Loe raamatut: «Schul- und Qualitätsentwicklung»

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Markus Maurer, Esther Lauper, Silke Fischer

Schul- und Qualitätsentwicklung

Konzepte und Handlungsempfehlungen für die Praxis

Didaktische Hausapotheke, Band 9

ISBN Print: 978-3-0355-0769-0

ISBN E-Book: 978-3-0355-0772-0

1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.ch

Inhalt

Vorwort des Herausgebers

Einleitung

1Was ist eine gute Schule?

2Was ist Schul- und Qualitätsentwicklung – und wozu dient sie?

3Prozesse und Rollen in der Schul- und Qualitätsentwicklung

3.1Steuerung der Schul- und Qualitätsentwicklung

3.2Die Phasen des Schulentwicklungsprozesses

3.3Instrumente der Qualitätsentwicklung

3.4Qualitätsstandards: Formulierung und Messung

3.5Zertifizierte Schulqualität

4Lernendenfeedback

4.1Feedbackregeln und weitere Tipps zum Einholen von Feedback

4.2Prozessqualitäten Unterricht im Zentrum des Feedbacks

4.3Lernendenfeedback: Prozessablauf

4.4Feedbackinstrumente

5Kollegiale Zusammenarbeit und kollegiales Feedback

5.1Neun Formen der kollegialen Zusammenarbeit

5.2Kollegiale Hospitation

5.3Kollegiales Unterrichtscoaching

5.4Unterrichtsteams

5.5Fallbesprechungen

5.6Arbeit in themenorientierten Lerngruppen

5.7Lernendenbefragungsgruppen

5.8Lehr-Portfolio mit Feedback

5.9Vorbereitungs- und Reflexionsgruppe

5.10Gemeinsame Unterrichtsvorbereitung

6Standortbestimmung – Im Lehrberuf gesund bleiben

6.1Strukturierte Standortbestimmung

6.2Burn-out bei Lehrpersonen

6.3Coaching

7Weiterbildung

7.1Weiterbildung und Schulentwicklung

7.2Formen von Weiterbildung

7.3Transfer von Weiterbildungsinhalten in den Schulalltag

7.4Ermittlung und Planung des Weiterbildungsbedarfs

8Perspektiven

8.1Implementierung des «Qualitätsgedankens» im Bildungswesen

8.2Aufbau eines Unterstützungssystems für Schulentwicklung

8.3Abstimmung der schulinternen Weiterbildung auf Ziele der Schulentwicklung

8.4Partizipation der Lehrpersonen in Entscheidungsprozessen

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Literatur

Vorwort des Herausgebers

Hausapotheke? Man denkt an Schnittwunden, Kopfschmerzen, Sodbrennen; an Halswehpastillen, Jod und Leukoplast – vielleicht auch an Baldrian, wenn die Nerven flattern. Unsere «didaktischen Hausapotheken» haben aber mehr zu bieten als Pülverchen und Pflästerchen für den Unterrichtsnotfall. Jedes Heft greift aktuelle Fragen und Themen aus Unterrichtspraxis und Schulalltag auf und liefert dazu eine Mixtur aus nützlichem Hintergrundwissen, Anstössen zur Reflexion und praktischen Anwendungsbeispielen. Immer sind unsere didaktischen Hausmittelchen gezielt in Hinblick auf die wichtigsten Kompetenzen dosiert, die Sie in Ihrer Unterrichts- und Ausbildungstätigkeit benötigen, bezogen auf die typischen Handlungsfelder* einer Lehrperson (vor allem in der beruflichen Bildung). Keine schnellwirkenden Pillen also, sondern Anleitungen zur Selbsthilfe bei der Entwicklung der eigenen Berufskompetenz.

Dieses Heft beleuchtet ein Handlungsfeld, das Lehrpersonen oft gerne ausblenden würden, um sich voll auf ihr eigentliches Kerngeschäft, den Unterricht, zu konzentrieren. Es ist aber auch ein Feld, das heute zum Berufsbild und Aufgabenbereich jeder Lehrperson gehört.

