James Bond für Besserwisser

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James Bond für Besserwisser
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James Bond für Besserwisser

- Der tiefe Einblick in die Welt des Geheimagenten 007 -

von Danny Morgenstern

mit Fotos von Sascha Braun und Christian Danner

Danny Morgenstern

James Bond für Besserwisser -

Der tiefe Einblick in die Welt des Geheimagenten 007

Braunschweig 2014

© Danny Morgenstern

Korrektorat und Beratung: Doris Kreklau-Giemulla

Co-Lektorat: Fam. Ebbecke/Maren Scholz

Abbildungen: Die Rechte an den abgebildeten Fotografien liegen bei Sascha Braun, Christian Danner und Danny Morgenstern. Videocover, Buchcover, CD- und Plattencover entstammen der Sammlung von Danny Morgenstern.

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung, die über den Rahmen des Zitatrechts bei korrekter und vollständiger Quellenangabe hinausgeht, ist honorarpflichtig und bedarf der schriftlichen Genehmigung.

Das Buch ist kein offizielles Produkt des James-Bond-Merchandising. Verlag und Herausgeber stehen in keiner Beziehung zu den Produzenten und Rechte-Inhabern der Filmserie oder eventueller Markeninhaber rund um „James Bond“ oder die Figuren, Charaktere, Begriffe usw., der Filme oder Bücher.

Internet/E-Mail

www.james-bond-xxl.de

danny.morgenstern@007-xxl.de

In Erinnerung an

Ian Lancester Fleming

(1908 - 1964)

[no image in epub file]Ian Flemings Grab auf dem Friedhof von Sevenhampton in England

Inhalt

Vorwort

1)

Der Blick durch die Pistole (mit einem Überblick über die James-Bond-Filme)

2)

Der Film vor dem Film

3)

Die Einführung James Bonds

4)

„Casino Royale“ (2006) - mehr Neubeginn als Rückblick

5)

Von Querverweisen, Metaphern und Anspielungen

6)

„Sind Sie verheiratet, Mr. Bond?“

7)

Bond für die Ohren

8)

Bond rettet die Welt, aber wer rettet Bond?

9)

Weltherrschaft, der alte Traum

10)

Der tanzende Agent

11)

„Sie sind ein witziger Mann, Mr. Bond“ - der Humor in den James-Bond-Filmen

12)

Die Cameos

13)

Die James-Bond-Romane

14)

James Bond lebt... in einem Buch von John Pearson

15)

Eine Sekretärin packt aus

16)

„James Bond? So ein Unsinn!“

17)

Wenn sich Fiktion und Realität treffen

18)

„Ich hätte mir was zu lesen einstecken sollen“ - Literatur bei 007

19)

Agent in Fahrt

20)

Zeitungsmeldungen, Irrtümer, Gerüchte ...

21)

Ein Name bei Bond, James Bond

22)

Spion spielen

23)

„Die Zwei“ (...Richtungen der Inspiration)

24)

Peitsche, Powers, PPK

25)

James Bond und Adolf Hitler

26)

Eine angemessene Menge Trost

27)

M - Mutter - Minimalismus

28)

007: Wenn Zahlen zählen

29)

Was wäre gewesen, wenn ...

Anhang I -

Darsteller ohne Nennung im Abspann

Anhang II -

Tango to the Death

Anhang III -

Die Spiele in der Welt des James Bond

Anhang IV -

Quellennachweis/Bibliographie

Danksagung

Vorwort

Dieses Buch ist Ian Fleming gewidmet, der am 12. August 1964 an den Folgen seines zweiten Herzinfaktes starb. Obwohl es in „Man lebt nur zweimal“ heißt „Tote vergisst man schnell“, trifft dies auf Fleming nicht zu.

Dieses Buch erscheint zu seinem 50. Todestag und belegt, dass der britische Spionageautor allgegenwärtig und unvergessen ist. Geschafft hat er das mit einer Figur, die er 1953 in dem Roman „Casino Royale“ ins Leben rief: James Bond 007.

Fleming und Bond hatten viele Geheimsamkeiten, aber nur James Bond ist unsterblich.

Während meiner über sechs Jahre andauernden Arbeit an der ersten Ausgabe von „James Bond XXL“, dem weltweit umfangreichsten 007-Nachschlagewerk, stellte ich fest: Das James-Bond-Universum birgt Unmengen von Geheimnissen. Viele Dinge, die ich herausfand, ließen sich einfach nicht in einem Lexikon unterbringen, so entschloss ich mich dazu, ein weiteres Buch über 007 zu schreiben.

