Loe raamatut: «Abschaffung des Geldes»

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Abschaffung des Geldes

Eske Bockelmann

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1. Auflage 2012

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ISBN 978-3-03760-015-3

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

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Inhalt

Prolog

1. Es geht nicht gut mit dem Geld

2. Zwei Wege, die Welt «mit» zu verbessern

3. Das Denken denkt nicht «ohne»

4. Wert als Energie

5. Der undenkbare Gedanke

Prolog

Als ich mit gut fünf Jahren erfuhr, ich würde später einmal – wie jeder – mein Geld selbst verdienen müssen, da durchzuckte mich als böse Gewissheit, erstens, das könne nicht gelingen, und zweitens, ich müsse deshalb zaubern lernen. Anders nämlich, so war mir bedrückend klar, würde ich es niemals zu all den Dingen bringen, die man so zum Leben braucht. Einen Beruf zu haben und dafür vieles können zu müssen, was ich jetzt noch nicht konnte, das war mir wohl vorstellbar. Aber dass davon die Zuteilung jenes immerfremden Stoffes abhängen sollte, der irgendwie von aussen kam, offenbar noch über den Eltern stand und über ihren Berufen, und dass von diesem Stoff wiederum unmittelbar mein eigenes Überleben abhinge, das klang mir auf eine Weise bedrohlich, dass ich mich auf die Zauberei verwiesen sah. Natürlich, meines Wissens bestand wenig Aussicht, sie zu erlernen, doch da meine Absichten ohnehin nur auf alltägliche Dinge wie Essen und Wohnen gingen und wenn ich mich also darauf beschränkte, nur dieses Wenige und nicht gleich alles zaubern zu können …

Ich habe es bis heute nicht gelernt. Und so hob ich denn damals meine Hand, als endlich einmal die Frage erging: «… oder würde einer von Ihnen das Geld abschaffen wollen?» Das war zum Abschluss einer Konferenz zu dem Soziologen Alfred Sohn-Rethel, ich sass für die Diskussion unter den Referenten auf dem Podium, und Jochen Hörisch fasste gerade zusammen: Bei aller Kritik, die Sohn-Rethel auf das Geld und den Warentausch gewendet habe, sei er zugleich ein grosser Bewunderer des Geldes gewesen. Daher sollten auch wir unsere Konferenz nicht stur kritisch gegenüber dem Geld beschliessen, sondern zugleich dessen enorme Leistungen hochachten – immerhin die Vermittlung der gesamten Versorgungs- und Produktionsvorgänge unserer Gesellschaft, laut Sohn-Rethel ausserdem die Schaffung der rationalen Denkformen, oder auch das geradezu unerschöpfliche Reservoir an Metaphorik, um welches es die Sprache bereichert habe. Dem Geld müsse, das sollten wir uns eingestehen, recht eigentlich tiefe Bewunderung gelten – «oder würde einer von Ihnen das Geld abschaffen wollen?»

Ja – ich habe die Hand gehoben: Wenn es nach mir ginge, würde es abgeschafft. Aber siehe da, ich blickte um mich und sah niemanden sonst, der die Hand hob, meine Hand war die einzige geblieben, die sich nach oben streckte, und niemand also hegte ausser mir den Wunsch und den Gedanken, es sollte einmal ohne Geld gehen. Das erstaunte mich, und ich stellte mir damals die Frage, ob Sohn-Rethels Einsichten tatsächlich weniger dazu drängten, dem Geld ein Ende zu wünschen, als dass sie eine Erklärung dafür liefern, weshalb dies durchaus niemand wünscht.

1. Es geht nicht gut mit dem Geld

Geht es denn so gut mit dem Geld? Nein, es geht nicht gut damit. Das Gröbste, was sich dazu sagen lässt, ist zwar, dass es einem Teil der Menschen zu Wohlhabenheit und Reichtum verhilft, doch bekanntlich nur einem stets sehr kleinen Teil der Menschen, während der weitaus grössere – und zwar infolge jenes Reichtums – gequält wird, darbt und verhungert. Ist das die Schuld des Geldes? Ja, es ist seine Schuld, und zwar insofern, als Geld die allererste und allgemeinste Grundlage genau der gesellschaftlichen Verhältnisse bildet, die heute weltweit durchgesetzt sind, die diese Art von Zweiteilung der Menschheit bedingen und sie zulasten des zunehmend grösseren Teiles immer weiter noch verschärfen.

