Loe raamatut: «In Liebe wachsen und glücklich werden»
Felicitas Römer
In Liebe wachsen und glücklich werden
Beziehungskonflikte als Chance nutzen
Patmos Verlag
Inhalt
Vorwort: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner?
Warum wir in Beziehungen wachsen
und heilen
Zu Risiken und Nebenwirkungen: Tipps für den Umgang mit diesem Buch
Mama, Papa, meine Geschwister und ich: Wie frühe Bindungserfahrungen unser Lebensskript beeinflussen
Blick zurück nach vorn: Warum es nicht um Schuld, sondern um Heilung geht
Pränataler Stress und Geburtserfahrung: Unser Körpergedächtnis weiß alles
Was Babys brauchen. Oder: Ist es gut oder schlecht, abhängig zu sein?
Etwas wollen und ich sein dürfen: Warum es manchmal schwer ist, autonom zu werden
Wie geht Partnerschaft? Das Elternpaar als erstes Vorbild
Vater-Mutter-Kind: Wie uns die erste Triade des Lebens prägt
Delegationen: Wie unbewusste Aufträge unser Leben mitbestimmen
Brüderchen und Schwesterchen: Der unterschätzte Einfluss von Erfahrungen mit den Geschwistern
Der sogenannte »kleine Klaps«: Warum er heruntergespielt wird und wie er unser Selbstmitgefühl untergräbt
Warum Beschämung und Liebesentzug toxisch für das kindliche Selbstwertgefühl sind
Mobbing und der erste Liebeskummer: Was ebenfalls seelische Verletzungen hinterlassen kann
Wie wir aus unseren Bindungserfahrungen ein Lebensskript basteln und warum wir es kennenlernen sollten
Körperabwehr, innere Kinder und Dissoziation: Wie wir auf seelische Verletzungen und Traumata reagieren
Regression: Wie das »innere Kind« entsteht und wann es zum Vorschein kommt
Ego-States: Was Persönlichkeitsanteile sind und warum wir sie anhören sollten
Innere Kritiker und Richter: Wie uns Persönlichkeitsanteile sabotieren
Warum nervige Persönlichkeitsanteile Schutzengel sind
Alarm, Alarm! – Stressreaktionen im Gehirn und wie sie unser Verhalten beeinflussen
Blockaden, Spaltung, Atemnot: Wie unser Körper mit alten Verletzungen und unerwünschten Gefühlen umgeht
Wenn kämpfen und flüchten nicht mehr geht: Wie ein Trauma entsteht
Wie sich ein frühes Trauma auf unser Beziehungsverhalten auswirkt
Neuroplastizität: Warum Veränderung und Heilung möglich sind
Stress, Streit und das tiefe Schweigen: Wie sich alte Wunden in Liebesbeziehungen zeigen
»Ich hasse deine Lässigkeit«: Wie Projektionen die Liebe belasten
»Du bist wie meine Mutter!« – Achtung, Übertragung!
Schuldabwehr: Die Dauerschleife aus Vorwurf und Rechtfertigung
Mehr Selbstwert auf Kosten des Partners? Die destruktive Kraft der Abwertung
»Wieso? Ich mach’ doch gar nichts!« Passive Aggression in Beziehungen
»Innerer Kontrolleur« meets »inneres Kind«: Wenn sich Persönlichkeitsanteile miteinander verhaken
Aus 3 mach 2 + 1: Männer im Abseits
Schamabwehr und Vermeidungsverhalten: Wann Partnerschaft und Sex langweilig werden
Unbewusste Verträge: Wie Partner sich gegenseitig Aufträge erteilen
Kollusionen: Wenn gemeinsame Lebensthemen für Konflikte sorgen
Und täglich grüßt das Murmeltier? – Reinszenierungen in Paarbeziehungen
Partnerschaft und frühes Bindungstrauma: Eine heikle Verbindung
Abschied nehmen: Wann ist eine Trennung sinnvoll?
Einander sehen, miteinander wachsen: Durch Abgrenzung und Mitgefühl zu emotionaler Verbundenheit
Annahme. Oder: Was heißt schon Liebe?
