Loe raamatut: «Final Shutdown - Teil 1: Mysteriöse Todesfälle», lehekülg 7

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Verhindertes Treffen

Als Jana Brand die beiden Männer am Abend vor der kurzfristig geteilten Wohnung abholte, spürte Marko eine diffuse Anspannung. Er ärgerte sich über sich selbst. Es gab keinen Grund, wegen des bevorstehenden Gesprächs mit diesem Zuhälter unruhig zu werden. Schon den Rest des Nachmittags hatte er sich kaum auf etwas Produktives konzentrieren können. Marko unterdrückte den Gedanken, dass die Nervosität damit zusammenhängen könnte, dass er die Detektivin wiedersah.

Die junge Frau holte ihn dann auch recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie sah ihn abweisend an. Marko wurde bewusst, dass er sie bei der Begrüßung zu intensiv angestarrt und dazu noch recht dämlich gegrinst hatte. Was war bloß mit ihm los? Schnell riss er sich zusammen und erklärte ihr, wo sie Jasmin Wegner und ihren ›Freund‹ treffen wollten. Die Detektivin ließ sich noch einmal die Einzelheiten des Telefongesprächs erzählen. Sie hörte aufmerksam zu.

»Hoffentlich hat er wirklich brauchbare Informationen, aber was soll's, es ist ja Ihr Geld«, sagte sie, nachdem Marko geendet hatte, und startete ihren Wagen.

»Haben Sie eine bessere Idee?« Marko gab sich große Mühe neutral zu klingen, auch wenn ihm die ewige Nörgelei an seiner Vorgehensweise langsam auf die Nerven ging.

Die Ermittlerin zuckte mit den Schultern, parkte aus und steuerte den Wagen in Richtung des Treffpunktes. Sie saß konzentriert am Steuer und lenkte das Fahrzeug durch den Verkehr. Marko überlegte, welches unverfängliche Thema er ansprechen könnte, aber ihm fiel nichts ein. Jana Brand schien auch nicht gerade in Plauderstimmung zu sein. Olli, der wieder auf der Rückbank saß, schwieg beleidigt wie beim letzten Mal. So fiel kein Wort im Auto, bis die Ermittlerin den Wagen in der Nähe des Treffpunkts abstellte. Sie und Marko stiegen aus und gingen nebeneinander in Richtung des vereinbarten Ortes. Olli folgte ihnen mürrisch.

»Am besten überlassen Sie das Reden mir«, stellte die Ermittlerin klar. Marko zuckte mit den Schultern und grinste.

Der Abend war warm und schwül. Die Prostituierte und ihr Zuhälter saßen an einem der drei Gartentische, die lieblos vor einer leicht heruntergekommenen Gaststätte platziert waren. Vor ihnen standen jeweils ein Bier- und ein Schnapsglas. Die beiden warteten offensichtlich auf die drei und beobachteten dabei die Straße. Jasmin Wegner nickte in ihre Richtung. Ihr ›Freund‹ trank sein Bierglas in einem Zug aus. Die Schnapsgläser waren ohnehin schon leer. Der Zuhälter erhob sich betont lässig. Er besaß ein breites Kreuz. Selbst auf die Distanz, die Marko und die beiden anderen noch von ihm trennte, konnte man erkennen, dass er ein Gesicht zur Schau stellte, das den Eindruck vermitteln sollte, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen war.

Marko, Jana Brand und Olli verließen die Straße und überquerten einen kleinen Platz in Richtung der Gastwirtschaft. In der Zwischenzeit schlenderte der Zuhälter betont lässig auf Marko und die beiden anderen zu. Jasmin Wegner folgte ihm. Sie sah aus, als hätte sie sich schon für ihre Profession am Abend fertiggemacht: zu viel Schminke im Gesicht und zu wenig Stoff am Körper. Die beiden wirkten nicht gerade wie ein Paar, mit dem Marko enger befreundet sein wollte.

Der Abend war recht ruhig. Von ein wenig Kindergeschrei eine halbe Straße entfernt und dem darauf folgenden Geschimpfe eines Erwachsenen abgesehen, hörte man nur ein herannahendes Auto. Erst als es mit quietschenden Reifen um die Ecke schoss, erkannte Marko, dass etwas nicht stimmte. Jana Brand reagierte den Bruchteil einer Sekunde schneller.

