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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua

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Sechster Auftritt

Fiesco. – Getümmel um den Palast nimmt zu.

Glücklich! glücklich! Das Stroh der Republik ist in Flammen. Das Feuer hat schon Häuser und Thürme gefaßt – Immer zu! immer zu!

Allgemein werde der Brand, der schadenfrohe Wind pfeife in die Verwüstung!

Siebenter Auftritt

Mohr in Eile. Fiesco.

Mohr. Haufen über Haufen!

Fiesco. Mache die Thorflügel weit auf. Laß hereinstürzen, was Füße hat.

Mohr. Republikaner! Republikaner! Ziehen ihre Freiheit am Joch, keuchen, wie Lastochsen, unter ihrer aristokratischen Herrlichkeit.

Fiesco. Narren, die glauben, Fiesco von Lavagna werde fortführen, was Fiesco von Lavagna nicht anfing! Die Empörung kommt wie gerufen. Aber die Verschwörung muß meine sein. Sie stürmen die Treppe herauf.

Mohr (hinaus). Holla! holla! Werden das Haus höflichst zur Thüre hereinbringen. (Das Volk stürmt herein, die Thüre in Trümmer.)

Achter Auftritt

Fiesco. Zwölf Handwerker.

Alle. Rache an Doria! Rache an Gianettino!

Fiesco. Hübsch gemach, meine Landsleute. Daß ihr mir alle eure Aufwartung so machtet, das zeugt von eurem guten Herzen. Aber meine Ohren sind delicater.

Alle (ungestümer). Zu Boden mit den Doria! Zu Boden Oheim und Neffen!

Fiesco (der sie lächelnd überzählt). Zwölf sind ein vornehmes Heer-Einige. Diese Doria müssen weg. Der Staat muß eine andere Form haben.

Erster Handwerker. Unsre Friedensrichter die Treppen hinab zu schmeißen – die Treppen die Friedensrichter.

Zweiter. Denkt doch, Lavagna, die Treppen hinab, als sie ihm bei der Wahl widersprachen.

Alle. Soll nicht geduldet werden! darf nicht geduldet werden!

Ein Dritter. Ein Schwert in den Rath zu nehmen-Erster. Ein Schwert!

Das Zeichen des Kriegs! im Zimmer des Friedens!

Zweiter. Im Scharlach in den Senat zu kommen! Nicht schwarz, wie die übrigen Rathsherrn.

Erster. Mit acht Hengsten durch unsere Hauptstadt zu fahren.

Alle. Ein Tyrann! ein Verräther des Lands und der Regierung!

Zweiter. Zweihundert Deutsche zur Leibwach vom Kaiser zu kaufen-Erster. Ausländer wider die Kinder des Vaterlands! Deutsche gegen Italiener! Soldaten neben die Gesetze!

Alle. Hochverrath! Meuterei! Genuas Untergang!

Erster. Das Wappen der Republik an der Kutsche zu führen-Zweiter. Die Statue des Andreas mitten im Hof der Signoria! – Alle. In Stücken mit dem Andreas! In tausend Stück den steinernen und den lebendigen!

Fiesco. Genueser, warum mir Das alles?

Erster. Ihr sollt es nicht dulden! Ihr sollt ihm den Daumen aufs Aug halten!

Zweiter. Ihr seid ein kluger Mann, und sollt es nicht dulden, und sollt den Verstand für uns haben.

Erster. Und seid ein besserer Edelmann, und sollt ihm das eintränken, und sollt es nicht dulden.

Fiesco. Euer Zutrauen schmeichelt mir sehr. Kann ich es durch Thaten verdienen?

Alle (lärmend). Schlage! Stürze! Erlöse!

Fiesco. Doch ein gut Wort werdet ihr noch annehmen?

Einige. Redet, Lavagna!