Unterschiede als Chance sehen, einander unterstützen: Was glückliche Paare richtig machen
Wohlwollen, Vertrauen, Geduld: Grundvoraussetzungen für einen gemeinsamen Heilungsprozess
Streit, Frust und Ärger: Warum beide Partner recht haben und warum es ums Rechthaben eigentlich nicht geht
Stress, lass nach: Warum erst Ruhe einkehren muss, bevor Sie tiefere Konflikte klären können
Unsere kleine Schatzkiste: Gemeinsamkeiten und Ressourcen finden
Einander sehen: Warum Abgrenzung jetzt so wichtig ist und der andere nicht schuld ist
»Ich bin ich, und du bist ein anderer«: An der Differenzierung arbeiten und sich neu kennenlernen
Konfliktanalyse: Die eigenen Gefühle, Verletzungen und Abwehrmechanismen erkennen
Die Lebensthemen identifizieren und den gemeinsamen Grundkonflikt finden
Die eigenen verletzten inneren Anteile annehmen, Selbstmitgefühl entwickeln und trauern
Sich ausbalancieren: Innere Anteile ins Gleichgewicht bringen und mehr Ausgewogenheit in der Partnerschaft herstellen
»Try walking in my shoes«: Mitgefühl für den Partner entwickeln und ihm beistehen
In Liebe wachsen: Die sieben wichtigsten Schritte zu einer glücklichen Beziehung
Anhang
Anmerkungen
Literatur
Über die Autorin
Über das Buch
Impressum
Hinweise des Verlags
Vorwort: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner?
Warum wir in Beziehungen wachsen
und heilen
Lieben Sie Ihren Partner / Ihre Partnerin? Möchten Sie die Verbindung mit ihm/ihr aufrechterhalten, vielleicht sogar verbessern und vertiefen? Verwickeln Sie beide sich jedoch gelegentlich in wilde Diskussionen, die zu nichts führen außer zu Irritation und Frust? Haben Sie manchmal das Gefühl, aneinander vorbeizureden, oder verstehen Sie die Reaktion Ihres Partners nicht? Zieht sich einer von Ihnen beiden regelmäßig zurück? Und ist es Ihnen ein ziemliches Rätsel, warum das alles so läuft?
Dann sind Sie hier goldrichtig – denn genau für Sie habe ich dieses Buch geschrieben!
Und um es gleich zu sagen: Probleme und Konflikte in der Partnerschaft zu haben, ist normal. Es hat auch nichts mit persönlicher Unzulänglichkeit, Versagen oder mangelnder Liebesfähigkeit zu tun. Und sinnlos sind die Streitereien auch nicht: Selbst Beziehungsmuster, die auf den ersten Blick absurd wirken, folgen einer nachvollziehbaren inneren Logik und erfüllen eine bestimmte Funktion im »System Paar«. Man muss sich einfach nur die Mühe machen, sie auf einer tieferen Ebene verstehen zu wollen.
Und, liebe Leserinnen und Leser, Sie befinden sich in bester Gesellschaft. Lassen Sie sich nicht blenden von dem vermeintlichen Sonnenscheinglück der fröhlichen Bekannten: Alle langjährigen Paare haben gemeinsam bestimmte Themen abzuarbeiten, die sie phasenweise an den Rand ihrer Belastbarkeit bringen und ihre Liebe auf die Probe stellen. Und natürlich sind auch Paartherapeutinnen davor nicht gefeit! Ich weiß also nicht nur aus meiner therapeutischen Praxis, wie sehr Partner sich miteinander verstricken (und wie belastend das sein kann!), sondern auch aus persönlicher Erfahrung. Erfreulicherweise kenne ich jedoch ein paar Möglichkeiten, wie man aus einem solchen Paar-Teufelskreis aussteigen und die gemeinsame Beziehung liebevoll weiterentwickeln kann. Dieses Wissen möchte ich in diesem Buch gerne mit Ihnen teilen.
