Loe raamatut: «Die Teide-Fibel»

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„Es ist nicht unwahrscheinlich, daß man, vielleicht nach wenigen Jahren, die canarischen Inseln eben so besuchen wird, wie jetzt die Alpen der Schweiz oder den Golf von Neapel… Dann wird auch schnell die physicalische Kenntnis dieser Gegend ausgedehnter und vollständiger werden, und alles, was bis dahin darüber bekannt war, könnte dann leicht, nur noch einen geschichtlichen Wert behalten.“

Leopold von Buch, Physicalische Beschreibung der canarischen Inseln, 1825

Einen Ausflug auf den Pico del Teide kann man heutzutage in jedem Hotel als Vormittagsausflug buchen und anschließend in diesem E-Book lesen, wie es damals war, als man nicht mit Seilbahn nach oben kam, sondern auf einem Maultier und mit Führer.

Man kann lesen, wie Bergführer, die noch nie auf dem Gipfel des Vulkans waren, den von Humboldt gesammelten Obsidian und Bimstein wegwarfen und ihm seinen Malvasier wegtranken.

Man kann lesen, wie ein Ritter im Jahre 1582 sein Essen und den Wein in Schläuchen noch oben trug und fast 300 Jahre später in Blechkästchen getrüffelte Rebhühner aus Frankreich, in Blechkästchen Butter aus London, die wahrscheinlich ein holsteinisches Bauernmädchen bereitet hatte, in Blechkästchen Sardellen von Finisterre, Biscuits aus Marseille, Brot, gelben Wein, Hühner, Eier, Orangen, Wasser von Orotava, Datteln von der afrikanischen Küste, Kaffee und Zucker mit Jamaica-Rum, eine Flasche spanischen Valdepeñas und Wacholderbranntwein aus Delfshaven in Holland einem Wanderer serviert wurden, der für König Ludwig II. von Bayern ein Asyl auf der Insel zu suchen hatte.

Man kann neben Ernst Haeckel laufen, der 300 Fuß unter dem Gipfel heftige Brustbeklemmungen und Kongestionen bekam, ohnmächtig in den Schnee fiel und durch einen tüchtigen Blutsturz aus der Nase wieder auf die Füße kam. Oder man wandert mit seinem Kollegen Richard Greeff trotz aller Anstrengung nur bis 1500 Fuß unter der Spitze und genießt dort die nähere und fernere Umgebung.

Man kann mit dem Frankfurter und Senckenbergianer F. C. Noll in den Cañadas entdecken, welche Vielzahl von Tieren von der Retama leben. Tot sind die Cañadas nicht.

Man kann auch eine eigene Wanderung mit oder ohne Maultier und Führer planen.

Impressum

Die Teide-Fibel

Günter Voss

Copyright: © 2012 Günter Voss

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-6129-5

Günter Voss

San Bartolome de Tirajana

http://www.kanarischefibel.eu

Teide – Name

Bevor wir auf den Teide wandern lassen, wollen wir erstmal seinen Namen nehmen und sehen was er an Bedeutung hergibt. Dazu schauen wir in die beiden Arbeiten des Wiener Kanarenforschers Dominik Josef Wölfel, 1888 - 1963:

1. Leonardo Torriani. Die kanarischen Inseln und seine Urbewohner; Quellen und Forschungen zur Geschichte der Geographie und Völkerkunde, VI, 30 Abb., Leipzig 1940.

Wölfel hat den Torriani aus einer italienischen Handschrift von etwa 1590 übersetzt und im Vorwort dazu 140 Quellen zum kanarischem Sprachmaterial aufgeführt und in einem der drei Anhänge 223 kanarische Wörter Torrianis analysiert.

2. Monumenta Linguae Canariae; 928 S., 8 Karten, Graz 1965. Wölfels Hauptwerk, über 6300 kanarische Worter, leider ist er vor dessen Vollendung gestorben.