Am 18. Mai 2007 begann ich mit diesem Buch, und nachdem ich die Filme, die Romane, die Dokumentationen und die Sekundärliteratur über den Geheimagenten studiert habe, schlage ich mit „James Bond für Besserwisser“ ein weiteres Kapitel der Forschungsreise in die Welt des berühmten Geheimagenten Ihrer Majestät auf, um zu beweisen, dass in dieser Welt nicht alles trivial ist.

Ian Flemings eigene Aussage, er schriebe für „vernünftige, warmblütige, heterosexuelle Leser“, möchte ich ergänzen und mein Buch auch den unvernünftigen, kaltblütigen und homosexuellen Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten.

Ich wünsche den 007-Fans und allen andern Menschen, die James Bond faszinierend finden, einmal mehr viel Spaß.1

12. Juli 2014, Danny Morgenstern

1) Der Blick durch die Pistole

Die Entwicklung der James-Bond-Filme im Laufe der Jahre und Jahrzehnte ist offensichtlich.

„James Bond jagt Dr. No“ (1962) startet mit dem „Gun-Barrel“ oder „Through the Barrel“, dem Blick durch einen Pistolenlauf, der auf den vorbeigehenden James Bond gerichtet ist. Dieser Anfang, als dessen Erfinder Titeldesigner Maurice Binder2 gilt, sollte zum Markenzeichen aller offiziellen James-Bond-Filme werden.

Sam Mendes3, Regisseur von „Skyfall“ (2012) meinte, die gesamten James-Bond-Filme seien „eine Welt von Eröffnungssequenzen“.

Im Jahre 1954 kündigte ein Sprecher mit „Live from Television City in Hollywood“ die James-Bond-TV-Version „Casino Royale“ zu Beginn der Sendung „Climex!“ an, und die Kamera fuhr auf das Objektiv einer anderen Kamera zu. Dann verschmelzen die Übergänge, und der Betrachter glaubt, sich im langen Lauf des Objektivs zu befinden. Die Ähnlichkeit zu Binders „Gun-Barrel“ drängt sich auf.

„Barry Nelson4“ erscheint als Schriftzug, und eine Überblendung im Hintergrund lässt noch einmal den Objektivgang entlangfahren. Dann öffnet sich eine Blende, und die Namen der anderen Mitwirkenden sind zu sehen. Dann folgt, was man fast als Pre-Title-Sequenz bezeichnen kann: William Ludigan bereitet den Zuschauer mit einem Kartenschlitten für Bakkarat in der Hand auf das Kommende vor. Diese knappen anderthalb Minuten enthalten mehr, als man auf den ersten Blick wahrnimmt.

Eine andere Erklärung, wodurch Binder sich möglicherweise hat inspirieren lassen, bietet Ian Flemings5 Roman „Moonraker“ von 1953. Mit der Passage: „It was like being inside the polished barrel of a huge gun. From the floor, forty feet below, rose circular walls of polished metal near the top of which he and Drax clung like two flies. Up through the centre of the shaft, which was about thirty feet wide, soared a pencil of glistening chromium, whose point, tapering to a needle-sharp antenna, seemed to graze the roof twenty feet above their heads“ beschreibt er James Bonds Eindruck, als er die „Mondblitz-Rakete“ auf der Abschussrampe bestaunt. In der Übersetzung wurde daraus: „Es war, als befände man sich im Inneren eines gigantischen Gewehrlaufs.“ Und weiter: „Vom Boden, der zwölf Meter tief unter ihnen lag, erhob sich die runde Wandung aus spiegelglattem Metall, an der er und Drax hoch oben auf ihrer Galerie wie zwei Fliegen klebten. In der Mitte des Schachts, der ungefähr zehn Meter breit war, ragte ein Projektil aus glitzerndem Chrom, dessen Spitze, die in einer nadeldünnen Antenne auslief, das Dach über ihnen durchbohren zu wollen schien.“

 

Maurice Binder starb im April 1991 an einem Krebsleiden und nahm das Geheimnis, wodurch er sich hatte inspirieren lassen, mit ins Grab.

„Casino Royale“ (1954) klärt auch, wer wirklich der erste James Bond war: Barry Nelson - nicht etwa Sean Connery6, wie fast immer behauptet wird. Einer der großen Irrtümer in der Welt des 007.


