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Loe raamatut: «Wallensteins Tod»

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Personen:

Wallenstein

Octavio Piccolomini

Max Piccolomini

Terzky

Illo

Isolani

Buttler

Rittmeister Neumann

Ein Adjutant

Oberst Wrangel von Schweden gesendet

Gordon Kommandant von Eger

Major Geraldin

Deveroux

Macdonald

Hauptleute in der Wallensteinischen Armee

Schwedischer Hauptmann

Eine Gesandtschaft von

Kürassieren

Bürgermeister von Eger

Seni

Herzogin von Friedland

Gräfin Terzky

Thekla

Fräulein Neubrunn Hofdame der Prinzessin von Rosenberg Stallmeister der Prinzessin

Dragoner

Bediente. Pagen. Volk.

Die Szene ist in den drei ersten Aufzügen zu Pilsen, in den zwei letzten zu Eger.

Erster Aufzug

Ein Zimmer, zu astrologischen Arbeiten eingerichtet und mit Sphären, Karten, Quadranten und anderm astronomischen Geräte versehen. Der Vorhang von einer Rotunde ist aufgezogen, in welcher die sieben Planetenbilder, jedes in einer Nische, seltsam beleuchtet, zu sehen sind. Seni beobachtet die Sterne, Wallenstein steht vor einer großen schwarzen Tafel, auf welcher der Planetenaspekt gezeichnet ist.

Erster Auftritt

Wallenstein. Seni.

Wallenstein
 
     Laß es jetzt gut sein, Seni. Komm herab.
     Der Tag bricht an, und Mars regiert die Stunde.
     Es ist nicht gut mehr operieren. Komm!
     Wir wissen g'nug.
 
Seni
 
     Nur noch die Venus laß mich
     Betrachten, Hoheit. Eben geht sie auf.
     Wie eine Sonne glänzt sie in dem Osten.
 
Wallenstein
 
     Ja, sie ist jetzt in ihrer Erdennäh'
     Und wirkt herab mit allen ihren Stärken.
 

(Die Figur auf der Tafel betrachtend.)

 
     Glückseliger Aspekt! So stellt sich endlich
     Die große Drei verhängnisvoll zusammen,
     Und beide Segenssterne, Jupiter
     Und Venus, nehmen den verderblichen,
     Den tück'schen Mars in ihre Mitte, zwingen
     Den alten Schadenstifter, mir zu dienen.
     Denn lange war er feindlich mir gesinnt
     Und schoß mit senkrecht- oder schräger Strahlung,
     Bald im Gevierten, bald im Doppelschein,
     Die roten Blitze meinen Sternen zu
     Und störte ihre segenvollen Kräfte.
     Jetzt haben sie den alten Feind besiegt
     Und bringen ihn am Himmel mir gefangen.
 
Seni
 
     Und beide große Lumina von keinem
     Malefico beleidigt! der Saturn
     Unschädlich, machtlos, in cadente domo.
 
Wallenstein
 
     Saturnus' Reich ist aus, der die geheime
     Geburt der Dinge in dem Erdenschoß
     Und in den Tiefen des Gemüts beherrscht
     Und über allem, was das Licht scheut, waltet.
     Nicht Zeit ist's mehr, zu brüten und zu sinnen,
     Denn Jupiter, der glänzende, regiert
     Und zieht das dunkel zubereitete Werk
     Gewaltig in das Reich des Lichts – Jetzt muß
     Gehandelt werden, schleunig, eh' die Glücks-
     Gestalt mir wieder wegflieht überm Haupt,
     Denn stets in Wandlung ist der Himmelsbogen.
 

(Es geschehen Schläge an die Tür.)

 
     Man pocht. Sieh, wer es ist.
 
Terzky. (draußen)
 
     Laß öffnen!
 
Wallenstein
 
     Es ist Terzky.
     Was gibt's so Dringendes? Wir sind beschäftigt.
 
Terzky. (draußen)
 
     Leg alles jetzt beiseit', ich bitte dich,
     Es leidet keinen Aufschub.
 