Fiesco (der sich niedersetzt). Genueser – Das Reich der Thiere kam einst in bürgerliche Gährung, Parteien schlugen mit Parteien, und ein Fleischerhund bemächtigte sich des Throns. Dieser, gewohnt, das Schlachtvieh an das Messer zu hetzen, hauste hündisch im Reich, klaffte, biß und nagte die Knochen seines Volks. Die Nation murrte, die Kühnsten traten zusammen und erwürgten den fürstlichen Bullen. Jetzt ward ein Reichstag gehalten, die große Frage zu entscheiden, welche Regierung die glücklichste sei? Die Stimmen theilten sich dreifach. Genueser, für welche hättet ihr entschieden?

Erster Bürger. Fürs Volk. Alle fürs Volk.

Fiesco. Das Volk gewann's. Die Regierung ward demokratisch. Jeder Bürger gab seine Stimme. Mehrheit setzte durch. Wenige Wochen vergingen, so kündigte der Mensch dem neugebackenen Freistaat den Krieg an. Das Reich kam zusammen. Roß, Löwe, Tiger, Bär, Elephant und Rhinoceros traten auf und brüllten laut zu den Waffen! Jetzt kam die Reih' an die Übrigen. Lamm, Hase, Hirsch, Esel, das ganze Reich der Insecten, der Vögel, der Fische ganzes menschenscheues Heer – alle traten dazwischen und wimmerten: Friede. Seht, Genueser! Der Feigen waren mehr, denn der Streitbaren, der Dummen mehr, denn der Klugen – Mehrheit setzte durch. Das Thierreich streckte die Waffen, und der Mensch brandschatzte sein Gebiet. Dieses Staatssystem ward also verworfen. Genueser, wozu wäret ihr jetzt geneigt gewesen?

Erster und Zweiter. Zum Ausschuß! Freilich zum Ausschuß!

Fiesco. Diese Meinung gefiel! Die Staatsgeschäfte theilten sich in mehrere Kammern. Wölfe besorgten die Finanzen, Füchse waren ihre Secretäre. Tauben führten das Criminalgericht, Tiger die gütlichen Vergleiche, Böcke schlichteten Heirathsprocesse. Soldaten waren die Hasen; Löwen und Elephant blieben bei der Bagage; der Esel war Gesandter des Reichs, und der Maulwurf Oberaufseher über die Verwaltung der Ämter. Genueser, was hofft ihr von dieser weisen Vertheilung? Wen der Wolf nicht zerriß, den prellte der Fuchs. Wer diesem entrann, den tölpelte der Esel nieder. Tiger erwürgten die Unschuld; Diebe und Mörder begnadigte die Taube, und am Ende, wenn die Ämter niedergelegt wurden, fand sie der Maulwurf alle unsträflich verwaltet – Die Thiere empörten sich. Laßt uns einen Monarchen wählen, riefen sie einstimmig, der Klauen und Hirn und nur einen Magen hat – und einem Oberhaupt huldigten alle – einem, Genueser – aber (indem er mit Hoheit unter sie tritt) es war der Löwe.

Alle (klatschen, werfen die Mützen in die Höhe). Bravo! Bravo! das haben sie schlau gemacht.

Erster. Und Genua soll's nachmachen, und Genua hat seinen Mann schon.

Fiesco. Ich will ihn nicht wissen. Gehet heim! Denkt auf den Löwen! (Die Bürger tumultuarisch hinaus.) Es geht erwünscht. Volk und Senat wider Doria. Volk und Senat für Fiesco – Hassan! – Hassan! Ich muß diesen Wind benutzen – Hassan! Hassan! Ich muß diesen Haß verstärken! dieses Interesse anfrischen! – Heraus, Hassan! Hurensohn der Hölle! Hassan! Hassan!

Neunter Auftritt

Mohr kommt. Fiesco.

Mohr (wild). Meine Sohlen brennen noch. Was gibt's schon wieder?

Fiesco. Was ich befehle.

Mohr (geschmeidig). Wohin lauf' ich zuerst? wohin zuletzt?