Und Connery war auch nicht der erste James Bond auf der Kinoleinwand, denn Connery spielte zwar 007 im ersten Bond-Kinofilm „James Bond jagt Dr. No“ (1962), doch zeigt Maurice Binders „Gun-Barrel“ zu Beginn den Stuntman Bob Simmons7, der als Double engagiert wurde. Connery war also „nur“ Nummer 3.

Binders Pistolenlauf änderte sich im Laufe der Jahre leicht, auch wenn der Grundablauf immer gleich blieb: Ein wandernder Kreis auf schwarzem Grund fängt den vorbeigehenden, scheinbar nichts ahnenden James Bond ein. Der Agent geht von rechts nach links, während der Pistolenlauf ihm folgt. Blitzschnell dreht sich Bond herum und schießt mit seiner Walther PPK bzw. P99 in Richtung Pistolenlauf. Blut läuft vom oberen Bildrand, der Pistolenlauf beginnt zu wackeln und verschwindet meist am unteren Bildrand. Das ist die Überleitung zur Pre-Title-Sequenz.

In „James Bond 007 jagt Dr. No“ (1962), „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) und „Goldfinger“ (1964) blieben die Aufnahmen unverändert.8

Roger Moore erklärte, dass man diese Sequenz nicht bei jedem Film erneuerte, weil es schwierig war, die „Gun-Barrel“-Aufnahmen zu drehen. Und dies, obwohl Moore erst ab 1973 Bond war.

Binders zweite „Gun-Barrel“-Sequenz entstand für „Feuerball“ (1965), dem vierten offiziellen James-Bond-Film. Nun ist es wirklich Sean Connery, der als erste Person zu sehen ist. Die Aufnahme wurde bei „Man lebt nur zweimal“ (1967) und als Connery nach seiner ersten Bond-Pause für „Diamantenfieber“ (1971) zurückkehrte, gezeigt.

Zwischendurch spielte George Lazenby9 Bond in „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969). Lazenby bewegt sich beim Herumwirbeln kontrolliert auf sein rechtes Knie. Dass 007 vor seinem Publikum auf die Knie ging, war niemals wieder in einer „Gun-Barrel“-Sequenz zu sehen. Neben den erwähnenswerten zusätzlichen Lichteffekten, die sich an der Innenseite des Gun-Barrels zeigen, gibt es eine weitere Besonderheit: Lazenby wird vom Blut, das den Pistolenlauf herunterläuft, verdeckt. Und so hält sich seit „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ hartnäckig das Gerücht, George Lazenby werde deshalb vom Blut „ausgelöscht“, weil man ihn im nächsten Bond-Film nicht wieder als Darsteller haben wollte. Bondfans schmunzeln über diese Theorie, dennoch ist sie noch heute in angesehenen Kinozeitschriften zu lesen.

Aufgrund der sich ändernden Mode verzichtete man bei Roger Moores10 Einstand als 007 in „Leben und sterben lassen“ (1973) auf den Hut. Seine erste Pistolenlaufszene wurde schließlich in „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) mit blauen Farbtönen leicht verändert.

[no image in epub file]Timothy Dalton winkt seinen Fans bei der Premiere von Stirb an einem anderen Tag (2002)

Nach der Trennung der Bond-Produzenten Harry Saltzman11 und Albert R. Broccoli12 im Jahre 1975 beschloss Broccoli, 007 im Alleingang zu produzieren. Für „Der Spion, der mich liebte“ (1977) drehte Roger Moore eine neue „Gun-Barrel-Sequenz“; diesmal in Schlaghosen, in denen er bis „Im Angesicht des Todes“ (1985), seinem letzten Bondfilm, viermal gezeigt wurde.

Mit dem neuen Darsteller Timothy Dalton13 wechselte auch wieder die Gun-Barrel-Sequenz. Maurice Binder schuf mit Dalton eine Version für „Der Hauch des Todes“ (1987) und „Lizenz zum Töten“ (1989).14

Nach Binders Tod 1991 wurde Daniel „Danny“ Kleinman dessen Nachfolger, weil sein Musikvideo zu „Licence to Kill“, mit Gladys Knight15 fast selbst als Titelvorspann hätte Verwendung finden können.

Mit Pierce Brosnans16 Einführung in „GoldenEye“ (1995) gab Kleinman dem „Gun-Barrel“ durch wandernde Schatten und Spiegelungen eine neue Dimension, die in den kommenden zwei Filmen unverändert blieb.

