Buddhismus Meditation Yoga Tantra. Das goldene Fundament - Gesamtausgabe

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Buddhismus Meditation Yoga Tantra. Das goldene Fundament - Gesamtausgabe
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Dschinpa Losang

Buddhismus Meditation Yoga Tantra. Das goldene Fundament 1+2

Mit Minilexikon zu Weisheit, Buddha, Dalai Lama, Karma, Zen, Tibet, Chakren, Mahamudra, Mahayana, Achtsamkeit ...

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Widmung - Die vier Unermesslichen

Der Blick des Buddha

Vorwort

Autor

Grundbegriffe

Häufige Fehler

Leben und Lehre Buddhas

Die Zuflucht

Das Ziel und der Pfad

Die Meditation (mit Hinweisen zum Retreat und Anleitungen)

Die Lehre von der Selbstlosigkeit

Die zwei Methoden zur Erzeugung von Bodhicitta

Die zwei Flügel: Weisheit und Methode

Der Weg

Der Lehrer

Schlusswort

Kontrollfragen

Fachbücher

Belletristik

Leseprobe

Impressum neobooks

Widmung - Die vier Unermesslichen

Mögen alle Lebewesen glücklich und voller Liebe sein.

Mögen alle frei von Leiden sein.

Möge niemand je vom Glück getrennt sein.

Mögen alle Gleichmut besitzen,

frei von Hass und Anhaftung.

Der Blick des Buddha


© JeremyRichards – Fotolia.com

Vorwort

Seit seinem Erscheinen stieß dieses Werk auf sehr großes Interesse. Anlässlich der neuen Ausgabe wurde es nochmals sorgfältig überarbeitet. Der Ratgeber enthält nun noch mehr Erläuterungen und weitere praxisorientierte Anleitungen zur Meditation. Sämtliche Kapitel und Begriffe aus den Einzelteilen sind in dieser Gesamtausgabe vollständig enthalten.

Die heutige Welt verändert sich immer rasanter. Wir leben in einer Zeit, in der es fast ausschließlich um Geld, Schönheit, Mode und Konsum geht. Viele Menschen vermissen jedoch den tieferen Sinn ihres eigenen Lebens und hinterfragen diese Entwicklung. Oft sind sie ratlos. Einige wissen nicht einmal, was sie genau mit ihrem einzigartigen Leben erreichen wollen und flüchten sich geradezu in sinnlose Freizeitaktivitäten oder die Arbeit. Manche glauben und verkünden sogar, dass diese Art von total gewöhnlichen Unternehmungen die Essenz unseres westlichen Lebens wäre.

Solche Empfindungen fühlen sich wie ein Sehnen des Unterbewusstseins an. Es ist schwer zu deuten. Das Innere vermisst jedoch Spiritualität und eine Antwort auf die Frage nach dem wirklichen Sinn des eigenen Lebens. Der Zeitgeist, die heutige Lebenswelt, Traditionen, Familie, eigene Vorstellungen und das, was die meisten gemeinhin für wertvoll erachten, stehen dabei zumeist als Stolpersteine einer wirklichen Antwort und Entwicklung im Wege.

Sind vielleicht Arbeit und Erfolg, Spaß und Vergnügen, das Streben nach Dauerjugend oder Ruhm tatsächlich ein Weg, der zum Glücklichsein führt?

Sicher nicht!

Aus der buddhistischen Perspektive stellen gerade derartige Lebensziele und Bestrebungen die Schlingen Maras (Symbolfigur der Verblendung) dar, da sie die Ich-Bezogenheit des Einzelnen nur noch verstärken.

Es ist also Zeit, darüber nachzudenken. Unerwartet und schnell kann das eigene Leben enden. Das ist eine häufig verdrängte Tatsache.

Meist werden die wenigen Lebensjahre mit belanglosen Dingen verschwendet. Spiel, Spaß, Essen, Trinken, Sorge um die Familie, Sex, Fortpflanzung, Nahrungssuche und -erwerb unterscheiden uns nicht von den Tieren, sondern stellen uns mit diesen auf eine Stufe. Nur wenn wir dieser Zeit einen nachhaltigen Sinn verleihen, leben wir wirklich eine menschliche Existenz.

Besonders gebildeten Menschen erscheint der Buddhismus oft als ein prüfenswerter Ersatz zur bisherigen oder aufgegebenen Religion sowie zum Materialismus. Viele werden so zu Sympathisanten der Lehre oder beginnen sie auf ihre Art in ihr Leben zu integrieren.