Das Wort teide mit Varianten teida, teyde, teyda, kommt in Schriften des 16. Jahrhunderts vor. Bei Torriani heißt es in Wölfels Übersetzung: „Die alten Inselbewohner nannten ihn Eheide (Cheide), was Hölle heißt, nach dem schrecklichen Feuer, Lärm und Erittern, das er hervorzubringen pflegte, weshalb sie ihn für den Aufenthaltsort von Dämonen hielten.“ Mit der „Hölle“ wurde dem Teide etwas aus der Schatzkiste der christlichen Glaubenslehre, die seit 1642 das Naturwissen der Eingeborenen verdrängte, übergestülpt. Wölfel schreibt: „Das lautliche, örtliche und semantische Zusammenfallen des angeblichen Namens der ‚Hölle’ mit dem Namen des Berges ist vollkommen sicher.“ „Die Bedeutung … dürfte etwas mit ‚Vulkan’ oder ‚vulkanische Erscheinung irgenwelcher Art’ zu tun haben.“

Edmund Scory – 1582; Bericht von Sprat – 1650; J. Edens – 1715

Johann Joachim Schwabe (1714 - 1784), zwei Jahre jünger als König Friedrich II. von Preußen, lebte in Leipzig und arbeitete als Professor für Philosophie, als Schriftsteller, Bibliothekar, Sprachwissenschaftler in der Zeit, die man Frühaufklärung nennt. Er übersetzte die vier Bände der englischen „New general collection of voyages and travels“ von 1745 - 47 und die 20 Bände der französischen „Histoire générale des voyages“ (1746 - 1791) ins Deutsche und gab sie in 21 Bänden als „Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser und Lande“ heraus. Er übersetzte nicht alles allein, sondern mit einigen N. N. und gab auch eigenes Wissen dazu. So kann man in dem deutschen Text nicht mehr zwischen ursprünglichem Stand des Wissen und Schwabeschen Zusätzen unterscheiden.


Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser und Lande… 1748

Das IV Buch. Reisen nach verschiedenen Theilen von Africa und den angränzenden Eylanden …

Das I Kapitel. Beschreibung der canarischen Eylande und Madera, nebst ihren merkwürdigen Früchten und Waaren, von Thomas Nicols. Welcher eine weitere Nachricht von jedem, als ein Zusatz aus jüngern Schriftstellern, beygefüget ist.


Der III Abschnitt. 2. Das Eyland Teneriffa.

… In der Mitte desselbensteht ein runder Hügel, Pico de Teithe genannt (De Teyde oder de Tayda. So nennen ihn Varenius und Beeckman in seiner Historia orbis terrarum, und daß ihn die Einwohner Pico de Teraria heißen. Dapper sagt dasselbe in seiner Beschreibung von Africa.) Dieser Berg ist gerade hinauf 15 Meilen hoch, und an der Spitze eine halbe Meile im Unfange. Er sieht wie ein Kessel aus, und es gehen oftmals Flammen und Schwefel heraus. zwo Meilen von der Spitze ist nichts als Asche und Pimsenstein; und hinter diesen zwo Meilen ist die kalte Gegend, welche das ganze Jahr mit Schnee bedecket ist.

… Die vorerwähnte berühmte Pike, oder der Pico von Teneriffa, ist nach der gemeinen Meynung der Schriftsteller der höchste bekannte Berg in der Welt. Linschoten saget, man könne ihn auf 60 kleine Meilen in der See sehen. (Le Maire saget 40, Beeckman 50, Durret 60 Meilen. Herbert saget, er werde bey hellen Wetter 120, und zuweilen 300 Meilen weit gesehen. Purchas saget, Thomas Biam, einer von seinen Freunden, habe ihm erzählet, er hätte ihn bey hellem Wetter 48 große Meilen weit in der See gesehen. Eben der Verfasser setzet auf dem Rande hinzu: einige sagen, er könne 150 Meilen weit gesehen werden. Siehe dessen Pilgr. auf der 783sten Seite.) Er könne nur im Heu- und Augustmonate bestiegen werden; indem er alle andere Monate über voller Schnee sey, obgleich an andern Orten daherum kein Schnee ist. (Le Maire saget, er sey beständig mit Schnee bedecket, welcher nicht herabfalle, noch schmelze.

Die Schriftsteller sind wegen der Höhe des Pico (Herbert saget, er werde 15 Meilen hoch gerechnet; Dellon und Durret 47812 Fuß, welches über 9 Meilen ist. Varenius machet ihn 4 Meilen und 5 Feldweges lang.) eben so uneinig, als wegen der Weite, in der man ihn auf der See sehen kann. Durch eine mit dem Barometer angestellte Wahrnehmung aber habe man gefunden, daß auf der Spitze des ganzen Berges das Quecksilber eilf Zoll breit, nämlich von 29 bis 18, gefallen: welches nach Doctor Halleys Tafeln ungefähr zwo und eine Viertelmeile ausmacht. Diese Rechnung stimmt mit Beeckman sehr wohl überein, welcher die Perpendicularhöhe drittehalb Meilen machet.