Wallenstein
 
     Öffne, Seni.
 

(Indem jener dem Terzky aufmacht, zieht Wallenstein den Vorhang vor die Bilder.)

Zweiter Auftritt

Wallenstein. Graf Terzky.

Terzky. (tritt ein)
 
     Vernahmst du's schon? Er ist gefangen, ist
     Vom Gallas schon dem Kaiser ausgeliefert!
 
Wallenstein. (zu Terzky)
 
     Wer ist gefangen? Wer ist ausgeliefert?
 
Terzky
 
     Wer unser ganz Geheimnis weiß, um jede
     Verhandlung mit den Schweden weiß und Sachsen,
     Durch dessen Hände alles ist gegangen —
 
Wallenstein. (zurückfahrend)
 
     Sesin doch nicht? Sag nein, ich bitte dich.
 
Terzky
 
     Grad auf dem Weg nach Regenspurg zum Schweden
     Ergriffen ihn des Gallas Abgeschickte,
     Der ihm schon lang die Fährte abgelauert.
     Mein ganz Paket an Kinsky, Matthes Thurn,
     An Oxenstirn, an Arnheim führt er bei sich.
     Das alles ist in ihrer Hand, sie haben
     Die Einsicht nun in alles, was geschehn.
 

Dritter Auftritt

Vorige. Illo kommt.

Illo. (zu Terzky)
 
     Weiß er's?
 
Terzky
 
     Er weiß es.
 
Illo. (zu Wallenstein)
 
     Denkst du deinen Frieden
     Nun noch zu machen mit dem Kaiser, sein
     Vertraun zurückzurufen? wär' es auch:
     Du wolltest allen Planen jetzt entsagen,
     Man weiß, was du gewollt hast. Vorwärts mußt du,
     Denn rückwärts kannst du nun nicht mehr.
 
Terzky
 
     Sie haben Dokumente gegen uns
     In Händen, die unwidersprechlich zeugen —
 
Wallenstein
 
     Von meiner Handschrift nichts. Dich straf ich Lügen.
 
Illo
 
     So? Glaubst du wohl, was dieser da, dein Schwager,
     In deinem Namen unterhandelt hat,
     Das werde man nicht dir auf Rechnung setzen?
     Dem Schweden soll sein Wort für deines gelten,
     Und deinen Wiener Feinden nicht!
 
Terzky
 
     Du gabst nichts Schriftliches – Besinn dich aber,
     Wie weit du mündlich gingst mit dem Sesin.
     Und wird er schweigen? Wenn er sich mit deinem
     Geheimnis retten kann, wird er's bewahren?
 
Illo
 
     Das fällt dir selbst nicht ein! Und da sie nun
     Berichtet sind, wie weit du schon gegangen,
     Sprich! was erwartest du? Bewahren kannst du
     Nicht länger dein Kommando, ohne Rettung
     Bist du verloren, wenn du's niederlegst.
 
Wallenstein
 
     Das Heer ist meine Sicherheit. Das Heer
     Verläßt mich nicht. Was sie auch wissen mögen,
     Die Macht ist mein, sie müssen's niederschlucken,
     – Und stell ich Kaution für meine Treu',
     So müssen sie sich ganz zufrieden geben.
 
Illo
 
     Das Heer ist dein; jetzt für den Augenblick
     Ist's dein; doch zittre vor der langsamen,
     Der stillen Macht der Zeit. Vor offenbarer
     Gewalt beschützt dich heute noch und morgen
     Der Truppen Gunst; doch gönnst du ihnen Frist,
     Sie werden unvermerkt die gute Meinung,
     Worauf du jetzo fußest, untergraben,
     Dir einen um den andern listig stehlen —
     Bis, wenn der große Erdstoß nun geschieht,
     Der treulos mürbe Bau zusammenbricht.
 
Wallenstein
 
     Es ist ein böser Zufall!
 
