Der Clan der Auserwählten

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Der Clan der Auserwählten
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Hans-Peter Vogt

Der Clan der Auserwählten

Lebensraum, Wirtschaftsimperium, Macht, Sex und Demut

Reihe: Die Wächter des Lebens, Band 2

Wirtschaftsroman, real-utopischer Zukunfts-Roman / Science Fiction und Familiensaga

Deutsche Ausgabe

© vogt multimedia verlag, Reinheim / Ungekürzte Ausgabe / 1. Auflage 2018, vorab als e-Book / Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-942652-63-6

Empfohlen ab 18 Jahren

Umschlagentwurf: © vogt multimedia design / Lektorat: Ulrike Kolb, Reinheim / Herausgeber: © vogt multimedia verlag, Dr. Hans-Peter Vogt, Erlenweg 18, 64354 Reinheim / Vertrieb: Libreka

Inhaltsangabe

Titel, Verlag, ISBN

Index

Vorwort

Teil 1. Die Erinnerungen eines alten Mannes.

Kapitel 1. Dresden. Irgendwann im 21. Jahrhundert

Kapitel 2. Erinnerungen eines alten Mannes

Kapitel 3. Die Macht des Clans

Kapitel 4. Die Cäsur

Kapitel 5. Die Welt hat sich verändert

Kapitel 6. Der Anschlag

Teil 2. Die Wächter des Lebens

Kapitel 1. Der Angriff der Xorx und die Reise durch die Galaxis

1.1. Artemis sucht Schutz

1.2. Die Reise durch die Galaxis

Kapitel 2. Zuflucht Erde

2.1. Memphis / Nebraska (USA)

2.2. Die Reise durch Amerika

2.3. Folge dem Geld

2.4. Die neuen Kontakte des Artemis

2.5. Der neue Wirt

2.6. Reisen mit dem Wirt und weitere Zellteilungen

Teil 3. Leon und Chenoa

Die Food Company, die Stiftung, die Philosophie und die Konferenz der fünf Freunde

Kapitel 1. Der Boss und die Praktikantin

Kapitel 2. Die Stiftung Kultur & Kommunikation

und die Cyber-Gesellschaft

Kapitel 3. Die Konferenz der fünf Freunde.

Tätigkeitsberichte, globale Analysen, Strategien und der Fünfjahresplan

Teil 4. Der Clan der Auserwählten.

Das multinationale Unternehmen, soziales Engagement, Strategien, Privilegien und Ausschweifungen

Kapitel 1. Frederik. Das fünfblättrige Kleeblatt

Kapitel 2. Chenoa. Tod, Wiedergeburt, Hochzeit

Kapitel 3. Der große Kreis der Familie

Kapitel 4. Paco. Umwelttechnologien und Sex am Feierabend

Kapitel 5. Leon und Fred. Deutsche Küche und der Reorganisationsplan

Kapitel 6. Chenoa, Lara, Beatrice und Helen. Die Königin und das Dreigespann

Kapitel 7. Paco, Zehra und Chenoa. Die Konzentration auf das Wesentliche

Kapitel 8. Anna Théla und das Lebensgen

Kapitel 9. Das Symposium in Stockholm

Kapitel 10. Helen. Selbstverwirklichung bis zur totalen Erschöpfung

und eine mühsame Zeit der Rekonvaleszenz

Kapitel 11. Leon und Vera. Im Taumel der Extase

Kapitel 12. Der Familienrat

Teil 5. Die Neuorganisation

Kapitel 1. Chenoa.

Die Bündelung der Kräfte, die Rückbesinnung auf Erdung und Demut.

Kapitel 2. Die Enkelkinder,

die Nachfolgeregelung und die Zukunftssicherung

Anhang

1. Die wichtigsten Personen

2. diverse Kinder, Enkelkinder, Urenkel von Leon (Mutanten).

3. Nebenrollen

4. Städtenamen, Seen, sonstige Informationen

5. Früchte, Knollen, Gemüsesorten der Anden und des Amazonasgebietes.

6. Der Autor

7. Danksagung und kritische Einschätzung

Vorwort

Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit dem geheimnisvollen Aufstieg eines Familienclans zur Wirtschafts- und Meinungsmacht. Diese Familie hat die Unterstützung der Wächter des Lebens. Eine Spezies, die aus dem All zu uns gekommen ist, und die um vieles intelligenter ist, als wir Menschen.

