Loe raamatut: «Eine Geschichte des Krieges», lehekülg 13

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Globale Konflikte: systematische Ausbeutung

Mit den beiden Weltkriegen veränderten sich Antlitz und Maßstab des Krieges. Die kriegführenden Länder mobilisierten zusammengenommen Dutzende Millionen von Menschen. Eine große Ironie der Zeitgeschichte ist, dass die medizinische Wissenschaft und die Militärmedizin 1914 bereits so effizient geworden waren, dass sie ungeheure Mengen an Menschen in Baracken und Militärlagern gesund erhalten konnten, zumindest lange genug, dass sie dann als Kanonenfutter auf die Schlachtfelder geschickt werden konnten. Typhus, Dysenterie, Malaria und Pocken sowie diverse weitere Infektionskrankheiten wurden auf diese Weise eingedämmt – allerdings nicht ausgerottet –, was die Zahl der Opfer der Militärepidemien entsprechend senkte.

Der Umfang dieser Armeen verdankt sich nicht zuletzt der neuen Effizienz, mit der die Gesellschaften ihre Industrie und Landwirtschaft auf Kriegsproduktion umstellten. Millionen Bewaffneter auszurüsten und zu verpflegen erfordert eine minutiöse Planung und eine maximale Ausbeutung der Natur, was die Deutschen im Ersten Weltkrieg und die meisten an den Kämpfen beteiligten Nationen im Zweiten Weltkrieg auch akribisch bewerkstelligten.

Im Ersten Weltkrieg führte der Grabenkrieg – an der Westfront, auf dem Balkan und auch auf der Gallipoli-Halbinsel – zu massiven Umweltzerstörungen. Das wiederholte Sperrfeuer mit seinen schweren Sprengladungen verwüstete die Vegetation und brach die Böden auf. Die chemische Kriegführung, die 1915 begann, vergiftete nicht nur die Soldaten, sondern auch die Pflanzen und Tiere. Stull Holt, ein Amerikaner, der in Verdun eine Ambulanz für die französische Armee betrieb, wurde von einer deutschen Gasgranate getroffen. Im Rückblick schrieb er: »Ich konnte nichts mehr sehen, meine Augen tränten und brannten, ebenso meine Nase. Ich bekam kaum Luft. Ich rang nach Atem, erstickte und empfand das extreme Entsetzen eines Ertrinkenden.«1 Die Giftgasangriffe töteten ungefähr 30 000 Kombattanten im Ersten Weltkrieg, doch wie Arthur Empey, ein zu dieser Zeit in der britischen Armee dienender Amerikaner, hervorhob: »Die Tiere litten am meisten: die Pferde, die Maultiere, die Rinder, die Hunde, die Katzen und auch die Ratten, die keine Gasmasken hatten, um sich zu schützen.«2

Hinter der Front gingen die Kriegsanstrengungen notwendig auf Kosten der Umwelt. In den deutschen Industriestädten, die 1914 teilweise um eine Reduktion der Rauchemissionen kämpften, verschwand im Interesse größtmöglicher Kriegsgüterproduktion jede Rücksicht auf die Luftqualität. In Großbritannien praktizierten die Landwirte Intensivanbau zur Maximierung der Getreideernte, weil durch den U-Boot-Krieg der Deutschen das Gespenst der Hungersnot drohte. In den düstersten Tagen des Jahres 1917 dachte niemand an die Gefahr der Bodenerosion. In Frankreich und Belgien wurden die Wälder gnadenlos ausgebeutet, um das nötige Holz für die Kriegsanstrengung zur Verfügung zu stellen: um Schützengräben, Schutzräume und Tunnel zu errichten. In den Vereinigten Staaten und Kanada pflügten die Farmer riesige Wiesengebiete um, um dort Weizen anzubauen, dessen Preis so schnell stieg wie die Nachfrage.