Der V Abschnitt. Drey Reisen nach der Spitze des Pico de Teneriffa …

… Die erste ward von dem Ritter Edmund Scory, einem gelehrten Manne, verfertiget, welcher Anmerckungen von dem Pico, und andern Merkwürdigkeiten des Eylandes Teneriffa geschrieben, wovon Purchas Auszüge gegeben (In seiner Pilgrimage 785. S. unter dem Titel: Auszüge aus den Anmerkungen des Ritters Edmund Scory, von dem Pico von Teneriffa und andern Seltenheiten, die er daselbst beobachtet. Sie enthält viertehalb Seiten); er läßt aber die Zeit aus. So viel wir muthmassen können, so sind sie um das Jahr 1600 aufgesetzet; ob man wohl aus einem Umstande in dem Auszuge schließen kann, daß er 1582 auf dem Eylande gewesen.

… Die andere Reise auf die Spitze des Pico ist in die Historie der königlichen Societät eingerückt, die von D. Sprat, nachmaligem Bischofe von Rochester, in seiner Historie der königlichen Societät herausgegeben worden. (Zuerst im Jahre 1667 in 4to herausgegeben, a. d. 200 S.) … Sie ist ohne Namen des Verfassers, und ohne Bemerkung der Zeit eingerücket: sie scheint aber aus einem Umstande, der darinnen erwähnt worden, um das Jahr 1650 und 1652 geschrieben zu seyn.

Die dritte that Herr Johann Edens im Jahre 1715, und wurde in den Transactionen der königlichen Societät herausgegeben. (No. 345, a. d. 317 S. und in dem Auszuge von Jones, im 5. Bande 2. Th. 147 S.

I. Eine Beschreibung des Pico von Teneriffa, nebst einer Nachricht von den Guanches, oder alten Einwohnern dieses Eylandes.

Von dem Ritter, Edmund Scory.


Der Verfasser bemercket, daß dieses große Gebürge von Teyda, welches insgemein der Pico von Teneriffa genannt wird, einen sowohl in der Nähe als Ferne in Erstaunen setzet. Es strecket seinen Fuß bis Garrachico (Eine Hafenstadt an der Nordwestseite gegen Süden von Oratava); wovon es drittehalb Tagereisen bis zur Spitze sind. Obgleich diese Spitze von unten so spitz als ein Zuckerhut zu seyn scheint, dem der Berg sehr ähnlich sieht: so ist sie dennoch eine Fläche, ungefähr ein Morgen Landes breit. In der Mitten ist eine Kluft, aus welcher mit einem entsetzlichen Geräusche, Flammen und Rauche, große Steine geworfen werden. Von dem Wege hinauf kann man mit Eseln oder Maulthieren sieben Meilen reisen; das übrige aber muß man zu Fuße klettern, und dieß nicht ohne Schwierigkeit. Ein jeder trägt sein Essen und seinen Wein in Schläuchen mit sich. Die Bahn hinauf, zehn Meilen hoch von dem Fuße an, ist mit den schönsten Bäumen, von allerhand Art, geschmücket. Der Boden wird von Bächen gewässert, die aus den Quellen herabfließen, und wenn sie sich endlich vereinigen, in breiten Strömen, vornehmlich wenn sie durch den heftigen Winterregen anschwellen, in die See hinabschießen. In der Mitte ist es unerträglich kalt; daher man seine Reise so anstellen muß, daß man nur bey Tage, und an der Südseite reiset. Diese Gegend endiget sich innerhalb zwo Meilen von der Spitze, wo die Hitze eben so ungemein stark ist, als am Fuße. (Dieß kann von den Ausflüssen aus dem Kessel und den Seiten des Berges herrühren, welche stärker gewesen, als gewöhnlich. Denn die Riesebeschreiber, deren Erzählungen nachfolgen, erwähnen solcher Hitze nicht.) Man muß also nach eben der Regel in diesen Gegenden sich an der Nordseite halten, und nur bey Nacht reisen. Die beste Jahrszeit zur Reise ist mitten im Sommer, weil man da die vom Schnee verursachten Ströme vermeidet. Und wenn man die Spitze um zwey Uhr des Morgens erreicht: so kan man einige Stunden daselbst bleiben; aber nicht nach Sonnenuntergange, kurz vor welchem ein solcher Strom von Hitze aus Osten kömmt, der dem Brodem aus einem heissen Ofen nicht ungleich ist.