Fiesco. Das Laufen sei dir diesmal geschenkt. Du wirst geschleift werden. Mache dich gleich gefaßt; ich posaune jetzt deinen Meuchelmord aus und übergebe dich gebunden der peinlichen Nota.

Mohr (sechs Schritte zurück). Herr? – das ist wider die Abrede.

Fiesco. Sei ganz ruhig. Es ist nichts mehr, denn ein Possenspiel. In diesem Augenblick liegt Alles daran, daß Gianettinos Anschlag auf mein Leben ruchbar wird. Man wird dich peinlich verhören.

Mohr. Ich bekenne dann oder leugne?

Fiesco. Leugnest. Man wird dich auf die Tortur schrauben. Den ersten Grad stehst du aus. Diese Witzigung kannst du auf Conto deines Meuchelmords hinnehmen. Beim zweiten bekennst du.

Mohr (schüttelt den Kopf, bedenklich). Ein Schelm ist der Teufel.

Die Herren könnten mich beim Essen behalten, und ich würde aus lauter Komödie gerädert.

Fiesco. Du kommst ganz weg. Ich gebe dir meine gräfliche Ehre. Ich werde mir deine Bestrafung zur Genugthuung ausbitten und dich dann vor den Augen der ganzen Republik pardonnieren.

Mohr. Ich lasse mir's gefallen. Sie werden mir das Gelenk auseinander treiben. Das macht geläufiger.

Fiesco. So ritze mir hurtig mit deinem Dolche den Arm auf, bis Blut darnach läuft – Ich werde thun, als hätt' ich dich erst frisch auf der That ergriffen. Gut! (Mit gräßlichem Geschrei.) Mörder! Mörder!

Mörder! Besetzt die Wege! Riegelt die Pforten zu! (Er schleppt den Mohren an der Gurgel hinaus, Bediente fliehen über den Schauplatz.)

Zehnter Auftritt

Leonore. Rosa stürzen erschrocken herein.

Leonore. Mord! schrieen sie, Mord! Von hier kam der Lärm.

Rosa. Ganz gewiß nur ein blinder Tumult, wie alltäglich in Genua.

Leonore. Sie schrieen Mord, und das Volk murmelte deutlich: Fiesco. Armselige Betrüger! Meine Augen wollten sie schonen, aber mein Herz überlistet sie. Geschwind, eile nach, sieh, sage mir, wo sie ihn hinschleppen.

Rosa. Sammeln Sie sich. Bella ist nach.

Leonore. Bella wird seinen brechenden Blick noch auffassen! die glückliche Bella! Weh über mich, seine Mörderin! Hätte Fiesco mich lieben können, nie hätte Fiesco sich in die Welt gestürzt, nie in die Dolche des Neids! – Bella kommt! Fort! Rede nicht, Bella!

Eilfter Auftritt

Vorige. Bella.

Bella. Der Graf lebt und ist ganz. Ich sah ihn durch die Stadt galoppieren. Nie sah ich unsern gnädigen Herrn so schön. Der Rapp prahlte unter ihm und jagte mit hochmüthigem Huf das andrängende Volk von seinem fürstlichen Reiter. Er erblickte mich, als er vorüber flog, lächelte gnädig, winkte hieher und warf drei Küsse zurück. (Boshaft.) Was mach' ich damit, Signora?

Leonore (in Entzückung). Leichtfertige Schwätzerin! Bring sie ihm wieder.

Rosa. Nun sehen Sie! jetzt sind Sie wieder Scharlach über und über.

Leonore. Sein Herz wirft er den Dirnen nach, und ich jage nach einem Blick? – O Weiber! Weiber! (Gehen ab.)

Zwölfter Auftritt

Im Palast des Andreas.

Gianettino. Lomellin kommen hastig

Gianettino. Laß sie um ihre Freiheit brüllen, wie die Löwin um ein Junges. Ich bleibe dabei.