Illo
 
     Oh! einen glücklichen will ich ihn nennen,
     Hat er auf dich die Wirkung, die er soll,
     Treibt dich zu schneller Tat – Der schwed'sche Oberst —
 
Wallenstein
 
     Er ist gekommen? Weißt du, was er bringt?
 
Illo
 
     Er will nur dir allein sich anvertraun.
 
Wallenstein
 
     Ein böser, böser Zufall – Freilich! Freilich!
     Sesina weiß zu viel und wird nicht schweigen.
 
Terzky
 
     Er ist ein böhmischer Rebell und Flüchtling,
     Sein Hals ist ihm verwirkt; kann er sich retten
     Auf deine Kosten, wird er Anstand nehmen?
     Und wenn sie auf der Folter ihn befragen,
     Wird er, der Weichling, Stärke g'nug besitzen? —
 
Wallenstein. (in Nachsinnen verloren)
 
     Nicht herzustellen mehr ist das Vertraun.
     Und mag ich handeln, wie ich will, ich werde
     Ein Landsverräter ihnen sein und bleiben.
     Und kehr ich noch so ehrlich auch zurück
     Zu meiner Pflicht, es wird mir nichts mehr helfen —
 
Illo
 
     Verderben wird es dich. Nicht deiner Treu',
     Der Ohnmacht nur wird's zugeschrieben werden.
 
Wallenstein. (in heftiger Bewegung auf und ab gehend)
 
     Wie? Sollt' ich's nun im Ernst erfüllen müssen,
     Weil ich zu frei gescherzt mit dem Gedanken?
     Verflucht, wer mit dem Teufel spielt! —
 
Illo
 
     Wenn's nur dein Spiel gewesen, glaube mir,
     Du wirst's in schwerem Ernste büßen müssen.
 
Wallenstein
 
     Und müßt' ich's in Erfüllung bringen, jetzt,
     Jetzt, da die Macht noch mein ist, müßt's geschehn —
 
Illo
 
     Wo möglich, eh' sie von dem Schlage sich
     In Wien besinnen und zuvor dir kommen —
 
Wallenstein. (die Unterschriften betrachtend)
 
     Das Wort der Generale hab ich schriftlich —
     Max Piccolomini steht nicht hier. Warum nicht?
 
Terzky
 
     Es war – er meinte —
 
Illo
 
     Bloßer Eigendünkel!
     Es brauche das nicht zwischen dir und ihm.
 
Wallenstein
 
     Es braucht das nicht, er hat ganz recht —
     Die Regimenter wollen nicht nach Flandern,
     Sie haben eine Schrift mir übersandt
     Und widersetzen laut sich dem Befehl.
     Der erste Schritt zu Aufruhr ist geschehn.
 
Illo
 
     Glaub mir, du wirst sie leichter zu dem Feind
     Als zu dem Spanier hinüber führen.
 
Wallenstein
 
     Ich will doch hören, was der Schwede mir
     Zu sagen hat.
 
Illo. (pressiert)
 
     Wollt Ihr ihn rufen, Terzky?
     Er steht schon draußen.
 
Wallenstein
 
     Warte noch ein wenig.
     Es hat mich überrascht – Es kam zu schnell —
     Ich bin es nicht gewohnt, daß mich der Zufall
     Blind waltend, finster herrschend mit sich führe.
 
Illo
 
     Hör ihn fürs erste nur. Erwäg's nachher.
 

(Sie gehen.)

Vierter Auftritt

Wallenstein. (mit sich selbst redend)

 
     Wär's möglich? Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte?
     Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt? Ich müßte
     Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht,
     Nicht die Versuchung von mir wies – das Herz
     Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse
     Erfüllung hin die Mittel mir gespart,
     Die Wege bloß mir offen hab gehalten? —
     Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht
     Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.
     In dem Gedanken bloß gefiel ich mir;
     Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.
     War's unrecht, an dem Gaukelbilde mich
     Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?
     Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,
     Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,
     Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?
     Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt?
     Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer
     Aus meinen eignen Werken baut sich auf,
     Die mir die Umkehr türmend hemmt!
 