Einsteiger erhoffen sich häufig eine Verbesserung der eigenen Lebenssituation. Sie wollen einfach glücklich sein.

Der Mehrheit wird jedoch nicht bewusst, dass ihre aufgenommene Praxis eigentlich gar nicht buddhistisch ist. Treten dann die erwünschten Ergebnisse nicht ein, geben sie zuweilen sogar dem Dharma (siehe Begriffslexikon) die Schuld. Latenter Egoismus, unsere Selbstverliebtheit und der damit zusammenhängende Stolz stehen dem Glücklichsein zuvorderst im Weg. Zwar kann man ein äußerlich schönes Haus errichten, aber ohne ein korrektes Fundament wird es keinen Bestand haben und früher oder später einstürzen.

Dieses Buch will den Interessierten helfen, sich in dem Dschungel von Schriften und Angeboten eine Grundorientierung zu verschaffen, sodass sie den Kern des Buddhismus kennen lernen und ihre Praxis auf eine korrekte Basis stellen. Nur so lässt sich das gewünschte Glück erreichen.

Der kompakte Ratgeber ist auf die heutige westliche Situation zugeschnitten. Die Komplexität und die ungewohnten Begriffe des Buddhismus sowie die Vielfalt der Traditionslinien, die Menge verschiedenster Praktiken, die halbbuddhistischen Lehrer und die Anpasser der Lehre an den Zeitgeist verwirren den Einsteiger schnell. Oft wird fälschlich versprochen, dass nur diese eine Praxis den Erfolg bringt und dass nur dieser eine charismatische Lehrer es genau weiß. Der sendet dann auch seine Jünger in Scharen aus, um gutgläubige Schafe in seine Herde zu integrieren.

Es wäre traurig, wenn die Menschen durch ein falsch gesetztes Fundament nie wirkliche Ergebnisse erfahren.

Dieser ehrliche Ratgeber öffnet jedem Leser die Augen für spirituelle Scharlatanerie. Es wird nichts Neues erfunden oder eine weitere Mischmasch-lehre verbreitet, sondern das ins richtige Licht gerückt, was für die spirituelle Praxis wesentlich und nutzvoll ist. Die Ausführungen basieren klar auf der buddhistischen Lehre. Sie enthalten viele Hinweise großer und geübter buddhistischer Meister zu Yoga und Tantra.

Alles wird dabei leicht verständlich und nachprüfbar erklärt. Mit ein bisschen gutem Willen und Aufmerksamkeit sind diese Hinweise leicht zu erfassen und umzusetzen.

Authentische buddhistische Werke unterstellen oft erhebliches Vorwissen und folgen historisch gewachsenen Traditionen bei der Abfolge der Themen. Sie wurden in einer Zeit und in einem Umfeld geschrieben, wo Werk, Leben und die Lehre Buddhas eine andere Präsenz hatten. Der traditionelle Aufbau erschwert dem heutigen Leser den Zugang. Auch die Übersetzungen wurden zumeist von Menschen verfasst, die mit dem grundlegenden Kanon des Buddhismus vertraut waren.

Durch fehlendes Grundwissen interpretiert so mancher Einsteiger dann Falsches in die korrekten Ausführungen hinein. Er glaubt etwas zu verstehen, was eigentlich ganz anders ist.

Verstärkt wird dies noch durch die „Geheimsprache“ im buddhistischen Tantra. Die dortigen Hinweise und Anleitungen sind teilweise so verfasst, dass nur Personen einer bestimmten Erkenntnisstufe die Bedeutungen exakt erfassen können. Dies sollte ursprünglich vor Fehlern in der Praxis beschützen.

Das goldene Fundament ist also ein kleiner, äußerst kompakter Ratgeber für das Glücklichsein und somit auch für eine korrekte Praxis des Buddhismus. Zentrale Begriffe, die für ein Verständnis unumgänglich sind, werden in einem Minilexikon mit einfacher Sprache erklärt. So wird der Leser nicht durch die enorme Wissenschaftlichkeit des Buddhismus irritiert. Er kann sich schnell eine Grundorientierung verschaffen oder diese wieder herstellen.

Inzwischen gibt es zwar viele belesene Praktizierende, aber trotzdem sehr wenig Buddhisten im eigentlichen Sinn. Die Lehre ist zwar logisch, einfach und auch leicht zu praktizieren, aber gerade das macht es erstaunlicherweise vielen Menschen schwer, in dem Trümmerhaufen heutiger Konzepte die entscheidenden Grundlagen zu erkennen.