Die Umweltveränderungen durch die Kämpfe des Ersten Weltkrieges waren zwar extrem, aber im Allgemeinen von kurzer Dauer. Wo die Schlachtfelder aufgrund von Denkmalpflege erhalten wurden, so etwa in bestimmten Teilen Nordfrankreichs oder der Halbinsel Gallipoli, kann man heute, ein Jahrhundert später, noch die tiefen Spuren sehen, die die Gräben hinterlassen haben. In Frankreich bleiben 1200 Quadratkilometer zwischen Verdun und Lille unzugänglich: Es handelt sich um die rote Zone, die übersät ist mit nicht explodierten Granaten. An diesen Orten ist die Erde mehr der Natur als den Farmen oder Dörfern zurückgegeben. Doch in den meisten vom Kampf verwüsteten Gebieten genügten einige Jahre landwirtschaftlicher Arbeit und Beweidung, um das agrarische Erscheinungsbild des Landes wiederherzustellen. Gelegentlich förderte ein Spatenstich ein Skelett oder eine Granate zutage. Wie im Amerikanischen Bürgerkrieg haben selbst die heftigsten Kämpfe einige Jahrzehnte später nur geringe Spuren hinterlassen.

Trotzdem hat genau wie der Amerikanische Bürgerkrieg auch der Erste Weltkrieg subtile Auswirkungen auf die Umwelt gehabt. Die Wälder, die im Libanon abgeholzt wurden, damit die osmanischen Streitkräfte eine Eisenbahnstrecke nach Arabien bauen konnten, sind nie wieder aufgeforstet worden, sodass die Berglandschaft unvermeidlich zur Bodenerosion verurteilt war. In Nordamerika entstand aus den Graslandschaften, die 1915–1918 für den Weizenanbau gepflügt worden waren, das berühmte »Staubbecken« (Dust Bowl), eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der Vereinigten Staaten und Kanadas. Die Dürre, die Ende der 1920er Jahre begann und in den 1930er Jahren ihren Höhepunkt erreichte, führte zu einer Winderosion eines der fruchtbarsten Böden der Erde. Hunderttausende Familien von Texas bis Saskatchewan (Kanada) waren gezwungen, ihre Farmen aufzugeben, als die Sandstürme auf ihre Häuser und Felder stoben. In Österreich hatten auch die Friedensvereinbarungen Folgen für die Umwelt. Vor 1914 bildete Österreich den Mittelpunkt des riesigen Habsburger Reiches Österreich-Ungarn. Dessen Wirtschaft beruhte auf dem böhmischen Kohleabbau. Der Vertrag von Versailles schuf ein neues Land, die Tschechoslowakei, zu der auch das Steinkohlerevier Böhmens gehörte. Seiner Hauptenergiequelle verlustig gegangen, errichtete Österreich Staudämme an seinen Alpenflüssen, um hydroelektrische Energie zu produzieren. Die dadurch hervorgerufene Entstellung dieser Berglandschaften ist eine andere subtile und indirekte Auswirkung des Ersten Weltkrieges auf die Umwelt.

Im Ersten Weltkrieg begonnene Entwicklungen setzten sich im Zweiten Weltkrieg fort, führten allerdings zu ganz neuen Situationen. An bestimmten Orten wie in Stalingrad bewirkten die ebenso heftigen wie lang anhaltenden Kämpfe extreme Zerstörungen entlang der Schützengräben. Hinter der Front organisierten die Wirtschaftsplaner unerbittlich die Rohstoffströme, um die Kriegsproduktion zu maximieren. Dennoch war der Zweite Weltkrieg mehr Bewegungskrieg als der Erste Weltkrieg, und nur wenige Kampfgebiete erlebten derart lang anhaltende Gefechte wie an der Westfront 1914–1918. Es handelte sich im Gegenteil eher um einen klandestinen Partisanenkrieg, insbesondere auf dem Balkan und in China. Schließlich entwickelte sich auch das mit großer Reichweite einsetzbare Luftbombardement, das Tod und Zerstörung auf Dutzende europäische, chinesische und japanische Städte regnen ließ.

