Loe raamatut: «Herzsteine von Hanna Jansen. Königs Erläuterungen Spezial.»
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN SPEZIAL
3142
Textanalyse und Interpretation zu
Hanna Jansen
HERZSTEINE
Sabine Hasenbach
Alle erforderlichen Infos zur Analyse und Interpretation
Zitierte Ausgaben: Jansen, Hanna: Herzsteine. Weinheim/Basel: Gulliver in der Verlagsgruppe Beltz, 2018.
Über den Autor dieser Erläuterung: Sabine Hasenbach hat Mineralogie (mit den Nebenfächern Mathematik, Physik und Chemie) an den Universitäten Köln und Bonn sowie Literaturwissenschaft (mit den Nebenfächern Psychologie und Soziologie) an der FernUniversität in Hagen studiert, wo sie mit einer Arbeit über Katherine Mansfield graduiert worden ist. Sie wohnt in Düsseldorf und arbeitet an der dortigen Heinrich-Heine-Universität. In ihrer Freizeit läuft sie Langstrecke.
1. Auflage 2021
ISBN 978-3-8044-4142-2
© 2021 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld
Alle Rechte vorbehalten!
Titelabbildung: © Andrea Haase/Shotshop/picture alliance
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INHALT
1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Hanna Jansen: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Ruanda unter Paul Kagame
Jugendbücher über den Genozid in Ruanda
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
3.2 Inhaltsangabe
TEIL I: DIE INSEL
EINS
ZWEI
DREI
VIER
FÜNF
TRANSITION
TEIL II: EIN ANDERER KONTINENT
EINS
ZWEI
DREI
VIER
FÜNF
SECHS
SIEBEN
ACHT
NEUN
DEPARTURE
3.3 Aufbau
Haupt- und Zwischenkapitel
Analepsen als strukturbildende Elemente
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Sam (Samuel)
Felicitas (Fe)
Luk
Enna
Nebenfiguren
Helen
Peter
Nadine
Felicitas Mutter
Samuel, Felicitas’ Vater
Umehire und Ingabire
Nyirahuku (Mama Munyemana)
Munyemana
Jean-Claude
Musa
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Erzählersprache
Figurensprache
Erzählform
Erzählperspektive und Erzählverhalten
Themen und Motive
Stilmittel
3.7 Interpretationsansätze
Herzsteine als Entwicklungsroman
Herzsteine als Roman über Verluste
4. Rezeptionsgeschichte
5. Materialien
Der Genozid in Ruanda 1994
Das Kigali Genocide Memorial
Posttraumatische Belastungsstörungen
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Aufgabe 1: *
Aufgabe 2: **
Aufgabe 3: **
Literatur
Zitierte Ausgabe
Biografisches
Über Herzsteine
Übergreifende Darstellungen: Ruanda
Übergreifende Darstellungen
1. | Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht |
Damit sich alle Leser:innen in unserem Band rasch zurechtfinden und das für sie Interessante gleich entdecken, hier eine Übersicht:
Im 2. Kapitel beschreiben wir das Leben Hanna Jansens und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:
Hanna Jansen wurde 1946 im niedersächsischen Diepholz geboren und nahm zahlreiche afrikanische Kriegswaisen in ihre Familie auf.
Das Pogrom von 1973, der Genozid in Ruanda 1994 und die Folgejahre bis 2011 bilden den zeitgeschichtlichen Hintergrund des Romans. Herzsteine ist der Jugendliteratur zuzuordnen.
Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Herzsteine – Entstehung und Quellen:
Hanna Jansen schrieb Herzsteine nach einer Begegnung mit einer Überlebenden des Genozids in Ruanda.
2012: Publikation des Romans im Peter-Hammer-Verlag Wuppertal.
Inhalt:
Der 16-jährige Sam zieht mit seinen Eltern Luk und Felicitas widerwillig von Hamburg nach Sylt. Sams Vater übernimmt für ein Jahr die Praxis seines Kollegen Peter und hat die Hoffnung, dass sich der psychische Zustand von Sams Mutter auf der Insel stabilisiert.
Auf Sylt verliebt sich Sam in seine Klassenkameradin Enna, die wegen ihrer Mutter Helen, die Heilerin ist, gemobbt wird. Fes Zustand bessert sich nicht. Nach einem Gespräch mit Helen kehrt Sams Mutter in ihr Heimatland Ruanda zurück, wo es ihr stückweise besser zu gehen scheint.