(Er bleibt tiefsinnig stehen.)

 
     Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld,
     Wie ich's versuchen mag! nicht von mir wälzen;
     Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,
     Und – selbst der frommen Quelle reine Tat
     Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.
     War ich, wofür ich gelte, der Verräter,
     Ich hätte mir den guten Schein gespart,
     Die Hülle hätt' ich dicht um mich gezogen,
     Dem Unmut Stimme nie geliehn. Der Unschuld,
     Des unverführten Willens mir bewußt,
     Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft —
     Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war.
     Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,
     Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,
     Und was der Zorn und was der frohe Mut
     Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens,
     Zu künstlichem Gewebe mir vereinen
     Und eine Klage furchtbar draus bereiten,
     Dagegen ich verstummen muß. So hab ich
     Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,
     Und nur Gewalttat kann es reißend lösen.
 

(Wiederum stillstehend.)

 
     Wie anders! da des Mutes freier Trieb
     Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend
     Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt.
     Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit.
     Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand
     In des Geschicks geheimnisvolle Urne.
     In meiner Brust war meine Tat noch mein:
     Einmal entlassen aus dem sichern Winkel
     Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,
     Hinausgegeben in des Lebens Fremde,
     Gehört sie jenen tück'schen Mächten an,
     Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.
 

(Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder sinnend stehen.)

 
     Und was ist dein Beginnen? Hast du dir's
     Auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,
     Die ruhig, sicher thronende erschüttern,
     Die in verjährt geheiligtem Besitz,
     In der Gewohnheit festgegründet ruht,
     Die an der Völker frommem Kinderglauben
     Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.
     Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,
     Den fücht ich nicht. Mit jedem Gegner wag ich's,
     Den ich kann sehen und ins Augen fassen,
     Der, selbst voll Mut, auch mir den Mut entflammt.
     Ein unsichtbarer Feind ist's, den ich fürchte,
     Der in der Menschen Brust mir widersteht,
     Durch feige Furcht allein mir fürchterlich —
     Nicht, was lebendig kraftvoll sich verkündigt,
     Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz
     Gemeine ist's, das ewig Gestrige,
     Was immer war, und immer wiederkehrt
     Und morgen gilt, weil's heute hat gegolten!
     Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,
     Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.
     Weh dem, der an den würdig alten Hausrat
     Ihm rührt, das teure Erbstück seiner Ahnen!
     Das Jahr übt eine heiligende Kraft;
     Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.
     Sei im Besitze, und du wohnst im Recht,
     Und heilig wird's die Menge die bewahren.
 

(Zu dem Pagen, der hereintritt.)

 
     Der schwed'sche Oberst? Ist er's? Nun, er komme.
 

(Page geht. Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die Türe geheftet.)

 
     Noch ist sie rein – noch! Das Verbrechen kam
     Nicht über diese Schwelle noch – So schma ist
     Die Grenze, die zwei Lebenspfade scheidet!
 

Fünfter Auftritt

Wallenstein und Wrangel.

Wallenstein. (nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet)
 
     Ihr nennt Euch Wrangel?
 
Wrangel
 
     Gustav Wrangel, Oberst
     Vom blauen Regimente Südermannland.
 
Wallenstein
 
     Ein Wrangel war's, der vor Stralsund viel Böses
     Mir zugefügt, durch tapfre Gegenwehr
     Schuld war, daß mir die Seestadt widerstanden.
 
Wrangel
 
     Das Werk des Elements, mit dem Sie kämpften,
     Nicht mein Verdienst, Herr Herzog! Seine Freiheit
     Verteidigte mit Sturmes Macht der Belt,
     Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.
 
Wallenstein
 
     Den Admiralshut rißt Ihr mir vom Haupt.
 
Wrangel
 
     Ich komme, eine Krone drauf zu setzen.
 
Wallenstein. (winkt ihm, Platz zu nehmen, setzt sich)
 
     Euer Kreditiv. Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?
 