 

Nach dem Lesen dieses Ratgebers stellen sich viele sogar die Frage: Kann es so simpel sein, das eigene Glück zu finden?

Damit die Ausführungen nicht nur auf einem Blickwinkel beruhen, sind auch die spirituelle Erfahrungen der Koautorin eingeflossen.

Autor

Dschinpa Losang

Meine Familie hat mütterlicherseits eine christliche und väterlicherseits eine materialistische Denktradition. Das sind die zwei im Westen am meisten verbreiteten Richtungen.

Eine spirituelle Neigung führte dazu, dass ich mich sehr früh mit philosophischen sowie religiösen Positionen beschäftigte, diese hinterfragte und auf ihren Nutzen hin untersuchte. Zu Beginn meines vierten Lebensjahrzehnts hatte ich ein Aha-Erlebnis. Es handelte sich um ein erstes tieferes Verständnis (buddhistisch: eine anfängliche Realisation) des Nutzens und der Bedeutsamkeit der Lehre Buddhas.

Die Zeit zeigte, dass dieses kein Strohfeuer war, sondern eine große Wirkung entfaltete. Fortan beschäftigte ich mich kontinuierlich mit der Lehre und drang immer tiefer in diese ein. Meine Bemühungen setze ich bis heute fort. Das war richtig und erfüllt mich mit wirklicher Freude.

Die anfängliche Glut wurde durch weitere Studien, Praxisübungen, Meditationen und den daraus resultierenden Erkenntnissen kontinuierlich geschürt. Gelehrte sagen, Buddhist durch Glauben zu sein ist gut, aber viel besser ist es, dies aus Wissen sowie Erkenntnissen heraus zu sein. Bloßer Glaube kann sehr schnell erschüttert werden, da er nun einmal keine andere Basis als veränderliche Gefühle hat. Das ist es auch, was jeden Menschen mit gesundem Verstand an Fanatikern, gleich welchen Glaubens, stört. Diese verabsolutieren das gefühlsmäßig Geglaubte als einzig korrekte Erkenntnis, die sie dann durch ein übersteigertes Selbstwertgefühl anderen als angeblich unbezweifelbares Wissen aufzwingen wollen. Solche selbsternannten Propheten gab und gibt es leider in jeder Religion.

Infolge meiner Bemühungen nahm ich dann die buddhistische Zuflucht, legte Laien- und andere höhere Gelübde ab. Seitdem bezeichne ich mich als einen Buddhisten. Während dieses Zufluchtsrituals gab der Lehrer mir den Namen Dschinpa Losang.

Als Buddhist ist man zeit seines Lebens ein Schüler in Bezug auf den Dharma. Ich hatte das Glück, auf Lehrer zu stoßen, die mir die Augen, den Verstand und das Herz öffneten. Natürlich sind sie für mich die bedeutsamsten Personen.

Die Belehrungen und Einweihungen in verschiedene Yogapraktiken und buddhistische Gottheiten erhielt ich durch Lamas der tibetischen Gelugpa-, Kagyü- und Sakya-Tradition. Aus der letzteren stammt auch mein Hauptlehrer. Er vermag den Dharma korrekt zu lehren und wird von den größten buddhistischen Gelehrten der Welt als ein einzigartiges Juwel des Wissens geschätzt. Doch nicht dieser Ruhm macht ihn zu einem korrekten Lehrer. Man erkennt einen großen Lehrer daran, dass er sich nicht auf seinen Namen, seinen Status oder sein Ansehen beruft, sondern daran, dass er eine Überprüfung seiner eigenen Aussagen anhand der authentischen Schriften fordert. Das meiste erlernte ich also von ihm.

Manchmal zweifle ich noch immer daran, dass er mich als einen seiner Schüler betrachtet, er hat es mir aber einmal auf meine Frage hin unmittelbar versichert. Was sollte er als guter Mensch auch sonst darauf antworten? Trotzdem stütze ich mich nun seit Jahren auf diese Worte. Ich habe nie gewagt, ein zweites Mal zu fragen. Mehr Lob kann ich ohnehin nicht erhalten.