Der Zweite Weltkrieg zeichnete sich durch seine Fähigkeit zur Zerstörung städtischer Umwelten aus. Vor allem die Bombenangriffe waren für diese Zerstörungen verantwortlich, allerdings spielten in manchen Fällen wie in Stalingrad, Leningrad und Budapest auch Belagerungen und Artilleriefeuer eine wichtige Rolle. Zu Beginn des Krieges, als die Achsenmächte (Deutschland, Italien und Japan) noch die Initiative hatten, mussten hauptsächlich die englischen, sowjetischen und chinesischen Städte die Kosten der Bombardements tragen. 1943 hatte sich das Blatt gewendet. Nun wurden die Deutschen und dann die Japaner*innen Ziel heftiger Bombenangriffe. 1945 waren Städte wie Warschau durch die Kämpfe weitgehend zerstört. Die Vereinigten Staaten bauten die größten Bomber des Krieges, die Japan in Schutt und Asche legten, den größten Teil Tokios in Brand steckten und mit der Atombombe Hiroshima und Nagasaki dem Erdboden gleichmachten. Aufgrund dieser extremen Gewalt kapitulierte Japan. Im Durchschnitt benötigten die Städte zum Wiederaufbau zwischen zehn und dreißig Jahre. Schnell ging es in Großbritannien und Japan, langsamer in der UdSSR, Ostdeutschland, Polen und China, wo sich die Wirtschaft insgesamt weniger gut erholte. Die zweithöchste Erhebung Berlins, der 120 Meter hohe Teufelsberg, ist ein aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges aufgeschütteter künstlicher Hügel. Er ist von Pflanzen überwuchert und bietet Wildschweinen eine Heimat. Die meisten deutschen Städte haben einen nach 1945 errichteten Trümmerhügel.

Von den Städten abgesehen ereignete sich die spektakulärste Umweltzerstörung des gesamten Zweiten Weltkrieges im Juni 1938 entlang des Gelben Flusses in Nordchina. Um das Vorrücken der japanischen Armee zu verlangsamen, schlugen die chinesischen Streitkräfte, genauer gesagt die Truppen der von Chiang Kai-shek angeführten Kuomintang, Breschen in die südlichen Dämme des Stroms, um das Flachland der Provinz Henan zu überfluten. Die japanische Armee wurde zumindest vorübergehend tatsächlich aufgehalten. Hunderttausende chinesische Bauern ertranken, während andere ihr Vieh und ihre Häuser verloren. Durch den Krieg wurde eine Reparatur der Dämme unmöglich gemacht, sodass Henan jedes Jahr ein Stück weiter überschwemmt wurde. Zum Zeitpunkt der japanischen Niederlage befanden sich 40 Prozent der 30 Millionen Einwohner*innen, die die Provinz vor dem Krieg gezählt hatte, auf der Flucht. Zwischen dem Bürgerkrieg (1946–1949) und den von Mao Zedong hartnäckig vorangetriebenen Mobilisierungskampagnen blieb die Lage im Norden Chinas lange Zeit chaotisch. Die Bauern in Henan brauchten Jahrzehnte, um die Schäden von 1938 zu reparieren.

Agent Orange im Mekongdelta

Der Kalte Krieg schloss mehr oder weniger an das Ende des Zweiten Weltkrieges an. Diese lange militarisierte Auseinandersetzung zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion sowie ihren jeweiligen Verbündeten hatte zahlreiche Auswirkungen auf die Umwelt. Die Vereinigten Staaten, die UdSSR, China, Frankreich und Großbritannien legten sich Atomwaffenprogramme zu, die sie im Rahmen des Kalten Krieges zwar nicht einsetzten, aber wiederholt testeten. Außerdem kam es zu zahlreichen Atomunfällen beim Bau dieser Bomben, insbesondere in der UdSSR. Es wird mindestens hunderttausend Jahre dauern, bis die radioaktive Verseuchung vollständig verschwunden ist.

Zu bestimmten Zeitpunkten heizte sich der Kalte Krieg so weit auf, dass er sich in einen wirklichen Krieg verwandelte, wie es in Vietnam und im Süden Afrikas der Fall war. Der Kalte Krieg hatte seinen Anteil an den Unruhen, die von 1975 bis 1990 den Süden Ovambolands ergriffen, ein dicht besiedeltes Überschwemmungsgebiet zwischen Nordnamibia und Südangola. Südafrika griff regelmäßig in diesen lang dauernden Konflikt ein, um eine namibische Miliz zu zerstören, die die Unterstützung einer angolanischen Fraktion genoss, welche ihrerseits Hilfe von kubanischen Soldaten und Waffen von der Sowjetunion erhielt. Die Milizen und die Armeen terrorisierten die agrarische Bevölkerung Ovambolands, steckten ihre Häuser und Höfe in Brand, schlachteten ihr Vieh hin und machten ihre Obstgärten dem Erdboden gleich. Das lokale Getreide, eine Hirsesorte, wuchs hoch genug, um den Guerilleros ein ausgezeichnetes Versteck zu bieten, sodass die Strategien des Antiguerillakampfes unter anderem im systematischen Niederbrennen der Felder bestanden, was Tausende Bauern zur Flucht trieb. Ihre Nutzflächen wurden bald wieder von Dornbüschen überdeckt. Ohne das Auslichten der Bäume, Beaufsichtigung der Herden und Pflege der Felder und Obstgärten über die fünfzehn Jahre, die die Kämpfe andauerten, veränderte sich die Landschaft radikal. Anstelle der Landwirtschaft wurde das Feuer zum zentralen Faktor der Umweltveränderung – das Feuer, das dazu eingesetzt wurde, um den Gegner zu bestrafen, ihn einzuschüchtern oder ihm die Möglichkeit zum Verstecken zu nehmen.