Das ist nicht so zu verstehen, als hätte es vor den Zeiten des Geldes kein Darben, keine Qual und keine Gewalt gegeben. Und noch ein anderes Missverständnis gälte es zu vermeiden, welches Sohn-Rethel lange gepflegt hat, nämlich dass mit der ersten Prägung von Münzen, also zu frühen Zeiten der griechischen Antike, das Geld bereits den nexus rerum gebildet, das heisst bereits die Kraft erlangt hätte, materiell eine Gesellschaft insgesamt zu tragen – und damit jene Wirkungen zu zeitigen, die ich meine. Dazu nämlich kommt es erst mit Anbruch der europäischen Neuzeit, ja, der Übergang zu einer auf Geld beruhenden Wirtschaft, der sich im Verlauf des sogenannten «langen» 16. Jahrhunderts vollzieht, ist geradezu der Beginn dieser Neuzeit. Selbstverständlich hat es auch in den Zeiten vor 1500 Geld gegeben, aber bis dahin – und in Ländern ausserhalb Europas gilt dies noch sehr viel länger – bleibt die Erzeugung von Gütern überwiegend eine Erzeugung für den Selbstbedarf. Das heisst, die Dinge, die eine Gesellschaft zu ihrem Leben brauchte, wurden zum grössten Teil nicht als Ware produziert, um dann erst gegen Geld verkauft zu werden. Sie sind vielmehr entweder direkt von denen hervorgebracht worden, die sie auch verbrauchten, oder wurden von anderen, die sie dank der Machtverhältnisse und durch unmittelbare Verfügung an sich brachten, weiterverteilt an die von ihnen Abhängigen. Solange der gesamte Lebensprozess einer Gesellschaft auf dieser Grundlage ruhte – also bis zur mittelalterlichen Feudalgesellschaft –, war er noch nicht von Warenproduktion und vom Tauschwert der Waren beherrscht. Und also nicht vom Geld. Spät erst, mit dem Übergang Europas in die so definierte Neuzeit, beginnt das Geld die gesamte Gesellschaft zu durchdringen und die Versorgung der Menschen mitsamt ihrer Verbindung bestimmend von sich abhängig zu machen. Und damit erst schafft es die historisch sehr spezifischen Verhältnisse, von denen ich spreche und die spätestens heute erkennen lassen, dass es, trotz Reichtum und unvorstellbar gesteigerter Produktivkräfte, grundsätzlich nicht gut mit ihnen geht.

Wir jedenfalls leben ohne Zweifel in einer, inzwischen berühmterweise gar «globalisierten», geldvermittelten Gesellschaft – wenn auch nicht mehr so ganz ohne Zweifel, was deren Funktionieren anbelangt. Selbst von biederster offizieller Seite – wenn ich mich recht entsinne unter der Schirmherrschaft eines deutschen Bundespräsidenten – wurde vor nicht allzu langer Zeit eine Werbekampagne geführt für das «Modell Ehrenamt». Nicht nur allen «Ehrenamtlichen im Sport» wurde da gedankt, nein, insgesamt seien «wir» auf das Ehrenamt angewiesen, ehrenamtliche Arbeit müsse zu einer neuen Grundlage «unserer» Gesellschaft werden, die Bürger mögen sich endlich flächendeckend bereitfinden und menschlich-solidarisch statt rechnerisch-selbstbezogen tätig werden, wenn sie nicht ihre Gesellschaft den berühmten «Herausforderungen» wollten erliegen sehen. Das Ehrenamt – die Tätigkeit ohne Bezahlung: Sie solle sich zu einer neuen konstitutiven Form der Arbeitsleistung mausern, eben weil die Bezahlung der Arbeiten, die allerorten zu leisten wären, unlösbare Schwierigkeiten macht: Ja, zu tun gäbe es viel, aber wer soll das alles bezahlen? Also, Bürger, Schluss mit der sozialen Kälte, warmherzig angepackt und menschlicherweise auf Bezahlung verzichtet!

Hm, und doch – so ähnlich denke ich mir das auch. Was immer ich tue, zurzeit noch, um damit Geld zu verdienen, von mir aus erledige ich es gerne ehrenamtlich und niemand soll mir etwas dafür zahlen – vorausgesetzt nur, ich bekomme meine Lebensmittel ebenfalls ehrenamtlich überlassen, ich darf ehrenamtlich in meiner Wohnung wohnen und ehrenamtlich hilft mir jemand bei der Reparatur meines Fahrrads. Denn dass ich zurzeit noch auf der Bezahlung meiner Arbeit bestehe, liegt nicht daran, dass ich speziell auf Geld begierig wäre und vor allem einmal Geld sehen möchte, Geld Geld Geld!, bevor ich es dann wieder ausgebe und etwas Ordentliches damit anfange. Nein, mein Geldbedürfnis hat seinen Grund vielmehr allein in der weltbekannten Notwendigkeit, auf die ich allenthalben stosse, nämlich dass ich meine Mittel zum Leben ausschliesslich für Geld bekomme, dass nämlich alle anderen um mich her auch auf Bezahlung bestehen und ich also unbedingt Geld zur Verfügung haben muss, um zu irgendetwas zu kommen. Und weshalb bestehen alle anderen darauf? Weil sie es genauso müssen, weil auch für sie gilt, dass alle anderen, mich eingeschlossen, darauf bestehen – und so schön immer weiter im Kreis und auf dem Erdkreis.

Tasuta katkend on lõppenud.