Marko nahm noch ihren entsetzten Blick wahr. Im nächsten Moment hatte sie sowohl ihn als auch Olli gepackt und zu Boden gestoßen. Alle drei fielen hinter einen Blumenkübel aus Beton, in dem nur noch wenige fast tote Pflanzen wuchsen, bei mindestens der Hälfte von ihnen handelte es sich um Unkraut.

In dem Moment, in dem die drei auf dem Boden aufschlugen, brach ein Tumult los, den Marko bis zu diesem Zeitpunkt nur aus Krimis oder besser Actionfilmen kannte. Es mussten gleich zwei automatische Gewehre sein, die im Dauerbetrieb abgefeuert wurden. Die Kugeln schlugen in den Betonkübel ein, hinter dem Marko mit seinen beiden Mitstreitern lag. Das Rattern der Gewehre dröhnte schmerzhaft in den Ohren. Betonsplitter wurden aus dem Behältnis herausgeschlagen.

Siedend heiß brannte es an Markos Wade. Zu Tode erschrocken zog er die Beine an und kauerte sich noch enger hinter den Kübel. Kugeln schlugen auch in das Pflaster des Platzes direkt hinter ihnen ein.

So plötzlich, wie es begonnen hatte, war es schon wieder vorüber. Das Rattern und Krachen verstummte. Reifen quietschten erneut. Der Wagen bog um die nächste Ecke.

Jana Brand sprang schon auf. Sie hielt eine Pistole in der Hand. Marko kannte Waffen zwar nur aus seinen Internet-Recherchen für seine Krimis, aber diese sah nach seiner Meinung nach einer Pistole aus, wie sie die nordrhein-westfälische Polizei benutzte. Die Ermittlerin zielte auf den hinter der Kurve verschwindenden Wagen und schoss ihm zwei Kugeln hinterher, ohne ihn damit aufhalten zu können.

»Verdammte Scheiße!«, entfuhr es der schwer atmenden Detektivin.

Sie sah sich um und wurde blass. Marko folgte ihrem Blick. Der Zuhälter lag in einer Blutlache auf dem Pflaster. Jasmin Wegner kroch mühsam auf ihn zu. Ihr grünes T-Shirt hatte mehrere Einschusslöscher, um die sich herum erschreckend schnell dunkle feuchte Flecken ausbreiteten. Aus ihrem Oberschenkel pulste Blut.

»Bleiben Sie liegen! Bewegen Sie sich nicht! Der Krankenwagen kommt sofort«, versuchte Jana Brand die Frau zu beruhigen.

Marko hielt bereits sein Handy an sein Ohr. Er hatte den Notruf gewählt und versuchte verzweifelt, seine Aufregung in den Griff zu bekommen, um eine möglichst strukturierte Beschreibung des Vorfalls zu geben.

Olli lag noch immer hinter dem Blumenkasten, schützte den Kopf mit den Armen und zitterte am ganzen Leib. Auf den ersten Blick konnte Marko keine Verwundung bei seinem Freund erkennen. Daher wandte er sich wieder der schwer verletzten Prostituierten zu, die entgegen aller Bemühungen der Detektivin mit letzter Kraft ganz an ihren Freund heran kroch. Tränen liefen ihr aus den Augen und vermischten sich mit der Schminke. Sie schien sich weniger Sorgen um sich, als um ihren Freund zu machen. Marko konnte zwar nicht verstehen, wie eine Frau einen so schmierigen Typen mögen konnte, aber sie musste ihn allen Erwartungen zum Trotz lieben.

»Ich hab doch gleich gesagt, leg dich nicht mit denen an. Aber du konntest ja den Hals nicht vollkriegen«, jammerte sie, unterbrochen von nicht gerade gut klingenden Hustenanfällen. »Hast gemeint, du bist schlauer. Ich hab’ ja gleich gesagt, die lassen sich nicht erpressen.«

»Waren das die Typen, die Ihnen die KO-Tropfen gegeben haben?«, fragte die Ermittlerin. In der Ferne hörte man die Sirenen von Polizei- und Krankenwagen näherkommen.