Wer die Schul- und Qualitätsentwicklung einmal für sich entdeckt hat, vielleicht aufgrund der Erfahrung, dass sich mit ihren Methoden (z. B. systematisch eingeholtes Lernendenfeedback, kollegiales Unterrichtscoaching, Zusammenarbeit über die Fächergrenzen hinweg usw.) der eigene Unterricht oder das Arbeitsklima im Team tatsächlich verbessern, die eigenen Kompetenzen erweitern lassen, der oder die wird ihre Mittel nicht missen wollen. Die Schulen sind ständig auf der Suche nach Lehrpersonen, die in diesem Bereich über erweiterte Kompetenzen verfügen.

Für sie alle stehen in diesem Heft Anregungen und Anleitungen bereit. Wertvoll, über alle Bildungsstufen hinweg, sind nicht zuletzt die zahlreichen praxisbewährten Instrumente und Checklisten, die Hilfe bei der eigenen Entwicklungsarbeit bieten – eine Rezeptologie im besten Sinne des Wortes.

Christoph Städeli

Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung Pädagogische Hochschule Zürich

Einleitung
Zur Bedeutung von Schul- und Qualitätsentwicklung für Lehrpersonen – und zum Aufbau dieses Buchs

Schul- und Qualitätsentwicklung ist aus Schulen nicht mehr wegzudenken; das gilt für Berufs- und Mittelschulen ebenso wie für Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I. Ziel ist es, die Schulqualität zu fördern und zu verbessern, womit nicht nur einem gesetzlichen Auftrag, sondern vor allem auch einer öffentlichen Erwartung (der Lernenden, Eltern, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber usw.) entsprochen wird. Denn erst durch qualitativ hochstehende Lernprozesse auf der Ebene der Schulen und anderer Bildungsanbieter können die Investitionen in Bildung (d. h. die Zeit, die von Lernenden aufgewendet wird, und die Mittel der öffentlichen Hand, der Eltern und der Privatwirtschaft) ihre Wirkung entfalten.

Die Mehrheit der Lehrpersonen kommt mit Fragen der Schul- und Qualitätsentwicklung in Berührung, ist von ihnen «betroffen»; viele beteiligen sich im Auftrag der Schulleitung aktiv an entsprechenden Projekten oder führen sie eigenständig durch. Nicht immer erfahren Lehrpersonen diese Arbeit als Gewinn, möchten sie sich doch möglichst auf ihr «Kerngeschäft», den Unterricht, konzentrieren. Doch die Beteiligung an Schul- und Qualitätsentwicklung gehört mittlerweile zum Berufsbild und also auch zum Auftrag von Lehrpersonen. Dies zeigt sich in der Schweiz etwa bei der Kategorie von Lehrpersonen «mit besonderen Aufgaben» (mbA). Sie sind grundsätzlich dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Arbeitszeit in zusätzliche Aufgaben zu investieren, die auch die Schul- und Qualitätsentwicklung betreffen können.

Es gibt aber auch viele Lehrpersonen, die die Schul- und Qualitätsentwicklung für sich entdecken, etwa weil sie sehen, dass sich mit einzelnen Methoden (z. B. Feedback von Lernenden oder Kolleginnen und Kollegen) Unterricht wirkungsvoller gestalten lässt. Andere haben erlebt, dass ein Schulentwicklungsprojekt effektiv das Arbeitsklima verbessern konnte. Wieder andere betrachten Schul- und Qualitätsentwicklung als Möglichkeit, Erfahrungen im Team zu sammeln und gemeinsame Projekte zu planen und umzusetzen, oft auch über Fachgruppen und Abteilungen hinaus. Viele Lehrpersonen sehen die Beteiligung an der Schul- und Qualitätsentwicklung auch als Weg, sich zusätzliche Kompetenzen zu erschliessen, sei es zu schulischen Themen (z. B. Lehrplanentwicklung, Qualifikationsverfahren), sei es zu Themen, die auch in der Privatwirtschaft oder in der Verwaltung von Bedeutung sind (z. B. Projekt- und Qualitätsmanagement).

Für sie alle hält dieses Heft Denkanstösse und eine Reihe von praktischen Instrumenten bereit, die sie in diesem Feld anwenden können.

1Was ist eine gute Schule?

