Loe raamatut: «Wirtschaftsgeographie», lehekülg 13

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4.3.2Ländliche Räume

Ländlicher Raum ist ein Begriff, der aus dem Dualismus Stadt versus Land hervorgegangen ist. In dualistischer Sichtweise wurden Städte traditionell als Industrie- und Dienstleistungsstandorte mit hoher Verdichtung, als kulturell geprägte Raumeinheiten sowie als Gebiete mit neuen Gesellschaftsstrukturen und sich verändernden Werten angesehen. Demgegenüber galt das Land als gering verdichtet, agrarisch geprägt, durch natürliche Bedingungen bestimmt und mit traditionellen Strukturen und Werten in Form einer spezifischen ländlichen Lebensweise geprägt (Henkel 1993). Als mögliche Nachteile von Verdichtungen in den 1970er- und 1980er-Jahren erkannt wurden, richtete sich das Augenmerk stärker auf Räume außerhalb von Verdichtungen. Hierbei wurde der ländliche Raum als Restkategorie erfasst und entsprechend abgegrenzt: so etwa als strukturschwach ländlich geprägt und mit Ausgleichs- und Erholungsfunktionen besetzt (Herdzona 1995; Maier und Weber 1995).

Die in der Raumordnung verwendete Unterscheidung zwischen Verdichtungsräumen und ländlichen Räumen schafft allerdings einen künstlichen Dualismus und ist höchst problematisch. So ist der ländliche Raum traditioneller Prägung heute kaum noch existent, jedenfalls nicht in flächenhafter Form. Der historische Stadt-Land-Gegensatz ist weitgehend überholt. In heutiger Zeit findet man außerhalb der Städte verbreitet städtische Lebensformen, zugleich aber innerhalb der Städte ländliche Lebensweisen. So haben sich in einzelnen Stadtteilen großer Städte teilweise ländlich-dörfliche sozio-kulturelle Milieus erhalten. In jedem Fall ist es fragwürdig, ländlich mit strukturschwach oder gar zurückgeblieben gleichzusetzen (z. B. Zakrzewski 1998) und städtisch automatisch mit strukturstark. Wenn man schon von derartigen Resträumen spricht, wäre es besser in differenzierter Weise ländliche Räume am Rande von Verdichtungsräumen mit hoher Dynamik, ländliche Räume mit noch ungenutzten Entwicklungspotenzialen und strukturschwache ländliche Räume mit Abwanderungstendenzen von Bevölkerung und Wirtschaftsaktivitäten zu unterscheiden (Maier und Weber 1995).

Die hier dargelegten Argumente zeigen, dass wirtschaftliche Aktivitäten nicht gleichmäßig im Raum verteilt sind, sondern dass Produktionsprozesse unterschiedlich organisiert sind und dass diese Organisationsstruktur räumlich variiert. Aufgrund dessen entstehen räumliche Industrieballungen und Industriespezialisierungen. Aus ökonomischer Sicht würde man von räumlichen Ungleichgewichten sprechen. Dabei stellt sich die Frage, ob räumliche Ungleichgewichte normal sind und langfristig erhalten bleiben, oder ob es Tendenzen gibt, die derartige Ungleichgewichte fördern oder ihnen entgegenwirken. Hierbei ist es wichtig, geeignete Maßzahlen und Methoden zur Messung räumlicher Verteilungen zu verwenden.

4.4Möglichkeiten und Grenzen der Messung räumlicher Verteilungen

Nachdem die Bedeutung räumlicher Disparitäten diskutiert worden ist, sollen nachfolgend in knapper Form Methoden dargestellt werden, die es ermöglichen, Art und Ausmaß räumlicher Ungleichheiten empirisch zu ermitteln. Hierzu ist es zunächst einmal notwendig, die Struktur räumlicher Verteilungen möglichst exakt zu messen, um Ungleichheiten und damit Disparitäten überhaupt identifizieren zu können. Dies geschieht mit Hilfe von Parametern der Strukturanalyse. Darauf aufbauend lassen sich Methoden der Wachstumsanalyse einsetzen, um Hinweise über Veränderungen von Standortverteilungen zu erlangen. Ausgangspunkt der folgenden methodischen Diskussionen sind regional und sektoral differenzierte Beschäftigtenzahlen aller Regionen eines Gesamtraums (z. B. einer Volkswirtschaft). Anhand dieser Daten sollen räumliche Verteilungen gemessen und Disparitäten aufgedeckt werden. Ausgehend von n Regionen (i = 1, . . ., n) und m Sektoren (j = 1, . . ., m) wird dabei folgende Notation verwendet:

Beschäftigte in Region i und Sektor j:

Beschäftigte aller Sektoren

in Region i:

Beschäftigte des Sektors j

im Gesamtraum:

Beschäftigte aller Sektoren

im Gesamtraum:

4.4.1Parameter der regionalen Strukturanalyse

Um eine räumliche Verteilung zu beschreiben, könnte man zunächst die Beschäftigtenzahlen eines Sektors in allen Teilregionen des Gesamtraums miteinander vergleichen, um festzustellen, wo dieser Sektor die größten räumlichen Konzentrationen aufweist. Diese Vorgehensweise ist aber insofern problematisch, als Absolutzahlen zu dem Ergebnis führen würden, dass große Regionen, wie z. B. städtische Agglomerationen, in praktisch allen Sektoren die größte Konzentration aufweisen und Regionen außerhalb der Metropolen fast überall nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das liegt daran, dass Absolutzahlen keinen Rückschluss darauf zulassen, wo relative Ballungen und Spezialisierungen bestehen. Die Größe einer Region bleibt dabei unberücksichtigt.

Um räumliche Disparitäten zu messen, kann man alternativ Maße der deskriptiven Statistik wie etwa absolute und relative Streuungsmaße oder Konzentrationsmaße verwenden (Bahrenberg et al. 1990, Kap. 4.2). Darauf soll im Folgenden aber nicht weiter eingegangen werden. Vielmehr sollen einige andere Parameter vorgestellt werden, die speziell auf räumliche Verteilungen anwendbar sind (Isard 1960, Kap. 5 und 7; Müller 1976, Teil B; Schickhoff 1983, Teil II; Schätzl 1994, Kap. 3.1.2).

Lokalisations- bzw. Standortquotient (LQij). Der Standortquotient vergleicht den Anteil eines Sektors j in einer Region i mit dem Anteil, den dieser Sektor im Gesamtraum hat. Sein Zahlenwert ist größer oder gleich Null.


Der Standortquotient liefert einen Wert größer Eins, wenn der Beschäftigtenanteil von Sektor j in Region i größer ist als sein Beschäftigtenanteil im Gesamtraum. Umgekehrtes gilt für einen Wert kleiner Eins. Je größer ein gemessener Standortquotient ist, desto stärker ist die Konzentration des betreffenden Sektors in der untersuchten Region gemessen an der Größe der Region. Absolute Größeneffekte werden hierbei also ausgeblendet.

Koeffizient der Lokalisierung (KLj). Der Koeffizient der Lokalisierung ist ein Maß für die räumliche Konzentrationstendenz eines Sektors j im Gesamtraum.


Er misst für jede Region i die Differenz zwischen dem Beschäftigtenanteil der Region in Sektor j und dem Gesamtbeschäftigtenanteil dieser Region und addiert die Differenzen über alle Regionen hinweg auf. Der Zahlenwert des Koeffizienten kann zwischen Null und einem Wert nahe Eins liegen. Beträgt der Koeffizient der Lokalisierung Null, so ist Sektor j gleichmäßig über alle Regionen des Gesamtraums verteilt. Liegt der Zahlenwert nahe an Eins, so ist Sektor j fast oder vollständig in nur einer einzigen Region des Gesamtraums konzentriert. Der Koeffizient der Lokalisierung wertet die Standortquotienten eines Sektors über alle Teilräume hinweg aus und stellt somit ein zusammenfassendes Maß für die räumliche Verteilungsstruktur eines Sektors dar. In abgewandelter Form kann der Koeffizient der Lokalisierung auch als räumlicher Verknüpfungskoeffizient (Koeffizient der geographischen Assoziation) berechnet werden, um die gemeinsame Konzentration zweier Sektoren in den Regionen des Gesamtraums zu messen.

Koeffizient der Spezialisierung (KSi). Der Koeffizient der Spezialisierung ist ein Parameter, der Aufschluss darüber gibt, wie stark die sektorale Wirtschaftsstruktur einer Region i im Vergleich zum Gesamtraum spezialisiert ist.