Wrangel. (bedenklich)
 
     Es sind so manche Zweifel noch zu lösen —
 
Wallenstein. (nachdem er gelesen)
 
     Der Brief hat Händ' und Füß'. Es ist ein klug,
     Verständig Haupt, Herr Wrangel, dem Ihr dienet.
     Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur
     Den eignen Einfall des verstorbnen Königs,
     Indem er mir zur böhm'schen Kron' verhelfe.
 
Wrangel
 
     Er sagt, was wahr ist. Der Hochselige
     Hat immer groß gedacht von Euer Gnaden
     Fürtrefflichem Verstand und Feldherrngaben,
     Und stets der Herrschverständigste, beliebt' ihm
     Zu sagen, sollte Herrscher sein und König.
 
Wallenstein
 
     Er durft' es sagen.
 

(Seine Hand vertraulich fassend.)

 
     Aufrichtig, Oberst Wrangel – Ich war stets
     Im Herzen auch gut schwedisch – Ei, das habt ihr
     In Schlesien erfahren und bei Nürnberg.
     Ich hatt' euch oft in meiner Macht und ließ
     Durch eine Hintertür euch stets entwischen.
     Das ist's, was sie in Wien mir nicht verzeihn,
     Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt – Und weil
     Nun unser Vorteil so zusammengeht,
     So laßt uns zu einander auch ein recht
     Vertrauen fassen.
 
Wrangel
 
     Das Vertraun wird kommen,
     Hat jeder nur erst seine Sicherheit.
 
Wallenstein
 
     Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.
     Ja, ich gesteh's – Es liegt das Spiel nicht ganz
     Zu meinem Vorteil – Seine Würden meint,
     Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so
     Mitspielen kann, ich könn' das gleiche tun
     Am Feinde, und das eine wäre mir
     Noch eher zu verzeihen als das andre.
     Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr Wrangel?
 
Wrangel
 
     Ich hab hier bloß ein Amt und keine Meinung.
 
Wallenstein
 
     Der Kaiser hat mich bis zum Äußersten
     Gebracht. Ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen.
     Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich
     Den harten Schritt, den mein Bewußtsein tadelt.
 
Wrangel
 
     Ich glaub's. So weit geht niemand, der nicht muß.
 

(Nach einer Pause.)

 
     Was Eure Fürstlichkeit bewegen mag,
     Also zu tun an ihrem Herrn und Kaiser,
     Gebührt nicht uns zu richten und zu deuten.
     Der Schwede ficht für seine gute Sach'
     Mit seinem guten Degen und Gewissen.
     Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit
     Zu unsrer Gunst, im Krieg gilt jeder Vorteil,
     Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;
     Und wenn sich alles richtig so verhält —
 
Wallenstein
 
     Woran denn zweifelt man? An meinem Willen?
     An meinen Kräften? Ich versprach dem Kanzler,
     Wenn er mir sechzehntausend Mann vertraut,
     Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer
     Dazuzustoßen —
 
Wrangel
 
     Euer Gnaden sind
     Bekannt für einen hohen Kriegesfürsten,
     Für einen zweiten Attila und Pyrrhus.
     Noch mit Erstaunen redet man davon,
     Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,
     Ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen.
     Jedennoch —
 
Wallenstein
 
     Dennoch?
 
Wrangel
 
     Seine Würden meint,
     Ein leichter Ding doch möcht' es sein, mit nichts
     Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,
     Als nur ein Sechzigteil davon
 

(er hält inne)

Wallenstein
 
     Nun, was?
     Nur frei heraus!
 
Wrangel
 
     Zum Treubruch zu verleiten.
 
Wallenstein
 
     Meint er? Er urteilt wie ein Schwed' und wie
     Ein Protestant. Ihr Lutherischen fechtet
     Für eure Bibel, euch ist's um die Sach';
     Mit eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne. —
     Wer zu dem Feinde läuft von euch, der hat
     Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.
     Von all dem ist die Rede nicht bei uns —
 
Wrangel
 
     Herr Gott im Himmel! Hat man hierzulande
     Denn keine Heimat, keinen Herd und Kirche?
 
