Loe raamatut: «Eine Geschichte des Krieges», lehekülg 12

Font:

Querverweise

Nie wieder Krieg!203

Die Mythen des britischen Imperialismus216

Millionen Gefangene428

Der verwilderte Krieg in den Kolonien549

Der Bombenkrieg, vom Boden aus betrachtet568

Hunger als Waffe639

Flüchtlinge und Vertriebene701

Die Gespenster von My Lai812

Der überlebende Zeuge830

Urteilen, die Wahrheit sagen, versöhnen845

1Zit. n. Sven Lindqvist / Linda Haverty Rugg, »Bombing the Savages«, zit. n. Frédéric Mégret, »From ›Savages‹ to ›Unlawful Combatants‹«, in: Anne Orford (Hg.), International Law and its Others, Cambridge 2009, S. 294.

2Jes 2,4: »Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln.« (Lutherbibel 2017)

3Thomas Sergeant Perry (Hg.), The Life and Letters of Francis Lieber, Clark, NJ 2006, S. 331.

4https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/Article.xsp?action=openDocument&documentId=BE901A84294414A5C12563CD00514A7D [30. 7. 2019].

5https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0201_haa&object=translation&st=&l=de [30. 7. 2019].

6Christian Meurer, Die Haager Friedenskonferenz, 2. Bd., München 1907, S. 656.

7Bulletin international des sociétés de la Croix-Rouge 1890, S. 22.

8Leo Tolstoi, Krieg und Frieden, Düsseldorf 2002, S. 1247.

9Wilfred Owen, »Dulce et decorum est«, in: ders., Die Erbärmlichkeit des Krieges, Berlin 2014, S. 28.

10Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Bd. 2, Nürnberg 1947, S. 115.

11Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Bd. 1, Nürnberg 1947, S. 192.

12https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19490188/index.html [16. 8. 2019].

John R. McNeill
Umweltzerstörung

Unter Napoleon musste man fünfzehn Hektar Eichenwald abholzen, um ein einziges Kriegsschiff zu bauen … Mit der Massenarmee haben sich die Auswirkungen des Krieges auf die Umwelt vervielfältigt. Paradoxerweise werden die größten Verheerungen nicht durch die bewaffneten Auseinandersetzungen selbst, sondern durch deren Vorbereitung verursacht.

In den ersten Monaten des Jahres 1991 steckte die irakische Armee in Kuwait rund siebenhundert Erdölquellen in Brand. Dabei handelte es sich um einen bewussten Akt von Umweltkriegführung, mit dem der amerikanische Einmarsch verlangsamt und Kuweit bestraft werden sollte. Die amerikanische Armee ließ sich nicht aufhalten, aber die Rauchsäulen ragten bis zu 6000 Meter in den Himmel auf, schluckten die Sonnenstrahlen und ließen dadurch über Monate die Temperaturen in der Region des Persischen Golfs fallen. Der letzte Brand wurde erst neun Monate später gelöscht, nachdem die Flammen ungefähr eine Milliarde Barrel Öl verschlungen hatten.

Der Krieg ist seit Langem eine der Formen, in denen die Menschheit ihre natürliche Umwelt beeinflusst. Umgekehrt spielen die Umweltbedingungen wie das Klima und die Topografie eine bedeutende Rolle in der Kriegführung. Die Ursprünge dieser wechselseitigen Beziehung zwischen Krieg und Umwelt verlieren sich im Nebel der Geschichte. Im vorliegenden Text geht es ausschließlich um eine Seite der doppelten Beziehung: die Auswirkung des Krieges auf die Umwelt.

In vergangenen Zeiten benutzten die Menschen das Feuer für die Jagd; höchstwahrscheinlich diente es ihnen auch für den Krieg. Das Niederbrennen bewaldeter Gebiete, in denen sich der Feind verstecken konnte, ist als Taktik wahrscheinlich so alt wie der Krieg selbst. Und das Abbrennen der Felder, von denen sich der Feind ernähren konnte, war in der Zeit, als die Landwirtschaft erfunden wurde, sicher schon existierende Kriegspraxis. In der Moderne stellt das Feuer nur noch eine unter vielen Methoden dar, mit denen der Krieg die Umwelt verändert.