Schul- und Qualitätsentwicklung ist auf die Sicherung und Förderung der Qualität von Schulen ausgerichtet. Doch was ist das überhaupt, eine «gute Schule»? Die Unterscheidung von Qualitätsbereichen und Qualitätsdimensionen, wie Landwehr und Steiner (2007) sie vorgeschlagen haben (vgl. Tabelle 1), erlaubt es, sich einer Antwort auf diese Frage anzunähern.

Tabelle 1: Qualitätsbereiche und -dimensionen nach Q2E


QualitätsbereicheQualitätsdimensionen und Elemente
Inputqualitäten• Rahmenvorgaben und strategische VereinbarungenAngebotene Bildungsgänge, Bildungsverordnung und Bildungsplan, Schullehrpläne, unterrichtsorganisatorische Rahmenbedingungen• Personelle und strukturelle VoraussetzungenPersonelle Strukturen, Anstellungsbedingungen, Aufgabenverteilung und Kompetenzen, zeitliche Ressourcen, Zusammensetzung der Schülerschaft, Grösse der Schule, Schulstandort, Trägerschaft (öffentlich oder privat)• Materielle und finanzielle RessourcenInfrastruktur und Einrichtungsqualität, Bewirtschaftungskosten, Rechnungsführung
Prozessqualitäten Schule• SchulführungFührungsstil/Leadership, Entscheidungsprozesse, Konferenz- und Sitzungsleitung, Personalentwicklung• Schulorganisation und -administrationFormalisierte Informations- und Kommunikationsprozesse, institutionalisierte Zusammenarbeit unter den Lehrpersonen, Pensenverteilung und Stundenplanung• Schulkultur und kollegiale ZusammenarbeitGemeinsame pädagogische Orientierung, Identifikation mit der Schule, persönliches Wohlbefinden/Umgang mit Belastung, Kommunikationskultur, Einbezug der Lernenden ins Schulleben, Öffnung nach aussen/Pflege der Aussenkontakte, z. B. mit Betrieben, üK-Zentren usw.
Prozessqualitäten Unterricht• Soziale Beziehungen und KlassenführungBeziehung zwischen Lehrpersonen und Lernenden, Klassenführung, Beziehungen zwischen den Lernenden• Lehr- und LernarrangementUnterrichtsinhalte, Unterrichtsplanung, Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse, Förderung von Schlüsselqualifikationen, individuelle Förderung• Prüfen und BeurteilenPrüfungs- und Beurteilungskonzept, Funktion der Leistungsbeurteilung im Lehr-Lern-Prozess, Prüfungsgestaltung, Notengebung, Selbstbeurteilung
Outcomequalitäten1• Zufriedenheit der Lernenden, Schul- und LaufbahnerfolgSchulinterner Promotionserfolg, Übereinstimmung mit laufbahnrelevanten Anforderungen, Erfolg der Absolventinnen und Absolventen in weiterführenden Schulen und in der beruflichen Laufbahn

Nach Landwehr & Steiner (2007)

Zentrale Bedeutung haben die «Prozessqualitäten Unterricht». Selbstverständlich trägt «guter Unterricht» wesentlich dazu bei, dass Lernende die Kompetenzen erwerben, die sie sich aneignen sollen. Unterricht findet jedoch im sozialen Kontext der Schule («Prozessqualitäten Schule») statt, der wiederum von unterschiedlichen «Inputqualitäten» beeinflusst wird. Gleichzeitig wird deutlich, dass zur Beurteilung von Schulqualität auch Outcomes, etwa Schulresultate, in den Blick genommen werden müssen.

Je nach Optik fokussieren wissenschaftliche Studien oder Evaluationen bei der Beurteilung von Schulqualität auf ausgewählte Qualitätsbereiche und -dimensionen.