Die Armeen und die Milizen operierten regelmäßig in den Naturreservaten und Schutzgebieten, wo sie Wild im Überfluss vorfanden. Tiere, die wie Elefanten mit ihren Stoßzähnen aus Elfenbein einen großen Marktwert hatten, waren für Truppen, die knapp bei Kasse waren, das Ziel der Wahl. Auch die Geflüchteten strömten in diese Schutzzonen und überlebten dort dank der gedeihlichen Flora und Fauna. Der Stellvertreterkrieg in Namibia erwies sich letztendlich als sehr schädlich für die Tierwelt.

Die Auseinandersetzungen in Vietnam waren noch zerstörerischer. Auch die Beteiligung der beiden Supermächte des Kalten Krieges nahm dort eine direktere Form an als in Ovamboland. Nach 1945 versuchten die vietnamesischen Nationalist*innen, die zum Teil auch Kommunist*innen waren, sich von der französischen Kolonialherrschaft zu befreien. Die französische Kolonialmacht hielt mit ihren eigenen Truppen dagegen, doch nach ihrer Niederlage in der Schlacht um Diên Biên Phu 1954 traten die Vereinigten Staaten ihre Nachfolge im Kampf gegen den Kommunismus in Vietnam an. 1965 versuchten diese, einen kaum gefestigten Marionettenstaat in Südvietnam an der Macht zu halten, während sie die Truppen Nordvietnams bekämpften, das von der Kommunistischen Partei regiert und von China und der UdSSR zugleich unterstützt wurde.

Die meiste Zeit waren die Kräfte Nordvietnams und der verbündeten Vietcong im Süden gezwungen, Guerillatechniken anzuwenden. Die Vereinigten Staaten führten Antiguerillakampagnen durch, was sie allerdings in beschränktem Umfang auch vorher schon kurzzeitig getan hatten. Der größte Teil Vietnams war mit Tropenwald bedeckt, was den Guerillakämpfer*innen ideale Voraussetzungen bot. Die Nordvietnames*innen errichteten sogar Versorgungsrouten durch den Dschungel, darunter den berühmten Ho-Chi-Minh-Pfad. Das amerikanische Militär reagierte mit Entlaubungs- und anderen chemischen Stoffen, die die Bäume, Büsche und Gräser abtöten konnten. Der bekannteste dieser Entlaubungsstoffe ist Agent Orange, das Dioxin enthält, eine besonders potente und außerordentlich stabile chemische Verbindung. Die Flugzeuge versprühten diese Chemikalien schnell und kostengünstig über 8 Prozent der Landesfläche Vietnams, vor allem in der Region des Mekongdeltas, damit die amerikanischen Soldat*innen nicht in Hinterhalte gerieten. Laut der vietnamesischen Regierung leiden heute mehr als 4 Millionen Menschen unter den Folgen des Dioxineinsatzes.

Die Vereinigten Staaten verwendeten auch mechanische Mittel, um ihre Gegner*innen daran zu hindern, sich in den vietnamesischen Wäldern zu verstecken. Die Rome Plow-Bataillone, monströse Planierraupen, die mit zwei Tonnen schweren Klingen zum Abschneiden von Bäumen bestückt waren, konnten jedwede Vegetation in Rekordzeit niedermähen. Ab 1967 zerstörten die Rome Plow nach und nach 2 Prozent der südvietnamesischen Böden. Mittels der Entlaubungsstoffe und der mechanischen Werkzeuge verwüsteten die amerikanischen Streitkräfte ungefähr 22 000 Quadratkilometer Wald (eine Fläche von der Größe New Jerseys oder Israels), das heißt etwa 23 Prozent der Waldfläche Vietnams im Jahr 1973.