Durch seine guten Ratschläge, eigene Überlegungen sowie dem Verständnis, dass das tägliche Leben das Hauptfeld der eigenen Bemühungen sein sollte, hob ich die Abgrenzung zwischen buddhistischer Praxis, Familie und Arbeit auf. Die Hinweise des Lehrers und der Lehre versuchte ich so gut wie möglich umzusetzen und als persönliche Anweisungen zu begreifen. Im Rückblick ist es erstaunlich, wie sich mein gesamtes Leben seitdem in allen Bereichen positiv verändert hat. Heute bin ich ein sehr zufriedener und glücklicher Mensch.

Lhamo Losang (Koautorin)

Mein buddhistischer Name ist Lhamo Losang. Dieser verdeutlicht, dass ich Zuflucht in der Linie Tsongkhapas, dem Begründer der Gelugpa-Tradition, genommen habe (siehe Begriffslexikon).

Bis zu meinem 24. Lebensjahr lebte ich in der Hauptstadt von Weißrussland. Der dort verbreitete russisch-orthodoxe Glaube blieb für mich ein reines Lippenbekenntnis. Lange Zeit sah ich vor allem Spaß und Unterhaltung als den Sinn meines Lebens an. Diese Einstellung ist sowohl in meiner früheren Heimat als auch hier im Westen weit verbreitet.

Auf den ersten Blick schien es, als gehörte ich aus buddhistischer Sicht zu den Menschen „ohne Anstand und Schamgefühl“, die, „auch wenn sie die Makel von Samsara sehen, keinen Überdruss“ entwickeln und „auch wenn sie ausgesprochen viele schlechte Taten praktizieren […], nicht die geringste Reue zeigen.“ (Asanga: in Gampopa: Juwelenschmuck, Tashi Verlag 2005, S. 18)

Leider verstarb meine Mutter, als ich elf war, und mein Vater, als ich das achtzehnte Lebensjahr erreichte. Für mich war das ein kaum zu verarbeitender Einschnitt, der den Glauben an die Beständigkeit der Welt und des Lebens erschüttert.

Der frühe Tod meiner Eltern hinterließ in mir ein Gefühl von Unsicherheit und Existenzangst. Er ließ mich schon früh die Endlichkeit unseres kurzen Daseins erkennen. Spirituelle Leere und die Angst vor dem Tod führten bei mir zur Suche nach irgendetwas, das Hoffnung gibt. In dieser Zeit erinnerte ich mich, einmal eine Nachricht von dem Wiedergeborenen (Dalai Lama) gelesen zu haben.

In Weißrussland war seine Heiligkeit nicht so bekannt wie hier. Die Beschäftigung mit dessen Person sowie der Lehre Buddhas ließen mich in meinem dritten Lebensjahrzehnt nun finden, wonach ich gesucht hatte: Das Verständnis vom Sinn des Lebens.

Durch die Freude darüber, bemerkte ich zuerst nicht, dass ich auch Veranstaltungen, Retreats sowie Einweihungen von sektiererischen Gruppen besuchte und man mich dort persönlich und finanziell vereinnahmen wollte. Dies gibt es leider sehr häufig. Die Lehre wird dort verfälscht. Das hat nichts mit dem Buddhismus an sich zu tun, sondern ausschließlich mit der Selbstsucht und Unwissenheit der Menschen. Einige Zeit praktizierte ich auch intensiv in einem buddhistischen Kloster.

Gute karmische Umstände sowie das Finden eines korrekten Lehrers bewahrten mich vor Irrwegen und falschen Entscheidungen. Meine positiven und negativen Erfahrungen auf dem Weg zu einer Buddhistin sind auch in diesen Ratgeber eingeflossen. Sie sollen dem Leser helfen, typische Fehler zu vermeiden.

Grundbegriffe

Grundbegriffe sind Schlüssel für die Tore des Wissens. In das Minilexikon haben wir auch einige nicht zum Buddhismus gehörende Schlagworte aufgenommen, um deutlich zu machen, was wirklich zur Heilslehre gehört und was nicht. In sich Verschiedenes sollte nicht unwissend vermischt werden. Leider kommt dies häufig vor, was dazu führt, dass viele Menschen keine buddhistischen Ergebnisse erzielen. Dadurch wird ihre Unwissenheit und Verwirrung sogar noch verstärkt.

Die Lehre Buddhas ist etwas ganz Besonderes. Erklärt man diese zu einer Philosophie oder Religion, wäre dies ein überhebliches Überstülpen westlicher Konzepte auf eine Lehre, die eigentlich nur helfen soll, persönliche Leiden zu beseitigen. Unser Verständnis von Religion und Philosophie entspricht Denkkonzepten, welche dem Buddhismus nicht gerecht werden.