Es ist merkwürdig, daß von der Spitze die Sonne ein wenig nachher, wenn sie über den Horizont gekommen, viel kleiner erscheint, als wenn sie unter demselben gesehen wird, und daß sie sich um ihren Mittelpunct zu drehen scheint. Der Himmel ist sehr klar, heiter und rein. Es regnet nahe bey der Spitze niemals, und es ist auch niemals ein Wind da. Eben das wird vom Olympus gesaget. Obgleich das Eyland voller spitzigen rauhen Felsen an der Zahl von 20000 ist: so scheint es doch von hieraus eine Ebene zu seyn, die durch Gränzen von Schnee abgetheilet sind, welche aber doch nichts anders, als die weißen Wolken sind, die sich viele Feldweges lang unter einem befinden.

2. Die zweyte Reise nach dem Pico von Teneriffa. (Pico Teneriffa, von einigen ansehnlichen Kaufleuten und glaubwürdigen Männern erhalten, die nach der Spitze desselben gegangen.)

[The History of the Royal-Society of London by Tho. Sprat; 1667]

Nachdem sie sich mit einem Führer, Dienern und Pferden versehen, ihren Wein und ihre Lebensmittel zu tragen: so brachen sie auf von Oratava, einer Stadt mit einem Hafen an der Nordseite von Teneriffa, zwo Meilen von dem Meere. Sie reiseten von 12 Uhr des Nachts bis um 8 Uhr des Morgens, und erreichten da die Spitze von dem ersten Gebürge, gegen den Pico de Terroira. (Oder Terraira, wie es die Spanier nennen. Er heißt auch Pico de Tayde.) Hier unterbrachen sie unter einer sehr großen und ansehnlichen Fichte ihr Fasten, speisten, und erfrischten sich bis um 2 Uhr des Nachmittags, und darauf giengen sie durch viele sandigte Wege, über manche hohe Gebürge, die bloß und mit nichts bewachsen, und mit keinen solchen Fichten bedeckt waren, als ihre erste Nachtreise. Dieses setzte sie einer übermäßigen Hitze aus, bis sie an den Fuß des Pico kamen, wo sie viele große Steine fanden, die von oben herabgefallen zu seyn schienen.

Um 6. Uhr des Abends fingen sie an, den Pico zu besteigen. Nachdem sie aber eine Meile gegangen, so fanden sie, daß der Weg nicht mehr reutbar war. Sie stiegen also von den Pferden ab, und ließen solche mit ihren Bedienten zurück. Diese Meile hinauf wurden einige von der Gesellschaft sehr ohnmächtig und unpaß, welches durch einen Durchfall, Erbrechen, und fieberhafte Anfälle verursacht ward. Das Haar stund den Pferden in die Höhe wie Borsten. Sie forderten etwas Wein, der in kleinen Fäßlein nachgetragen ward; fanden ihn aber, zu vieler Bewunderung, so kalt, daß sie ihn nicht trinken konnten, bis er gewärmet worden, obwohl die Luft noch sehr still und gelinde war. Nach Untergange der Sonnen aber fing es an, so starck zu wehen, und ward so kalt, daß, da sie ihr Lager unter gewisse große Steine in den Felsen genommen hatten, sie genöthiget waren, ein großes Feuer vor dem Eingange derselben die ganze Nacht durch zu erhalten. Gegen 4 Uhr des Morgens fingen sie an, weiter zu steigen; und nachdem sie ungefähr eine Meile hinaufgegangen, so konnte einer von der Gesellschaft nicht weiter fortkommen. Hier fingen sich die schwarzen Felsen an. Die übrigen setzten ihre Reise fort, bis sie an den Zuckerhut kamen, wo sie wiederum weißen Sand antrafen. Diesen schweren und ungewissen Weg zurück zu legen, waren sie mit Schuhen versehen, deren einfache Solen einen Finger breiter gemacht waren, als das Oberleder. Indem sie nun so weit hinaufgestiegen, als die schwarzen Felsen giengen, welche insgesammt flach waren, und wie ein Estrich lagen: so kletterten sie noch eine Meile auf der Spitze des Pico, und erreichten zulezt den Gipfel desselben, wo sie keinen solchen Schmauch fanden, als es ein wenig weiter unten schien; sondern einen beständigen Hauch von einem heißen und schwefelichten Dampfe, welcher ihnen große Schmerzen im Gesichte verursachte. Auf diesem Wege fanden sie keine sonderliche Veränderung der Luft, und sehr wenig Wind. Auf der Spitze aber war er so heftig, daß sie genug zu thun hatten, wider ihn stehen zu bleiben, da sie des Königs Gesundheit tranken, und ein jeder sein Gewehr losschoß. Hier unterbrachen sie auch ihr Fasten. Sie fanden aber, daß ihre abgezogenen Wasser fast alle ihre Kraft verlohren, und fast abgeschmackt geworden, da ihr Wein hingegen geistiger und stärker war.