Im Gegensatz zu den Konflikten im Süden Afrikas wurde Vietnam auch zum Schauplatz eines umfänglicheren Bombenkrieges als alle Luftbombardements des Zweiten Weltkrieges zusammengenommen. Die US Air Force warf zwischen 1965 und 1974 über 6 Millionen Tonnen Bomben über Vietnam ab. Dadurch entstanden mehr als 20 Millionen Bombenkrater – das ist mehr, als 4,5 Milliarden Jahre Meteoritenbombardement auf der Mondoberfläche hinterlassen haben. Einige dieser Krater dienen heute als Fischteiche. Aufgrund ihrer Feuerkraft und Technologie bewirkte die amerikanische Armee eine rapide Umweltveränderung in Vietnam. Natürlich verzichteten auch Nordvietnam und der Vietcong nicht auf das Niederbrennen von Dörfern und Ernten. Doch sie verfügten nicht über die technologischen Fähigkeiten der amerikanischen Truppen; außerdem hatten sie keinen Grund, die Wälder zu zerstören und zu vergiften.

Den in Ovamboland und in Vietnam durchgeführten Militärkampagnen des Kalten Krieges war gemeinsam, dass es sich um asymmetrische Guerillakriege handelte und damit um Schauplätze systematischer Anstrengungen zur Zerstörung des Schutzraums, den die Wälder boten. Dasselbe lässt sich über den Griechischen Bürgerkrieg (1944–1949), den Algerischen Unabhängigkeitskrieg (1954–1962), den ersten Afghanistankrieg (1979–1989) und zahlreiche andere Konflikte sagen. Alle hatten dauerhafte Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere in den Bergregionen, wo es zu Bodenerosion kam und wo sich die Wälder nur langsam erholen.

Die Kampagnen des Kalten Krieges illustrieren einige der anfangs dargelegten allgemeinen Prinzipien. Die Vorbereitung des Krieges in Form von Programmen zur Entwicklung der Atomwaffe beispielsweise hatten deutlich längerfristige Folgen für die Umwelt als jedes andere Erbe des Kalten Krieges, ob die Umwelt betreffend oder nicht. Die Guerillas und die Antiguerillastrategien, sei es in Vietnam, im südlichen Afrika, in Afghanistan oder anderswo, haben zu einer ernsten Umweltdegradation geführt, vielleicht tiefgreifender in den Auswirkungen waren, als jene der beiden Weltkriege mit ihrer konventionellen Kriegführung. Doch die Dauer dieser Umweltschäden und die Frage nach dem Wissen, welche davon repariert werden können, hängt vor allem von der Fähigkeit der Gesellschaften zur Wiederherstellung und Neunutzung des Landes in Friedenszeiten ab. Der Krieg wütete nach dem Ende des Kalten Krieges vielerorts weiter. Ein großer und lang dauernder Konflikt entbrannte im Kongo, andere Bürgerkriege brachen andernorts in Afrika, im ehemaligen Jugoslawien, im Nordkaukasus sowie in Afghanistan und in Syrien aus. Alle diese Konflikte, diese Dutzenden meist asymmetrischen kleineren Kriege, verursachen, wie die anderen Kriege auch, Kollateralschäden an Bauernhöfen, Wäldern, Vieh und Städten. Die Vereinigten Staaten haben zweimal, 1991 und 2003, den Irak angegriffen und einen langen Krieg in Afghanistan geführt, wobei sie sich vor allem auf die Schlagkraft ihrer Luftwaffe stützten, die enorme Schäden an der städtischen und ländlichen Umwelt verursacht hat.

Diese und die zweifellos zukünftig auftretenden Konflikte haben ohne Frage dieselben hohen Kosten für die Umwelt wie die Konflikte der Vergangenheit. Erst seit Kurzem befassen sich Militärhistoriker*innen mit diesem Thema, da verständlicherweise die Priorität den menschlichen Kosten des Krieges gilt. Doch dank der Arbeit einer Handvoll Historiker*innen hat sich immer deutlicher gezeigt, dass die Auswirkungen der Konflikte über die menschliche Bevölkerung hinausgehen und sich auf die gesamte Biosphäre erstrecken.

John R. McNeill ist Professor an der Georgetown University. Er ist einer der wichtigen Experten für Umweltgeschichte und Autor von Blue Planet. Die Geschichte der Umwelt im 20. Jahrhundert (Frankfurt am Main u. a. 2003) sowie Mosquito Empires. Ecology and War in the Greater Carribean 1620–1914 (Cambridge 2001).