Deswegen sollten wir uns nicht den Kopf darüber zerbrechen, ob die Lehre Buddhas eine Philosophie oder eine Religion darstellt. Solche Überlegungen sind etwas für Wissenschaftler und ändern nichts an der Lehre selbst. Es gibt in diesem Moment (des kurzen Lebens) wahrlich Wichtigeres zu tun.

Für die meisten Europäer ist es zu Beginn nicht möglich, die wirklichen Bedeutungen der Lehre und ihrer Elemente zu verstehen, da sie sich diesen mit westlichen Denkmustern und Konzepten nähern. Teilweise hat die Lehre auch sehr subtile Aspekte. Das führt im schlimmsten Fall zum Aufgeben der Beschäftigung mit dem Buddhismus. So mancher fühlt sich innerhalb dieses neuen Denkgebäudes sehr dumm.

Vielen gelingt es anfangs auch nicht, die äußerst logikbetonten Gedankengängen bis zu ihrem Ende zu verfolgen. Zudem werden alle bisher gelebten Werte und Vorstellungen permanent infrage gestellt.

Der Buddhismus wendet sich aber nicht nur an äußerst intelligente Personen oder erfordert für sein korrektes Verständnis eine überragende Intelligenz. Prinzipiell können Menschen aus allen Schichten und mit verschiedenen intellektuellen Fähigkeiten den Buddhismus richtig praktizieren. Historisch zeichnete sich die Lehre gerade dadurch aus, dass sie keine Kastengrenzen akzeptierte und die Erleuchtung für jedermann möglich hielt.

Intelligenz ist wiederum keinesfalls hinderlich, sondern sehr hilfreich, wenn sie mit Weisheit gepaart ist. Wenn Du also ein Gelehrter werden möchtest, ist das auch in Ordnung, sofern Du die grundlegenden Aspekte und die Anwendung der Lehre im Leben dadurch nicht aus den Augen verlierst.

Das folgende Lexikon haben wir nur aus dem Gedächtnis heraus verfasst. Schlage die Begriffe ruhig auch in anderen Lexika nach. Dabei wird Dir auffallen, dass einige Aspekte von Schule zu Schule variieren. Der Buddhismus ist so vielfältig wie der Charakter von Menschen.

Buddha: Das Wort bedeutet „Erleuchteter“. Einerseits bezeichnet es die vor ca. 2500 Jahren lebende Person, andererseits steht der Begriff für alle zentralen Ziele und Qualitäten der Lehre. Jeder, der diese erreicht, wird ein Buddha. Es wird angenommen, dass nach dem historisch ersten Buddha einige weitere Menschen das hohe Ziel erreicht haben. So werden buddhistische Gelehrte oder Praktizierende in der Literatur als Buddhas bezeichnet. Die Autoren vermuten dann, dass diese das Ziel der Erleuchtung ebenfalls erreicht haben. Diese Einschätzung ist aber subjektiv. So wird zum Beispiel auch der jetzige XIV. Dalai Lama von Buddhisten als Inkarnation des Buddhas des Mitgefühls (Avalokiteshvara) betrachtet. Solche verschiedenen Typen von Buddhas bezeichnen eigentlich alle nur Aspekte des einen Buddha und sollen bei der Meditation helfen. Ebenso bezeichnen die Anhänger anderer Traditionslinien ihre Oberhäupter oft als Wiedergeburten Buddhas. Der vom Dalai Lama anerkannte XVII. Karmapa ist beispielsweise der spirituelle Führer der Kagyü-Traditionslinie und wird auf diese Weise von seinen Gefolgsleuten verehrt.

Bodhisattva: Das ist ein hoch verwirklichter buddhistischer Praktizierender, bereits ein Heiliger, somit eine Person im unmittelbaren Stadium vor der Erlangung der Buddhaschaft. Die Bodhisattvaschaft wird von Gelehrten wiederum in zehn genau definierte Stufen untergliedert. Es gibt sehr konkrete Festlegungen für diese. Unserer Lebenswelt mangelt es leider an solchen Personen. Schon vor dem Erreichen dieser Entwicklungsstufe sollte man die 37 Übungen eines Bodhisattvas durchführen, um Verdienste und Weisheit anzusammeln. Es ist ebenfalls äußerst nutzvoll, die Sechs Vollkommenheiten zu üben. Verdienste sammelt man ausschließlich durch Taten an, die mit dem Dharma im Einklang stehen.