Das Aufkommen der Massenheere mit Hunderttausenden oder gar Millionen von Soldaten hat die Auswirkungen der Kriege auf die Umwelt vervielfacht. Zahlreiche Erzählungen aus der fernen Vergangenheit sprechen von gigantischen Armeen, und manche sind möglicherweise wahrheitsgemäß. Doch im strengen Sinne können wir von Massenheeren erst seit der Levée en masse, das heißt der Massenaushebung der 1790er Jahre in Frankreich, sprechen. Solche Armeen zu verpflegen, zu kleiden, zu bewaffnen und zu transportieren bedeutete notwendigerweise – und bedeutet immer noch – eine größere Auswirkung auf die Umwelt als die Versorgung kleinerer Armeen: Was man zur Zeit Alexanders des Großen oder Karls des Großen kannte, ist damit nicht zu vergleichen. Selbiges lässt sich übrigens auch für die veränderte Größenordnung der Kriegsflotten konstatieren.

Im Zeitalter des industriellen Krieges können die Gesellschaften dank Stahlbeton, Bulldozern und zahlreichen anderen Technologien Befestigungen in einem bis dahin unvorstellbaren Maßstab errichten. Die modernen Armeen (Luft- und Seestreitkräfte mit eingeschlossen) verfügen seit der Entwicklung der Sprengstoffe Mitte des 19. Jahrhunderts über eine Schlagkraft, die der der Armeen de Turennes oder Napoleons unendlich überlegen ist. Die Entwicklung der Atomwaffen 1945 verschob endgültig die Größenordnung dieser potenziellen Zerstörung und brachte die Angst in die Welt, dass alles Leben auf Erden ausgelöscht werden könnte.

Hier gilt es, einige allgemeine Prinzipien herauszustellen, die auf den ersten Blick überraschend wirken können. Die erste Feststellung ist, dass in den meisten Fällen die Kämpfe selbst geringere und weniger lang anhaltende Auswirkungen auf die Umwelt haben als die Vorbereitungen zum Krieg. Die zweite ist, dass in den meisten Fällen die Guerilla- oder »irregulären« Kriege schwerwiegendere Folgen für die Umwelt haben als die konventionellen Kriege. Die Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts nach einem Krieg schließlich hängt mehr von den Bedingungen der Nachkriegszeit ab als von den Auswirkungen des Krieges selbst auf die Umwelt. Alle diese Prinzipien kennen Ausnahmen, die im Weiteren erläutert werden.

Feldverpflegung für Millionen

An den Kriegen der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen waren sehr viel größere Heere beteiligt, als jemals zuvor in Europa in die Schlacht gezogen waren. 1793 führte die Französische Republik die Wehrpflicht ein, um gegen Österreich und Preußen, dann gegen Piemont, Großbritannien und die Republik der Vereinigten Niederlande Krieg zu führen. Diese beispiellosen Ausmaße brachten die französische Armee bald zu einer Gesamtpersonalstärke von anderthalb Millionen Menschen, von denen die Hälfte zu dem einen oder anderen Zeitpunkt auf dem Schlachtfeld kämpfte. Mit dem Plan, in Russland einzufallen, versammelte Napoleon 1812 eine Streitmacht von ungefähr 650 000 Mann, zehn Mal so groß wie jede europäische Armee ein Jahrhundert zuvor (allerdings existieren Berichte, dass es im 17. und 18. Jahrhundert chinesische Armeen von mehr als 600 000 Personen gegeben habe). Einige Gegner Frankreichs nahmen sich das Land nach 1793 zum Vorbild und machten sich daran, ebenfalls Massenarmeen aus dem Boden zu stampfen.

Die Napoleonischen Kriege führten zu gigantischen Auseinandersetzungen. Die wichtigsten Schlachten forderten Zehntausende Tote und Verwundete. Dennoch hatten selbst die Schlacht bei Borodino (1812) und die Völkerschlacht bei Leipzig (1813) mit ihren ungeheuren Armeen, ihren Tausenden von Pferden und ihren unzähligen Artilleriegeschützen lediglich bescheidene Auswirkungen auf die Umwelt. Diese Schlachten fanden wie der größte Teil der Schlachten der Napoleonischen Kriege auf landwirtschaftlichen Flächen, Feldern, in Wäldern, auf Straßen oder auch in Dörfern statt. Die Artillerie zerstörte die Gehölze und verwüstete gemeinsam mit den Pferdehufen die Felder. Doch einige Monate später wurden diese Felder von Neuem beackert und besät. Die Dörfer und Wälder brauchten länger, um sich zu erholen, einige Jahre für die Dörfer und einige Jahrzehnte für die Wälder. Nichtsdestotrotz hinterließen diese Schlachten keine langfristigen ökologischen Folgeschäden.