Die Spitze, auf welcher sie stunden, und die nicht über eine Elle breit war, ist der Rand von einer Grube, Caldera genannt, welche sie für einen Musketenschuß breit, und ungefähr für achtzig Ellen tief hielten. Sie ist wie ein Kegel gestaltet, hohl inwendig, wie ein Kessel, und mit kleinen losen Steinen, die mit Schwefel und Sand vermengt sind, ganz bedeckt. Zwischen denselben gehen verschiedene Luftlöcher von Dampfe und Hitze hervor, welche, wenn sie mit etwas erregt werden, krachen, und ein Geräusch machen. Man konnte sie so leicht aufbringen, daß die Kaufleute von dem plötzlichen Ausbruche der Dämpfe fast erstickt wären, da sie nur einen von diesen Steinen bewegten, welche gleichfalls so heiß waren, daß man sie kaum anfassen konnte. Sie stiegen nicht über vier bis fünf Ellen hinunter in den Kessel; weil ihnen die Erde unter den Füßen wegglitschte, und es schwer war, hinunter zu kommen. Einige aber haben sich doch bis auf den Boden gewagt. Sie beobachteten hier nichts merckwürdiges, außer einer reinen Art von Schwefel, welcher auf den Steinen wie Salz lag.

Von diesem berühmten Pico konnten sie Großcanaria 14 Meilen, Palma 18 Meilen, und Gomera 7 Meilen, davon, erkennen; und schien ihnen das dazwischen fließende Meer nicht breiter, als die Themse zu London. Sie konnten auch bis nach Herro (Hierro oder Ferro.), über 20 Meilen davon, und noch ein groß Stück weiter über die Fläche des Meeres sehen.

So bald als die Sonne hervorkam, schien der Schatten des Pico nicht nur das ganze Eyland Teneriffa, und die großen Canarien (Dieß muß ein Irrthum mit Gomera seyn; weil Canaria von Teneriffa gegen Osten liegt. Siehe auch die andere Nachricht.), sondern auch die See bis an den Horizont zu bedecken, wo die Spitze des Zuckerhutes, oder des Pico, sich deutlich zu erheben schien, und seinen Schatten selbst in die Lufft warf, worüber sie sehr erstaunten. Allein die Sonne war noch nicht hoch gestiegen, als sich die Wolken so dicht zusammenzogen, daß sie ihnen ihre Aussicht von der See und Teneriffa benahmen, und daß nur die Spitzen der anliegenden Berge hindurch zu stechen schienen. Ob diese Wolken den Pico jemals übersteigen, das konnten sie nicht sagen. Denjenigen aber, die weiter unten sind, scheint es zuweilen, daß sie auf denselben hangen, oder sich vielmehr um denselben herumschlagen, wie sie es beständig thun, wenn der Nordwestwind wehet. Dieses nennen sie Cap [Cappe], und ist eine gewisse Vorbedeutung von einem folgenden Sturme.

Einer von ihrer Gesellschaft, welcher zwey Jahre nachher diese Reise wieder that, kam vor Tage auf die Spitze des Pico. Um sich vor der kalten Luft zu beschützen, kroch er unter einen großen Stein. Nach einer kleinen Weile fand er sich ganz naß, und merkte, daß es von einem beständigen Tröpfeln des Wassers von den Felsen über ihm herrührte. Sie sahen viele vortreffliche und reiche Quellen aus den Spitzen der meisten andern Berge hervorgehen. Sie schossen in großen Stralen fast so hoch, als die vorerwähnte Fichte, hervor.