Zuflucht: Der Begriff bezeichnet Objekte, die bei der spirituellen Entwicklung eine wirkliche Hilfe und somit eine Zuflucht für das Bewusstsein (Synonym: Geist) bieten. In der Regel nimmt man zum Buddha, zum Dharma, zur Sangha und manchmal auch noch zum Lehrer rituell Zuflucht. Bei uns im Westen ist es üblich geworden, durch die Zufluchtnahme vor einem Lehrer (Tibetisch: Lama, Sanskrit: guru) im Rahmen eines Rituals symbolisch in die Gemeinschaft der Anhänger Buddhas einzutreten. Hierbei erhält die Person ihren buddhistischen Namen. Der erste Namensteil wird individuell vom Lehrer bestimmt, der zweite Teil bezeichnet zumeist die jeweilige Traditionslinie des Namensgebers. Dschinpa Losang bedeutet somit, dass der Lama die Hoffnung hatte, dass ich die Vollkommenheit der Freigebigkeit (Tibetisch: dschinpa) ausübe und in die Familie Losang (diese gehört zur Traditionslinie Gelugpa, die einst ein bedeutender tibetischer Gelehrter gründete) aufgenommen wurde.

 

Sangha: Hiermit ist eigentlich die Gemeinschaft der Bodhisattvas gemeint. Das sind Personen, die den entscheidenden Teil des buddhistischen Pfades bereits zurückgelegt haben. Da es diese in unserer Lebenswelt äußerst selten gibt, benutzen wir den Begriff auch als Synonym für eine buddhistische Gemeinschaft allgemein. Bei dem geistigen Bezug während der Zufluchtnahme sind mit dem Begriff jedoch immer nur wirkliche Bodhisattvas gemeint und nicht die weltlichen Gruppen von Buddhisten.

Dharma: Damit wird die Lehre des Buddha bezeichnet. Es handelt sich um die spirituellen Reden, Belehrungen und Gleichnisse Buddhas, aber auch um Schriften, Belehrungen und Reden von anderen Gelehrten, die den Pfad zur Erleuchtung korrekt weisen. Sie stimmen also mit Buddhas originalen Ausführungen inhaltlich überein. Falsch Dargestelltes ist niemals Dharma.

Lehre von den vier edlen Wahrheiten: Mit deren Verkündung begann das Drehen des ersten Rades. So wird die Verbreitung der Heilslehre Buddhas genannt. Sie erklären die Grundlage, den Weg und das Ziel.

1 Alles Zusammengesetzte (Bedingte, auf Ursache und Wirkung beruhende) ist Leiden.

2 Das Leiden hat eine Ursache.

3 Es gibt ein Ende des Leidens.

4 Es gibt einen Pfad (Weg) zur Beendigung der Leiden.

Jeder, der Buddhist werden möchte oder die buddhistische Lehre ein wenig mehr verstehen will, sollte versuchen, diese Wahrheiten und ihre Bedeutungen für das Leben zu erfassen, zumindest in ihren Grundzügen. Damit sind auf keinen Fall nur körperliche Leiden gemeint. Übersetzungen von buddhistischen Begriffsinhalten und die unterschiedlichen Denkkonzepte von uns Europäern führen bei Einsteigern und Erstlesern vorschnell zum Glauben, etwas verstanden zu haben, was dann aber in großen Teilen ganz anders gemeint ist. Deswegen sind vertiefende Auseinandersetzungen mit diesem Thema unabdingbar und nie ganz abgeschlossen.

Gelübde: Beim Gelübde handelt sich um Versprechen in verschiedener Form und Tragweite. Es gibt zum Beispiel die Zufluchts-, die Laien-, die Bodhisattva- die tantrischen und die Mönchs-Gelübde. Kommt es zu einem Bruch, können diese durch erneutes Ablegen, Bereuen, Bekennen und bestimmte Praktiken der Reinigung wieder hergestellt werden. Tritt man zum Beispiel aus dem Mönchsorden aus, kann man zu einem späteren Zeitpunkt erneut Mönch werden. Die Gelübde sind stets freiwillig und sollen dabei helfen, den korrekten Pfad einzuschlagen und Achtsamkeit zu entwickeln, also auf das eigene tugendhafte Denken und Handeln zu achten.