Jasmin Wegner nickte nur und robbte mit letzter Anstrengung ganz zu ihrem Freund heran, der leblos am Boden lag. Die Tränen rannen ihr weiterhin aus den Augen, als sie sich an ihn schmiegte. Mittlerweile konnte man nicht mehr unterscheiden, von wem das Blut in der Lache stammte.

»Sie müssen sich ruhig halten«, versuchte es die Detektivin noch einmal. Sie stand genauso hilflos neben der Szene wie Marko. Keiner der beiden traute sich, die Frau anzufassen, um sie nicht noch mehr aufzuregen.

Als endlich der Krankenwagen eintraf, war es zu spät. Die Sanitäter konnten nur noch den Tod der beiden Opfer feststellen. Marko stand unter Schock. Er hatte zwar über solche Dinge schon häufiger in seinen Romanen geschrieben, aber das war dann doch nicht mit einer Gewalttat in der Realität zu vergleichen.

Kommissar Werner und sein Team erschienen am Tatort. Der Kommissar befragte Jana Brand und die beiden Männer persönlich und ließ sich die Umstände schildern, die zu diesem Treffen geführt hatten. Er schüttelte den Kopf.

»Der hätte euch einen ziemlichen Bären aufgebunden, davon kannst du ausgehen«, sagte er zu Jana Brand. »Solchen Typen ist nur eins heilig, das ist Geld und auch das nur, wenn es ihr eigenes ist.«

»Aber Frau Wegner hat kurz vor ihrem Tod noch bestätigt, dass dieser Überfall mit unseren Recherchen zusammenhängt«, widersprach die Privatdetektivin.

Der Kommissar ließ sich die letzten Worte des Opfers wiederholen.

»Also, das kann alles heißen«, meinte er daraufhin. »Ich halte es für das Wahrscheinlichste, dass es sich hier um einen Bandenkrieg handelt. Der Kerl war Zuhälter und seine ›Freundin‹ ist für ihn anschaffen gegangen. Wahrscheinlich gab es Streit um Reviere. Dann hat er auch noch versucht, einen Konkurrenten zu erpressen und jetzt liegt er hier tot auf dem Pflaster.«

»Hältst du das nicht für etwas unwahrscheinlich? Wir wollen ihn etwas fragen und genau in dem Moment wird er erschossen. Herr Vogt wird an dem Tag überfallen, an dem sein Kollege zu Tode kommt. Mir sind das mittlerweile ein paar Zufälle zu viel. Ich glaube, dass die Fälle zusammenhängen.«

»Jana kann ich dich mal allein sprechen«, erwiderte der Kommissar und zog die Privatdetektivin außer Hörweite von Marko am Ärmel zur Seite. Der beschloss, sich als Nächstes um Olli zu kümmern.

Völlig verängstigt mit großen, verständnislosen Augen auf die Szenerie starrend, stand er in einer Ecke, ohne dass sich jemand um ihn kümmerte. Den gesamten Platz hatte man abgesperrt, Dutzende von Polizisten standen vor der Absperrung und drängten Hunderte von Schaulustigen zurück. Die Spurensicherung untersuchte den Platz einschließlich der Straße. Ein Arzt hatte mittlerweile die Leichen einer ersten, oberflächlichen Untersuchung unterzogen. Sie wurden in Metallsärge gelegt und in den Leichenwagen getragen, der sie in die Gerichtsmedizin fahren sollte. Olli starrte fassungslos auf die große Blutlache. Marko stellte sich zu ihm.

»Bist du unverletzt?«, fragte er und fasste ihn dabei vorsichtig an die Schulter. Olli nickte, ohne seinen Blick von dem Blut abzuwenden.

Die beiden standen schweigend wenige Minuten nebeneinander. Jana Brand steuerte auf sie zu. Schon an ihren energischen, weit ausholenden Schritten erkannte Marko, dass sie sauer war, stinksauer.

»Was wollte Kommissar Werner denn von Ihnen?«, fragte er neugierig.

