Loe raamatut: «Berauschende Bienen», lehekülg 2

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Ohne Honig kein Honig

Bei den Baka, einem Pygmäenvolk, das im Kongo, in Kamerun, Gabun und der Zentralafrikanischen Republik lebt, gibt es ein Sprichwort, das übersetzt »Ohne Honig kein Honig« lautet. Die Baka betreiben eine traditionelle Honigjagd, das heißt, sie sammeln den Honig von wild lebenden Bienenvölkern. Diese leben hoch oben in den Kronen der Baumgiganten. Die Honigjagd ist bei den Baka traditionell Männerarbeit. Die Männer ziehen in kleinen Gruppen los und machen einen Baum mit einem Bienenvolk ausfindig. Sobald sie eines entdeckt haben, beginnen sie mit den Vorbereitungen für die Honigernte hoch oben in den Bäumen. Es werden Körbe geflochten und lange Lianen daran gebunden. Die Männer machen ein Feuer unter dem Baum, auf das sie viele frische Blätter legen, so dass es ordentlich zu rauchen beginnt.

Einer der Männer klettert nun den bis zu 50 Meter hohen Baum hinauf. Oben angekommen, beginnt er den kostbaren Honig zu ernten, während er von Tausenden stechbereiter Bienen umschwirrt wird. Die Männer am Boden sorgen derweil dafür, dass genügend Rauchmaterial auf dem Feuer liegt. Auch sie bekommen die Wut der Bienen zu spüren. Der geerntete Honig wird nun in den vorbereiteten Korb gelegt und an einer langen Liane hinuntergelassen. Unten wird der Korb von den Männern entgegengenommen und der kostbare Honig wird entnommen. Der leere Korb wird wieder in die Höhe gezogen, und weiterer Honig wird geerntet.

Sobald er genügend Honig gesammelt hat, macht sich auch der tapfere Kletterer wieder auf den Weg nach unten. Er ist mittlerweile mit unzähligen Bienenstichen übersät. Unten angekommen, verzehren die Männer gemeinsam einen kleinen Teil des Honigs als Belohnung für ihre gefährliche Arbeit. Der größte Teil der Ausbeute wird jedoch gleichermaßen unter den Männern aufgeteilt. Keineswegs erhält bei den Baka der Kletterer mehr Anerkennung als die Helfer am Boden. Die Honigjagd ist eine gemeinschaftliche Errungenschaft, bei der jeder Einzelne einen gleichwertigen Teil zum Ganzen beiträgt.

Der so geerntete Honig wird von den zerstochenen Honigjägern zurück ins Dorf gebracht. Dort überreichen sie den Honig ihren Frauen. Ein guter Mann bringt seiner Frau mindestens einmal pro Woche etwas Honig, heißt es. Es gehört zu den wichtigsten Tugenden eines Mannes, diesen Honigdienst zu erbringen. Nur wer seiner Frau regelmäßig den süßen Honig bringt, der hat auch eine glückliche Frau und somit auch eine glückliche Partnerschaft. Nur wer genügend Honig erntet, bekommt auch die süße S. seiner Partnerin zu spüren. Wer es jedoch nicht vollbringt, das kostbare Gold heranzuschaffen, der spürt den Stachel seiner zornigen Ehefrau: ohne Honig kein Honig.

Die Bienen im Baltikum und in Osteuropa

In den baltischen Ländern existiert die Vorstellung, dass die Seele der Menschen im Schlaf den Körper verlässt und in Form einer Biene umherschwirrt. In Rumänien sind die Bienen mit dem Totenreich und den Seelen der Verstorbenen assoziiert. Sie gelten dabei als ein Zugang zu den Ahnen und der Welt der Geister und Dämonen. Diese Vorstellung findet sich vereinzelt auch in weiteren osteuropäischen Ländern.

Äthiopien — das Land der Imker

Das Land Äthiopien in Afrika gilt nicht nur als die Wiege der Menschheit, sondern auch als das Land der Imker. Bienenhaltung hat hier eine jahrtausendelange Tradition. Weit verbreitet ist die Bienenhaltung in langen, horizontal liegenden Tonröhren. Meist werden diese Bienenröhren dann ins Geäst von Bäumen gehängt und nur zur Ernte heruntergenommen. Diese tiefe Verbindung der Äthiopier zu den Bienen hat ihre Kultur geprägt. So finden sich zahlreiche Geschichten, die von der hohen Stellung der Bienen und ihrem Einfluss auf die äthiopische Kultur zeugen. Einige davon möchte ich in diesem Buch weitergeben.