Viele Paare, die den Weg in meine Praxis finden, haben über Jahre hinweg eine unbewusste Paardynamik entwickelt, unter der sie zwischenzeitlich leiden. Viele sind anfangs verzweifelt, weil sie diese komplexen, hochemotionalen Vorgänge weder durchblicken noch unterbrechen können. Beide Partner fühlen sich als Opfer des anderen. Und obwohl sich die Partner wirklich lieben, gelingt es ihnen nicht (mehr), in liebevoller Partnerschaft miteinander zu leben. Eine solch zerfahrene Beziehungssituation ist für alle Beteiligten zutiefst frustrierend. Der Gedanke an Trennung ist da nicht mehr weit oder wurde sogar schon ausgesprochen.
Im Erstgespräch äußern manche Klientinnen und Klienten die Befürchtung, dass etwas mit ihnen selbst nicht stimmen könnte, dass sie womöglich beziehungsunfähig seien. Die überwiegende Mehrheit von ihnen ist allerdings anfangs fest davon überzeugt, der Partner sei »schuld« an dem ganzen Beziehungsschlamassel. Würde er oder sie sich einfach nur anders verhalten, dann wäre alles in Butter und die Beziehung fortan harmonisch. Sie können (noch) nicht erkennen, dass auch sie selbst eine bestimmte Rolle in dem Beziehungs-»Spiel« übernommen haben – wenn auch unbewusst.
Viele Paare führen ihre verwickelten Diskussionen auf Probleme in ihrer Kommunikation zurück: Der Partner missversteht, was eigentlich gemeint war, oder beide reden ständig aneinander vorbei. So mancher Therapeut würde nun voller Inbrunst an einer verbesserten Gesprächskultur des Paares arbeiten. Selbstverständlich halte auch ich »Ich-Botschaften« für hilfreicher als »Du-Anklagen«, und ich finde es durchaus sinnvoller, Wünsche zu formulieren, als Vorwürfe zu machen. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass sich hinter diesen sogenannten Kommunikationsproblemen tiefer sitzende Themen verbergen, die sich mithilfe bestimmter Gesprächsführungstechniken nur bedingt bearbeiten lassen. Hinter dem von dem Paar präsentierten Konflikt steckt in der Regel ein anderes, größeres, wichtigeres Problem, eines, das die ganzen vermeintlichen Kommunikationsprobleme verursacht oder verschärft. Dieses tiefer sitzende Thema muss angegangen werden, damit sich das Paar wieder besser verstehen und »richtig lieben« kann.
Zu diesem Zweck sehe ich mir in der Paartherapie die präsentierten Kommunikationsmuster des Paares genauer an. Dabei lege ich den Fokus auf die Gefühle, die beide Partner in ihren Krisengesprächen durchleben. Oft berichten die Betroffenen auf Nachfrage von extrem unangenehmen oder belastenden Gefühlen, die er oder sie schon sehr oft empfunden hat, meistens bereits in der Kindheit. Oder sie berichten von merkwürdigen körperlichen Reaktionen, die sie gar nicht so richtig einordnen können.
Wenn dem so ist, lässt das darauf schließen, dass die jeweiligen Partner in ihrer Kindheit, Jugend oder im frühen Erwachsenenalter seelische Verletzungen erlitten haben, die durch die Beziehungsdynamik wieder berührt und hochgespült werden. Das Problem, das die Partner miteinander haben, geht also über Kommunikationsprobleme weit hinaus: Es berührt tiefer liegende Schichten der Psyche und alte Wunden, die in der Vergangenheit entstanden und offensichtlich noch nicht wirklich verheilt sind. Um diese oft sehr heiklen und sensiblen Themen zu bearbeiten, braucht es einiges therapeutisches Fingerspitzengefühl, ein bisschen Zeit und viel Geduld auf Seiten der Klientinnen und Klienten – mit sich selbst und dem Partner / der Partnerin.
Fast alle meiner Klienten interpretieren Vorwürfe des Partners / der Partnerin zunächst als mangelnde Zuneigung und Ausdruck willkürlicher Aggression. Gerne schieben sie ihre Probleme auch der unterschiedlichen Geschlechtlichkeit zu (»Männer verstehen das nicht« oder »Frauen sind halt so!«). Leider greifen all diese Erklärungsversuche auf Dauer zu kurz und bringen das Paar nicht nachhaltig weiter.