Sechs Monate später reisen Sam und sein Vater ebenfalls nach Ruanda und hoffen, dass Fe anschließend wieder mit nach Deutschland zurückkehren wird. Sam lernt das neue Leben seiner Mutter kennen und erfährt schließlich ihre persönliche Geschichte: Felicitas, die Tutsi ist, hat als Dreijährige bereits ein Pogrom überlebt und floh später während des Völkermords 1994 als 24-Jährige nach Großbritannien. Ihre Familie ließ sie in Ruanda zurück, wo alle ums Leben kamen. Fe bereut ihre alleinige Flucht und bleibt nun in Ruanda, um dort zu helfen. Sam und sein Vater kehren schließlich allein nach Deutschland zurück.
Schauplätze und Chronologie:
Schauplätze des Romans sind Hamburg und die deutsche Insel Sylt sowie Kigali, die Hauptstadt Ruandas, und ein Dorf in der Umgebung. Die Handlung besteht aus drei Erzählsträngen und wird dadurch nicht chronologisch erzählt (zahlreiche Rückblenden).
Hauptfiguren:
Sam (Samuel)
Sohn von Felicitas und Luk
hat Angst um seine psychisch kranke Mutter
Felicitas (Fe)
Sams Mutter und Überlebende des ruandischen Genozids 1994
traumatisiert und voller Schuldgefühle
Luk
Ehemann von Fe und Sams Vater, arbeitet als Arzt
kann seiner Frau nicht helfen
Enna
verliebt sich in Sam
Tochter von Helen, einer Heilerin
Wir stellen die Hauptfiguren ausführlich vor. Auch auf die Nebenfiguren, die für das Verstehen des Romans von Bedeutung sind, wird eingegangen.
Stil und Sprache:
Hanna Jansen arbeitet mit
einer einfachen Erzählersprache und symbolischen Naturphänomenen
einer individuell geprägten Figurensprache
einer wechselnden Erzählform
Motivwiederholungen mit verknüpfender Funktion.
Interpretationsansätze:
Auf folgende Interpretationsansätze gehen wir näher ein:
Herzsteine als Entwicklungsroman
Herzsteine als Roman über Verluste und ihre Folgen
2. | Hanna Jansen: Leben und Werk |
Hanna Jansen (*1946)
© picture-alliance / dpa
2.1 | Biografie[1] |
JAHR | ORT | EREIGNIS | ALTER |
1946 | Diepholz (Niedersachsen), Deutschland | Hanna Schötker wird geboren. Ihr Vater ist Kunsterzieher, die Mutter Hausfrau. | |
1950 | Osnabrück (Niedersachsen) | Die Familie Schötker zieht nach Osnabrück. Dort wächst Hanna mit drei Geschwistern auf. | 4 |
1966–1969 | Osnabrück | Hanna Schötker absolviert ein Lehramtsstudium, das sie mit dem ersten Staatsexamen abschließt. | 20–23 |
1969–1970 | Rheinland | Sie schließt die Referendarausbildung mit dem zweiten Staatsexamen ab. In der Folgezeit unterrichtet sie Deutsch, Kunst und evangelische Religion an Kölner Gesamtschulen. | 23–24 |
1972 | Rheinland | Geburt des Sohnes Niklas. | 26 |
1980 | Rheinland | Hanna Schötker ist in der regionalen und landesweiten Lehrerfortbildung für das Fach Deutsch tätig. | 34 |
1984 | Rheinland | Sie wird Fachberaterin und Organisatorin für Lehrerfortbildung an Gesamtschulen im Regierungsbezirk Köln. | 38 |
1985–1988 | Köln | Sie wird Leiterin für Didaktik an einer Kölner Gesamtschule. | 39–42 |
Siegburg | 1987 Umzug nach Siegburg bei Bonn. Ein Jahr später heiratet sie den Kinderarzt Reinhold Jansen. Das Ehepaar nimmt ein afrikanisches Kind auf. | ||
1999–2003 | Zwischen 1999 und 2003 nimmt das Ehepaar Jansen weitere elf Kinder auf, überwiegend afrikanische Kriegswaisen. | 53–57 | |
2001 | Hamburg | Ihr Erstlingsroman Der gestohlene Sommer erscheint. | 55 |
2002 | München | Ein weiterer Jugendroman mit dem Titel Über tausend Hügel wandere ich mit dir wird veröffentlicht, | 56 |
Stuttgart | außerdem wird das Kinderbuch Ich heirate Felixa publiziert. | ||