Lomellin. Doch, gnädiger Herr-Gianettino. Zum Teufel mit Eurem Doch, dreistundlanger Procurator! Ich weiche um keines Haares Breite. Laß Genuas Thürme die Köpfe schütteln und die tobende See Nein dareinbrummen. Ich fürchte den Troß nicht.

 

Lomellin. Der Pöbel ist freilich das brennende Holz, aber der Adel gibt seinen Wind dazu. Die ganze Republik ist in Wallung. Volk und Patrizier.

Gianettino. So steh' ich wie Nero auf dem Berg und sehe dem possierlichen Brande zu-Lomellin. Bis sich die ganze Masse des Aufruhrs einem Parteigänger zuwirft, der ehrgeizig genug ist, in der Verwüstung zu ernten.

Gianettino. Possen! Possen! Ich kenne nur Einen, der fürchterlich werden könnte, und für den ist gesorgt.

Lomellin. Seine Durchlaucht. (Andreas kommt, Beide verneigen sich tief.)

Andreas. Signor Lomellin! Meine Nichte wünscht auszufahren.

Lomellin. Ich werde die Gnade haben, sie zu begleiten. (Ab.)

Dreizehnter Auftritt

Andreas. Gianettino.

Andreas. Höre, Neffe! Ich bin schlimm mit dir zufrieden.

Gianettino. Gönnen Sie mir Gehör, durchlauchtigster Oheim.

Andreas. Dem zerlumptesten Bettler in Genua, wenn er es werth ist. Einem Buben niemals, und wär' er mein Neffe. Gnädig genug, daß ich dir den Oheim zeige; du verdientest den Herzog und seine Signoria zu hören.

Gianettino. Nur ein Wort, gnädigster Herr-Andreas. Höre, was du gethan hast, und verantworte dich dann – Du hast ein Gebäude umgerissen, das ich in einem halben Jahrhundert sorgsam zusammenfügte – das Mausoleum deines Oheims – seine einzige Pyramide – die Liebe der Genueser. Den Leichtsinn verzeiht dir Andreas.

Gianettino. Mein Oheim und Herzog-Andreas. Unterbrich mich nicht. Du hast das schönste Kunstwerk der Regierung verletzt, das ich selbst den Genuesern vom Himmel holte, das mich so viele Nächte gekostet, so viele Gefahren und Blut. Vor ganz Genua hast du meine fürstlichen Ehre besudelt, weil du für meine Anstalt keine Achtung zeigtest. Wem wird sie heilig sein, wenn mein Blut sie verachtet? – Diese Dummheit verzeiht dir der Oheim.

Gianettino (beleidigt). Gnädigster Herr, Sie haben mich zu Genuas Herzog gezogen.

Andreas. Schweig – du bist ein Hochverräther des Staates und hast das Herz seines Lebens verwundet. Merke dir's, Knabe! Es heißt – Unterwerfung! – Weil der Hirte am Abend seines Tagwerks zurücktrat, wähntest du die Heerde verlassen? Weil Andreas eisgraue Haare trägt, trampeltest du wie ein Gassenjunge auf den Gesetzen?

Gianettino (trotzig). Gemach, Herzog. Auch in meinen Adern siedet das Blut das Andreas, vor dem Frankreich erzitterte.

Andreas. Schweig! befehl' ich – Ich bin gewohnt, daß das Meer aufhorcht, wenn ich rede – Mitten in ihrem Tempel spieest du die majestätische Gerechtigkeit an. Weißt du, wie man das ahndet, Rebelle? – Jetzt antworte!

(Gianettino heftet den Blick sprachlos zu Boden.)

Andreas. Unglückseliger Andreas! In deinem eigenen Herzen hast du den Wurm deines Verdiensts ausgebrütet. – Ich baute den Genuesern ein Haus, das der Vergänglichkeit spotten sollte, und werfe den ersten Feuerbrand hinein – Diesen! Dank' es, Unbesonnener, diesem eisgrauen Kopf, der von Familienhänden zur Grube gebracht sein will – Dank' es meiner gottlosen Liebe, daß ich den Kopf des Empörers dem beleidigten Staate nicht – vom Blutgerüste zuwerfe. (Schnell ab.)