Die Versorgung gigantischer Heere ist ein entsprechend bedeutsames Unterfangen. Jede in den Krieg ziehende Gesellschaft musste unerhörte Mengen an Rohstoffen zusammenführen: Eisen, Salpeter (für das Pulver), Leder oder auch Pferde und unverderbliche Lebensmittel. Die Gier der Armeen zwang dazu, Bergbau wie Ackerbau umzustellen. Wir verfügen nur über wenige Quellen zu diesen Themen, es macht aber den Anschein, dass der Bergbau stärker betroffen war als die Landwirtschaft, da die Bauern im Frieden genauso wie im Krieg an einer Maximierung der Produktion interessiert waren. Die Nachfrage des Militärs nach Metall hingegen zog vorübergehend eine starke Intensivierung des Bergbaus nach sich, so beispielsweise in China während der Song-Dynastie im 10. und 11. Jahrhundert: Im Norden des Landes entwickelte sich ein Eisen- und Kohleabbaukomplex, der im Umfang allen europäischen Bergbau vor 1700 übertraf. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts trieb die Nachfrage des Militärs den Bergbau in Russland an. 1800 kam es nicht selten vor, dass die Nachfrage nach Eisen, Leder und Zinn sowie nach Salpeter für die Feuerwaffen und das Pulver den Produktionsumfang überstieg, was auf (und unter) der Erde immer größere Narben hinterließ.

Erze zu schmelzen erfordert selbstredend Brennstoff. Um zum Beispiel Eisen herzustellen, benötigt man entweder Holzkohle oder mit einigen Ende des 18. Jahrhunderts aufgekommenen technologischen Verbesserungen Steinkohle. Bis 1800 verschwanden ganze Wälder in der Umgebung von Erzminen, und selbst danach noch, wenn es Kohleknappheit gab.

Die größten Auswirkungen auf die Umwelt sind beim Bauholz zu suchen, das für Kriegsschiffe benutzt wurde. Jedenfalls sind sie am besten dokumentiert. Zur Zeit der Napoleonischen Kriege erforderte ein 74-Kanonen-Schiff (das heißt ein mittelgroßes Militärschiff) enorme Mengen an Eichenholz für den Rumpf und den Rest der Konstruktion: Ungefähr 3000 ausgereifte (also mindestens hundertjährige) Bäume, was rund 15 Hektar Eichenwald entspricht. Außerdem benötigten die Kriegsschiffe ein »Spanten« genanntes Spezialholz, das nur an Eichen zu finden war, die beim Wachsen ausreichend Platz zur freien Entfaltung ihrer Äste gehabt hatten. Zudem waren Kiefern und Tannen für die Masten und Spieren erforderlich, die auch noch regelmäßig ausgetauscht werden mussten. Schließlich brauchte man in kleineren Mengen auch Ulmen und Buchen. Die Sicherung von ausreichend Bauholz war einer der Hauptgründe Colberts, den König 1669 das Dekret »zur Sache der Gewässer und Wälder« unterzeichnen zu lassen, was dennoch nicht verhinderte, dass Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts beträchtliche Schwierigkeiten hatte, sich ausreichend Vorräte an hochwertigem Eichenholz zu sichern. Während der Napoleonischen Kriege durchkämmte die französische Marine das Land auf der Suche nach ausgereiften Eichen, bevor sie dazu überging, sie aus Italien und dem westlichen Balkan zu importieren. Die französische Flotte bestand in dieser Epoche aus 30 bis 80 Schiffen, während die British Royal Navy ihren Bestand immer bei 100 bis 110 Kriegsschiffen hielt. Der Bau und die Unterhaltung der großen Holzschiffe der napoleonischen Ära hatten beträchtliche Folgen für die Eichenwälder. Nachdem die ausgereiften Eichen in Westeuropa fast vollständig verschwunden waren, begannen die Regierungen mit Blick auf den zukünftigen Schiffsbau damit, Maßnahmen zum Schutz der Wälder zu ergreifen. Dabei handelt es sich um eines der ersten Beispiele für Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung einzig mit dem Ziel der Vorbereitung der nächsten Kriege. In den 1860er Jahren, als hölzerne Kriegsschiffe zunehmend gepanzerten Schlachtschiffen Platz machten, endete die Überbeanspruchung der europäischen Wälder durch militärische Nachfrage. Dennoch hatte das Vorhandensein oder Fehlen von Eichenwäldern langfristige agrarökologische Folgen. Wenn die Eichen fehlten, mussten die Schweine direkt gefüttert und im Schweinestall gehalten werden. Das war der Preis, wenn man die Schweinezucht nicht aufgeben wollte.

