Bildschirm an die Wand und eine Tastatur auf den Tisch. Der vermeintliche »Stift« ist in Wirklichkeit ein Computer. Entmaterialisierung plus Virtualisierung plus Mobilität. Ach ja, telefonieren kann man damit natürlich auch.

Die Anwendungsbereiche des Mobilfunks sind unerschöpflich. Viele Leute bezahlen Rechnungen und Parktickets schon heute per Handy. Die Kombination aus GPS (Global Positioning System), GIS (Geoinformationssystem), RFID (Radio-Frequency Identification, also die Lokalisierung von Personen oder Objekten über Funkfrequenzsignale) und sogenannte »Presence-Informationen«, die die automatische Funkortung jeder Person mit Mobilfunkgerät gestattet, eröffnet der Werbung neue Möglichkeiten, gezielt individuelle Werbebotschaften an die Verbraucher zu versenden.

Vor zehn Jahren wusste jeder PC-Benutzer noch ganz genau, wo sich seine Software und Dateien befanden: auf der Festplatte seines Computers. Mit der Verbreitung des Cloud Computing werden die IT-Infrastrukturen jedoch zunehmend abstrakter. Über webbasierte Anwendungen wie Google Docs, Salesforce.com, Hotmail und Google Kalender können Benutzer auf die Software externer Server zugreifen, Daten auf externen Servern ablegen und den eigenen Rechner als Client nutzen. Somit ist es möglich, von jedem beliebigen Rechner aus auf persönliche Daten zuzugreifen, um an der Doktorarbeit weiterzuarbeiten, Termine nachzuschlagen und so weiter.

Videokonferenzen waren früher den Reichen und Mächtigen vorbehalten. Inzwischen kann vom Flachbildschirm bis zum Mobiltelefon so gut wie jedes Kommunikationsgerät Bilddaten in Echtzeit übertragen. Für Videokonferenzen muss sich heute niemand mehr verkabeln.

Wir lösen uns in zunehmendem Maße von den physikalischen Fixpunkten des Alltags und arbeiten, spielen, treiben Sport, gehen Hobbys nach und tätigen Einkäufe, wo und wann es uns gerade beliebt. Zweifellos wird es auch künftig weiterhin reguläre Arbeitsplätze und -zeiten geben. Doch immer mehr Menschen werden dazu übergehen, zu Hause – oder wo auch immer – zu arbeiten und sich ihre Zeit frei einzuteilen. Wie die modernen Geräte wird auch der moderne Mensch immer mobiler und unabhängiger von örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten.

Dem Austausch digitaler Informationen und multimedialer Inhalte sind keinerlei Grenzen mehr gesetzt. Seit wir elektronische Daten aus geschlossenen Netzwerken und Datenbanken befreit haben, umschwirren sie uns, und wir können sie jederzeit einfangen und nutzen. Das Einzige, was dazu nötig ist, ist ein Mobilfunkgerät.

Der eine oder andere mag sich jetzt denken, dass uns Mobilfunkgeräte ja schon seit Jahren mehr Mobilität im Privat- und Arbeitsleben gewähren. Was soll daran also neu und bemerkenswert sein? Nun, bemerkenswert ist, wie schnell sich der Grad der Mobilität erhöht und welche Leistungs- und Produktivitätsstandards sich in diesem Kontext innerhalb kürzester Zeit durchgesetzt haben. Neue Standards sind mit der Erweiterung des Leistungsspektrums um HD-Videostreaming, der Sprachsteuerung von Geräten und vielen weiteren innovativen Funktionen schon in Sicht und werden unser heutiges Verständnis von Mobilität radikal verändern.

4. Strömung: Produktintelligenz

Sie sind im Auto unterwegs und plötzlich blinkt auf der Instrumententafel ein Symbol auf: Luftverlust in einem der Reifen. Einen Moment später meldet sich auch schon Ihr Navigationssystem zu Wort: »Sie erreichen in drei Kilometern eine Tankstelle. Verlassen Sie die Autobahn an der nächsten Ausfahrt.«

Warum weiß Ihr Auto das? Weil es intelligent ist. Es verfügt über ein Reifendruckkontrollsystem und ist vernetzt (auf Vernetzung komme ich als nächstes zu sprechen). Ihr Auto weiß auch, wann die Tankfüllung zur Neige geht, und kann Ihnen sogar sagen, wo Sie am günstigsten tanken.

Seit den 1980er und 90er Jahren werden reihenweise Verbrauchsgüter auf den Markt gebracht, die dank immer leistungsfähigerer und kostengünstigerer Mikrochips über intelligente Funktionen verfügen: selbstreinigende Herde, Außenleuchten mit Bewegungsmeldern und so weiter. Aber das ist nur der Anfang. Der Umfang, in dem sich heute nahezu jedes Produkt mit intelligenten Funktionsmerkmalen ausstatten lässt, wird unseren Alltag radikal verändern.