Zerknirscht und aufgewühlt sitzen diese Paare in meiner Praxis und hoffen auf ein kleines Wunder, das ihre Liebe bitte retten möge. Wunder vollbringen kann ich natürlich nicht. Ich kann meinen Klientinnen und Klienten nur dabei behilflich sein, die eigenen Muster kennen- und verstehen zu lernen und gleichermaßen ein Verständnis für das Erleben und Verhalten des Partners zu entwickeln. Und ich kann sie dabei unterstützen, gemeinsam neue, konstruktivere Wege einzuschlagen. Das gelingt oft recht gut, erfordert aber eine gewisse Neugier, Offenheit und Arbeitsbereitschaft seitens beider Partner.
Was diese Paare nämlich (noch) nicht wissen: Hinter ihren Beziehungsproblemen verbergen sich sehr oft alte, nicht verarbeitete und daher unbewusst gebliebene seelische Kränkungen. Ob problematisches Elternhaus, Demütigungen oder Beschämungen in Schule oder Ausbildung, traumatische Erlebnisse oder bittere Enttäuschungen in früheren Liebesbeziehungen: Seelische Kränkungen, schlimme Erfahrungen und emotionale Entbehrungen hinterlassen ähnlich tiefe Spuren in Seele und Körper wie Gewalterfahrungen. In Liebesbeziehungen zeigen sich diese alten, nicht verheilten Wunden oft in destruktivem Streit, Kommunikationslosigkeit oder einer Angriff-Rückzugs-Spirale, die sich wie ein Perpetuum mobile selbst aufrechterhält.
Wenn ein betroffenes Paar aber nicht weiß, dass der Ursprung seines Konfliktes in der Vergangenheit liegt und tief im Unbewussten verwurzelt ist, fehlt ihm logischerweise auch das Verständnis für sein Beziehungsverhalten. Und natürlich stehen ihm dann auch nicht die passenden »Tools« zur Verfügung, sich aus dieser Misere zu befreien.
Diese Wissenslücke möchte ich mit diesem Buch schließen: Ich möchte Sie dabei unterstützen, Ihre eigenen Beziehungs- und Verhaltensmuster und die Ihres Partners / Ihrer Partnerin besser zu verstehen. Warum reagiere ich auf manche Verhaltensweisen meines Partners so allergisch? Wieso schweigt er so oft? Und wie kommt es, dass wir ständig in endlose Diskussionen geraten? Wenn es Ihnen gelingt, Ihr Paarmuster zu durchschauen, können Sie zu gegenseitigem Mitgefühl und einer neuen Nähe finden. Das wiederum ermöglicht einen neuen Blick auf die Paarproblematik und eröffnet Ihnen neue Lösungsmöglichkeiten. Das erlebe ich in meiner Praxis nahezu täglich. Für mich als Therapeutin ist es immer ein sehr berührender Moment, wenn sich zerstrittene Partner nach ein paar Sitzungen in einem neuen Licht sehen können und sich wieder miteinander verbunden fühlen. Das bedeutet oft einen Wendepunkt in ihrem Beziehungsprozess, der ihnen neuen Mut zu ihrer Partnerschaft gibt.
Einen besonderen Schwerpunkt lege ich in diesem Buch auf den Aspekt, wie sich die Partner gegenseitig bei der Bearbeitung und Heilung alter Wunden behilflich sein können, ohne dass sie dabei zu »Pseudo-Therapeuten« werden, sich selbst verlieren oder sich wieder miteinander verwickeln. Das ist mir deshalb so wichtig, weil wir meiner Ansicht nach nur in Beziehungen wachsen und heilen können. Wir alle – auch wenn wir noch so erwachsen und selbstständig sind – sind auf einen mitfühlenden Menschen angewiesen, der uns bei unserer Entwicklung begleitet und unterstützt. Es ist eine Illusion zu glauben, wir könnten das alleine, also sozusagen beziehungslos, schaffen. In destruktiven Beziehungen kann man krank werden, in liebevollen Beziehungen aber wachsen und heilen.