Lalibela, der von Bienen umschwärmte König

Aus Äthiopien stammt die Geschichte von Lalibela, dem Kaiser, dessen Herrschaft durch einen Schwarm Bienen auserkoren wurde. Gebra Maskal Lalibela regierte von 1189 bis 1229 das Kaiserreich Äthiopien. Die Legende erzählt, dass er, als er noch ein Baby war, von einem Schwarm Bienen umschwirrt wurde. Dies galt als Zeichen seiner späteren Herrschaft. Lalibela bedeutet »der von Bienen Erkorene«. Vermutlich geht die mit den Bienen verbundene Ernennung von Herrschern auf uralte Rituale zurück, die bereits lange vor der Zeit des Kaiserreiches vollzogen wurden. Möglicherweise ist auch die Geschichte von Lalibela so entstanden, dass dem Kaiser in späteren Zeiten Attribute aus Legenden vergangener Zeiten angedichtet wurden.

Die Königin von Saba im Honig-Liebesrausch

Der Legende nach entstammt das Land Äthiopien der berauschenden Wirkung eines süßen Honigweins. Die Königin von Saba war zu Besuch im Reich des Königs Salomo. Als Geschenk brachte sie kostbaren Tedj (einen traditionellen Honigwein aus Ostafrika). Gemeinsam tranken die beiden den magischen Göttertrunk und verbrachten eine rauschende Liebesnacht. Am nächsten Morgen konnte sich König Salomo an nichts mehr erinnern. Die Königin von Saba reiste zurück in ihre Heimat und gebar neun Monate später einen Sohn; dieser sollte später das Kaiserreich Abessinien gründen und dort als Menelik I. regieren.

Seinen Namen erhielt er, als er seinen Vater zum ersten Mal besuchte. Dieser war so überrascht von dem unbekannten jungen Mann, der sich ihm als sein Sohn vorstellte (an die Liebesnacht mit der Königin konnte er sich ja nicht mehr erinnern), dass ihm der Ausruf »Wie kommst du denn hierher?« entfuhr. Auf Amharisch (Sprache in Äthiopien) heißt dies »Menelik«.

Bienen als Drogendetektoren

Auch in unserer modernen Welt haben die Bienen einen Platz in der Welt der Drogen – wenn auch einen etwas sonderbaren. Bienen verfügen über einen überaus feinen Geruchssinn. Diesen brauchen sie, um über die Blütendüfte ihre Nahrung ausfindig zu machen. Ihre Fühler sind dabei wie nach außen gestülpte Riechorgane, die jedes noch so kleine Duftmolekül wahrnehmen können. Diese Fähigkeit haben sich Wissenschaftler bei einer neuen Methode zum Aufspüren von illegalen Drogen zunutze gemacht. Ähnlich wie Drogenspürhunde können nun auch Bienen gezielt genutzt werden, um illegalisierte Substanzen anzuzeigen.

Doch wie funktioniert dies in der Praxis? Stellt man Bienenstöcke in den Hallen der Flughäfen auf und wartet, bis vermeintliche Drogenschmuggler von einem Schwarm Bienen attackiert werden? Das wäre eine spektakuläre Vorstellung. So funktioniert es aber dann doch nicht. In der Realität ist die ganze Sache eine sehr groteske Angelegenheit. Einzelne Bienen werden wie ein elektronisches Bauteil in eine Apparatur eingesetzt, mit der die zu untersuchenden Güter inspiziert werden. Die Biene sitzt dabei bewegungsunfähig im Inneren des Gerätes und bekommt lediglich die duftende Luft zugeführt. Sobald sie einen der antrainierten Stoffe riecht, fährt die Biene ihren Stachel aus, und das Gerät schlägt Alarm. Es ist nachvollziehbar, dass die Lebenszeit des «Bauteils» Biene unter diesen Voraussetzungen sehr begrenzt ist. Die Forscher sind dennoch von den Vorteilen begeistert. Ein Drogenspürhund kann nur eine halbe Stunde arbeiten, bis er eine Pause braucht. Das Bienen-Bauteil ist hingegen bis zu 48 Stunden betriebsbereit. Sobald es dann seinen Dienst versagt, kann es einfach ausgetauscht werden. Bienen gibt es ja genug.