2003 | Buxtehude / Niedersachsen | Jansen wird für Über tausend Hügel wandere ich mit dir mit dem „Buxtehuder Bullen“[2] ausgezeichnet. Außerdem wird das Buch für den „Friedrich-Gerstäcker-Preis“[3] nominiert. | 57 |
2004 | Stuttgart | Publikation des Kinderbuchs Gretha auf der Treppe. | 58 |
2006 | Frankfurt | Jansen nimmt als Referentin an der IPPNW-Tagung Globalisierung, | 60 |
New York | Krieg und Intervention teil. Teilnahme am PEN „World Voices“ Festival in New York. | ||
2007 | London | Jansen ist Teilnehmerin des „Human Rights Watch Festivals“, dort liest sie aus Über tausend Hügel wandere ich mit dir. | 61 |
Cheltenham | Außerdem nimmt sie am Cheltenham Literature Festival teil. Für Über tausend Hügel wandere ich mit dir erhält Jansen den „Gold Medal Independent Publisher Book Award“ in der Kategorie | ||
New York | Multicultural Fiction–Children’s sowie den „PMA Benjamin Franklin Award“. | ||
2008 | Köln | Jansen übernimmt die Leitung verschiedener Literaturwerkstätten für den Museumsdienst Köln. | 62 |
Rom | Sie besucht Rom, wo sie Lesungen hält. | ||
2009 | Siegburg | Die Jansens nehmen ein weiteres afrikanisches Kind auf. Hanna Jansen erhält ein Autorenstipendium des Landes NRW. | 63 |
2010 | Sassen (Rheinland Pfalz) | Die Jansens ziehen nach Sassen in der Vulkaneifel. | 64 |
2011 | Hamburg | In der von Petra Deistler-Kaufmann herausgegebenen Anthologie Zu Hause ist, wo ich glücklich bin erscheint die Kurzgeschichte Noel oder der Traum von Iburayi. | 65 |
2012 | Wuppertal | Publikation von Herzsteine. | 66 |
2013 | Wuppertal | Der Jugendroman Zeit der Krabben erscheint. | 67 |
2016 | Wuppertal | Das Kinderbuch Linus im Glück mit Illustrationen von Britta Gotha erscheint. | 70 |
2017 | Wuppertal | Das Kinderbuch Maxima und ich mit Illustrationen von Leonard Erlbruch erscheint. | 71 |
2018 | Siegburg | Publikation des Romans Und wenn nur einer dich erkennt. | 72 |
2021 | Wuppertal | Veröffentlichung einer illustrierten Reihe für Erstleser rund um das Landleben: Hasen in der Nase (Band 1) und Stroh unterm Po (Band 2). | 75 |
2.2 | Zeitgeschichtlicher Hintergrund |
ZUSAMMENFASSUNG
Der 2012 erschienene Jugendroman Herzsteine beschäftigt sich mit dem Völkermord (Genozid) der Hutu an den Tutsi im Jahr 1994 in dem afrikanischen Land Ruanda und die anschließende Aufarbeitung unter Ruandas Präsidenten Paul Kagame.
Ruanda unter Paul Kagame
Hanna Jansen schrieb im Jahr 2011 ihren Jugendroman Herzsteine. Will man die Verhältnisse in Ruanda zu dieser Zeit angemessen darstellen, muss der Zeitraum zwischen 1970 und 2011 skizziert werden: Ruanda vor und während des Genozids der Hutu an den Tutsi sowie Ruanda nach dem Genozid. In diesem Kapitel wird hauptsächlich der postgenozidale Zeitraum 1994–2011 skizziert. Schilderungen zur Vorgeschichte und Durchführung des Massenmords an den Tutsi finden sich im Materialienteil, 5. Kapitel (ab S. 115).
Der Völkermord an den Tutsi durch die Hutu wütete nach dem Flugzeugasturz von Präsident Habyalimana von April bis Juli 1994. Am 4. Juli 1994 marschierte die von dem Tutsi Paul Kagame militärisch geführte Ruandische Patriotische Front (RPF) in Kigali ein und stoppte das Töten. Tausende Hutu-Killer flohen in den Kongo. Am 19. Juli 1994 konstituierte sich eine Regierung unter dem Hutu Pasteur Bizimungu und Paul Kagame als Vizepräsident. Dieser Regierung gelang mit Hilfe der USA die politische Stabilisierung Ruandas.
Paul Kagame ist seit dem Jahr 2000 Präsident Ruandas.