Aus der Verbindung der Cantara mit einer ausgewählten Gruppe von Menschen gehen Mutanten hervor, die jetzt selbst zum Wächter des Lebens werden. Äußerlich sind sie in nichts von anderen Menschen zu unterscheiden, aber sie verfügen über Fähigkeiten und Kräfte, die weit über das Maß eines normalbegabten Menschen hinausgehen. Die Fähigkeiten werden von den Cantara auch nicht verteilt, wie mit einer Gießkanne. Die Mitglieder des Clans müssen sie trainieren, sie müssen sich der Philosophie der Cantara unterordnen, und die Cantara können diese Fähigkeiten bei Missbrauch auch wieder entziehen.

Die Menschheit wird langsam, schleichend, aber unaufhörlich von diesem Volk der Cantara unterwandert. Allerdings sind diese Cantara keine aggressive Spezies. Es sind keine Krieger. Es geht ihnen nicht um die Vernichtung oder gar die Ausrottung der Menschheit. Sie finden hier einen Planeten, der ihnen die Möglichkeit bietet, zu leben, sich zu entfalten, und das Zusammenleben der verschiedenen Arten in eine Art globale Ordnung zu versetzen, und sie wollen diese Chance nutzen. In ihrer Sichtweise einer solchen globalen Ordnung unterscheiden sie sich allerdings deutlich von der Mehrheit der Menschen, so dass es aus Sicht der Cantara unerlässlich erscheint, in Prozesse einzugreifen, die das Geschehen auf unserer Erde bestimmen.

Das Buch vermittelt einen Einblick in komplexe Strukturen von Macht, Ökonomie, Ökologie, Produktion, Versorgung der Menschheit mit Nahrung, und human Relationship. Der Inhalt des Romans fordert den Leser auf, sich mit der geschilderten Thematik globaler Verflechtungen auseinanderzusetzen und Stellung zu beziehen.

Es ist ein sehr politisches Buch, das den permanenten Wandel im Blick hat. Die Erde ist ja kein statischer Klumpen, und die Entwicklung der Menschheit, und der durch sie entwickelten Technologien schreitet unaufhörlich voran. Wir leben in einem fragilen Zeitfenster, das in 5, 10 oder 50 Jahren schon wieder völlig neue Zustandsbeschreibungen erfordert. Wer weiß schon, ob wir nicht in einigen Jahren von einem dritten Weltkrieg heimgesucht werden, von den Veränderungen durch den Klimawandel ganz zu schweigen, was zwar absehbar, aber nicht exakt vorherbar ist. Es gibt einfach zu viele Faktoren, welche die Zukunft der Erde und der Menschheit beeinflussen.

Der Leser muss die in der Beschreibung immanenten und vorausschauenden Thesen nicht vertreten, aber er sollte zumindest die Bereitschaft besitzen, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Dazu gehört u.a. auch die Verteilung des Reichtums auf dieser Welt, ökonomische Theorien, Sozialphilosophie, oder auch der Machtanspruch der Kirchen und Ideologien. Das alles wird romanhaft und nachvollziehbar beschrieben. Trockene Sachbücher wird man woanders suchen müssen, die sich mit denselben Inhalten auseinandersetzen. Allerdings kann und will dieser Roman nicht jedes Detail grundlegend bearbeiten, das regional für einzelne Völker, Länder, Volkswirtschaften und Gemeinschaften von zentraler Bedeutung ist.

 

Wegen der Komplexität der einzelnen Themen und Zusammenhänge, wie etwa die digitale Vernetzung, ist der Roman nicht ausschließlich einer Kategorie zuzuordnen. Es ist sowohl ein utopischer Zukunfts-, wie ein Fantasy- und Wirtschaftsroman, eine Familiensaga und gleichzeitig ein futuristischer Science Fiction Roman. Das alles dient der thematischen Beschäftigung mit komplexen Inhalten, Themen und Strukturen.

Das Buch greift Elemente aus dem ersten Band der neuen Reihe auf, unterscheidet sich aber völlig. Jetzt spielt die Handlung in der realen Welt auf unserer Erde.

Die Bezüge zu dem, was wir gegenwärtig wahrnehmen (können) sind vielfältig. Die Schreibweise, der sozio-ökonomische Zusammenhang, die beschriebenen Wirtschaftsmodelle, ökologische Kreisläufe, und die manchmal sehr freizügig geschilderte Beschreibung erotischer Abenteuer erfordern eine Altersbegrenzung. Die Mitglieder des Clans sind nicht nur Mutanten, sie haben die Gefühle eines Menschen. Emotionen, Paarungstrieb oder die Suche nach Selbstverwirklichung und Glück. Sie müssen Entscheidungen treffen, und sie handeln oft genug aus dem Bauch heraus. Es ist nur folgerichtig, dass sie manche Situationen nicht richtig einschätzen, so dass es zu Verletzungen kommt. In diesem Band ist das nicht im physischen Sinn gemeint, aber im Bereich der Psyche können Verletzungen sehr ernst werden.