Doch wie wird den Bienen diese Reaktion auf bestimmte Düfte antrainiert? Auch hier liegen die Bienen wieder vorne. Während Hunde eine jahrelange Ausbildung benötigen, können Bienen in wenigen Minuten trainiert werden. Zu diesem Zweck wird die arme Kreatur flugunfähig eingespannt und bekommt abwechselnd angenehmen Blütenduft und den Duft der gewünschten Droge an die Fühler geblasen. Immer wenn der Duft der Drogen in der Luft liegt, bekommt die Biene gleichzeitig einen Stromschlag. Dem Insekt wird so schnell eine Abwehrreaktion beim Duft der Drogen antrainiert. Es reagiert darauf, indem es seinen Giftstachel ausfährt.

Genauso wie man den einst heiligen psychoaktiven Substanzen im Kampf gegen die Drogen den Krieg erklärte, unterjocht man nun die Biene, weil sie uns den Weg zu den berauschenden Pflanzen gezeigt und uns psychoaktiven Honig geschenkt hat, in einer unsäglich würdelosen Weise, nutzt sie aus und zwingt sie zum Sklavendienst, in dem sie selbst den Kampf gegen die Drogen führen muss. Welch groteske Ironie! Doch ist dies ein Sinnbild für die moderne Gesellschaft – nicht nur in Bezug auf ihren Umgang mit berauschenden Drogen, sondern auch grundsätzlich mit allem, was uns zu kritischem Denken inspiriert und anregt.

Bhramari Devi, die hinduistische Göttin der Bienen

Bienen in der Mythologie

Da die Biene bei den frühen Kulturen einen so hohen Stellenwert besaß, hat sie natürlich auch Einzug in die Mythologie der Völker gehalten. So finden sich Bienengötter und mit den Bienen assoziierte Göttergestalten in vielen unterschiedlichen Kulturen der Welt. Einige dieser Götter und Mythen möchte ich hier vorstellen.

Bhramari Devi

Bhramari Devi ist eine Göttin aus der Hindu-Mythologie. Ihr Name bedeutet »Göttin der Bienen«. Sie wird mit Bienen, Wespen und auch mit Hornissen assoziiert. Ihr Körper wird dabei stets von einem Schwarm dieser stachligen Insekten umschwebt. In einem Göttermythos wird beschrieben, wie sie den Dämon Arunasura besiegt.

Arunasura hatte das starke Verlangen, die Götter zu vernichten und an ihrer Statt über die Welt zu regieren. Da er aber nicht machtvoll genug war, um sein Ziel zu erreichen, versuchte er es mit einer List. Tausende und abertausende Jahre meditierte er selig am Ganges. Der Gott Shiva sah dies und war von der Geduld und Willensstärke des Dämons beeindruckt. So schenkte Shiva Arunasura die Gabe, dass kein zwei- oder vierbeiniges Wesen ihn in Zukunft würde vernichten können. Nachdem der Dämon diese Fähigkeit erlangt hatte, stellt er eine Armee von Dämonen auf, stürmte die Götterwelt und eine gigantische Schlacht begann.

Der unbesiegbare Arunasura war seinem Ziel nahe, die Götter für alle Zeiten zu vernichten, doch in letzter Hoffnung riefen die Götter Bhramari Devi zu Hilfe. Diese sendete sofort ihre Bienen-, Hornissen- und Wespenschwärme aus, die den Dämon attackierten. Gegen die sechsbeinigen kleinen Tiere war er nicht immun, so dass er zuletzt bezwungen werden konnte. Ein Schwarm unscheinbarer Bienen hatte die Götterwelt vor der endgültigen Vernichtung gerettet.

Kamadeva

Die Figur des Amor und seine Liebespfeile sind vielen ein Begriff. Der römische Gott, der mit seinem Bogen Pfeile entsendet und so die Liebe entfacht, ist eine wohlbekannte Götterpersönlichkeit. Jedoch ist diese Götterfigur keineswegs ein Unikat des römischen Pantheons. In der griechischen Mythologie ist es Eros, dem eine ähnliche Stellung zukommt, und auch in der Götterwelt der Hindus findet sich ein Äquivalent unter dem Namen Kamadeva. Die Vorstellung von einem mit Pfeil und Bogen bewaffneten Gottes als Auslöser von Liebesgefühlen existiert in vielen Kulturen. Aber was hat das alles nun mit den Bienen zu tun? Schauen wir uns Kamadeva einmal genauer an. Alte Überlieferungen und Gemälde zeigen, mit welchen Attributen Kamadeva beschrieben wird. Dort findet man ihn auf einem riesigen Papagei reitend, bereit, in die Lüfte zu steigen, um auf die Jagd nach seinen »Opfern« zu gehen. Seinen Bogen hält er dabei stets schussbereit. Der Bogen selbst besteht aus Zuckerrohr, die Bogensehne besteht aus summenden Bienen, die Pfeile, die er verschießt, aus fünf Frühlingsblüten. Hier finden sich also die Bienen. Doch warum besteht die Bogensehne aus Bienen, welche Bedeutung haben die Bienen in diesem Kontext und welche Symbolik steckt hinter der Erscheinung Kamadevas?