© picture alliance / Xinhua News Agency | Cyril Ndegeya
1998 erfolgte die Einberufung des Internationalen Strafgerichtshofes für Ruanda (ICTR), womit eine erste umfassende juristische Ahndung des Völkermords eingeleitet wurde. Die heute in Düsseldorf lebende Tutsi und Überlebende Esther Mujawayo zog 2014 eine erste Bilanz:
„Insgesamt hat das Tribunal wenig erreicht. Aber es war als Symbol wichtig. Es hat gezeigt: Wer einen Tutsi tötet, wird bestraft. Das gab es vorher nicht.“[4]
2000 wurde Kagame ruandischer Regierungschef. Er setzte auf eine Politik der Einheit und Versöhnung. Offiziell wurde nicht mehr zwischen Hutu und Tutsi unterschieden, der von der belgischen Kolonialregierung eingeführte Passeintrag „Hutu“ bzw. „Tutsi“ wurde abgeschafft (vgl. Herzsteine S. 63). Eine Schlüsselrolle im Prozess der angestrebten Versöhnung spielte der Umgang mit den aus dem Kongo zurückkehrenden Hutu. Kagame ließ Tausende mutmaßliche Mörder festnehmen und der Justiz übergeben. Untersuchungshäftlinge trugen pinkfarbene Gefängniskleidung, Verurteilte trugen orangefarbene Kleidung. Im Roman begegnet Sam Untersuchungshäftlingen:
„Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, rollt ein Pick-up an, auf dessen großer Ladefläche ein Haufen Männer sitzt, die alle eine Art babyrosa Schlafanzug tragen. […] ‚Das sind Strafgefangene‘, sagt Mum, die Sams Blick verfolgt. ‚Mörder, um genau zu sein.‘“ (S. 113–114)
Um eine Überfüllung der Gefängnisse zu vermeiden, wurden 2005 mit den „Gacacas“ Dorfgerichte eingeführt, die über die Beschuldigten urteilten. Nach dem Absitzen ihrer Strafen kehrten die Mörder in ihre Dörfer zurück.
Kagames Strategie der Versöhnung in Verbindung mit der angestrebten ökonomischen Entwicklung des Landes machte Ruanda bei Geberländern interessant, die in das völlig verarmte Land zu investieren begannen. Damit vollzog sich eine bis heute anhaltende sozioökonomische Transformation des Landes, wovon vor allem der Bauboom zeugt, worauf im Roman häufig angespielt wird (vgl. z. B. S. 165–166). Baufällige Häuser oder solche, die nicht ins Stadtbild passen, wurden im Zuge dieser Gentrifizierung[5] zunächst markiert und, wenn sie danach nicht nach sechs Monaten renoviert worden waren, abgerissen. Dies erzählt auch Jansen, wenn Felicitas ihren Mann bittet, die Renovierungsarbeiten am Haus von Mama Munyemana zu finanzieren, um das Haus zu retten (vgl. S. 182).
Zudem wurde der Dienstleitungssektor ausgebaut und moderne Industrien angesiedelt, sodass sich Ruanda zum IT-Zentrum Ostafrikas entwickelte. Unter anderem entstand in der Hauptstadt das College of Science and Technology, wo Ruandas neue Elite ausgebildet wird. Daneben etablierte sich der Tourismus. Es werden geführte Touren zu den Gorillas im ruandischen Hochland angeboten, die sich zu einem Millionengeschäft entwickelt haben. Jansen verweist im Text darauf, wenn Sams Vater an einer solchen Tour teilnimmt (vgl. S. 180–181).
Die Lebensbedingungen für die Landbevölkerung waren (und sind) allerdings nach wie vor schwierig. Von dem neuen Wirtschaftswachstum ist dort wenig zu spüren. Von der traditionellen Subsistenzwirtschaft[6] können die Menschen kaum leben. Die Lebensumstände sind ungeheuer primitiv (vgl. S. 112). Zwar versucht Kagame, der nach wie vor Regierungschef ist, das Problem mit der Einführung der Plantagenwirtschaft zu lösen, doch diese Landreform würde eine Abkehrung von der Tradition des Ackerbaus, durch die sich die Hutu definieren, bedeuten.
Jugendbücher über den Genozid in Ruanda:
Über tausend Hügel wandere ich mit dir[7] von Hanna Jansen, erschienen 2002. In diesem Jugendroman verarbeitet Jansen die Erlebnisse ihrer Adoptivtochter Jeanne, die als Achtjährige den ruandischen Genozid überlebte und bei dem Ehepaar Jansen ein neues Zuhause fand.
Auf der Suche nach Stéphanie von Esther Mujawayo[8] und Souâd Belhaddad, publiziert 2007. Das Buch ist biografisch und handelt von der Suche der Autorin nach den sterblichen Überresten ihrer Schwester und deren Familie zwölf Jahre nach dem Morden. Ein Augenzeuge soll ihr helfen, doch der gibt plötzlich vor, sich nicht mehr zu erinnern.
Die stummen Schreie von Elisabeth Combres, erschienen 2010. Die fünfjährige Tutsi Emma muss den Mord an ihrer Mutter mitansehen. Sie selbst kann fliehen und findet Unterschlupf bei einer alten Frau. Als Heranwachsende versucht sie das furchtbare Geschehen zu verdrängen. Als ihr das nicht mehr gelingt, beschließt sie, sich mit dem Unfassbaren auseinanderzusetzen.
Herzsteine von Hanna Jansen, erschienen 2012.
Thematisiert werden die Auswirkungen instrumentalisierten Hasses und die Folgen von schockierender Gewalt in Ruanda.