Es muss betont werden, in welchem Maße die Napoleonischen Kriege durch Umwelterwägungen beeinflusst waren. Nach 1793 waren die Heere so riesig und die Technologien zur Konservierung und zum Transport von Lebensmitteln so primitiv, dass die Soldaten keine andere Wahl hatten, als direkt von dem zu leben, was das Land ihnen bot. Während die kleinen Heere in Regionen, die nur ein geringes Mehrprodukt abwarfen, überleben konnten, galt das für die napoleonischen Heere nicht mehr. Aufgrund ihrer Größe konnten sie nur in fruchtbaren und produktiven Regionen wie Frankreich, den Niederlanden, Norditalien oder auch Mitteleuropa effizient operieren. Als Napoleon hingegen 125 000 Mann in den Kampf nach Spanien und 650 000 nach Russland entsandte, produzierten diese Länder nicht genügend, um eine Armee von der Größe der Bevölkerung einer Großstadt zu ernähren. Die Truppen mussten sich daher auf den guten Willen der lokalen Bevölkerung verlassen und viel Geld, Zeit und Energie investieren, um sich alle Nahrungsmittel zu beschaffen, die sie bekommen konnten. Und selbst dann kam es vor, dass Soldaten verhungerten. Napoleon und seine Versorgungsoffiziere, die sich dieser Einschränkungen bewusst waren, verstanden nur zu gut, dass die in Norditalien und Mitteleuropa errungenen Siege in Spanien und Russland schwer zu wiederholen sein würden. Dennoch weigerte sich Napoleon, den Krieg auf die Länder zu beschränken, deren Reichtum ihn ohne Umschweife möglich machte.

Umweltkrieg in China und in den Vereinigten Staaten

Die Vereinigten Staaten und China erlebten beide Mitte des 19. Jahrhunderts einen Bürgerkrieg. Der Chinesische Bürgerkrieg, oft als Taiping-Aufstand bezeichnet, begann 1850 und endete 1864. Die Aufständischen gehörten armen Bevölkerungsschichten und nicht selten Minderheiten aus Südchina an. Mit dem charismatischen Anführer einer religiösen Bewegung an der Spitze gelang ihnen die Sezession, bevor dann fast alle chinesischen Provinzen des Reiches vom Fieber der Revolte erfasst wurden, wobei die Kämpfe in der reichsten Region Chinas, dem Unterlauf des Jangtse, besonders erbittert geführt wurden. Die Anführer des Taiping-Aufstandes befehligten bis zu 500 000 Menschen, während die Heere der Qing-Dynastie mehr als eine Million zählten. Die beiden Lager zogen im großen Stil Milizen hinzu, die oft wenig ausgebildet und wenig diszipliniert waren. Im Verlauf dieser gigantischen Militärkampagne wurden Dutzende Städte und Hunderte Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und systematisch Äcker zerstört, um den Gegner auszuhungern.

In dieser Hinsicht war das China der Mitte des 19. Jahrhunderts besonders anfällig. Über Jahrtausende hatte China ein ausgeklügeltes System von Kanälen, Schleusen, Dämmen zur Produktion und zum Transport von Reis entwickelt. Dank nahezu zweier Jahrhunderte inneren Friedens war das Bewässerungs- und Wassertransportsystem um 1850 äußerst effizient geworden und erlaubte es, eine stark wachsende Bevölkerung zu ernähren. Doch dieses System konnte in Kriegszeiten gestört werden. Die Streitkräfte der Taiping und der Qing verwandten viel Energie darauf, die Dörfer und Felder zu überschwemmen und die Dämme und Kanäle zu demolieren. Ihre beidseitigen Anstrengungen erhöhten die menschlichen Kosten, in erster Linie durch die damit verursachten Hungersnöte und die aufgrund von Mangelernährung verschärften Epidemien. (Laut Schätzungen starben in diesem langen Jahrzehnt zwischen 20 und 80 Millionen Personen, also zwischen 6 und 22 Prozent der Bevölkerung des Qing-Reiches.)

Von dem im ländlichen China ausgebauten Umweltmanagementsystem, das um 1850 effizient, produktiv und lebenswichtig für die Bevölkerung gewesen war, blieben 1864 kurz gesagt nur noch Ruinen. Gerade die Raffinesse des chinesischen Landwirtschaftssystems machte es für die Verheerungen des Krieges anfällig. Es bedurfte mehrerer Jahrzehnte geduldiger Arbeit, um die Bewässerungsinfrastruktur zu reparieren. Zur Zeit des Sturzes der Qing-Dynastie im Jahr 1912 war sie noch nicht vollständig wiederhergestellt, und es lässt sich zeigen, dass die vom Taiping-Aufstand verursachten Umweltschäden indirekt zum Untergang der Qing beigetragen haben.

