Keine Keyboarderin zum Küssen

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Keine Keyboarderin zum Küssen
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Katinka Uhlenbrock

Lilly An Parker

Jennifer Schreiner

(K)eine Keyboarderin zum Küssen

Eine Office-Escort-Novelle


www.Elysion-Books.com

Lilly An Parker

ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die sich bisher hauptsächlich im Liebesromanbereich einen (anderen) Namen gemacht hat. Neben Wollmäusen und Staubratten züchtet sie seltene Pflanzen wie die Wolllustlilie oder die Aphrodisiaka.

2010 »Heiß«

2011 »Office Escort – Das Sekretärinnenspiel«

2014 »Merry XXX-Mas – Der Weihnachtsdeal« (»Office Escort«-Reihe) und »Office Escort – Schlagzart« (im Buch »Lila – der letzte Versuch«).

2016 sind die Office-Escort-Novellen »Schlagfertig« (im Buch mit »Singapore Nights«) und »Ein Escort zu Weihnachten« erschienen.

Jennifer Schreiner

gründete Elysion-Books 2010 und betreut dort zurzeit 40 Autoren, 85 fertiggestellte Projekte und die Planung für die kommenden drei Jahre.

Die Romane »Zwillingsblut« und »Honigblut« sind in überarbeiteter Auflage dort erschienen, ebenso der Abschluss der Vampirtrilogie »Venusblut«.

Weiter sind von ihr erhältlich: »Satanskuss« (Erotic Fantasy) und »ErosÄrger« (Urban Fantasy). Sie schreibt an den Serien »Office Escort« und »Catch and Kiss« mit.

2016 ist im Pro-Talk-Verlag ihr erster Chick-lit erschienen: »Ich bin dann mal ganz anders«.

Für 2017 ist ein erotischer Roman »Fick mich – wenn du kannst« bei Elysion-Books geplant.

Katinka Uhlenbrock

Jahrgang 1990, studierte Katinka Uhlenbrock Anglistik und vergleichende Religionswissenschaften in den USA, wo sie seit ihrem 20ten Lebensjahr lebt. Nach einigen englischsprachigen Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften erschien 2014 ihr erstes Buch »Männerbacken« bei Elysion-Books.

2017 werden »Mehr Lust auf Höhepunkte« und »Porn Noir« erscheinen.

Die drei Autorinnen gestalten neben der Office-Escort-Reihe auch die »Catch & Kiss«-Serie, in der sie die unterschiedlichen Varianten von »der Widerspenstigen Zähmung« aufwerfen. Diese Zähmungen variieren von hart zu zart und sind nur bedingt politisch und moralisch korrekt; -)

Katinka Uhlenbrock

Lilly An Parker

Jennifer Schreiner

(K)eine Keyboarderin
zum Küssen

– eine Office-Escort-Novelle –


www.Elysion-Books.com

ELYSION-BOOKS

1. Auflage: April 2017

VOLLSTÄNDIGE AUSGABE

ORIGINALAUSGABE

© 2017 BY ELYSION BOOKS GMBH, LEIPZIG

ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

www.dreamaddiction.de FOTO: © Bigstockphoto/chaoss © Bigstockphoto/coka © Bigstockphoto/Photocreo Michael Bednarek LAYOUT & WERKSATZ: Hanspeter Ludwig www.imaginary-world.de LEKTORAT: Inka-Gabriela Schmidt www.inwisch.de

ISBN Ebook 978-3-960000518

www.Elysion-Books.com


Inhalt

Office-Escort-Vorwort

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Epilog


Office-Escort-Vorwort

Ich muss mich bei Elysion-Books bedanken, dass mein Escort-Service in diesem tollen Verlag ein Zuhause bekommen hat.

Als ich anfing, eine SM-Begleitagentur zu entwerfen, die sich auf Business-Service spezialisiert hat, war der Office-Escort ein Novum. Nicht nur auf dem deutschsprachigen Markt, sondern auch weltweit. Generell als Begleitagentur, aber erst recht als eine Agentur für dominante Damen, die sich Männern widmet, die alles haben und mit Geld kaufen können.