»Er wollte mich vor Ihnen beiden Spinnern warnen. Ich solle mich nicht in diese Verschwörungstheorien hineinziehen lassen«, schnaubte sie zornig. »Mir reicht’s! Die machen es sich wieder total einfach. Bandenkrieg, dass ich nicht lache! Dieser Möchtegern-Lude wäre doch bei jeder echten Drohung eingeknickt. Ich kenne diese Typen. Der hätte sich doch nur zu gern einer Bande angeschlossen, aber den hat sicher niemand haben wollen.«

»Und was machen wir nun?«, fragte Olli ängstlich.

Bevor ihm irgendjemand zuvor kommen konnte, antwortete Marko schnell: »Ich gebe einen aus. Da vorne ist ja eine Kneipe. Die sieht zwar nicht besonders gemütlich aus, aber besser als nichts.«

»Das ist mit egal, Hauptsache die haben einen anständigen Wodka. Ich brauche jetzt was Richtiges«, kommentierte die Detektivin.

»Ja so etwas ist wirklich nicht angenehm«, sagte Marko mitfühlend und nickte in Richtung der langsam trocknenden Blutlache.

»Da habe ich schon Schlimmeres gesehen«, entgegnete die Ermittlerin kühl. »Aber ich bin sauer. Erstens kann ich es nicht leiden, wenn man mir meine Zeugen vor der Nase abknallt. Und zweitens kann ich es noch weniger leiden, wenn mir ein oberschlauer Kommissar einen Vortrag darüber hält, dass ich paranoid bin.«

Mit diesen Worten stapfte sie wütend in Richtung Gastwirtschaft. Marko beeilte sich, mit ihr mitzuhalten. Auf Olli achtete er nicht. Er ging davon aus, dass der schon versuchen würde, an ihnen dran zu bleiben, so viel Angst, wie er hatte.

Im Schankraum hielten sich nur wenige Gäste auf. Nicht einmal ein Viertel der Tische war besetzt. Der größere Teil der Kneipenbesucher stand draußen und sah dem Spektakel auf dem kleinen Platz zu. Auch an den Tischen in der Kneipe wurde über kein anderes Thema als die Schießerei vor dem Haus geredet. Marko und seine beiden Gefährten setzten sich an einen der freien Tische. Marko bestellte für alle drei Bier und drei Kurze.

»Ich habe die Nase voll. Ich werde heute mit der Bahn nach Hause fahren«, beschloss Jana Brand und kippte ihren Wodka hinunter.

»Ich zahle ein Taxi. Das geht auf Spesen«, bot Marko an und leerte seinen Whisky mit einem Zug.

»Sie scheinen es ja zu haben. Mit dieser Schreiberei muss man wirklich gut verdienen«, antwortete Jana Brand. »Ich zahl die nächste Runde.«

Sie bestellte eine weitere Runde Kurze. Olli hatte seinen Wodka ebenfalls in einem Zug hinuntergekippt. Er sagte noch immer keinen Ton.

»Da Sie uns das Leben gerettet haben, sollten wir vielleicht zum ›Du‹ übergehen«, schlug Marko vor. Den Ausspruch ließ er so lustig und beiläufig wie möglich klingen. Er hielt ihr die Hand hin. »Ich heiße Marko.«

Jana Brand sah ihn kritisch an.

»Eigentlich duze ich mich mit Auftraggebern grundsätzlich nicht. Bei geschäftlichen Streitigkeiten ist es immer besser, ein bisschen mehr Abstand zu haben. Ein normaler Job scheint das hier aber nicht zu werden, und wenn ich euch sowieso die ganze Zeit an den Hacken habe, ist es vielleicht tatsächlich einfacher, wenn wir uns duzen.«

Sie gab Marko die Hand und sagte schlicht: »Jana.«

»Das ist Olli«, sagte Marko mit einem Seitenblick auf seinen Kumpel, der zwar nickte, aber nicht den Eindruck machte, als würde er viel von dem Gespräch mitbekommen.

Der Wirt hatte in der Zwischenzeit die drei Schnapsgläser durch volle ausgetauscht.

»Prost«, sagte Jana und die drei kippten auch den zweiten Schnaps hinunter.

»Der Werner hat mich wirklich geärgert«, platzte es aus der Detektivin heraus. »Früher war der mal richtig gut. Ich glaube, jetzt bereitet der sich nur noch auf seine Pension vor. Der nimmt mich gar nicht ernst. So viele Zufälle, das ist doch nicht normal. Da muss man doch nachhaken.«

»Ich glaube, Kommissar Werner hält sehr viel von dir«, versuchte Marko sie zu trösten. Jana winkte aber nur ab.