Das Buch ist ein großer Überblick über einen Zeitraum von etwa hundert Jahren. Eine lange Zeit, die der schleichenden Unterwanderung durch das Volk der Cantara entspricht. Die Erde beherbergt derzeit (2018) rund 7,6 Milliarden Menschen. Es dauert also seine Zeit, bis ein einzelner Besucher aus dem All all diese Erdteile und unterschiedlichen Völker unterwandern kann, auch wenn er sich im Laufe der Zeit tausendfach vermehrt.

Das Buch konzentriert sich folgerichtig auf eine Chronologie der Ereignisse, mit Episoden, die einzelne Zeitfenster und Personen des Clans näher beleuchten, und Ereignisse zu einer in sich logischen, und vielleicht auch packenden Handlung zusammenfügen. Dabei spielt die Psychologie des Menschen eine entscheidende Rolle, oder das, was wir als emotional-affektives Handlungsmuster bezeichnen, das sich der Logik eines rationalen Denkens entzieht.

Für nachfolgende Bände ist geplant, einzelne Themen und Charaktere aufzugreifen, und die verschiedenen Inhalte zu vertiefen. Dann wird auch das Genre von Abenteuerromanen viel stärker bedient. Lassen Sie sich überraschen.

Empfohlen ab 18 Jahren

(die Redaktion)

Teil 1

Erinnerungen
eines alten Mannes.

Dresden.

Irgendwann im 21. Jahrhundert

Teil 1, Kapitel 1.

Dresden. Irgendwann im 21. Jahrhundert

Leon sitzt in der Frauenkirche in Dresden, jenem Kuppelbau, der einmal international zum Symbol für den Frieden geworden ist. Vor ihm steht der Sarg mit den sterblichen Überresten seiner guten Freundin Beatrice. Neben ihm in der ersten Reihe der Trauergäste sitzen seine Frau Vera und Katharina, seine Geliebte aus den Jugendtagen, sowie seine Kinder Nakoma, Lara und Chénoa Maria, die im Leben der Wundergeigerin Bea alle eine bedeutende Rolle gespielt hatten.

Die Kuppelkirche ist zum bersten voll mit geladenen Gästen. Die Königshäuser von England, Schweden, Holland, Belgien und Spanien sind fast komplett versammelt. Einige Emire und Scheichs aus den arabischen Ländern geben Beatrice die letzte Ehre. Der japanische Tenno ist da, und die Präsidenten von Russland, Amerika und Frankreich. Aus China sind gleich fünf hochrangige Mitglieder der Parteiführung angereist, und natürlich sind auch der deutsche Kanzler und der Bundespräsident gekommen, sowie die Oberbürgermeister von Berlin und Dresden, weitere hochrangige Politiker und Wirtschafts-größen aus Industrie und Banken, unter anderem die Chefs der Deutschen Bank, Barclays, BMW, Aral, Gasprom und einige bedeutende Dirigenten und Musiker. Natürlich würde man diese Trauerfeier nutzen, um im Anschluss Gespräche im kleinen Kreis, oder sogar unter vier Augen zu führen. All die großen und bedeutenden Hotels rund um die Frauenkirche sind ausgebucht, und die Kongresszentren sind für die nächsten drei Tage für politische und wirtschaftliche Gipfelgespräche verplant. Die Trauerfeier ist der richtige Rahmen, um Kunst mit Politik und wichtigen Geschäften zu verbinden.

Unabhängig von den Geschäften, die man betreibt, ist man hier zusammengekommen, um die Musikerin Beatrice und ihr Lebenswerk zu ehren, denn Bea war in ihrer Art unvergleichlich gewesen. Neben klassischen Konzerten hatte sie einen ganz eigenen Stil in Form von Live Acts entwickelt, mit einer Musik, die von verschiedenen nativen Stilrichtungen beeinflusst war. Damit hatte Bea ein Millionenpublikum angesprochen. Sie hatte Menschen zu Tränen gerührt und zum Lachen gebracht. Sie hatte Gegner geeint, und sie hatte mit ihrem Spiel tiefes Glück verbreitet. Niemand war zu ihren Lebzeiten jemals an die musikalischen Fähigkeiten von Bea herangekommen, und sie besitzt eine Fangemeinde, die wohl mehrere hundert millionen Menschen jedes Alters und jeder sozialen Schicht umfasst.