[no image in epub file]Bei der Premiere von „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) hat Pierce Brosnan noch gut lachen. Hier mit seiner Frau, der Jounalistin Keely Shaye Smith

In „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) sah man schließlich das Projektil, das aus Bonds Waffe abgefeuert wurde. Pierce Brosnan meinte nach den Dreharbeiten zu diesem Film, er würde die Gun-Barrel-Sequenz gerne noch einmal drehen, auch wenn sich diese Aufnahmen nach seiner Erfahrung sehr schwierig gestaltet hatten. Doch „Stirb an einem anderen Tag“ war Brosnans Abschiedsvorstellung als 007.17

Bisher ist nur von „GoldenEye“ bekannt, dass man die Aufnahmen der Gun-Barrel-Sequenz wiederholen musste, nachdem man sie schon gedreht hatte, weil Produzent Michael G. Wilson18 mit den ersten Aufnahmen nicht einverstanden war. Sie zeigen 007, wie er im alten Stil die freie Hand beim Herumwirbeln zum Balancehalten herausnimmt, doch das erschien Wilson nicht mehr zeitgemäß. So beauftragte er den Regisseur Martin Campbell19, die Gun-Barrel-Sequenz mit Brosnan neu zu drehen. Man machte die Aufnahmen am selben Tag, als man auch Einstellungen der Szene wiederholte, in der 007 Xenia Onatopp im Auto einen Nackenschlag verpasst. Diese Aufnahmen wiederum wurden deshalb wiederholt, weil man wegen der beantragten Freigabe des Films ab 12 Jahren eine etwas „entschärfte“ Version benötigte. In der neuen Gun-Barrel-Sequenz von „GoldenEye“ ist Brosnans Bewegung glatter und wirkt echter. Seine freie Hand hängt nun locker nach unten. Wer die ursprünglichen Aufnahmen für „GoldenEye“ machte, ist nicht genau geklärt, man vermutet aber, dass es Daniel Kleinman war. Wie die Gun-Barrel-Sequenz mit James Bonds Leben zusammenhängt, zeigte schließlich „Casino Royale“ (2006) mit Daniel Craig20. Bond kämpft einen Kampf auf Leben und Tod, und als er glaubt, er habe sich seines brutalen Feindes Mr. Fisher (Daud Shah) entledigt, wirbelt dieser plötzlich mit einer Waffe in der Hand herum und will Bond erschießen. Der Agent reagiert blitzschnell und schießt seinerseits: Man sieht die Geburt der Gun-Barrel-Sequenz.

Das Geheimnis, durch welchen Pistolenlauf der Zuschauer blickt, ist gelüftet: Es ist die Waffe der Figur Fisher.

Nur in zwei Filmen leitet die Gun-Barrel-Sequenz direkt in den Titelvorspann über: in „Casino Royale“ und in „James Bond 007 jagt Dr. No“ (1962); im letztgenannten aus stilistischen Gründen, weil die Reihenfolge „Gun-Barrel - Pre-Title-Sequenz - Titelvorspann - Hauptfilm“ erst ab „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) festgelegt wurde.

Seit 1962 steht „Blick durch die Pistole“ für den Auftakt eines James-Bond-Films. Der Zuschauer weiß, was ihn erwartet, der Wiedererkennungswert ist hoch, man freut sich auf eine furiose „Pre-Title-Sequenz“.

Eine Ausnahme bildet „Ein Quantum Trost“ (2008). Hier bekommt der Zuschauer das Gun-Barrel-Motiv erst am Ende des Films zu sehen. Die Abfolge „Pre-Titel-Sequenz - Titelvorspann - Hauptfilm - Gun-Barrel“ ergibt sich daraus, dass das Gun-Barrel von „Casino Royale“ und der „zweite Teil“ „Ein Quantum Trost“ den Rahmen für den Handlungsstrang bilden, der die Vesper-Lynd-Affäre, ihren Tod und Bonds Rache als Hauptthema hat. Daniel Craig drehte die Bond-Gun-Barrel für „Ein Quantum Trost“ neu. Sie kommt den ursprünglichen Gun-Barrels näher als die aus „Casino Royale“.

Eine Anspielung auf die Gun-Barrel-Sequenz in „James Bond 007 jagt Dr. No“ bietet der Film „Ein Quantum Trost“. Hier wird ein roter Kreis im Titelvorspann zweimal in Anlehnung daran eingesetzt und führt den Betrachter schließlich zu den Namen von Judi Dench und Barbara Broccoli21.