Der Slogan ist so einfach wie simpel: Grenzenlose Erregung, unvorstellbare Gier, sich immer weiter steigerndes Verlangen. Es ist ein Spiel um Dominanz, Lust und Leidenschaft für diejenigen, die ansonsten alles haben oder haben können: unmoralisch, sexy, der ultimative Kick. Aber wie lange will Mann widerstehen?

Inzwischen ist die Agentur ein wenig flexibler geworden, die Escorts bedienen auch Frauen und die Angestellten sind in allen Spielarten des BDSM bewandert, so dass für wirklich jeden Geschmack etwas dabei ist.

Ich wünsche Euch viel Spaß mit diesem Buch und auch den anderen Texten aus meinem Escort-Service,

Eure Lilly An

Buch

»Office-Escort: Das Sekretärinnenspiel«, 2011

geplant:

»Office-Escort: Strictly Business«, 2017

»Office-Escort: Business as usual«, 2017

»Office-Escort: Die Chefsache«, 2018

»Office-Escort: n.n.« im Match-Books-Verlag, 2018

Novelle

»Office-Escort Novelle: Merry X-Mas«, 2014

»Office-Escort Novelle: SchlagZart«, 2015

»Office-Escort Novelle: SchlagFertig«, 2016 / Ein Rockstar zum Küssen

»Office-Escort Novelle: Ein Escort zu Weihnachten«, 2016

»Office-Escort Novelle: Schlagfest/(K)ein Rockstar zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: Schlaglustig/(K)ein Drummer zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (Un)Schlagbar/(K)ein Anwalt zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)eine Keyboarderin zum Küssen«, 2017

geplant:

»Office-Escort Novelle: (K)ein Hollywoodstar zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Filmstar zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Künstler zum Küssen«, 2017

»Office-Escort Novelle: (K)ein Gitarrist zum Küssen«, 2017


Prolog

Es war ein tiefsitzender Instinkt, der mich immer wieder über die Schulter blicken ließ, ein drängendes Gefühl, irgendetwas würde nicht stimmen, sich stetig und zielgerichtet näher an mich heranpirschen. Wie ein Jäger, der sich an seine Beute heranschlich, bis er sich sicher war, sie könne nicht mehr entwischen und zum letzten Sprung ansetzte, um sie zu reißen und sich einzuverleiben.

Unwillkürlich beschleunigte ich meine Schritte noch ein wenig mehr und versuchte doch gleichzeitig gegen die aufsteigende Panik in meinem Inneren anzukämpfen. Ich war diesen Weg im Laufe der letzten Jahre unzählige Male gegangen, zu jeder Tages- oder Nachtzeit und wenn man irgendwo sicher war, dann hier. Es war schließlich nur ein winzig kleiner Streifen aus Gras und Bäumen mit einem übersichtlichen Spielplatz in der Mitte. Vor und hinter mir konnte ich die Autos hören, die selbst jetzt, kurz nach Mitternacht, in der Stadt unterwegs waren. Normalerweise hätte mir das Geräusch, das dauerhafte Lärmkaleidoskop ein Gefühl der Sicherheit vermittelt – heute blieb es aus, blieb zweifelhaft und untermalte nur noch deutlicher das Geräusch, das mein laut schlagendes Herz in meinen Ohren erzeugte.

Niemand konnte sich unbemerkt an mich heranschleichen, dachte ich und blickte mich ein weiteres Mal um, entdeckte aber nur die vertrauten Umrisse der Bäume, des Abfalleimers und der Parkbank. Erleichtert atmete ich auf, nur um im selben Moment von hinten gepackt und zu Boden geschleudert zu werden. Dort, wo eben noch eine leere Grasfläche gewesen war, war wie aus dem Nichts ein Angreifer aufgetaucht. Dunkel gekleidet wie die Nacht und wie ich beim kampfbereiten Herumfahren bemerkte – gesichtslos. Seine Züge blieben verborgen hinter der Finsternis, die ihn so endgültig verhüllte, dass es beinahe ebenso unheimlich war, wie seine Attacke.