Gleichzeitig ist die Qualität von Schule aber eigentlich kaum objektivierbar, denn die Beurteilung von Schulqualität ist abhängig vom Zweck, den unterschiedliche Akteure mit Schule verbinden (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2: Zweck von Schulen aus unterschiedlichen Perspektiven


Zweck für die Lernenden Kompetenzerwerb Erwerb einer Qualifikation (z. B. eidgenössisches Fähigkeitszeugnis, gymnasiale Maturität) Zugang zum Arbeitsmarkt Zugang zu weiterführenden Aus- und Weiterbildungen
Gesellschaftlicher Zweck Soziale Integration (Staat/Familie/weiteres soziales Umfeld) Qualifizierung für den Arbeitsmarkt Überlieferung zentraler kultureller Werte Soziale Auswahl («Selektions- und Allokationsfunktion»)
Zwecke für die Betriebe, die «Wirtschaft» Qualifizierung für die Arbeitswelt
Zweck für die Lehrpersonen EinkommenserwerbBerufliche Erfüllung
Zweck für (private) Träger Finanzieller Gewinn

Entsprechend ist eine Schule unseres Erachtens vor allem dann als gute Schule zu betrachten, wenn sie es schafft, die Erwartungen der zentralen Anspruchsgruppen längerfristig zu erfüllen.

2Was ist Schul- und Qualitätsentwicklung – und wozu dient sie?

Bei der Schul- und Qualitätsentwicklung geht es um bewusst gesteuerte Entwicklungsprozesse an Schulen, die dazu beitragen, einen Ist-Zustand in Schule und Unterricht in einen Soll-Zustand zu überführen. Die Schul- und Qualitätsentwicklung stellt uns dabei ein ganzes Set an Instrumenten zur Verfügung. Das sind zum einen die eigentlichen Entwicklungsinstrumente, mit denen der Entwicklungsprozess gestaltet werden kann; wichtig sind dabei zum Beispiel Methoden zur Planung und Umsetzung von Projekten. Zum anderen sind es eher analytische Instrumente, mit denen mehr über den Ist- und den Soll-Zustand von Schulen herausgefunden werden kann. So sollte, bevor etwa eine Verbesserung der Prüfungsmethoden in Angriff genommen wird, bekannt sein, auf welche Weise derzeit geprüft wird. Und bevor – um beim Beispiel zu bleiben – ein ausführlicher Leitfaden für Prüfungen erarbeitet wird, braucht es einen allgemeinen Konsens zu Fragen der Prüfungsgestaltung, -durchführung und -bewertung. Hierzu stellt uns die Schul- und Qualitätsentwicklung zum Beispiel Methoden für die Zielbestimmung zur Verfügung (vgl. Abbildung 1).


Abbildung 1: Schul- und Qualitätsentwicklung: Schematische Darstellung

Die Begriffe «Schulentwicklung» und «Qualitätsentwicklung» werden weder in der Praxis noch in der Literatur absolut trennscharf verwendet. Lange Zeit war nur von «Schulentwicklung» die Rede, womit sämtliche Aktivitäten von Schulen bezeichnet wurden, die auf ihre Weiterentwicklung abzielten. Natürlich stand dabei letztlich die Förderung der Schulqualität im Zentrum.

In den 1990er-Jahren wurde vermehrt öffentlich über Qualität debattiert. Damals forderten viele Politiker und Expertinnen eine Neuausrichtung der Verwaltungsführung (New Public Management, NPM). Diese sollte sich an zentralen Maximen der Privatwirtschaft ausrichten, etwa an Kundenorientierung, Effizienz und Effektivität. In diesem Zusammenhang wurde von der öffentlichen Verwaltung auch gefordert, dass sie die Qualität ihrer Dienstleistungen systematisch überprüfen (lassen) sollte. Das galt nicht nur für das Schulwesen, sondern auch für andere Bereiche der Verwaltung.2

Im Schulwesen konnte die Qualitätsentwicklung stark an Ideen und Konzepte der Schulentwicklung anknüpfen, geht es bei der Schulentwicklung doch ebenfalls primär um die Förderung von Schulqualität. Doch der Blick der Qualitätsentwicklung auf Schulqualität ist ein anderer: Erstens versteht sich Qualitätsentwicklung als Umsetzung eines behördlichen Auftrags und zielt auf die Verbesserung der Leistungen von Schulen (outcomes, z. B. Kompetenzen von Lernenden) ab. Zweitens basiert Qualitätsentwicklung an Schulen viel stärker als Schulentwicklung auf einer systematischen Untersuchung des Ist-Zustandes, und so ist erst mit ihr das Thema der Evaluation für Schulen zentral geworden.

Obwohl sich Schulentwicklung und Qualitätsentwicklung in weiten Bereichen überschneiden, werden hier beide Begriffe definiert.