Wallenstein
 
     Ich will Euch sagen, wie das zugeht – Ja,
     Der Österreicher hat ein Vaterland
     Und liebt's und hat auch Ursach', es zu lieben.
     Doch dieses Heer, das kaiserlich sich nennt,
     Das hier in Böheim hauset, das hat keins;
     Das ist der Auswurf fremder Länder, ist
     Der aufgegebne Teil des Volks, dem nichts
     Gehöret als die allgemeine Sonne.
     Und dieses böhm'sche Land, um das wir fechten,
     Das hat kein Herz für seinen Herrn, den ihm
     Der Waffen Glück, nicht eigne Wahl gegeben.
     Mit Murren trägt's des Glaubens Tyrannei,
     Die Macht hat's eingeschreckt, beruhigt nicht.
     Ein glühend, rachvoll Angedenken lebt
     Der Greuel, die geschahn auf diesem Boden.
     Und kann's der Sohn vergessen, daß der Vater
     Mit Hunden in die Messe ward gehetzt?
     Ein Volk, dem das geboten wird, ist schrecklich,
     Es räche oder dulde die Behandlung.
 
Wrangel
 
     Der Adel aber und die Offiziere?
     Solch eine Flucht und Felonie, Herr Fürst,
     Ist ohne Beispiel in der Welt Geschichten.
 
Wallenstein
 
     Sie sind auf jegliche Bedingung mein.
     Nicht mir, den eignen Augen mögt Ihr glauben.
 

(Er gibt ihm die Eidesformel. Wrangel durchliest sie, legt sie, nachdem er gelesen, schweigend auf den Tisch.)

 
     Wie ist's? Begreift Ihr nun?
 
Wrangel
 
     Begreif 's, wer's kann!
     Herr Fürst! Ich laß die Maske fallen – Ja!
     Ich habe Vollmacht, alles abzuschließen.
     Es steht der Rheingraf nur vier Tagemärsche
     Von hier mit funfzehntausend Mann, er wartet
     Auf Ordre nur, zu Ihrem Heer zu stoßen.
     Die Ordre stell ich aus, sobald wir einig.
 
Wallenstein
 
     Was ist des Kanzlers Forderung?
 
Wrangel. (bedenklich)
 
     Zwölf Regimenter gilt es, schwedisch Volk.
     Mein Kopf muß dafür haften. Alles könnte
     Zuletzt nur falsches Spiel —
 
Wallenstein. (fährt auf)
 
     Herr Schwede!
 
Wrangel. (ruhig fortfahrend)
 
     Muß demnach
     Darauf bestehn, daß Herzog Friedland förmlich,
     Unwiderruflich breche mit dem Kaiser,
     Sonst ihm kein schwedisch Volk vertrauet wird.
 
Wallenstein
 
     Was ist die Forderung? Sagt's kurz und gut.
 
Wrangel
 
     Die span'schen Regimenter, die dem Kaiser
     Ergeben, zu entwaffnen, Prag zu nehmen
     Und diese Stadt wie auch das Grenzschloß Eger
     Den Schweden einzuräumen.
 
Wallenstein
 
     Viel gefordert!
     Prag! Sei's um Eger! Aber Prag? Geht nicht.
     Ich leist euch jede Sicherheit, die ihr
     Vernünft'gerweise von mir fordern möget.
     Prag aber – Böhmen – kann ich selbst beschützen.
 
Wrangel
 
     Man zweifelt nicht daran. Es ist uns auch
     Nicht ums Beschützen bloß. Wir wollen Menschen
     Und Geld umsonst nicht aufgewendet haben.
 
Wallenstein
 
     Wie billig.
 
Wrangel
 
     Und so lang, bis wir entschädigt,
     Bleibt Prag verpfändet.
 
Wallenstein
 
     Traut ihr uns so wenig?
 