Vierzehnter Auftritt

Lomellin außer Athem, erschrocken. Gianettino sieht dem Herzog glühend und sprachlos nach.

Lomellin. Was hab' ich gesehen? was angehört? Jetzt! Jetzt!

Fliehen Sie, Prinz! Jetzt ist Alles verloren.

Gianettino (mit Ingrimm). Was war zu verlieren?

Lomellin. Genua, Prinz. Ich komme vom Markt. Das Volk drängte sich um einen Mohren, der an Stricken dahin geschleift wurde; der Graf von Lavagna, über die dreihundert Nobili ihm nach bis ins Richthaus, wo die Verbrecher gefoltert werden. Der Mohr war über einem Meuchelmord ertappt worden, den er an dem Fiesco vollstrecken sollte.

Gianettino (stampft mit dem Fuß). Was? Sind heut alle Teufel los?

Lomellin. Man inquirierte scharf, wer ihn bestochen. Der Mohr gestand nichts. Man brachte ihn auf die erste Folter. Er gestand nichts. Man brachte ihn auf die zweite. Er sagte aus, sagte aus – gnädiger Herr, wo gedachten Sie hin, da Sie Ihre Ehre einem Taugenichts preisgaben?

Gianettino (schnaubt ihn wild an). Frage mich nichts!

Lomellin. Hören Sie weiter. Kaum war das Wort Doria ausgesprochen – lieber hätt' ich meinen Namen auf der Schreibtafel des Teufels gelesen, als hier den Ihren gehört – so zeigte sich Fiesco dem Volk. Sie kennen ihn, den Mann, der befehlend flehet, den Wucherer mit den Herzen der Menge. Die ganze Versammlung hing ihm odemlos in starren, schrecklichen Gruppen entgegen; er sprach wenig, aber streifte den blutenden Arm auf, das Volk schlug sich um die fallenden Tropfen, wie um Reliquien. Der Mohr wurde seiner Willkür übergeben, und Fiesco – ein Herzstoß für uns – Fiesco begnadigte ihn. Jetzt raste die Stille des Volks in einen brüllenden Laut aus, jeder Odem zernichtete einen Doria, Fiesco wurde auf tausendstimmigem Vivat nach Hause getragen.

Gianettino (mit einem dumpfen Gelächter). Der Aufruhr schwelle mir an die Gurgel! – Kaiser Karl! Mit dieser einzigen Silbe will ich sie niederwerfen, daß in ganz Genua auch keine Glocke mehr summen soll.

Lomellin. Böhmen liegt weit von Italien – Wenn Karl sich beeilt, kann er noch zeitig genug zu Ihrem Leichenschmaus kommen.

Gianettino (zieht einen Brief mit großem Siegel hervor). Glück genug also, daß er schon hier ist! – Verwundert sich Lomellin? Glaubte er mich tolldreist genug, wüthige Republikaner zu reizen, wenn sie nicht schon verkauft und verrathen wären?

Lomellin (betreten). Ich weiß nicht, was ich denke.

Gianettino. Ich denke Etwas, das du nicht weißt. Der Schluß ist gefaßt. Übermorgen fallen zwölf Senatoren. Doria wird Monarch, und Kaiser Karl wird ihn schützen – Du trittst zurück?

Lomellin. Zwölf Senatoren! Mein Herz ist nicht weit genug, eine Blutschuld zwölfmal zu fassen.

Gianettino. Närrchen, am Thron wirft man sie nieder. Siehst du, ich überlegte mit Karls Ministern, daß Frankreich in Genua noch starke Parteien hätte, die es ihm zum zweiten Mal in die Hände spielen könnten, wenn man sie nicht mit der Wurzel vertilgte. Das wurmte beim alten Karl. Er unterschrieb meinen Anschlag – und du schreibst, was ich dictiere.