Auch der Platz rund um die Frauenkirche ist dicht gedrängt mit Trauergästen, bis zum Postplatz und bis hinunter zur Brühlschen Terasse. Überall sind Lautsprecher aufgestellt, aus denen die Trauerfeier live übertragen wird. Der Bundes-präsident selbst hat es sich nicht nehmen lassen, die zentrale Trauerrede zu halten.

Als Musik wird Händel und Bach gespielt, dirigiert vom Stardirigenten der Berliner Synphoniker und seinem Orchester.

Rund um die Frauenkirche schirmen wohl dreitausend Sicherheitsbeamte in Zivil die Veranstaltung ab, sowie mehrere Verbände der Bereitschaftspolizei, die in der Wilsdrufer Straße, am Postplatz, und in der Sophienstraße Position bezogen haben, und in kleinen Gruppen von 12 Mann mitten in der Menge stehen. Dazu kommen Ordner in schwarzen Uniformen mit gelber Armbinde, um die Ströme an Sonderbussen, Limousinen und die Massen an Fußgängern zu dirigieren. Schließlich ist eine solche Veranstaltung auch der geeignete Ort für Attentate, oder politische Demonstrationen. So etwas will man hier nicht riskieren.

Direkt vor der Frauenkirche gibt es einen Ring, der von Sperrgittern abgesichert ist, und zusätzlich von Polizei in Zivil, mit den typischen Ohrsteckern und Sprechfunk. Sie tragen unter ihren schwarzen Anzügen Sicherheitswesten und sind bewaffnet, aber man sieht das nicht. Hochrangige Trauergäste brauchen eben einen sichtbaren Beweis von Schutz.

Es hätte nur die Ordner gebraucht, nicht aber die Polizeikräfte, die Sicherheitsbeamten der CIA und die Geheimdienste der russischen und chinesischen Führung, die sich hier unter die Trauergäste gemischt haben, um jederzeit eingreifen zu können, denn Chénoa Maria (die älteste Tochter von Leon) hatte bestimmt: “Wir wollen eine geordnete und ruhige Feier, und wir werden dafür sorgen, dass das Andenken an Bea in einem gebührenden Rahmen stattfindet, frei von Krakeelern, oder gar einer politisch motivierten Bluttat,” und Chénoa Maria verfügt über die Macht, dies auch durchzusetzen.

Zu Beginn der Trauerfeier war ein verglaster Wagen durch die Menge gefahren, mit der gut sichtbaren Urne mit Beas Asche, geschmückt von Lilien, Orchideen und Chrysanthemen. Sie wurde dann in einer feierlichen Prozession in die Kirche getragen. Viele Besucher hatten Blumen mitgebracht und sie in Richtung des Wagens geworfen. Viele Besucher weinten, so dass der Wagen eine Spur aus Blumen und Tränen hinter sich ließ.

In Wirklichkeit war die Urne leer. Beas sterbliche Überreste waren zwar am Vortag in Berlin heimlich verbrannt worden. Dort wurde auch die Urne mit ihrer Asche gut gesichert aufbewahrt. Sie würde später im “Zentrum” hinter Glas ausgestellt werden, bevor sie dann auf Beas persönlichen Wunsch auf dem Friedhof in Berlin-Schöneberg in eine Gruft überstellt werden würde. Die Gruft war bisher allerdings nur geplant, und der Bau würde sich noch einige Wochen oder Monate hinziehen. Das würde noch einmal eine letzte große Trauerfeier geben, mit tausenden von Besuchern.

Kehren wir nach Dresden zurück. Leons Tochter Chénoa Maria sorgt wirklich für einen friedlichen Ablauf, und sie hat die Macht, dies auch durchzusetzen. Sie schickt in diesen Stunden unsichtbare Energiewellen in die Mikrophone, die sich schon vor den eigentlichen Festreden mit der Musik über die Lautsprecher verteilen. Sie hat sich Verstärkung mitgebracht. Ihre Tochter Clarissa und ihre Nichte Solveig, die irgendwo da draußen in der Menschenmenge stehen, verbunden mit einem Mikrophon. Auch sie schicken ihre Energiewellen in den Äther. Für den, der diese Energie sehen kann, wie Leon oder sein Sohn Nakoma, ist das wie ein Sturm, der sich über ganz Dresden legt und sich in den Köpfen der Menschen festsetzt. Er hinterlässt in den Herzen der Menschen einen tiefen Frieden. Niemand hätte die Kraft gehabt, sich über diese Macht der Energie hinwegzusetzen, um die friedliche Trauerfeier von Bea zu stören.