Nachdem sie sich einige Zeitlang auf der Spitze aufgehalten: so stiegen sie alle den sandigen Weg hinab, bis sie an den Fuß des Zuckerhutes kamen. Weil dieser nun fast in einer geraden Linie abschüßig war, so kamen sie bald vorbey. Hier traffen sie eine Höle ungefehr 10 Ellen tief und 15 breit an, die wie ein Ofen oder eine Kuppel gestaltet war, und auf der Spitze ein Loch fast acht Ellen breit im Durchschnitte hatte. Sie ließen sich mit Stricken, die um ihren Leib gebunden waren, und von ihren Bedienten an der Spitze gehalten wurden, hinunter, und schwungen sich in dem Hinablassen, bis daß sie auf eine Schneebank kamen, auf der sie vollends hinunter glitschten. Sie waren genöthiget, sich also zu schwingen; weil in der Mitte des Bodens dieser Höle ein runder Wasserbrunnen ist, der einem Ziehbrunnen glich, dessen Fläche über eine Elle tiefer war, als der Schnee; aber so weit, als die Oeffnung an der Spitze, worunter er liegt; und er ist über sechs Faden tief. Sie vermutheten, daß dieß Wasser nicht von einer Quelle herkäme, sondern von dem hineingeweheten geschmolzenen Schnee, oder der durch die Felsen tröpfelnden Feuchtigkeit. An den Seiten der Grotte in einiger Höhe ist Eis, und Eiszacken hangen bis auf den Schnee. Nachdem sie aber dieses kalten Orts ganz überdrüßig waren, und wieder hinaufgezogen worden: so stiegen sie auf eben dem Wege den Berg wieder hinab, auf dem sie des vorigen Tages hinaufgestiegen; und um 5 Uhr des Abends kamen sie also zu Oratava an. Ihre Gesichter waren so roth und aufgesprungen, daß sie, um solche abzukühlen, genöthiget waren, sie mit Eyweiß zu waschen.

Die gerade Höhe des Pico wird gemeiniglich drittehalb Englische Meilen geschätzet. Sie fanden auf dem ganzen Wege keine Bäume, Kräuter oder Gesträuche, außer den Fichten, und unter dem weißern Sande eine Art von Genst, welches eine buschichte Pflanze war. Auch war an der Seite, wo sie die Nacht lagen, eine Art von Cordon, welche Stämme hatte, 8 Fuß hoch, und fast einen halben Fuß dick. Jeder Stamm wuchs in vier Vierecke (Dieß müssen die vom Nicols erwähnten viereckigten Röhre, und aller Wahrscheinlichkeit nach die Dildo seyn), und schoß aus dem Boden wie ein Busch von Binsen in die Höhe. An den Spitzen dieser Stämme wachsen sehr kleine rothe Beeren, welche, wenn sie zerquetscht werden, eine giftige Milch von sich geben. Wenn solche auf ein Pferd oder ander Thier fällt; so frißt sie gleich die Haare von der Haut. Von den verwelkten Stengeln dieser Pflanze machten sie die ganze Nacht ihr Feuer. Sie ist auch durchgängig über das Eyland ausgebreitet, und vielleicht eine Art von Euphorbium.

3. Eine dritte Reise nach der Spitze des Pico.

Von Herrn J. Edens.

Dienstags den 13ten August 1715, um halb eilf Uhr des Nachts, gieng der Verfasser in Gesellschaft vier Engelländer und eines Holländers, mit Pferden und Dienern, ihre Lebensmittel zu tragen, aus dem Hafen von Oratava. Ihren Führer hatten alle diejenigen gemiethet gehabt, welche diese Reise viele Jahre her gethan hatten.

Um halb zwölfe kamen sie nach der Stadt Oratava (Diese Stadt und Hafen liegen an der Nordseite des Eylandes.), welche zwo Meilen, ungefähr von dem Hafen ist. Hier nahmen sie Spatzierstöcke, um sich beym Hinaufsteigen auf den Pico zu helfen. Um Eins des Mittewochs Morgens kamen sie an den Fuß einer sehr steilen Höhe, ungefähr anderthalb Meile von der Stadt Oratava, wo es, anfing, sich auszuklären. Weil es Vollmond war: so sahen sie den Piko mit einer weißen Wolke, welche die Spitze wie eine Kappe bedeckte.

Um zwey Uhr kamen sie zu einem ebenen Platze auf dem Wege, welchen die Spanier Dornajito en el Monte verde, den kleinen Trog auf dem grünen Gebirge nennen; vermuthlich daher, weil ein wenig unter dieser Ebene an der Rechten, da wo sie giengen, eine tiefe Hölung ist, an deren obersten Ende eine hölzerne Wasserröhre in den Felsen gesetzet ist, und ein wenig tiefer bey dem Abfalle ein Trog steht, das Wasser aufzufangen, welches von den Gebirgen durch die Röhre kömmt, und sehr klar und kühle ist. Nachdem sie einen zuweilen rauhen, zuweilen sanften Weg gereiset, kamen sie um drey Uhr an ein kleins hölzernes Kreuz, welches die Spanier la Cruz de la Solera, das Kreuz von Solera nennen; indem es von einem Stücke von einer Solera gemacht worden, welches eine lange Stange ist, die an jedem Ende ein Loch hat, womit die Spanier Holz zu ziehen pflegen, indem sie das eine Ende an dem Holze, und das andere an dem Ochsen fest machen. Warum es aber hierher gesetzt worden, das konnte er nicht sagen; vielleicht aber ist jemand daherum erschlagen worden. An diesem Orte sahen sie die Pike vor sich; und ob sie wohl gleich von dem Hafen bergan gegangen: so schien sie doch in ihren Gedanken hier noch fast eben so hoch, als dort, indem die weiße Wolke den größten Theil des Zuckerhutes verdeckte.

