Raamatu kestus 90 lehekülge
Raamatust
Daisy Miller von Henry James ist ein feinfühliger Roman, der das Aufeinanderprallen zweier Kulturen – der amerikanischen Unbekümmertheit und der europäischen Förmlichkeit – im späten 19. Jahrhundert meisterhaft darstellt. Im Mittelpunkt steht die junge, lebensfrohe Amerikanerin Daisy Miller, die mit ihrer Familie auf Reisen durch Europa ist. Durch ihr offenes Wesen, ihre Spontaneität und ihren unkonventionellen Umgang mit gesellschaftlichen Regeln gerät sie rasch ins Zentrum der Aufmerksamkeit – und der Kritik. Besonders ihre Bekanntschaft mit dem zurückhaltenden Landsmann Frederick Winterbourne, einem in Genf lebenden Amerikaner, bildet das emotionale und moralische Spannungsfeld der Erzählung.
Der Text ist bemerkenswert für seine psychologische Tiefe und stilistische Eleganz. Henry James gelingt es, mit feinem Gespür die Nuancen gesellschaftlicher Codes, Vorurteile und individueller Wahrnehmung auszuleuchten. Daisy Miller ist dabei nicht nur ein Porträt einer jungen Frau, sondern auch ein kritischer Spiegel der transatlantischen Gesellschaft seiner Zeit. Der Roman war für seine Zeit revolutionär, da er weibliche Unabhängigkeit und soziale Konventionen mit ungewohnter Direktheit thematisiert. Sein Erscheinen löste eine intensive Debatte aus und begründete James' Ruf als scharfsinniger Beobachter. Bis heute gilt das Werk als Meilenstein der modernen Literatur, das Fragen nach Identität, Freiheit und gesellschaftlicher Erwartung hochaktuell bleiben lässt.