Diese Energie von Chénoa Maria, Clarissa und Solveig gehört zu den Geheimnissen des Familienclans. Diese Energie ist da, aber man redet nicht öffentlich darüber. Sie ist eine der Ursachen, warum sich der Familienclan in den letzten 70 Jahren in den Machtzentren der Welt festsetzen konnte, wie eine Zecke. Die Sicherheitsbeamten dienen nur dazu, den Mächtigen der Welt das Gefühl von Schutz zu vermitteln, das zu den üblichen Szenarien gehört, wenn wichtige Politiker auf Reisen sind. Sie sind für die Öffentlichkeit ein Zeichen von der Präsenz der Schutzmacht, die sich in unmittelbarer Nähe der Kirche allerdings friedlich, würdig angezogen, gut sichtbar, aber auch entschlossen präsentiert, dem feierlichen Rahmen entsprechend. Das Innenministerium hat allerdings vorgesorgt. Gut trainierte Beamte in voller Montur und bewaffnet mit Schnellfeuerwaffen stehen in Nebenstraßen bereit, um notfalls einzugreifen. Bei hohen Staatsbesuchen ist das üblich.

Leon ist nun schon ein alter Mann von 78 Jahren. Er kümmert sich um diese Dinge heute nicht. Er trauert wirklich, denn diese Freundschaft mit Bea hatte ein Leben lang bestanden. Sie hatten ihren Weg miteinander geteilt, und sie hatten so unendlich viel miteinander in Gang gebracht.

Es gibt ein geflügeltes Wort: wenn ein Mensch stirbt - so sagt man - tritt das Leben aus ihm heraus. Leon muss unwillkürlich lächeln. Das Leben tritt aus dem Körper heraus… übrig bleibt eine leere Hülle aus Zellen und Wasser, und das Leben? Wohin ist es hin gegangen? Leon kann mit Beas Seele reden. Bea kann ihm zuhören und sie kann seine Fragen beantworten. Ihre Seele ist dageblieben. Wenn Leon nach Bea sucht, und das hat er in den letzten Tagen ein paar Mal gemacht, findet er diese Seele, aber sie lebt nicht nur in ihm, sondern auch in der Erinnerung von vielen Millionen anderen Menschen fort, und sie bleibt für die Menschen noch lange sichtbar, die Bea besonders nahegestanden haben.

Während die Smartphones im Innern der Kuppelkirche verboten sind, um die Feier nicht zu stören, ist das draußen auf den Plätzen rund um die Frauenkirche ganz anders, obwohl die Veranstalter um Mäßigung gebeten haben.

Da klingeln Telefone, da werden Selfies und Filmaufnahmen gemacht, und da wird rege telefoniert, gesimst und getwittert.

Natürlich gibt es mehrere Fernsehteams, welche Bilder der Trauerfeier in die Welt liefern, auf dem Platz und in der Kirche, aber es gibt Tausende von Besuchern, die es sich nicht nehmen lassen, ihre eigenen Bilder zu machen.

In jeder Versammlung gibt es Neugierige und Schaulustige. So lästig das manchmal ist, so werden die Bilder der Veranstaltung noch einmal tausendfach verstärkt in die Welt verschickt, während die Feier noch in Gange ist. Über Facebook. Über Youtube. Über viele Kanäle von Social Media, und auch über die Seiten von Zeitungen, die ihre Nachrichten schon längst bevorzugt über ihre eigenen Online-Präsenzen verschicken. Über allem schwebt die Musik der Berliner Synfoniker, und webt die Besucher ein.

 

Auch Solveig und Clarissa, die mitten in der Menschenmenge stehen, die sehen und hören, was um sie herum geschieht. Sie beginnen ihre unsichtbaren Energiestrahlen zu verändern. Immer mehr Menschen schalten ihre Smartphones jetzt stumm, oder sogar ganz ab, und gegen Ende der Veranstaltung sieht man niemanden mehr telefonieren. Nur die professionellen Fotografen und die Filmteams des Fernsehens machen noch ihre Bilder, wie immer bei solchen Ereignissen.