„Skyfall“ (2012), der einzige 007-Film, der mit einer missglückten Mission für Bond beginnt, zeigt die 2012 neu gedrehte Gun-Barrel-Sequenz ebenso wie „Ein Quantum Trost“ am Ende des Films, nachdem James Bond das Büro des neuen M betreten hat und dieser ihn für neue Aufträge einplant. Sam Mendes hielt es für eine ungünstige Doppelung, wenn seine Pre-Title-Sequenz so beginnt, dass 007 im Bild auftaucht, eine Waffe zieht und diese fast auf den Zuschauer richtet und schon die Gun-Barrel-Sequenz zuvor denselben Ablauf hat. Also setzte er die Gun-Barrel-Sequenz ans Ende des Films. Seine Version mit den unscharfen Umrissen von Bond, der auf den Betrachter zugeht und die Waffe zieht, nannte Mendes „eine andere Version des Gun-Barrels“. Er sprach auch von einer Umkehrung, denn Adeles Song zu „Skyfall“ am Anfang des Films beginnt mit der Textzeile „This is the end...“, und am Schluss des Films ist der typische Anfang zu sehen.

Nachfolgend ein Überblick über die James-Bond-Filme

(die inoffiziellen sind grau schattiert):



Originaltitel (Erscheinungsjahr)Deutscher TitelJames-Bond-DarstellerRegisseur(e)
Casino Royale (1954)------------Barry NelsonWilliam H. Brown Jr.
Dr. No (1962)James Bond 007 jagt Dr. NoSean ConneryTerence Young22
From Russia with Love (1963)Liebesgrüße aus MoskauSean ConneryTerence Young
Goldfinger (1964)GoldfingerSean ConneryGuy Hamilton23
Thunderball (1965)FeuerballSean ConneryTerence Young
Casino Royale (1966)Casino RoyaleDavid NivenKen Hughes24, John Huston25, Joseph McGrath26, Robert Parrish27, Val Guest28
You Only Live Twice (1967)Man lebt nur zweimalSean ConneryLewis Gilbert29
On Her Majesty's Secret service (1969)Im Geheimdienst ihrer MajestätGeorge LazenbyPeter Hunt30
Diamonds Are ForeverDiamantenfieberSean ConneryGuy Hamilton
Live and Let Die (1973)Leben und sterben lassenRoger MooreGuy Hamilton
The Man with the Golden Gun (1974)Der Mann mit dem goldenen ColtRoger MooreGuy Hamilton
The Spy Who Loved Me (1977)Der Spion, der mich liebteRoger MooreLewis Gilbert
Moonraker (1979)Moonraker - streng geheimRoger MooreLewis Gilbert
For Your Eyes Only (1981)In tödlicher MissionRoger MooreJohn Glen31
Octopussy (1983)OctopussyRoger MooreJohn Glen
Never Say Never Again (1983)Sag niemals nieSean ConneryIrvin Kershner32
A View to a Kill (1985)Im Angesicht des TodesRoger MooreJohn Glen
The Living Daylights (1987)Der Hauch des TodesTimothy DaltonJohn Glen
Licence to Kill33 (1989)Lizenz zum TötenTimothy DaltonJohn Glen
GoldenEye (1995)GoldenEyePierce BrosnanMartin Campbell
Tomorrow Never Dies (1997)Der Morgen stirbt niePierce BrosnanRoger Spottiswoode34
The World Is Not Enough (1999)Die Welt ist nicht genugPierce BrosnanMichael Apted35
Die Another Day (2002)Stirb an einem anderen TagPierce BrosnanLee Tamahori36
Casino Royale (2006)Casino RoyaleDaniel CraigMartin Campbell
Quantum of Solace (2008)Ein Quantum TrostDaniel CraigMarc Forster37
Skyfall (2012)SkyfallDaniel CraigSam Mendes
Spectre38 (2015)SpectreDaniel CraigSam Mendes


2) Der Film vor dem Film

Die Pre-Title-Sequenz wird auch als „Teaser“ bezeichnet und ist eine Erfindung von Regisseur Terence Young.