Und trotzdem kannte ich ihn, wusste wer er war, denn er besuchte mich in fast jeder Nacht, in nahezu jedem Traum, drängte sich mir auf, drängte sich in mich hinein und hinterließ mich so befriedigt, dass ich mich nach dem Erwachen förmlich nach ihm verzehrte – nach mehr.

 

Aber noch war ich nicht erwacht, noch befand ich mich in einem Fantasiegespinst und in akuter Gefahr. Zumindest war es das, was mir das Adrenalin in meinen Adern suggerierte und mich dementsprechend handeln ließ. Wütend und verwirrt trat ich nach dem Angreifer und versuchte auf dem Rücken nach hinten zu rutschen, um den Abstand zwischen uns zu vergrößern und aufstehen zu können. Er war schneller, fing meinen Fuß ein, mit dem ich zum Tritt ausgeholt hatte und ging gleichzeitig auf die Knie, um auch das zweite Bein festzuhalten. Das zufriedene Grinsen auf seinem Gesicht konnte ich spüren, obwohl ich es natürlich nicht sehen konnte. Nur den Schatten, den die dunkle Kapuze warf, den sah ich nahezu überdeutlich, konnte ein Antlitz erahnen, dem Anblick aber nicht wirklich habhaft werden.

Eine Hand legte sich an meinen Hals, drückte mich nach unten, drückte fest genug zu, um mich zu fixieren und jede weitere Gegenwehr im Keim zu ersticken. Trotzdem versuchte ich ihn fortzuschieben, seine andere Hand mit meinen zu umschließen, aber er war stärker, der Druck an meinem Hals beinahe unerträglich. Ich konnte spüren, wie mir schwindelig wurde, während ich um Luft rang und mein Widerstand erlahmte. Am Rande meines schwindenden Bewusstseins bekam ich mit, dass mein Kleid mit einem Ruck aufgerissen wurde, die Knöpfe sprangen ab und die durch den aufklaffenden Stoff eindringende Luft ließ eine Gänsehaut über meinen entblößten Körper laufen. Der Griff um meinen Hals lockerte sich ein wenig, die Hand, die eben noch fast tödlich gewesen war, lag nun beinahe sanft auf mir. Ich wusste, die Ablenkung verdankte ich meinem Aussehen, dem Anblick, den ich ihm bot. Dem Mann, der mich Nacht für Nacht heimsuchte, wie ein böses Versprechen auf vollständige Lusterfüllung.

Auch jetzt war seine Berührung fast liebevoll, einnehmend und besitzergreifend, aber eher wie etwas, was ihm rechtmäßig zustand und was er nur zu gerne zelebrierte – gerne noch länger zelebrieren würde, es aber in Anbetracht der Umstände nicht tat.

Als lese er meine Gedanken, wandte er sich einmal zu den vorbeifahrenden Autos auf den naheliegenden Straßen um, deren Lärm laut in mein Bewusstsein drang. Nah und unendlich fern, wie eine verlockende Rettung, die nur knapp außerhalb meiner Reichweite lag. Fast so in der Nähe wie das Versprechen auf Erfüllung, das plötzlich von den Fingerspitzen ausging, die über meine nackte Haut glitten, unter den Stoff meines BHs strichen und meine Brustwarzen neckten, zwirbelnd, drückend und ziehend. Ich stöhnte leise auf und verfluchte mich selbst für diesen einladenden, zustimmenden Laut, konnte aber fühlen, wie auch der Rest meiner Libido reagierte. Die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen konnte ich nicht leugnen, war genau das geile Stück, für was mich der Mann gehalten haben musste, wollte ihn, wollte ihn auf mir, in mir und wollte es genauso, wie er gewillt war, es mir zu geben.

Wieder stöhnte ich, als er sich vorbeugte und seinen Mund auf meinen Nippel presste, das empfindliche Stück einsaugte und mit Zungenschlägen verwöhnte und gleichzeitig seine freie Hand zwischen meine Beine gleiten ließ, unter meinen Slip. Wie von selbst fanden seine Finger meine Öffnung, verteilten die Feuchtigkeit und drangen in die warme Hitze. Sein Daumen umspielte meine Klit, während sich mein Becken ohne mein Zutun hob und ihn förmlich einlud, seine Erforschung zu vertiefen. Eine Einladung, die ich nicht laut aussprechen musste, die er verstand und einen Finger in mich stieß.