»Wieso hast du eigentlich bei der Polizei aufgehört?«, fragte Marko. Janas Gesicht verschloss sich wieder.

»Das hat mit diesem Fall nichts zu tun«, antwortete sie knapp.

Marko verstand, dass dieser Punkt zu den Themen gehörte, über die sie nicht gerne sprach, zumindest nicht mit ihm. Er sollte besser diese Frage ruhen lassen. Über den Fortgang des Gesprächs brauchte er sich indessen keine Gedanken machen. Olli sagte völlig unvermittelt und noch immer in einem Ton, der seinen Schockzustand deutlich machte:

»Die haben auf mich geschossen. Die wollten mich umbringen.«

Jana betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn.

»Bist du verletzt?«, fragte sie besorgt. Olli schüttelte den Kopf.

Bei dieser Frage wurde Marko wieder bewusst, dass eine Stelle an seiner Wade brannte. Er hatte wahnsinniges Glück gehabt und nur einen ganz leichten Streifschuss erlitten. Seine Hose war an dieser Stelle zerrissen, die konnte er wegschmeißen. Dort, wo die Kugel die Haut abgeschürft und verbrannt hatte, schmerzte es. Er wollte allerdings in diesem Moment vor Jana nicht als Weichling dastehen und erwähnte es daher nicht.

»Nehmen wir mal an, wir haben mit unserer Theorie recht und es geht tatsächlich um irgendetwas, das Ollis Kollegen herausgefunden haben«, dachte Jana laut. Ihre graublauen Augen fixierten Marko. »Dann werden sie – wer immer sie auch sein mögen – davon ausgehen, dass Herr Vogt – Entschuldigung, ich meinte Olli, daran muss ich mich erst noch gewöhnen – auch von dieser Sache weiß. Wir wissen nicht erst seit heute, dass diese Leute nicht vor Mord zurückschrecken, also ist Olli wirklich in Gefahr.«

»Das sage ich doch! Die wollen mich umbringen«, jammerte Olli, der plötzlich wieder zum Leben erwachte. »Da mache ich nicht mehr mit! Ich will diese Recherche nicht mehr. Ich steige aus. Die sollen mich alle in Ruhe lassen!«

»Und wie willst du das machen?«, fragte Marko leicht verärgert.

»Ich werde aller Welt erklären, dass ich von den Recherchen der beiden nichts mitbekommen habe. Ich werde einfach allen erzählen, dass ich mich die letzten zwei Jahre kaum noch um meinen Job gekümmert habe. So war es schließlich ja auch.«

»Na prima«, erwiderte Jana kopfschüttelnd. »Dein Chef wird dir sicher glauben und dich rausschmeißen. Deine Verfolger werden natürlich annehmen, dass du das nur sagst, weil du die Hosen voll hast und dich erschießen.«

Der Alkohol schien die ersten Wirkungen zu zeigen. Ihre Zunge saß jedenfalls schon ein ganzes Stück lockerer, stellte Marko fest. Jana nahm ihr Bierglas in die Hand und leerte es.

»Dann kann ich mich ja am besten gleich aufhängen«, jammerte Olli.

»Das ist sicher auch eine Lösung«, warf Marko ein und grinste Jana verschwörerisch an. Ihr Mund verzog sich immerhin zu der Andeutung einer Erwiderung.

»Das ist überhaupt nicht lustig. Was mache ich denn jetzt?«, fragte Olli verzweifelt.

»Es gibt nur eine Lösung«, stellt Marko klar. Er war jetzt wieder vollkommen ernst. »Wir müssen herausbekommen, was deine Kollegen entdeckt haben. Wenn wir ihre Erkenntnisse veröffentlichen, sind sie kein Geheimnis mehr. Dann gibt es für deine Verfolger keinen Grund, dich umzubringen. Jedenfalls nicht, wenn man davon ausgeht, dass es Profis sind und nicht nur jemanden zum Spaß erschießen.«

»Seid ihr euch da sicher?«, fragte Olli ängstlich.