Ungefähr eine halbe Meile weiter kamen sie an die Seite eines Hügels, der sehr hoch, rauh und steil war. Der Ort hieß Caravalla (Der Verfasser bemerket, daß eine Caravelle ein altmodisch Schiff bedeute, welches vormals in Spanien sehr gebräuchlich gewesen… ); vermuthlich von einem großen Fichtenbaume zur rechten Hand, deren daselbst an beyden Seiten viele wachsen. Ihr Führer verlangte, sie möchten solchen wohl ansehen, indem er einen großen herausgewachsenen Ast hatte, welcher mit den Zweigen darauf, wie das Vordertheil eines Schiffs aussieht. Unter diesen Bäumen, nicht eben sonderlich hoch in der Luft, sahen sie den Schwefel sich selbst, gleich einer Rakete oder Schlange von Schießpulver, entzünden. Das Feuer lief in einem Strome herunter, und der Rauch stieg von dem Orte auf, wo er zuerst Feuer fing. Sie sahen in der folgenden Nacht eben das, als sie unter den Felsen bey la Stancha lagen. Er konnte aber nicht merken, ob etwas davon einen Knall gäbe.

Drey Viertel nach Vieren kamen sie zu der Spitze dieses Gebirges, woselbst ein großer Baum wuchs, welchen die Spanier el Pino de la Merienda, das ist, die Fichte nach der Mittagsmahlzeit, nennen. Das Feuer, welches die Reisenden gemacht, die sich daselbst aufgehalten, hatte den Baum an der Erde verbrannt, woraus der Terpentin gieng. Wenige Ellen davon hatten sie ein Feuer gemacht, wo sie sich und ihre Pferde erquickten. Es heckten viele Kaninichen unter diesen Hügeln, welche sandig waren. Es ist auch ein großer Weg auf den Pico hinauf selbst Sand; hinter dem Zuckerhute aber nicht gar zu viel mehr.

Drey Vierthel nach Fünfen giengen sie wiederum weiter; und eine halbe Stunde nach Sechsen kamen sie nach der Kluft, Spanisch Portillo. Von hier sahen sie die Pike noch immer mit einer Wolke auf der Spitze bedeckt, ungefähr drittehalb Meilen vor sich; und die Spanier sagten, sie wären noch eben so weit von dem Hafen. Um halb Sieben kamen sie nach las Faldas, das ist, dem Rande der Pike; von da nach la Stancha, welches eine Vierthelmeile von dem Fuße der Pike ist. Sie ritten auf kleinen leichten Steinen, nicht viel dicker, als eine Faust, und viele nicht breiter, als ein Schilling, welche außer dem gebahnten Wege fast über des Pferdes Huf giengen. Sie bedeckten den Grund eine ziemliche Tiefe; denn der Verfasser stieg vom Pferde, und machte ein Loch, konnte aber nicht bis auf den Grund derselben kommen.

Es giebt daselbst viele starke Felsen, deren einige zwo Meilen etwan von dem Fuße der Pike liegen. Der Führer erzählte ihnen, sie wären von der Spitze der Pike ausgeworfen, als er gebrannt hätte. Einige von ihnen lagen haufenweise über 60 Ellen lang; und sie beobachteten, daß, je weiter diese Felsen von dem Fuße der Pike lagen, desto ähnlicher sie dem Steine gemeiner Felsen waren. Je näher sie aber an der Pike lagen, desto schwärzer und dichter waren sie; und einige von ihnen, wiewohl nicht viele, glänzten wie Kieselsteine; sie waren aber alle ungemein schwer. Der Verfasser vermuthet, daß diejenigen, welche glänzten, ihre natürliche Farbe behalten. Einige aber sahen wie die Schlacken aus einer Schmiedeesse aus, welches ohne Zweifel durch die ungemeine Hitze des Orts verursachet worden, aus dem sie gekommen. Einige von diesen großen Felsen waren aus dem Kessel auf der Spitze der Pike; und andere aus einer Höle oder Cisterne, welche ein artiger Weg auf der Seite der Pike ist, und von einigen für grundlos gehalten worden. (Dieß ist die in dem vorhergehenden Tagebuche erwähnte Höle an dem Fuße des Zuckerhutes.)