Ein weiteres Stöhnen fing er mit seinem Mund ein, seine Zunge war in mir, bevor ich mich eines Besseren besinnen konnte, nahm mich in Besitz, so wie es seine Finger taten, sie reizte mich, lud mich zu einem Spiel ein, das ich nicht kontrollieren konnte oder wollte und aktivierte einen Urtrieb in meinem Inneren, der doch längst schon von der Zivilisation, der Moral oder dem Anstand unter Kontrolle gehalten werden sollte.

Als er endlich in mich eindrang und mich sein Schwanz vollständig ausfüllte, so sehr, dass es trotz des Vorspiels und meiner Feuchtigkeit beinahe schmerzhaft war, war ich erleichtert – und wie von Sinnen. Jeder Anstand war vergessen, lag irgendwo zwischen zerfetzten Regeln und zerbrochenen ethischen Gesetzen und ich bestand nur noch aus dem Wunsch zu kommen, mir zu nehmen, was mir zustand: den Moment der vollkommenen Erfüllung.

Wie von Sinnen bewegte ich mich unter dem Mann, der doch mich besitzen wollte, sich nehmen wollte, was er nie erfragt hatte – und doch war nun er derjenige, der mehr gab, als er nahm und ich war nicht gewillt, aufzuhören, ihn entkommen zu lassen, kam und erhob mich auf den Wellen der Lust, höher und höher stieg ich in den Himmel, zerfunkelte in tausend Farben, verglühte um ihn herum, in einer vielköpfigen Explosion und zerstob in allen Richtungen.

Schlagartig setzte ich mich auf, die Bettdecke fest an meine schweißnasse Brust gepresst, die Arme schützend vor meinem Oberkörper gekreuzt. Mein Atem ging hektisch und immer noch konnte ich das Blut in meinen Adern rauschen hören, berauscht, berauschend.

Obwohl ich sofort wusste, dass es wieder nur ein Traum gewesen war, sah ich mich in meinem Schlafzimmer um. Meine gemischten Gefühle aufgrund der vorhandenen absoluten Männerfreiheit schob ich auf das Adrenalin, das immer noch durch meine Blutbahn zirkulierte und meine Erregung, die trotz des Traumorgasmus nicht nachgelassen hatte.

Verdammt! Ich warf einen Blick auf die Uhr und entschied mich dafür aufzustehen. Vier Stunden Schlaf. Schon wieder.

Mit einer inneren Leere, die erst am nächsten Abend durch die Vorfreude auf das Einschlafen gefüllt werden würde, tappte ich in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine ein. Inzwischen war ich dauerspitz und fühlte mich wie eine läufige Hündin. Außerdem ließ sich diese Form der Geilheit längst nicht mehr durch meine zahlreichen One-Night-Stands befriedigen. Wenn nicht bald ein Wunder geschah, würde ich noch den nächsten Journalisten anspringen und flachlegen, der mir eine Frage zu meinem Liebesleben stellte – oder es mir gleich live auf der Bühne besorgen.


Kapitel 1

Vorsichtig und zögerlich klopfte ich an die weiße, unscheinbare Tür und kam mir trotzdem wie ein Störenfried vor. Am liebsten hätte ich auf dem Absatz kehrt gemacht und wäre denselben Weg wieder nach unten gegangen, den ich eben noch in die andere Richtung gegangen war. Ich musste wirklich verrückt sein, herzukommen!

»Herein!« Die Stimme hinter dem Holz klang vertraut und natürlich wusste ich, dass mir die Frau nicht gleich den Kopf abreißen würde, nichtsdestotrotz nahm das unwirkliche Gefühl in meinem Inneren weiter zu, wurde drängender, fast bezwingend.