Literaturhinweise

Zwei bemerkenswerte Sammelbände leisteten viel, um das Thema Krieg und Umwelt in der Geschichtswissenschaft zu etablieren: Charles Closmann (Hg.), War and the Environment Military Destruction in the Modern Age (College Station 2009), und Richard Tucker und Edmund Russell (Hg.), Natural Enemy, Natural Ally (Corvallis 2004).

Über den Amerikanischen Bürgerkrieg gibt es ausgezeichnete Monografien, unter denen man die von Lisa Brady, War upon the Land. Military Strategy and the Transformation of Southern Landscapes during the American Civil War (Athens 2012), und die von Kathryn Meier, Nature’s Civil War (Chapel Hill 2014), heranziehen kann. Weitere Forschungsarbeiten sind im Gange.

Zum Ersten Weltkrieg bietet eine Übersicht bislang nur das Buch von William Storey, The First World War. A Concise Global History (Lanham 2009), das den umweltbedingten Sachzwängen ebenso wie den Auswirkungen des Krieges auf die Umwelt außergewöhnlich viel Aufmerksamkeit schenkt, trotz all der verschiedenen Kriegsschauplätze. Tait Keller arbeitet zurzeit an einem neuen Buch zu diesem Thema.

Unter den Spezialstudien sind zu nennen: Axel Bader, Wald und Krieg. Wie sich in Kriegs- und Krisenzeiten die Waldbewirtschaftung veränderte. Die deutsche Forstwirtschaft im Ersten Weltkrieg (Göttingen 2011), über das Notmanagement der Wälder in Deutschland während des Ersten Weltkrieges, welches sich 1916 zu einem regelrechten Krisenmanagement auswuchs; Christoph Nübel hingegen wählt in Durchhalten und Überleben an der Westfront. Raum und Körper im Ersten Weltkrieg (Paderborn 2014) einen kulturellen Ansatz zur Thematisierung der Umwelt an der Westfront im Ersten Weltkrieg, mit spezifischen Details über den Angriff eines bayerischen Regiments 1916; und Tait Keller bietet in Apostles of the Alps. Mountaineering and Nation Building in Germany and Austria, 1860–1939 (Chapel Hill 2016) eine unerschöpfliche Informationsquelle zum Ersten Weltkrieg. Über die »rote Zone« von Verdun existiert eine detaillierte Umweltstudie: Georges Parent, Trois Études sur la »zone rouge« de Verdun, une zone totalement sinistrée: I. L’herpétofaune. – II. La diversité floristique. – III. Les sites d’intérêt botanique et zoologique à protéger prioritairement (Luxemburg 2004).

Über den Zweiten Weltkrieg verfügen wir bislang noch nicht über eine Gesamtstudie. Eine Einschätzung bestimmter Aspekte des Problems ist möglich über die Lektüre des Buchs von Franz-Josef Brüggemeier, Mark Cioc und Thomas Zeller (Hg.), How Green were the Nazis? Nature, Environment and Nation in the Third Reich (Athens 2005), das die Widersprüche zwischen der Naturromantik der Nationalsozialisten und ihrer Kriegführung untersucht; Micah Muscolino, The Ecology of War in China (Cambridge 2015), ist eine detaillierte Studie der Provinz Henan während des Krieges und danach, die außerdem interessante methodologische Neuerungen vorschlägt. Ein weiteres wichtiges Buch über den Pazifikkrieg ist das von Judith Bennett, Natives and Exotics. World War II and Environment in the Southern Pacific (Honolulu 2009). Während sich die folgenden beiden Bücher auch mit vielen anderen Dingen außer dem Zweiten Weltkrieg beschäftigen, nähern sie sich ihm auf höchst unterschiedliche Weise: Chris Pearson, Mobilizing Nature. The Environmental History of War and Militarization in Modern France (Manchester u. a. 2012), und Edmund Russell, War and Nature. Fighting Humans and Insects with Chemicals from World War I to Silent Spring (Cambridge u. a. 2001). Für einen historiografischen Überblick möchte ich schließlich noch auf Martin Gutmann, »The Nature of Total War. Grapsing the Global Environmental Dimensions of World War II«, in: History Compass, Nr. 13, 2015, S. 251–261 (DOI: 10.1111 / hic3.12236), verweisen.

Ein guter Startpunkt für den Vietnamkrieg ist das Buch von David Biggs, Quagmire. Nation-Building and Nature in the Mekong Delta (Seattle 2010).

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