Der Amerikanische Bürgerkrieg brach 1861 nach einer Sezession im Süden des Landes aus. Ursache war vor allem die Entschlossenheit der Sklavenhalterelite, an ihrer Lebensweise festzuhalten, die größtenteils auf der Institution der Sklaverei beruhte. Der Krieg dauerte bis 1865, wobei die Feldzüge überwiegend in den landwirtschaftlichen Gebieten der Südstaaten stattfanden. Die Unionsarmee (der Nordstaaten) zählte zu ihrem Höhepunkt 2,6 Millionen Soldaten, rund 14 Prozent der Bevölkerung des Nordens; die Konföderiertenarmee zählte wahrscheinlich maximal 1,1 Millionen Soldaten (die betreffenden Dokumente sind bedauerlicherweise verloren), das heißt 11 Prozent der Gesamtbevölkerung des Südens bzw. 20 Prozent seiner freien Bevölkerung.

Im Unterschied zum Taiping-Aufstand war der Amerikanische Bürgerkrieg ein industrieller Krieg. Beide Lager verschafften sich möglichst viel Holz, Metall, Leder und andere Rohstoffe zum Bau von Eisenbahnlinien, Lokomotiven, Befestigungen, Waffen, Schiffen usw. In dem winzigen Dorf Colebrook in Connecticut arbeiteten die Hütten auf vollen Touren, um so schnell wie möglich Eisen zu produzieren. Dabei wurden fast alle Bäume der umliegenden Wälder in Holzkohle verwandelt. Über einen Zeitraum von fast einem Jahrhundert nach dem Krieg wurden die entwaldeten Böden um Colebrook als Weideland benutzt. Seit den 1950er Jahren sind dort wieder Wälder gewachsen.

Die ersten Feldzüge des Amerikanischen Bürgerkrieges fanden hauptsächlich in Virginia statt. Die beiden gegnerischen Armeen verschanzten sich, marschierten, kehrten um – alles innerhalb eines relativ kleinen Gebiets, das sie durch den Bau von Befestigungen und die Verwüstung der Artilleriegefechte radikal veränderten. Die folgenden Feldzüge 1864 und 1865 nahmen die Form eines Bewegungskrieges an, indem die Unionsarmee immer tiefer in das Territorium der Südstaaten vorstieß. An diesem Punkt griff der Krieg auf die Umwelt über. Die Heerführer des Nordens hofften, den Konflikt zu einem Ende führen zu können, indem sie die Nahrungsmittelversorgung der Südstaatenarmeen unterbanden. Daher begannen sie insbesondere in den Staaten Georgia und South Carolina mit der bewussten Zerstörung der Agrarflächen in erster Linie durch Feuer. Die amerikanischen Offiziere, zu deren Ausbildung ein aufmerksames Studium der Napoleonischen Kriege gehörte, bezeichneten diese Strategie mit dem französischen Ausdruck als »chevauchée«. Von der Ernte 1864 schafften sie alles fort, was sie konnten; 1865 zerstörten sie, soweit möglich, die Fähigkeit des Südens zum Anpflanzen und Ernten. Dieser Umweltkrieg, der seinerzeit – wie auch heute noch – hart verurteilt wurde, spielte eine Rolle bei der Kapitulation der Konföderierten im Frühling 1865.

In den meisten Fällen konnten die vom Amerikanischen Bürgerkrieg verursachten Umweltschäden, selbst wenn sie zu der Zeit beträchtlich waren, innerhalb einiger Jahre repariert werden. Im Gegensatz zu China verfügten die Südstaaten kaum über Bewässerungsanlagen und konnten sich schnell und ohne größere Mühe vom Niederbrennen der Felder und vom Verlust des abgeschlachteten Viehs erholen. Dennoch blieb der Süden auf eine subtilere Weise noch viele Jahrzehnte vom Bürgerkrieg gezeichnet. Die Fruchtbarkeit des Bodens beispielsweise war vor dem Krieg dadurch erhalten worden, dass man Wälder zu Asche verbrannte, die reich an Stickstoff, Phosphor und Kalium war – wichtige Elemente zur Bodendüngung. Während des Krieges und danach brach dieses System zusammen, weil durch die Rekrutierung der Armee und die Sklavenbefreiung nicht genügend Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Nach 1865 fehlten dem Agrarsystem der Südstaaten die fruchtbaren Böden. Die verzweifelten Farmer wandten sich, um solvent zu bleiben, der Baumwoll-Monokultur zu.

30,99 €