Natürlich ist jeder für sich selbst verantwortlich, und die Arbeit an sich selbst und den eigenen Entwicklungsthemen kann uns niemand abnehmen. Aber wir alle brauchen für unsere seelische Gesundheit einen Menschen, von dem wir uns überwiegend angenommen fühlen, ganz gleich, ob das nun eine Freundin, der Partner, eine Kollegin, ein Bruder oder eine Schwester ist. Das bedeutet nicht, dass dieser Mensch uns immer toll finden soll und uns niemals kritisieren darf, sondern dass er grundsätzlich bereit ist, uns auch mit unseren Empfindlichkeiten, Ängsten und Nöten zu sehen und zu akzeptieren. Dass er sich Mühe gibt, uns zu verstehen und uns auch mal etwas verzeiht.
Natürlich sollten wir uns umgekehrt auch darum bemühen, die Menschen, die uns selbst am Herzen liegen, mit ihren alten Wunden und Nöten liebevoll anzunehmen und ihnen in schwierigen Lebensphasen beizustehen. Dazu braucht man eigentlich nicht sehr viel: nur die Bereitschaft, echtes Mitgefühl mit sich und dem Partner zu entwickeln, und die Fähigkeit, sich auf eine gesunde Art abzugrenzen. Beides fällt zerstrittenen Paaren zunächst schwer, lässt sich aber üben. (All das werde ich Ihnen aber natürlich noch genau und praxisnah erläutern.)
Wunder wird auch dieses Buch nicht vollbringen können. Ich hoffe trotzdem, dass Sie sich nach der Lektüre und der Bearbeitung der einen oder anderen Paarübung neu aufeinander einlassen können, so dass sich jeder von Ihnen in der Beziehung gut aufgehoben und verstanden fühlt. Und dass durch diese neuen, positiven Beziehungserfahrungen schließlich auch Ihre alten, schmerzenden Wunden dauerhaft heilen können.
Zu Risiken und Nebenwirkungen:
Tipps für den Umgang mit diesem Buch
Ich habe dieses Buch als ein praktisches Arbeitsbuch für Paare konzipiert. Es möchte Sie einladen, sich ganz individuell mit den angesprochenen Themen zu beschäftigen und darüber miteinander ins Gespräch zu kommen. So können Sie einen möglichst großen, persönlichen Nutzen aus dem Buch ziehen. Nur theoretisches Wissen über die Funktion der Psyche reicht in der Regel nicht, um Rückschlüsse auf sein eigenes psychisches Erleben und Verhalten ziehen zu können – zu individuell sind unsere Biografien und Lebenswege. So habe ich zahlreiche kleinere, aber wirkungsvolle und zum Teil auch recht intensive Übungen für Sie zusammengestellt, die Sie ganz in Ihrem eigenen Tempo bearbeiten können. Nehmen Sie diese bitte nur als Anregungen, Sie müssen keineswegs alle Fragen beantworten. Oft reichen schon kleine Erkenntnisse, Assoziationen oder Bilder, um in dem eigenen oder dem partnerschaftlichen Prozess weiterzukommen.
Wichtig: Wenn Ihnen schon die Vorstellung zu viel ist, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen, und wenn Sie dadurch innerlich in Bedrängnis geraten: Prüfen Sie, ob es sich um eine »normale« Abwehrhaltung handelt oder ob Ihre Angst möglicherweise mit einer Traumatisierung zusammenhängt. Eine gewöhnliche Abwehrreaktion äußert sich eher in einem diffusen Unlustgefühl, während Ängste aufgrund von Traumatisierung sich auch deutlich körperlich mit Schweißausbruch, Herzklopfen o. Ä. äußern. In letzterem Fall sollten Sie diese Übung bitte überspringen. Das gilt selbstverständlich auch für alle weiteren Anregungen und Übungen, die Sie als belastend empfinden. In diesem Falle wäre es sicher hilfreich, sich psychotherapeutische Unterstützung zu suchen.