Als Gott, der die Liebe bringt und die Pfeile des Verlangens entsendet, ist Kamadeva ein Symbol der Fruchtbarkeit. Auch die Bienen, die unerlässlich sind für eine ausreichende Bestäubung und somit Vermehrung der Pflanzen, gelten deshalb in vielen Kulturen schon sehr lange als Fruchtbarkeitssymbol. Das Summen ihrer Flügel steht für das Kribbeln im Bauch, wenn man verliebt ist, und als Tiere der Lüfte geben sie dem Pfeil die Kraft, weite Strecken zu überwinden. Ihr schmerzhafter Stachel symbolisiert das plötzliche Erwachen von Lust und Liebe, das uns überkommt, sobald wir von den Liebespfeilen getroffen sind. Die Blütenpfeile stellen dabei das Gegenstück zu den Bienen dar. Wie in der Natur, in der die Blüten von den Bienen bestäubt werden, damit etwas Neues entstehen kann, vereint Kamadevas Bogen in sich diese beiden Aspekte der Fruchtbarkeit, die dann mit geballter Kraft auf die getroffenen Menschen oder Götter – denn niemand ist vor den Pfeilen des Kamadeva sicher – übergeht. Die Bienen und die Blüten sind dabei zwei Pole einer göttlichen Einheit. Und nur durch ihr Zusammentreffen entsteht etwas Drittes, etwas Neues, die Leben schenkende Liebe. Der Bogen aus süßem Zuckerrohr steht symbolisch für die wohlige Süße des Lebens, die Glücksgefühle, die Lebenslust und Energie, die mit dem Verliebtsein einhergehen.

Mellona und Melissa

Mellona oder auch Mellonia war eine römische Göttin. Als Bienengöttin war sie verantwortlich für die Süße und den Erhalt des Honigs. Sie geht zurück auf den griechischen Namen Melissa, der »Honigbiene« bedeutet (von griech. Meli, »Honig«). Melissa hieß eine der Ammen, die den jungen Zeus umsorgten. Sie fütterte ihn jedoch nicht mit Milch, sondern ließ Honig direkt in seinen Mund fließen. Als Dank dafür machte Zeus sie später zu einer Göttin. Die Zitronenmelisse (Melissa officinalis) hat ihren Namen von der Bienengöttin, weil sie eine sehr beliebte Bienentrachtpflanze ist. Auch der Artenname der westlichen Honigbiene, Apis mellifera, und die Bezeichnung für den Tribus der stachellosen Honigbienen, Meliponini, gehen auf diese Göttin zurück.

Aristaeus und die Bugonie

In der Mythologie des antiken Griechenland gibt es eine Figur mit dem Namen Aristaeus. Er ist ein Gott der Jagd, des Olivenanbaus sowie der Bienen und der Imkerei. Somit besitzt er viele Aspekte eines Fruchtbarkeitsgottes. Die Mythologie um ihn ist eine typische Göttergeschichte. Aristaeus verliebte sich einst in die schöne Eurydike. Leider wurde seine Liebe nicht erwidert, so dass sein unbefriedigtes Verlangen immer größer wurde. Als er es nicht mehr aushalten konnte, machte er sich auf, um Eurydike zu vergewaltigen. Auf ihrer Flucht vor dem lüsternen Bienengott wurde sie von einer giftigen Schlange gebissen und starb. Als Strafe für diese Tat sorgten Eurydikes Schwestern dafür, dass alle Bienen des Aristaeus ebenso den Tod fanden. Ohne seine Bienen trauerte der Gott. Auf Anraten des Gottes Proteus vollzog er ein Opferritual an Eurydikes Grab. Hier opferte er vier Stiere und vier Rinder, die er anschließend neun Tage lang an gleicher Stelle verwesen ließ. Am neunten Tag erhoben sich aus den verwesenden Stieren neue Bienen.