Der Koeffizient der Spezialisierung wertet die Standortquotienten einer Region über alle Sektoren hinweg aus. Er kann zwischen Null und einem Wert nahe Eins liegen. Falls der Koeffizient der Spezialisierung den Wert Null erreicht, ist die sektorale Wirtschaftsstruktur einer Region identisch mit der des Gesamtraums. Liegt er nahe Eins, so ist die Region nahezu oder ganz auf einen einzigen Sektor spezialisiert. Während der Koeffizient der Lokalisierung ein Maß für die räumliche Verteilung eines Sektors im Gesamtraum ist, bezieht sich der Koeffizient der Spezialisierung auf die sektorale Struktur innerhalb einer Region und vergleicht diese mit dem Gesamtraum.

Kritik. Als Kritik an den dargestellten Parametern der Strukturanalyse lässt sich insbesondere anfügen, dass die Ergebniswerte stark vom gewählten räumlichen und sektoralen Aggregationsniveau abhängen. Dadurch können bei der Interpretation und beim Vergleich von Koeffizientenwerten erhebliche Probleme entstehen. So werden bei einer hohen räumlichen oder sektoralen Aggregation Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen unterbewertet, weil die den Berechnungen zugrunde liegenden Einheiten bereits in sich sehr heterogen sind. Diese Problematik wird deutlich am Beispiel der Messung des Standortquotienten von Beratungsunternehmen in Deutschland (→ Abb. 4.6, links). Während die Darstellung auf Ebene der Bundesländer suggeriert, dass ein Großteil der alten Bundesländer von einer hohen Konzentration von Beratungsunternehmen geprägt ist, gestattet die Darstellung auf der Ebene der Kreise eine andere Interpretation (→ Abb. 4.7). Hier tritt deutlich das Standortmuster der urbanen Ballungsräume hervor, innerhalb derer die Konzentration der Beratungsunternehmen besonders ausgeprägt ist. Eine weitere Detaillierung der räumlichen Betrachtung auf Ebene der Gemeinden (→ Abb. 4.8) zeigt am Beispiel der Metropolregion Rhein-Main, dass die relative Konzentration der Unternehmensberatung auch interkommunal sehr stark variiert und aufgrund geringer gesamtwirtschaftlicher Aktivitäten in Randgemeinden die größten relativen Konzentrationswerte erreicht (Glückler 2004 b). Bei einer zu geringen räumlichen bzw. sektoralen Aggregation besteht letztlich die Gefahr, räumliche Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen überzubewerten. Ein damit zusammenhängendes Problem besteht darin, dass Daten zum Teil nicht in der für eine konkrete Analyse benötigten regionalen und sektoralen Gliederungstiefe vorhanden sind und man deshalb auf ein anderes Aggregationsniveau ausweichen muss. Dieses Problem tritt auch bei den nachfolgend skizzierten Methoden der regionalen Wachstumsanalyse auf. Schließlich demonstriert der Vergleich der Standortquotienten in Abbildung 4.6 (links und rechts), dass auch scheinbar geringe Variationen in der Wahl der Indikatoren (Anzahl der Unternehmen versus Umsatz der Unternehmen) zu deutlichen Variationen in der räumlichen Verteilungsanalyse führen können. Insofern ist die Validität der den Indikatoren zugrunde liegenden Konzepte von besonderer Wichtigkeit für eine aussagekräftige Analyse.


Abb. 4.6 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in Deutschland auf Länderebene, NUTS 1 (nach Glückler 2004 b)


Abb. 4.7 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in Deutschland auf Kreisebene, NUTS 3 (nach Glückler 2004 b)


Abb. 4.8 Standortquotient der räumlichen Verteilung von Beratungsunternehmen in der Metropolregion Rhein-Main auf Gemeindeebene, NUTS 4 (nach Glückler 2004 b)

4.4.2Methoden der regionalen Wachstumsanalyse

Die vorgestellten Parameter der Strukturanalyse sind zwar in der Lage, räumliche Disparitäten zu erfassen und zu beschreiben, sie sagen aber nichts über die Dynamik der räumlichen Konzentrationen und Spezialisierungen aus. Einen ersten Anhaltspunkt über Entwicklungstendenzen von Standortverteilungen erhält man, indem man die Koeffizienten der Lokalisierung und Spezialisierung zu verschiedenen Zeitpunkten berechnet und miteinander vergleicht.

Die im Folgenden in Anlehnung an Müller (1976) dargestellten Methoden der relativen Wachstums- und der shift-Analyse geben lediglich einen ersten Einblick in das reichhaltige methodische Analysespektrum. Sie gehen von einer regional und sektoral disaggregierten Wirtschaftsstruktur aus und vergleichen die Entwicklung von Standortverteilungen zwischen zwei Zeitpunkten 0 und t.