 

Dass die Pre-Title-Sequenz im Laufe der Jahre immer wichtiger wurde, ist an den Laufzeiten zu erkennen:


Film (Kinostart)[Abkürzung] englisch[Abkürzung] deutschLaufzeit
Casino Royale[CR][CR]ohne
James Bond 007 jagd Dr. No (1962)[DN][DN]ohne
Liebesgrüße aus Moskau (1963)[FRWL][LAM]3 Minuten 7 Sekunden
Goldfinger (1964)[GF][GF]4 Minuten 55 Sekunden
Feuerball (1965)[TB][FB]4 Minuten 35 Sekunden
Man lebt nur zweimal (1967)[YOLT][MLNZ]5 Minuten 50 Sekunden
Im Geheimdienst ihrer Majestät (1969)[OHMSS][IGIM]6 Minuten 33 Sekunden
Diamantenfieber (1971)[DAF][DF]4 Minuten 35 Sekunden
Leben und sterben lassen (1973)[LUSL][LALD]4 Minuten 33 Sekunden
Der Mann mit dem goldenen Colt (1974)[TMWTGG][DMMDGC]7 Minuten 49 Sekunden
Der Spion, der mich liebte (1977)[TSWLM][DSDML]7 Minuten 35 Sekunden
Moonraker - streng geheim (1979)[MR][MSG]5 Minuten 33 Sekunden
In tödlicher Mission (1981)[FYEO][ITM]6 Minuten 15 Sekunden
Octopussy (1983)[OP][OP]7 Minuten 02 Sekunden
Im Angesicht des Todes (1985)[AVTAK][IADT]5 Minuten 58 Sekunden
Der Hauch des Todes (1987)[TLD][DHDT]7 Minuten 10 Sekunden
Lizenz zum Töten (1989)[LTK][LZT]8 Minuten 15 Sekunden
GoldenEye (1995)[GE][GE]10 Minuten 02 Sekunden
Der Morgen stirbt nie (1997)[TND][DMSN]9 Minuten 05 Sekunden
Die Welt ist nicht genug (1999)[TWINE][DWING]13 Minuten 40 Sekunden
Stirb an einem anderen Tag (2002)[DAD][SAEAT]12 Minuten 49 Sekunden
Casino Royale (2006)[CR 2006][CR 2006]3 Minuten 11 Sekunden39
Ein Quantum Trost (2008)[QOS][EQT]3 Minuten 38 Sekunden40
Skyfall (2012)[SF][SF]13 Minuten 00 Sekunden41

Ein Diagramm zeigt dies deutlich:


Die vier Pre-Title-Sequenzen der Bond-Filme mit Pierce Brosnan (1995 bis 2002) laufen zusammengenommen ca. 45 ½ Minuten. Stellt man die ersten vier Sequenzen Connerys (1963 bis 1967) gegenüber, kommt man nur auf ca. 18 ½ Minuten. Roger Moores Pre-Title-Sequenzen aus seinen ersten vier Filmen (1973 bis 1979) kommen immerhin auf 25 ½ Minuten.

Während Drehbuchautor Christopher Wood42, der „Der Spion, der mich liebte“ und „Moonraker - streng geheim“ schrieb, sein Leid klagte, meinte Regisseur John Glen (er inszenierte die fünf Bond-Filme von „In tödlicher Mission“ bis „Lizenz zum Töten“ und hält damit den Rekord), es sei wunderbar, die Möglichkeit zu haben, den Hauptfilm inhaltlich mit der Pre-Title-Sequenz zu verbinden.43 Es gelang ihm aber nur in seinen drei letzten Filmen.

Die Länge der Pre-Title-Sequenz von „Die Welt ist nicht genug“ (1999) ist mit 13 Minuten und 40 Sekunden die längste. Regisseur Michael Apted hatte zunächst geplant, sie nach James Bonds Sprung aus dem Bürofenster von Bankier Lachaise (Patrick Malahide44) enden zu lassen und den Film nach dem Titelvorspann mit der Bootsverfolgungsjagd auf der Themse einzuleiten, doch nur der Sprung aus dem Fenster erschien ihm zu unspektakulär.

[no image in epub file]Regisseur John Glen im Jahre 2012

Also schob er die Bootverfolgungsjagd vor den Vorspann, was die Länge des Vorfilms erklärt. Ursprünglich wäre die Pre-Title-Sequenz mit der Bootsjagd noch länger ausgefallen, weil allein diese Jagd 18 Minuten lang war.

Es gibt nur drei Pre-Title-Sequenzen, die James Bond nicht zeigen. In „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) sieht man zwar einen Mann, der wie James Bond aussieht, doch es ist ein Double, das von der Gegenseite zum Training durch den Killer Grant (Robert Shaw45) getötet wird.46 Auch „Leben und sterben lassen“ (1973) kommt ohne 007 im Pre-Title aus. In diesem Film werden drei von Mr. Big/Dr. Kananga (Yaphet Kotto47) in Auftrag gegebene Morde an Geheimagenten des Secret Service gezeigt. Im Film „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) wirft man zwar einen kurzen Blick auf 007 alias Roger Moore, doch handelt es sich um eine Wachsfigur.