Historische Darstellung des Aristaeus von 1680

In diesem Mythos spiegelt sich die Vorstellung vieler antiker Kulturen wider, dass Bienen aus toten Stieren entstehen würden. Diese Vorstellung war so verbreitet, dass sie sogar einen eigenen Fachbegriff bekommen hat: Bugonie. Seinen Ursprung hat dieser Glaube vermutlich in Persien, von wo aus er sich im kompletten Reich der Antike verbreitet hat. Gehalten hat sich die Vorstellung von der Bugonie noch bis weit ins Mittelalter. Stiere zu opfern, um neue Bienenvölker zu erschaffen, war lange Zeit eine gängige Praxis. Dabei hat sich eine ziemlich genaue Anleitung entwickelt, wie die zu opfernden Stiere bearbeitet werden müssten, damit das Ritual Erfolg bringen würde. Plinius berichtet in seiner Naturalis historia sehr detailliert über die Praktik. Demnach müsste ein Stier, der mindestens zwei Jahre alt ist, entweder durch Erdrosseln oder durch Schläge mit stumpfen Gegenständen getötet werden. Anschließend müssten die Gedärme des Tieres ebenfalls durch stumpfe Gewalt zu einem blutigen Brei zerschlagen werden. Wichtig sei jedoch, dass die Bauchhöhle des Stiers unversehrt bliebe, da sich aus ihr das neue Bienenvolk entwickeln würde. Da der Bugonie jede biologische Grundlage fehlt und Bienen auch nicht an verwesenden Kadavern zu finden sind, ist es fraglich, warum sich diese Vorstellung eine so lange Zeit gehalten hat. Es handelte sich wohl eher um eine symbolische Handlung als um die Anwendung natürlicher Vermehrungsprinzipien der Honigbienen.

Telipinu

Bei den Hethitern und Hattiern gibt es den Mythos von Telipinu. Er ist der Sohn der Sonnengöttin Arinna und des Wettergottes Taru. Telipinu selbst ist ein Fruchtbarkeitsgott, der vor allem mit dem Wachstum von Getreide und den nährenden Regenschauern in Zusammenhang gebracht wird. Seine Gattin ist die Göttin Maliya, die Göttin der Gärten, die vorwiegend mit dem Wachstum des Weines in Verbindung steht.

Eines Tages, so heißt es in dem Mythos, wird Telipinu sehr erzürnt. Daraufhin verlässt er seinen Götterposten und mit ihm verschwindet auch die Fruchtbarkeit im ganzen Land. Da die Welt kurz vor dem Untergang steht, versammeln sich die übrigen Götter zum Rat und senden einen Adler aus, der Telipinu ausfindig machen und zurückbringen soll. Dies bleibt jedoch ohne Erfolg. In letzter Hoffnung wenden sich die Götter an die große Muttergöttin Hannahanna. Diese sendet ihren Hilfsgeist in Form einer Biene aus, um Telipinu wiederzufinden. Der Biene gelingt es, den verschwundenen Gott ausfindig zu machen. Mit einem schmerzhaften Stich bringt sie ihn dazu, zurückzukommen. Die Fruchtbarkeit des Landes und aller Lebewesen ist gerettet – und alles nur durch den Stich einer kleinen, unscheinbaren Biene.

Ah Muzen Cab

Bei den Maya sind es die Ah Muzen Cab, vom Himmel herabsteigende, bienengestaltige Götter, die für nichts Geringeres als die Erschaffung der Welt selbst verantwortlich waren. Die Endsilbe Cab (je nach Schreibweise auch Kab, Kaab) bedeutet sowohl »Honig« als auch »Welt«. Der sprachliche Zusammenhang dieser beiden Wörter verweist womöglich auf die Bedeutung des von den Maya genutzten Xtabentun-Honigs bei der Entstehung der Welt.


Darstellung eines Ah Muzen Cab in einer Maya-Handschrift

Die Ah Muzen Cab sind die Götter und Beschützer der Bienen, des Honigs und der heiligen Balché-Zeremonie. In den Darstellungen der Maya werden sie meist verkehrt herum, mit dem Kopf nach unten und dem Hinterleib gen Himmel, abgebildet. Dies symbolisiert ihren andersweltlichen Ursprung. Es sind keine gewöhnlichen Bienen, die auf der Erde leben, sondern eben die vom Himmel, aus anderen Wirklichkeiten herabsteigende Götter. Noch heute bringen die Maya den Ah Muzen Cab Opfer in Form von Speisen, Blüten und Kerzen dar. Zentrum der Anbetung der Bienengötter war vermutlich Tulum. Diese Region war sehr wahrscheinlich die wichtigste und ertragreichste Gegend der Honigproduktion bei den Maya. Heute lebende Maya geben die Ruinen von Cobá als Wohnstätte der Bienengötter an.

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