Relative Wachstumsanalyse. In der relativen Wachstumsanalyse wird die Veränderung der Sektorstruktur einer Region zwischen den Zeitpunkten 0 und t den entsprechenden Veränderungen im Gesamtraum gegenübergestellt. Zu diesem Zweck wird ein relatives Wachstumsdiagramm gezeichnet (→ Abb. 4.9), auf dessen Ordinate das Wachstum der Region und auf dessen Abszisse das Wachstum des Gesamtraums dargestellt wird (Isard 1960, Kap. 7; Müller 1976, Teil B). In dem Diagramm wird jeder Sektor j durch einen Punkt repräsentiert, dessen Lage sich aufgrund des Wachstums des Sektors in Region und Gesamtraum ergibt. Als Referenzpunkt ist der Schnittpunkt B aus dem durchschnittlichen Wachstum der Region und dem Durchschnittswachstum des Gesamtraums für die Interpretation des Diagramms von Bedeutung.


Abb. 4.9 Relatives Wachstum in räumlicher Perspektive (nach Müller 1976, S. 57)

Durch den Bezugspunkt B lassen sich vier Quadranten unterscheiden. Jeder Sektor, der im I. Quadranten liegt, ist dadurch gekennzeichnet, dass sein Wachstum sowohl innerhalb der Region als auch im Gesamtraum überdurchschnittlich verläuft. Der III. Quadrant enthält Sektoren, die in der Region wie auch im Gesamtraum unterdurchschnittlich gewachsen sind. Besonders interessant als Ausgangspunkt für wirtschaftsgeographische Fragestellungen sind die Quadranten II und IV, weil hier die Wachstumsdynamiken in Region und Gesamtraum differieren. Ein Sektor im II. Quadranten ist dadurch gekennzeichnet, dass er im Gesamtraum unterdurchschnittlich, in der Region aber überdurchschnittlich wächst. Sektoren in Quadrant IV sind entsprechend durch unterdurchschnittliches Wachstum in der Region und überdurchschnittliches Wachstum im Gesamtraum gekennzeichnet. Eine daraus abgeleitete wirtschaftsgeographische Untersuchung könnte beispielsweise der Frage nachgehen, welche Prozesse dazu führen, dass ein Sektor in einer bestimmten Region schneller oder langsamer wächst als im Gesamtraum, um Schlussfolgerungen für eine verbesserte Förderpolitik zu ziehen.

Shift-Analyse. Die shift- bzw. shift-share-Analyse geht über die relative Wachstumsanalyse insofern hinaus, als sie versucht, die regional-sektoralen Wachstumsmuster innerhalb des Gesamtraums zu identifizieren und erste Anhaltspunkte zu ihrer Erklärung zu liefern (Lauschmann 1976, III. Teil). Hierbei wird ein systematischer Vergleich der Entwicklung der Produktionsstruktur zwischen den Regionen und dem Gesamtraum durchgeführt. So untersuchte z. B. Zelinsky (1958) in einer Studie über die Regionen der USA, wie sich die regionalen Verteilungen von Bevölkerung, Nettoproduktionswert und Beschäftigung verändert haben. Hierbei unterschied er zwischen tatsächlichen und fiktiven Größen, die sich ergeben hätten, wenn regionale Anteile unverändert geblieben wären. Die Berechnung fiktiver Größen ist allen Methoden der shift-Analyse gemeinsam. Dunn (1960) hat den Ansatz der shift-Analyse weiter ausgefeilt und eine sektorale Differenzierung in die Analyse eingeführt. Er berechnete zunächst einen Gesamteffekt TNS (total net shift) für eine einzelne Region, der die Differenz angibt zwischen der tatsächlichen und der erwarteten Beschäftigtenzahl, die resultiert hätte, wenn die Zahl der Beschäftigten im nationalen Durchschnitt gestiegen wäre. Davon ausgehend wird der Gesamteffekt in der shift-Analyse in zwei Teileffekte aufgesplittet: Der Struktureffekt NPS (net proportionality shift) misst den Teil des Gesamteffekts einer Region, der auf deren vom Gesamtraum abweichende Sektorstruktur zurückzuführen ist. Der Standorteffekt NDS (net differential shift) ist demgegenüber Ausdruck der regionalen Besonderheiten, die dazu geführt haben, dass die Sektoren einer Region schneller oder langsamer als im Gesamtraum gewachsen sind (Lauschmann 1976, III. Teil; Schätzl 1994, Kap. 3.1.2; Güssefeldt 1999, Kap. I).