Bodhicitta: Dies ist ein buddhistischer Begriff, der zumeist mit Mitgefühl übersetzt wird. Mitgefühl im westlichen Verständnis und Bodhicitta meinen jedoch etwas Verschiedenes. Bodhicitta gilt auch als Methode und ist einer der zwei Flügel zur Erlangung der Erleuchtung (der eine Flügel heißt Methode, der andere Weisheit). Es ist der Wunsch, ein Buddha zu werden, um nicht nur sich, sondern allen anderen Lebewesen wirklich zu helfen. Deswegen gehört die Bodhicitta-Motivation auch zum Mahayana. Ein Mahayana-Praktizierender strebt die Erleuchtung an, um anderen Lebewesen und nicht nur sich selbst zu helfen. Dagegen strebt ein Praktizierender des Hinayana die Erleuchtung vor allem für sich an. Die Motivation im Mahayana ist also altruistischer. Ohne Bodhicitta ist eine große Erleuchtung (Mahayana-Erleuchtung) nicht möglich. Mit Bodhicitta lässt sich dieses Ziel viel schneller erreichen. Wer echtes Bodhicitta erzeugen kann, ist der Erleuchtung sehr nahe. Das ist jedoch sehr schwierig. Es gibt zwei Hauptpraktiken, um Bodhicitta zu erzeugen. Die eine Methode ist die 7-fache Anweisung, die andere das Austauschen des Selbst mit anderen. Diese Praktiken werden später im Buch erklärt.

Sechs Vollkommenheiten (auch transzendente Tugenden - Paramitas - genannt): Jeder Buddhist sollte sich unablässig in den sechs Vollkommenheiten üben. Diese sind Freigebigkeit, Ethik, Geduld, Tatkraft, Konzentration und Weisheit. Zuweilen variiert die Übersetzung der Begriffe.

Sechs Vollkommenheiten (auch transzendente Tugenden - Paramitas - genannt): Jeder Buddhist sollte sich unablässig in den sechs Vollkommenheiten üben. Diese sind Freigebigkeit, Ethik, Geduld, Tatkraft, Konzentration und Weisheit. Zuweilen variiert die Übersetzung der Begriffe.

Achtsamkeit: Diese gilt zwar nicht als eine der sechs Vollkommenheiten, ordnet sich aber indirekt in diese ein. Ohne Achtsamkeit gäbe es keine der sechs Vollkommenheiten. Sie ist ein zentrales Element des edlen achtfachen Pfades. Ohne Achtsamkeit (Aufmerksamkeit) können wir uns nicht selbst analysieren und Irrtümer erkennen. Ein Problem der meisten Menschen ist, dass sie nur wenig Achtsamkeit besitzen. Vielen fällt es unendlich schwer, eigene Fehler einzusehen oder eigene Denkmuster infrage zu stellen. Aus buddhistischer Sicht hat dies karmische Ursachen. Dies erklärt auch, warum manche Menschen - trotz negativer Charakterzüge - keinerlei Notwendigkeit erkennen, sich zu verändern. Die Achtsamkeit bezieht alle erfahrbaren Bereiche ein, körperliche, geistige und emotionale.

Im Buddhismus wird Achtsamkeit zumeist im Zusammenhang mit Meditationen betrachtet. Da es nicht nur Sitzmeditationen gibt, sondern ein Buddhist eigentlich fortwährend meditieren sollte, ist Achtsamkeit unablässig. Von Buddha gibt es dazu ganz konkrete Anweisungen. Die später vorgestellte Atemmeditation (siehe Kapitel: Die Meditation) ist eine klassische Achtsamkeitsübung.

Drei Höhere Schulungen: Damit fasst man im Buddhismus die notwendigen Übungen auf dem Pfad zur Erleuchtung zusammen. Hierzu zählen die Höhere moralische Disziplin, die Höhere Konzentration und die Höhere Weisheit.

Selbstlosigkeit (Synonym für Leerheit): Diese Lehre ist die Klammer, die alle buddhistischen Traditionen verbindet. Zwar hat Buddha aus anderen Lehren das übernommen, was von ihm als richtig bewertet wurde (z.B. die Lehre vom Karma), die Selbstlosigkeit wurde aber von ihm allein in der Erleuchtung erkannt und ins Zentrum seiner Lehre gerückt. Buddha erklärt, dass weder Personen noch Phänomene ein Selbst haben. Alle Bezeichnungen sind nur Sprachkonventionen für selbst-lose Personen und Phänomene. Das Weisheitssutra (auch Herzsutra genannt) spiegelt am besten wider, was damit gemeint ist. Unser Kapitel zur Leerheit geht auf zentrale Aspekte hierzu ein. Je besser man die wirkliche Bedeutung des Herzsutras erkennt, desto tiefer ist man in die Lehre eingedrungen. Im Verständnis dieses Sutras spiegelt sich das eigene Verständnis von Buddhas Lehre wider.