Tom Mankiewicz48, u.a. Drehbuchautor von „Diamantenfieber“ (1971), „Leben und sterben lassen“ (1973) und „Der Mann mit dem goldenen Colt“, bezeichnete die Pre-Title-Sequenz von „Goldfinger“ (1964) als die gelungenste der gesamten Serie49. Die Kinozuschauer sind anderer Meinung, denn das größte Publikumslob erhielt die Sequenz aus „Moonraker - streng geheim“ (1979), in der 007 ohne Fallschirm aus einem Flugzeug gestoßen wird und nur überlebt, weil er einem feindlichen Fallschirmspringer den Fallschirm in der Luft entreißt. Laut Michael G. Wilson waren 88 Fallschirmsprünge nötig, um die nur wenige Minuten dauernde Actionszene zu filmen. Gedreht wurde sie über Pope Valley in Nordkalifornien.50 Die Szene wurde so erfolgreich, dass sie im Film „Eraser“ (1996) mit Arnold Schwarzenegger51 zitiert wurde.

Aber auch bei Bond kam man noch einmal auf diese Idee zurück. In „Ein Quantum Trost“ (2008) - Drehbeginn war am 3. Januar 2008 - fällt 007 auch ohne Fallschirm aus einem Flugzeug und kann sich nur retten, weil er sich an die ebenfalls herausgefallene Camille (Olga Kurylenko52) klammert, die einen Fallschirm angelegt hat.

In „Moonraker - streng geheim“ (1979) und „Der Spion, der mich liebte“ (1977) enthält die Pre-Title-Sequenz einen sogenannten „Doppelprolog“. Neben den für die Haupthandlung unwichtigen, jedoch furiosen Action-Szenen sind für die Handlung inhaltlich wichtige Szenen zu sehen, mit denen der Haupt-Plot eingeleitet wird.

Vor seinem Urlaub stellte Regisseur John Glen beim letzten Durchsehen des Films „Octopussy“ (1983) fest, dass die Pre-Title-Sequenz mit knapp über 7 Minuten recht lang war. Er entschied, das Ende zu schneiden. Die Einstellungen, in denen James Bond mit seinem Mini-Düsenjet an eine Tankstelle rollt, um ihn volltanken zu lassen, hätte also niemals ein Kinogänger zu sehen bekommen.

[no image in epub file]Roger Moore als Story-Board-Zeichnung für „Octopussy“ (1983)

Eines Abends im Urlaub sah Glen im Kino zufällig den Trailer zu „Octopussy“ (1983). Maurice Binder, der Gestalter des Titelvorspanns, wusste von Glens nachträglicher Kürzung nichts und hatte für seine Werbetrailer noch die ursprüngliche Version der Pre-Title-Sequenz vorliegen. Teile von Bonds Landung mit dem Jet vor der Tankstelle waren nun im Trailer enthalten. Das Kinopublikum reagierte auf die Einstellung mit einem großen Lacher. John Glen brach seinen Urlaub ab und fügte die geschnittenen Szenen in London wieder in den Film ein.

Als 1983 auch der Konkurrenz-Bond-Film „Sag niemals nie“ (1983) produziert wurde, kam es zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Albert R. Broccoli und Kevin McClory53, der das Feuerball-Remake inszenierte. Gerichtlich wurde festgelegt, was die „Nachahmer“ tun durften und was nicht. So wurde die Gun-Barrel-Sequenz rechtlich Teil der offiziellen Bond-Filme, und man musste sich für Connerys Comeback als 007 in „Sag niemals nie“ (1983) etwas Neues einfallen lassen. Es entstand eine Verbindung zwischen Pre-Title-Sequenz und Titelvorspann: Die Schriften laufen ab, aber man sieht, was James Bond tut. So gab es für die Produzenten keine rechtlichen Konsequenzen, und der Zuschauer glaubt, einen Film vor dem Film zu sehen.

Es gibt nur eine Pre-Title-Sequenz, in der James Bond einer gesellschaftlichen Verpflichtung nachkommt: In „Lizenz zum Töten“ (1989) wird der Agent in eine rasante Jagd verwickelt, obwohl er eigentlich nur als Trauzeuge an Felix Leiters (David Hedison54) Hochzeit teilnehmen wollte. Bonds private Vergnügungen ohne Bezug zur Mission sind in den Hauptfilmen sehr rar: seine Hochzeitsfeier in „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969) und das Achterbahnfahren55 mit Kara Milovy in „Der Hauch des Todes“ (1987).