Lomellin. Noch weiß ich nicht-Gianettino. Setze dich! Schreib!

Lomellin. Was schreib' ich aber? (Setzt sich.)

Gianettino. Die Namen der zwölf Candidaten – Franz Zenturione.

Lomellin (schreibt). Zum Dank für sein Votum führt er den Leichenzug.

Gianettino. Cornelio Calva.

Lomellin. Calva.

Gianettino. Michael Zibo.

Lomellin. Eine Abkühlung auf die Procuratur.

Gianettino. Thomas Asserato mit drei Brüdern (Lomellin hält inne.)

Gianettino (nachdrücklich). Mit drei Brüdern.

Lomellin (schreibt). Weiter.

Gianettino. Fiesco von Lavagna.

Lomellin. Geben Sie Acht! geben Sie Acht! Sie werden über diesem schwarzen Stein noch den Hals brechen.

Gianettino. Scipio Bourgognino.

Lomellin. Der mag anderswo Hochzeit halten.

Gianettino. Wo ich Brautführer bin – Raphael Sacco.

Lomellin. Dem sollt' ich Pardon auswirken, bis er mir meine fünftausend Scudi bezahlt hat. (Schreibt.) Der Tod macht quitt.

Gianettino. Vincent Calcagno.

Lomellin. Calcagno – den Zwölften schreib' ich auf meine Gefahr, oder unser Todfeind ist vergessen.

Gianettino. Ende gut, Alles gut. Joseph Verrina.

Lomellin. Das war der Kopf des Wurms. (Steht auf, streut Sand, fliegt die Schrift durch, reicht sie dem Prinzen.) Der Tod gibt übermorgen prächtige Gala und hat zwölf genuesische Fürsten geladen.

Gianettino (tritt zum Tisch, unterzeichnet). Es ist geschehen – In zwei Tagen ist Dogewahl. Wenn die Signoria versammelt ist, werden die Zwölf auf das Signal eines Schnupftuchs mit einem plötzlichen Schuß gestreckt, wenn zugleich meine zweihundert Deutsche das Rathhaus mit Sturm besetzen. Ist das vorbei, tritt Gianettino Doria in den Saal und läßt sich huldigen. (Klingelt.)

Lomellin. Und Andreas?

Gianettino (verächtlich). Ist ein alter Mann. (Ein Bedienter.) Wenn der Herzog fragt, ich bin in der Messe. (Bedienter ab.) Der Teufel, der in mir steckt, kann nur in Heiligenmaske incognito bleiben.

Lomellin. Aber das Blatt, Prinz?

Gianettino. Nimmst du, lässest es durch unsre Partei circulieren.

Dieser Brief muß mir Extrapost nach Levanto. Er unterrichtet den Spinola von Allem und heißt ihn früh acht Uhr in der Hauptstadt hier eintreffen. (Will fort.)

Lomellin. Ein Loch im Faß, Prinz! Fiesco besucht keinen Senat mehr.

Gianettino (zurückrufend). Doch noch einen Meuter wird Genua haben? – Ich sorge dafür. (Ab in ein Seitenzimmer, Lomellin fort durch ein anderes.)

Fünfzehnter Auftritt

Vorzimmer bei Fiesco.

Fiesco mit Briefen und Wechseln. Mohr.

Fiesco. Also vier Galeeren sind eingelaufen.

Mohr. Liegen glücklich in der Darsena vor Anker.

Fiesco. Das kommt erwünscht. Woher die Expressen?

Mohr. Von Rom, Piacenza und Frankreich.

Fiesco (bricht die Briefe auf, fliegt sie durch). Willkommen, willkommen in Genua! (Sehr aufgeräumt.) Die Kuriere werden fürstlich bewirthet.

Mohr. Hum! (Will gehen.)

Fiesco. Halt! Halt! Hier kommt Arbeit für dich die Fülle.