Es wäre natürlich ganz wunderbar, wenn beide Partner gleichermaßen bereit wären, sich mit sich selbst, dem/der anderen und den möglichen Ursachen des Paarkonflikts auseinanderzusetzen. Schon dieses gemeinsame Interesse und eine gewisse Neugier auf tiefer liegende Prozesse können ein Paar emotional miteinander verbinden. Die Erfahrung zeigt aber, dass es meistens einen Partner gibt, der die Erforschung der möglichen Ursachen für die bestehende Paarproblematik stärker vorantreibt und sich mutiger in die heiklen Themen stürzt als der andere. Wenn Sie diejenige sind, die diesbezüglich aktiver ist: Lassen Sie sich nicht davon abhalten, sich mit Ihrer Partnerschaft zu beschäftigen, nur weil Ihr Partner sich vielleicht zögerlicher zeigt. Oft liegt dahinter nicht etwa Desinteresse oder mangelnde Zuneigung, sondern schlichtweg eine gewisse Sorge. Fragen Sie also vielleicht eher nach, was Ihr Partner befürchtet. Manchmal bremsen wir uns selbst aus, weil wir unliebsame (Selbst-)Erkenntnisse fürchten und bestimmte unerwünschte Gefühle und Erinnerungen vermeiden wollen. Auch in der Therapie prescht oft zunächst ein Partner voran und macht den anderen durch seine Erkenntnisse neugierig. Im Verlauf der Sitzungen gleicht sich das allerdings meistens wieder an, so dass auch der ehemals Skeptischere die gemeinsamen Sitzungen für seine persönliche Entwicklung nutzen kann.
Seien Sie bei der Bearbeitung der Übungen bitte stets vorsichtig und achtsam mit sich selbst und auch mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin. Lassen Sie sich Zeit mit dem Buch. Gehen Sie behutsam und freundlich mit aufsteigenden Gefühlen oder neuen Erkenntnissen um. Legen Sie das Buch ruhig aus der Hand, wenn Sie sich gerade überfordert fühlen oder »zu viel hochkommt«. Dass Sie bei intensiven inneren Prozessen feinfühlig und fürsorglich mit sich selbst umgehen, ist mir ein großes Anliegen.
Bleiben Sie auch bitte geduldig: Psychische Prozesse brauchen ihre Zeit, denn »die Seele geht zu Fuß«, wie ein indianisches Sprichwort sagt. Einer neuen Erkenntnis folgt nicht immer sofort eine Verhaltensänderung. Die neue Einsicht muss erst noch seelisch verarbeitet und ins Unbewusste »integriert« werden, bevor neue Verhaltensweisen ganz praktisch ausprobiert werden können. Werden Sie also bitte nicht ungehalten mit sich oder Ihrem Partner, wenn sich der Prozess der Klärung etwas hinzieht und nicht gleich die perfekte Lösung für alle Probleme in Sicht ist. Es ist nicht immer ganz einfach, komplexe und tief sitzende Muster aufzulösen. Dazu gehören Vertrauen, Mut und viel Geduld. Zumal uns bestimmte Routinen und Muster auch eine Sicherheit geben, die bei einem »Reset« erst einmal wegfällt.
Und was noch ganz wichtig ist: Gehen Sie sorgsam mit den Informationen um, die Sie von Ihrem Partner erhalten. Sie sind sehr intimer Natur und sollten entsprechend gut bei Ihnen aufgehoben sein. Nur wenn Sie beide mit dieser entsprechenden Vorsicht an die Bearbeitung Ihrer Themen und Probleme gehen, ist ein Erfolg im Sinne eines neuen und vertieften gegenseitigen Verständnisses in Reichweite.
Nur der Vollständigkeit halber möchte ich hier noch erwähnen, dass in einer Paartherapie selbstverständlich noch viele andere Themen und Aspekte bearbeitet werden als unbewusste Verhaltens- oder Beziehungsmuster, die sich aus alten Verletzungen speisen. Ich habe mich in diesem Buch aber auf diesen Aspekt konzentriert, weil ich ihn für bedeutsam halte – besonders für Paare, die sich auch auf einer tieferen Ebene begegnen und verstehen wollen.
Nicht zuletzt möchte ich natürlich auch Lust auf Paartherapie machen: Sie kann nämlich nicht nur hilfreich sein, sondern auch Spaß machen. Bei mir zumindest wird auch immer viel und herzlich gelacht.
Viel Spaß bei der Lektüre und die eine oder andere hilfreiche (Selbst-)Erkenntnis wünscht Ihnen
Ihre
Felicitas Römer