Wer die Idee zu den Pre-Title-Sequenzen hatte, war jahrelang ungeklärt, da die Macher sich in Interviews unterschiedlich äußerten. Mittlerweile steht fest: Regisseur Terence Young traf diese Entscheidung bei „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), dem zweiten 007-Film. Young hielt es für eine gute Idee, den Film mit einem spannungsgeladenen Anfang zu beginnen statt mit der herkömmlichen Schrift. Im Schneideraum, zusammen mit Cutter Peter Hunt, kam dann der Einfall, zunächst eine Filmsequenz zu zeigen, danach in die Haupttitel, also die Schriften, überzugehen, die schließlich zum Hauptfilm führten. Der Titelvorspann konnte als vollwertiges Filmstück angesehen werden und nicht als verzichtbares Fragment am Anfang. Der Tod James Bonds in der Pre-Title-Sequenz von „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) wurde vom Publikum wie erwartet aufgenommen: Viele Zuschauer glaubten, James Bond sei tot.

In späteren Bond-Filmen versuchte man, an diesen vorgetäuschten Tod anzuknüpfen. So sieht der Zuschauer in der Pre-Title-Sequenz von „Feuerball“ (1965) einen Sarg mit den Initialen „J.B.“, aber nicht Bond liegt im Sarg, sondern angeblich Jacques Bovier (im Film dargestellt von Bob Simmons und Rose Alba56)57, und in „Man lebt nur zweimal“ (1967) wird 007 in einem einklappbaren Bett eingeklemmt und von Maschinengewehrsalven durchlöchert. Doch Bond lebt, und der vorgetäuschte Tod (der bis zu einer Seebestattung führt) sollte nur die Feinde von Bond ablenken (M zu Bond: „Tote vergisst man schnell, und damit haben Sie Bewegungsfreiheit.“).

In „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) wird Bonds vorgetäuschtes Ende im übertragenen Sinn gezeigt: Francisco Scaramanga, Bonds Gegner, schießt einer 007-Wachsfigur vier Finger der linken Hand ab. Eine Botschaft, die beim Publikum als „007 ist so gut wie tot“ ankommt. Diese Pre-Title-Sequenz erinnert an die zu „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), denn die Kulisse ist ein moderner Irrgarten, wie das Heckenlabyrinth aus dem zweiten 007-Film.

In „Skyfall“ (2012) „erschießt“ Eve Moneypenny58 James Bond versehentlich von einem fahrenden Zug, als sie einen Killer ausschalten will. M ist das Risiko, Bond zu verlieren, zwar eingegangen, zeigt sich jedoch bestürzt, als sie von seinem Tod erfährt. Sie schreibt seinen Nachruf, der mit den Zeilen aus Ian Flemings Roman „You Only Live Twice“ beginnt: „Obit: M. writes : As your readers will have learned from earlier issues, a senior officer of the Ministry of Defence, Commander James Bond, CMG, RNVR, is missing, believed killed, while on an official mission to Japan. It grieves me to have to report that hopes of his survival must now be abandoned. It therefore falls to my lot, as the Head of the Department he served so well, to give some account of this officer and of his outstanding services to his country.“ In „Skyfall“ (2012) schreibt „M“: „Commander James Bond, CMG., RN, is missing, believed killed, while on an official mission to Turkey.“

Sam Mendes bestätigte, dass die Quelle der James-Bond-Filme noch immer die Romane Ian Flemings sind. Die Grundlage für „Skyfall“ liege in den letzten drei düsteren Romanen, in denen Bond unter Depressionen leidet und viel Bitterkeit, Zynismus und Selbstverachtung zeigt.

Wie auch in „Man lebt nur zweimal“ (1967) „stirbt“ James Bond in „Skyfall“ (2012) und kommt verändert zurück.

Aber nicht nur die Filme enthalten den vermeintlichen Tod des Agenten. In der zweiten Hälfte des Romans „The Man from Barbarossa“ wird James Bond plötzlich während einer Schießerei getötet - das soll der Leser jedenfalls glauben. Bonds angebliche Leiche wird geborgen und beerdigt. Auf dem Grab steht ein Stück Holz mit der Inschrift: „Hier liegt der Körper eines tapferen britischen Offiziers, vermutlich Captain James Bond, Royal Navy. Er starb für seine Sache am 9. Januar 1991.“ Die Nachricht erreicht „M“, der wie Bill Tanner und Miss Moneypenny am Boden zerstört ist.