Um Neune kamen sie nach la Stancha, ungefähr eine Vierthelmeile über den Fuß der Pike an der Ostseite, wo drey oder vier breite, harte und dichte schwarze Felsen waren. Unter einige davon führten sie ihre Pferde, und legten sich selbst unter andere schlafen, nachdem sie sich selbst erst mit etwas Wein erquickt hatten. Unterdessen richtete ihnen der Koch eine Mahlzeit an, von Gekochtem und Gebratenem, die sie um zwey Uhr des Mittages, nachdem sie ausgeruhet, verzehrten.

Ostwärts von der Pike vier oder fünf Meilen entfernt, giebt es verschiedene Gebirge, Malpesses genannt; und eines, welches ein wenig weiter gegen Süden liegt, heißt la Montano de Rejada. Sie waren vordem insgesammt feuerspeyende Berge, wiewohl geringer, als die Pike; und kann man solches aus den Felsen und kleinen verbrannten Steinen erkennen, die nahe an ihnen liegen; eben auf die Art, wie um der Pike.

Nachdem sie gespeiset hatten: so legten sie sich wiederum nieder, wie zuvor, um ein wenig unter den Felsen einzuschlafen. Weil sie aber nicht gut schliefen: so stunden sie wieder auf. Und indem die andern den Nachmittag mit Karten zubrachten: so ließ sich der Verfasser angelegen seynr die Seltenheit und Größe dieses ungeheuren Körpers zu bewundern, welcher, wie er saget, sehr wundersam ist; so daß es unmöglich fällt, einem, der niemals gesehen, auf was für Art die verwirrten Haufen von Schutt und Graus allhier liegen, solches auszudrücken; denn es mag wohl eins von den größten Wundern in der Welt benennt werden. Gegen sechs Uhr des Abends sahen sie von la Stancha Groß-Canaria, welches von da Ost gen Nord lag.

Um Neune nach dem Abendessen giengen sie wieder zu ihrem vorigen Lager; woselbst sie Steine zu ihren Hauptküssen, und ihre Mäntel zu Betten brauchten, und sich eine Weile vergebens bemühten, einzuschlafen. Einige, die sehr nahe am Feuer lagen, beklagten sich, sie würden auf der einen Seite verbrannt, und auf der andern erfroren sie. Andere wurden erbärmlich von Flöhen geplaget, ob es wohl etwas seltsames war, daß sie an einem Orte sollten gefunden werden, wo die Luft zur Nachtzeit so scharf und schneidend ist. Der Verfasser meynet, sie würden von den Ziegen dahin gebracht, die man zuweilen unter diesen Felsen findet; und dieses um so viel mehr, weil sie eine todte Ziege in einer Höle recht auf der Spitze der Pike fanden. Er vermuthet, diese Ziege, die sich von ungefähr hinauf verirret, sey von der Nacht überfallen worden, und da sie die Kälte gefühlet, der Wärme wegen in die Höle gekrochen. WeiI sie aber daselbst gar zu viel Hitze, und einen sehr starcken schweflichten Dampf angetroffen, so sey sie ersticket. Denn sie fanden sie fast zu Pulver getrocknet. Zwischen Eilfen und Zwölfen schliefen sie ein; und da sie um Eins erwachten, so sagte ihnen ihr Führer, es wäre Zeit, sich zur Reise anzuschicken. Hierauf stunden sie auf, und in einer halben Stunde waren sie alle auf dem Wege, da sie ihre Pferde und einige von den Leuten hinter sich ließen.

Zwischen la Stancha und der Spitze der Pike sind zwey sehr hohe Gebirge außer dem Zuckerhute, deren jedes fast eine halbe Meile hoch zu gehen ist. Auf dem ersten ist der Schutt kleiner, und sie mußten fast rückwärts glitschen, indem sie vorwärts giengen; das oberste aber ist nichts anders, als ein ungeheurer Haufe von harten felsichten großen Steinen, welche losliegen, und auf eine sehr verwirrte Art zusammengeworfen sind. Nachdem sie verschiedenemale geruhet, so kamen sie zu der Spitze des ersten Gebirges, wo sie sich mit etwas Weine und Pfefferkuchen erquickten. Darauf fingen sie an, den andern hinauf zu steigen, welcher höher ist, als der erste, sich aber besser gehen läßt, indem die Felsen fest liegen. Nachdem sie ungefehr eine halbe Stunde auf demselben geklettert: so hatten sie den Zuckerhut im Gesichte, den sie vorher nicht sehen konnten, weil diese großen Hügel dazwischen lagen.

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