Mahayana: Dies ist die größte Traditionslinie des Buddhismus (auch Hauptfahrzeug genannt), die heute in den meisten buddhistischen Ländern verbreitet ist. Das Ziel ist hier nicht die kleine, sondern die große Buddhaschaft. Wer auf diese Weise um persönliche Erleuchtung ringt, dessen Streben ist erst beendet, wenn alle Lebewesen aus Samsara befreit sind. Da die Zahl der Lebewesen unendlich ist, ist dies ein unermessliches Vorhaben. Das Wort bezieht sich somit auf die Anzahl der Lebewesen. Ein solcher Wunsch gehört zu den Vorbereitungsübungen für eine buddhistische Meditation.

Hinayana: Das ist der Ausdruck für die kleinere, aber ältere der beiden Traditionslinien. Sie wird auch als Theravada bezeichnet, also als älteres Fahrzeug. Hier strebt man nach persönlicher Befreiung, der sogenannten kleinen Buddhaschaft. Es werden zumeist nur Schriftquellen als authentisch anerkannt, die in direktem Bezug zum historischen Buddha stehen. Diese sind im Palikanon enthalten und werden in drei Körbe aufgeteilt (der Begriff geht auf die Aufteilung der Schriftrollen nach Kategorien und einer damals üblichen Sammelaufbewahrung zurück). Dies sind die Ordensregeln, Lehrsätze und höheren Lehrreden. Von den Anhängern des Mahayana wird die Hinayana-Motivation auch als Vorstufe oder Zwischenschritt zur Mahayana-Motivation betrachtet.

Vajrayana: So bezeichnet man die tantrische Traditionslinie innerhalb des Mahayana. Manchmal wird sie auch als ein eigenes Fahrzeug bezeichnet. Wer dieser buddhistischen Praxis folgen möchte, kann den Zeitraum, der zur Erleuchtung führt, radikal verkürzen. Dies jedoch nur, wenn man die Anweisungen aus den Lehren korrekt praktiziert. Leider sind dazu die meisten Übenden, selbst die, die glauben, Tantra zu praktizieren, nicht in der Lage. Das Ergebnis ist dann genau umgekehrt. Der Zeitraum verkürzt sich nicht, sondern verlängert sich. Authentische buddhistische Schriften drohen dann mit so etwas wie der „Hölle“. Damit ist gemeint, dass die Verblendungen durch eine falsche Praxis stark zunehmen.

Um Einsteigern zu helfen, arbeitet dieses Buch genau heraus, was die Basis für eine korrekte buddhistische und somit auch tantrische Praxis ist. Man sollte also kein Tantra praktizieren, wenn man nicht ausreichend Grundwissen besitzt und nicht wirklich versteht, warum und wozu im Tantra etwas getan wird. Falsch Praktizierende üben dieses so aus, als würden die buddhistischen Gottheiten real existieren. Sie realisieren nicht, dass Buddha das Selbst infrage gestellt hat und die tantrischen Gottesvorstellungen nur Meditationshilfen sind. Das ist einer häufigsten Grundfehler, der auf schlechten Übersetzungen, wenig Grundwissen und ungeeigneten Lehrern beruht. So klar wird das wohl selten gesagt.

Leerheit: Der Begriff ist ein Synonym für Selbstlosigkeit. Es gibt verschiedene Schulen, die unterschiedlich tiefgründige Betrachtungsweisen und Analysen zum Thema bieten. Im Hinayana wird zum Beispiel nur die Selbstlosigkeit der Personen gelehrt. Im Mahayana und Tantra sind auch speziellere und immer subtilere Betrachtungsweisen zum Begriff anzutreffen. Das Thema ist sehr komplex und erfordert erhebliches logisches Denkvermögen, philosophische Kenntnisse usw. Deswegen wird dieses Thema traditionell erst spät gelehrt, wenn ein Schüler im buddhistischen „Lehrplan“ schon weit fortgeschritten ist. Ohne ein klares Grundverständnis kann man buddhistisches Tantra nicht sinnvoll praktizieren.