Wo sich ein Mikroprozessor einbauen lässt, lassen sich auch intelligente Funktionen implementieren. Nicht nur die Reifen unserer Autos, sondern auch die Fahrbahnen selbst können mit Intelligenz ausgestattet werden. Wenn ich in ein Parkhaus fahre, kann ich der Anzeigetafel an der Einfahrt heute schon entnehmen, dass sich der letzte freie Parkplatz beispielsweise auf der dritten Ebene im zweiten Gang auf dem vierten Stellplatz rechts befindet. Und demnächst wird mir wahrscheinlich angezeigt: »Bitte fahren Sie auf Ebene fünf, hier wird in Kürze ein Parkplatz frei«, weil die Sensoren dem System melden, dass auf der fünften Ebene gerade ein Einkaufswagen entladen wird.

Mit Sensoren ausgestattete Baustoffe wie Stahl und Zement sind bereits im Einsatz. Mittlerweile sind auch intelligente Straßen technisch realisierbar und können Autofahrer vor Schlaglöchern warnen oder den zuständigen Stellen mitteilen, dass sich unter der Asphaltdecke ein Hohlraum bildet. Wie das? Ganz einfach: durch Sensoren im Asphalt. Intelligenten Zement, der die Brückenmeisterei über fällige Wartungsarbeiten informiert, gibt es ja schon.

Alles, was man anfassen kann, kann mit Intelligenz ausgestattet werden. Dafür sind lediglich ein Sensor und der Datenaustausch über ein Netzwerk erforderlich.

5. Strömung: Vernetzung

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Musikindustrie in ihren Grundfesten erschüttert und beinahe zu Fall gebracht. Grund dafür war eine kleine Firma, die den Namen ihres Gründers, des damals 18-jährigen Collegestudenten Shawn »Napster« Fanning aus Boston, trug. Gemeinsam mit Grokster, KaZaA und einigen anderen Softwarefirmen eröffnete Napster einen bis dato unbekannten Vertriebsweg in der Musikbranche: die Internet-Musiktauschbörse. Anstatt Musikdateien wie bisher auf einem zentralen Speicherort abzulegen, auf den Benutzer nur mit den entsprechenden Zugriffsrechten zugreifen konnten, ermöglichte Napster das Filesharing in einem Peer-to-Peer-Netzwerk, das heißt den freien Austausch von Musikdateien zwischen den Benutzern.

Dagegen lief die Musikindustrie logischerweise Sturm, doch die Bemühungen ihrer Vertreter, die Stilllegung der Napster-Server durchzusetzen, scheiterten daran, dass sich der Standort der Server nicht auffinden ließ. Das war auch nicht weiter verwunderlich, denn es gab keinen zentralen Server-Standort. Es erging ihnen wie der amerikanischen Schriftstellerin Gertrude Stein, die über Oakland, Kalifornien einmal schrieb: »Wenn du dort hinkommst, gibt es kein Dort dort.«

Die Großen der Musikindustrie hatten jede Menge Geld, Einfluss, Macht und das Recht auf ihrer Seite. Napster und Grokster hatten Netzwerke. Es war ein ungleicher Kampf.

Das Bestreben, sich mit anderen zu verbinden, hegt der Mensch nicht erst seit der Erfindung des Telefons. Solche Netzwerke existieren schon seit der Antike in Form der alten Römerstraßen oder der Schifffahrtsrouten der Phönizier; später dann in Form der ersten Eisenbahn-Schienennetze. Die frühen Netzwerke verbanden die Menschen zwar über große räumliche Entfernungen, doch bis die Verbindung zustande kam, konnten Monate vergehen. Ohne zeitliche Verzögerung über große räumliche Entfernungen miteinander in Verbindung zu treten, ermöglichte uns erst das Telefon, das über Generationen das wichtigste und gebräuchlichste Medium der Kontaktpflege blieb. Dann kam das Faxgerät, kurz darauf der Computer und mit ihm die E-Mail, dann das Internet mit Chatrooms und Foren, dann Mobiltelefone und SMS. Der Durchschnitts-Teenager kommuniziert heutzutage problemlos mit zwölf Freunden gleichzeitig, ohne den Überblick zu verlieren. Napoleon wurde einst dafür bewundert, seinen Sekretären oft gleichzeitig bis zu sechs Briefe gleichzeitig diktieren zu können. Mit ihren Laptops und Handys schaffen Millionen Jugendliche heute locker die doppelte Menge.

Mit ihrer wachsenden Ausdehnung, Geschwindigkeit und Zugänglichkeit gewinnen die Netzwerke an Bedeutung und werden auf immer neue Arten genutzt, die neben der schriftlichen (per E-Mail, Instant Messaging, SMS) und mündlichen (per Telefon) auch die zwei- oder sogar dreidimensionale Videokommunikation ermöglichen. In diesem Bereich vollzieht sich der Wandel besonders rapide und wird immer neue, faszinierende Chancen eröffnen, auf die ich noch zu sprechen komme.

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