Wrangel. (steht auf)
 
     Der Schwede muß sich vorsehn mit dem Deutschen.
     Man hat uns übers Ostmeer hergerufen;
     Gerettet haben wir vom Untergang
     Das Reich – mit unserm Blut des Glaubens Freiheit,
     Die heil'ge Lehr' des Evangeliums
     Versiegelt – Aber jetzt schon fühlet man
     Nicht mehr die Wohltat, nur die Last, erblickt
     Mit scheelem Aug' die Fremdlinge im Reiche
     Und schickte gern mit einer Handvoll Geld
     Uns heim in unsre Wälder. Nein! wir haben
     Um Judas' Lohn, um klingend Gold und Silber
     Den König auf der Walstatt nicht gelassen!
     So vieler Schweden adeliges Blut,
     Es ist um Gold und Silber nicht geflossen!
     Und nicht mit magerm Lorbeer wollen wir
     Zum Vaterland die Wimpel wieder lüften,
     Wir wollen Bürger bleiben auf dem Boden,
     Den unser König fallend sich erobert.
 
Wallenstein
 
     Helft den gemeinen Feind mir niederhalten,
     Das schöne Grenzland kann euch nicht entgehn.
 
Wrangel
 
     Und liegt zu Boden der gemeine Feind,
     Wer knüpft die neue Freundschaft dann zusammen?
     Uns ist bekannt, Herr Fürst – wenngleich der Schwede
     Nichts davon merken soll – daß Ihr mit Sachsen
     Geheime Unterhandlung pflegt. Wer bürgt uns
     Dafür, daß wir nicht Opfer der Beschlüsse sind,
     Die man vor uns zu hehlen nötig achtet?
 
Wallenstein
 
     Wohl wählte sich der Kanzler seinen Mann,
     Er hätt' mir keinen zähern schicken können.
 

(Aufstehend.)

 
     Besinnt Euch eines Bessern, Gustav Wrangel.
     Von Prag nichts mehr.
 
Wrangel
 
     Hier endigt meinen Vollmacht.
 
Wallenstein
 
     Euch meine Hauptstadt räumen! Lieber tret ich
     Zurück – zu meinem Kaiser.
 
Wrangel
 
     Wenn's noch Zeit ist.
     Wallenstein.
     Das steht bei mir, noch jetzt, zu jeder Stunde.
 
Wrangel
 
     Vielleicht vor wenig Tagen noch. Heut nicht mehr.
     – Seit der Sesin gefangen sitzt, nicht mehr.
 

(Wie Wallenstein betroffen schweigt.)

 
     Herr Fürst! Wir glauben, daß Sie's ehrlich meinen;
     Seit gestern – sind wir des gewiß – Und nun
     Dies Blatt uns für die Truppen bürgt, ist nichts,
     Was dem Vertrauen noch im Wege stünde.
     Prag soll uns nicht entzweien. Mein Herr Kanzler
     Begnügt sich mit der Altstadt, Euer Gnaden
     Läßt er den Ratschin und die kleine Seite.
     Doch Eger muß vor allem sich uns öffnen,
     Eh' an Konjunktion zu denken ist.
 
Wallenstein
 
     Euch also soll ich trauen, ihr nicht mir?
     Ich will den Vorschlag in Erwägung ziehn.
 
Wrangel
 
     In keine gar zu lange, muß ich bitten.
     Ins zweite Jahr schon schleicht die Unterhandlung;
     Erfolgt auch diesmal nichts, so will der Kanzler
     Auf immer sie für abgebrochen halten.
 
Wallenstein
 
     Ihr drängt mich sehr. Ein solcher Schritt will wohl
     Bedacht sein.
 
Wrangel
 
     Eh' man überhaupt dran denkt,
     Herr Fürst! Durch rasche Tat nur kann er glücken.
 

(Er geht ab.)

Vanusepiirang:
12+
Ilmumiskuupäev Litres'is:
01 november 2017
Objętość:
150 lk 1 illustratsioon
Õiguste omanik:
Public Domain

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