(1) Gesamteffekt einer Region (TNSi). Bei der Ermittlung des Gesamteffekts wird zunächst die hypothetische Beschäftigtenzahl der Region i zum Zeitpunkt t ermittelt, die sich ergeben hätte, wenn die Region mit der Wachstumsrate des Gesamtraums gewachsen wäre.


Welches der übergeordnete Gesamtraum ist, hängt dabei von der Fragestellung ab. Häufig ist bei Regionen mittlerer Größe, wie z. B. Kreisen oder Arbeitsmarktregionen, die gesamte Volkswirtschaft der Bezugsraum. Ein Gesamteffekt (in absoluten Beschäftigten) größer Null bedeutet, dass die betreffende Region im Beobachtungszeitraum insgesamt schneller gewachsen ist als der Gesamtraum. Das Umgekehrte gilt bei einem Gesamteffekt kleiner Null.

(2) Standorteffekt einer Region (NDSi). Bei der Ermittlung des Standorteffekts wird zunächst eine hypothetische Beschäftigtenzahl für die Region i ermittelt, die sich zum Zeitpunkt t ergeben hätte, wenn jeder Sektor j mit der betreffenden Wachstumsrate im Gesamtraum gewachsen wäre.


Der Standorteffekt ergibt sich dann als Differenz zwischen der tatsächlichen Beschäftigtenzahl zum Zeitpunkt t und der hypothetischen.


Ein Standorteffekt größer (kleiner) Null bedeutet, dass der Beschäftigtenzuwachs in der Region größer (kleiner) war als der, der sich ergeben hätte, wenn alle Sektoren gleich schnell wie im Gesamtraum gewachsen wären. Dies wird auf nicht näher bestimmte Standortvorteile (-nachteile) zurückgeführt.

(3) Struktureffekt einer Region (NPSi). Bei der Berechnung des Struktureffekts einer Region wird zunächst ermittelt, welche Sektoren im Gesamtraum überdurchschnittlich und welche unterdurchschnittlich gewachsen sind. Hierzu werden die sektoralen Wachstumsfaktoren des Bezugsraums mit dem Gesamtwachstumsfaktor des Bezugsraums verglichen.


Anschließend werden die positiven und negativen Wachstumsabweichungen mit der Beschäftigtenanzahl der entsprechenden Sektoren in der Region zum Zeitpunkt 0 multipliziert und zu einem Regionswert über alle Sektoren aufaddiert.


Falls eine Region dieselbe Sektorstruktur wie der Gesamtraum besitzt, würden sich positive und negative Abweichungen genau zu Null aufaddieren. Wenn hingegen in einer Region wachsende Sektoren überrepräsentiert sind, werden positive Wachstumsdifferenzen höher gewichtet und es resultiert ein Struktureffekt größer Null. Umgekehrtes gilt, wenn schrumpfende Sektoren überrepräsentiert sind.

In dem dargestellten Differenzenverfahren der shift-Analyse errechnet sich der regionale Gesamteffekt additiv aus den beiden Einzeleffekten. In einer konkreten Untersuchung genügt es deshalb, den Gesamteffekt und den Standorteffekt direkt zu berechnen und den Struktureffekt als Differenz der beiden zu bestimmen.


Ein zu diesem Differenzenverfahren alternatives multiplikatives Verfahren basiert auf einer ähnlichen Aufspaltung und Argumentation (Gerfin 1964).

Kritik an der shift-Analyse. Wie schon bei den Parametern der Strukturanalyse sind auch die Ergebnisse der shift-Analyse extrem abhängig von der gewählten regionalen und sektoralen Untergliederung. Je nach Aggregationsniveau kann die shift-Analyse ihr Ziel leicht verfehlen (Lauschmann 1976, III. Teil; Schätzl 1994, Kap. 3.1.2). Bei der shift-Analyse ist zudem das Zeitintervall der Untersuchung von großer Bedeutung und muss sorgfältig ausgewählt werden. Ein Vergleich von shift-Analysen aus unterschiedlichen Untersuchungen und verschiedenen Zeitintervallen ist äußerst problematisch und kann zu fehlerhaften Schlussfolgerungen führen. Ferner ist die Prognosequalität der shift-Analyse grundsätzlich infrage zu stellen. Letztlich ist die shift-Analyse nur eine Methode, um Strukturen und Strukturveränderungen zu beschreiben. Eine wirkliche Erklärung der dahinterstehenden Ursachen muss jedoch durch eine weiterführende Analyse erfolgen.