Mohr. Was steht zu Befehl? Die Nase des Spürers oder der Stachel des Skorpions?

Fiesco. Für jetzt des Lockvogels Schlag. Morgen früh werden zweitausend Mann verkappt zur Stadt hereinschleichen, Dienste bei mir zu nehmen. Vertheile du deine Handlanger an den Thoren herum, mit der Ordre, auf die eintretenden Passagiers ein wachsames Auge zu haben. Einige werden als ein Trupp Pilgrime kommen, die nach Loretto wallfahrten gehen, andre als Ordensbrüder, oder Savoyarden, oder Komödianten, wieder andre als Krämer, oder als ein Trupp Musikanten, die meisten als abgedankte Soldaten, die genuesisches Brod essen wollen. Jeder Fremde wird ausgefragt, wo er einstellet; antwortet er: zur goldenen Schlange, so muß man ihn freundlich grüßen und meine Wohnung bedeuten. Höre, Kerl! aber ich baue auf deine Klugheit.

Mohr. Herr! wie auf meine Bosheit. Entwischt mir ein Lock Haare, so sollt Ihr meine zwei Augen in eine Windbüchse laden und Sperlinge damit schießen. (Will fort.)

Fiesco. Halt! noch eine Arbeit. Die Galeeren werden der Nation scharf in die Augen stechen. Merke auf, was davon die Rede wird.

Fragt dich Jemand, so hast du von Weitem murmeln gehört, daß dein Herr damit Jagd auf die Türken mache. Verstehst du?

Mohr. Verstehe. Die Bärte der Beschnittenen liegen oben drauf. Was im Korb ist, weiß der Teufel. (Will fort.)

Fiesco. Gemach. Noch eine Vorsicht. Gianettino hat neuen Grund, mich zu hassen und mir Fallen zu stellen. Geh, beobachte deine Kameraden, ob du nicht irgendwo einen Meuchelmord witterst. Doria besucht die verdächtigen Häuser. Hänge dich an die Töchter der Freude. Die Geheimnisse des Cabinets stecken sich gern in die Falten eines Weiberrocks; versprich ihnen goldspeiende Kunden – versprich deinen Herrn. Nichts kann zu ehrwürdig sein, das du nicht in diesen Morast untertauchen sollst, bis du den festen Boden fühlst.

Mohr. Halt! Holla! Ich habe Eingang bei einer gewissen Diana Bononi und bin gegen fünf Vierteljahr ihr Zuführer gewesen.

Vorgestern sah ich den Procurator Lomellino aus ihrem Hause kommen.

Fiesco. Wie gerufen. Eben der Lomellino ist der Hauptschlüssel zu allen Tollheiten Dorias. Gleich morgen früh mußt du hingehen. Vielleicht ist er heute Nacht dieser keuschen Luna Endymion.

Mohr. Noch ein Umstand, gnädiger Herr. Wenn mich die Genueser fragen – und ich bin des Teufels! das werden sie – wenn sie mich jetzt fragen: was denkt Fiesco zu Genua? – Werdet Ihr Eure Maske noch länger tragen, oder was soll ich antworten?

Fiesco. Antworten! Wart! Die Frucht ist ja zeitig. Wehen verkündigen die Geburt – Genua liege auf dem Block, sollst du antworten, und dein Herr heiße Johann Ludwig Fiesco.

Mohr (sich froh streckend). Was ich anbringen will, daß sich's gewaschen haben soll, bei meiner hundsföttischen Ehre! – Aber nun hell auf, Freund Hassan! In ein Weinhaus zuerst! Meine Füße haben alle Hände voll zu thun – und muß meinen Magen caressieren, daß er mir bei meinen Beinen das Wort redt. (Eilt ab, kommt aber schnell zurück.) A propos! Bald hätt' ich das verplaudert. Was zwischen Eurer Frau und Calcagno vorging, habt Ihr gern wissen mögen! – Ein Korb ging vor, Herr, und Das war Alles. (Läuft davon.)