»Ganz sicher sein kann man da natürlich nicht«, stellte Jana fest. »Aber es ist die einzige Chance, die du hast.«

Marko bestellte eine weitere Runde Bier. Bei einem Kurzen winkte Jana ab.

»Ein Bier trinke ich noch. Dann ist für mich Schluss. Ich muss schließlich noch nach Hause kommen und morgen ist auch noch ein Tag.«

»Wir müssen herausbekommen, was deine beiden Kollegen entdeckt haben«, sagte Jana gerade zu Olli, als Marko vom Tresen zurückkam, an dem er die Bestellung aufgegeben hatte. »Du bist doch auch Spezialist für diese Sachen. Kannst du nicht mal nachsehen, was die zwei getrieben haben.«

»Wie soll ich das denn machen?«, fragte Olli ängstlich.

»Na wie schon? Die Schreibtische durchsuchen, den Computer hacken oder wie ihr das nennt. Eben alles durchforsten, was uns auf eine Idee bringen kann, um was für ein großes Geheimnis es geht«, antwortete Jana forsch.

»Die Zimmer sind abgeschlossen und so einen Rechner kann man auch nicht einfach mal so durchsuchen. Der ist schließlich auch mit Passwörtern abgesichert und so weiter.«

»Na ja, für die Türen bin ich zuständig und was diesen ganzen Computer-Kram angeht, dafür bist du doch Spezialist, dachte ich.« Die junge Detektivin grinste Olli frech an. Der wand sich unbehaglich auf seinem Stuhl.

»Ich bin da ein bisschen aus der Übung und die beiden waren schon wirklich gut, was ihren Job anging«, gab er zu.

»Ich dachte, ihr seid alles so Superhacker, die heimlich durch die Netze kriechen und überall reinkommen«, warf Marko grinsend ein.

»Ja, in deinen Geschichten vielleicht. Da hört sich immer alles so einfach an«, protestierte Olli. »Klar, es gibt Accounts, da kommt man spielend rein, zum Beispiel wenn die Leute kein gutes Passwort benutzen. Es gibt Software, mit der man so etwas knacken kann. In anderen Fällen kann man aus den Daten von Personen, die man kennt, auf das Passwort schließen. Aber da probiert man dann ewig dran herum und letztlich ist das reine Glückssache, ob man die richtige Kombination findet. Leute wie Thomas oder Frank sind Spezialisten. Wenn die sich auch nur annähernd an die Richtlinien gehalten haben, die in unserer Behörde entwickelt wurden, ist das ganz unmöglich als kleiner Hacker von außen an so einen Account zu kommen.«

»Mensch Leute«, widersprach Jana jetzt aufgeregt. »Gerade sind wegen dieser Geschichte zwei Menschen erschossen worden und du lamentierst nur herum, warum wir nichts machen können. Du willst doch wohl nicht hier sitzen bleiben und Däumchen drehen?«

»Was schlägst du vor?«, fragte Marko vorsichtig. Er hatte das Gefühl, dass der Alkohol der jungen Frau nun doch zu Kopf stieg.

»Ganz einfach, wir gehen jetzt an Ollis Arbeitsplatz und sehen uns die Sache vor Ort an.« Jana schob demonstrativ ihr nur angetrunkenes Bierglas zur Seite.

»Was, jetzt?«, fragte Olli entsetzt. »Da ist jetzt alles zu. Die machen erst morgen wieder auf.«

»Wolltest du da am Tag die Tür zum Büro deiner Kollegen aufbrechen?«, fragte Jana angriffslustig zurück.

Olli sah Hilfe suchend zu Marko. Der war allerdings in Gedanken versunken.

»Wir haben alle zu viel getrunken, um mit dem Wagen zu fahren. Ein Taxi zu nehmen wäre sicher auch nicht schlau, wenn wir dort einbrechen wollen«, dachte er laut.

»Das Unauffälligste ist, wir nehmen die U-Bahn und laufen den Rest, dann sind wir auch wieder nüchtern«, beschloss Jana. Sie stand auf.

Marko beeilte sich, vor ihr am Tresen zu sein und die Rechnung zu bezahlen.

»Du bist auch eher so der altmodische Typ?«, stellte Jana fest, aber immerhin lächelte sie Marko dabei an. Er machte Fortschritte.

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