Gerade als ich die Hand nach der Tür ausstreckte, wurde diese aufgerissen, so heftig, dass ich zusammenzuckte. Fast genauso schnell wurde ich in das Büro gezogen und saß, bevor ich mich von meiner Überraschung erholen konnte, auf dem Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand.

»Entschuldige, den … heftigen Empfang«, meinte Joanna und setzte sich mir gegenüber an ihren Tisch und beäugte mich neugierig. Da ich keine Anstalten machte, zu reden – dazu war ich noch nicht in der Lage – fügte sie hinzu: »Ich hatte nach dem Telefonat den Eindruck, du bräuchtest noch ein wenig Unterstützung.«

»Ja, danke!« Ich sah mich nervös um, aber auch dieser Raum war harmlos und ganz normal eingerichtet. Ein Büro eben, ohne Hinweis darauf, dass ich mich in den Sündenpfuhl herabgelassen hatte.

»Wir sind uns schon einmal begegnet«, meinte Joanna, um das Eis zu brechen. Ich tat ihr den Gefallen und sah sie an, überlegte, ob sie die Wahrheit sagte, musste aber schließlich den Kopf schütteln. »Ich erinnere mich nicht.«

»Auf der letzten Release-Party von ‚Bad, Bed, Music‘«, erklärte mir die Chefin des Office-Escorts ohne jeden Tadel in der Stimme. Dabei war ich mir sicher, dass die attraktive Blondine normalerweise keinerlei Probleme hatte, im Gedächtnis der Leute zu bleiben. »Ich war in Begleitung von Trish und Ava dort.«

Ich biss mir auf die Unterlippe, aber so langsam wusste ich wirklich, wer sie war – und auch die Erwähnung der beiden Frauen, die seit kurzem den Leadsänger unserer Band und den Drummer glücklich machten, ergab auf einmal einen Sinn.

»Sind Trish und Ava …?«, begann ich, traute mich aber nicht, die Frage zu Ende zu stellen.

»Bezahlte Begleiterinnen?«, vervollständigte Joanna für mich. »Eine Frage, die du besser den beiden stellst, oder Alex und Jacob.«

Ich nickte. Alex und Jacob. Die beiden konnten wirklich was erleben! Schließlich hatten mich deren Empfehlungen hierher geführt. Wieder sah ich mich um. »Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich hier mache«, gab ich schließlich zu. Hauptsächlich, weil Joanna keine Anstalten machte, das Schweigen abermals zu unterbrechen. Unsicher trommelte ich auf der Stuhllehne und versuchte meine Gedanken zu sammeln.

»Alex hat mir von einer Fantasie erzählt, die er schon immer in die Tat hatte umsetzen wollen«, murmelte ich endlich, wagte es aber nicht, die Blondine anzusehen. »Er meinte, ihr hättet ihm geholfen.«

»Die Jagd?«, erkundigte sich Joanna. Ihre Stimme war wertfrei und sie wirkte nicht halb so pikiert, wie ich mich fühlte. Offensichtlich war sie wirklich einiges an erotischen Wunschvorstellungen gewohnt. Ich sah auf und traf auf einen Blick, der mich voll ehrlichem Interesse musterte.

»Ich weiß, dass ihr eigentlich ein reiner SM-Begleitservice seid, der sich hauptsächlich auf Office- oder sonstige Job-Spiele fokussiert«, erklärte ich. Inzwischen konnte ich die Beschreibung auf der Webseite und die Regeln beinahe auswendig, hatte sie verinnerlicht, wie ein gutes Mantra. »Aber als mir Alex von der Jagd erzählt hat, wusste ich, dass ihr vielleicht die einzigen seid, die mich nicht auslachen.«

Joanna nickte. »Die Jagd war spannend.«

Ich konnte spüren, wie ein kurzes Lächeln meine Lippen umspielte. »Spannend« klang fast wie die Untertreibung des Jahrhunderts. Vor allem, wenn ich davon ausging, dass Alex dort Trish kennengelernt hatte. Die Frau, die er schon direkt im Anschluss an das erotische Spiel als »die Liebe seines Lebens« bezeichnete.

Bei der Vorstellung auf so ein sinnlich-romantisches Zusammentreffen entrang sich mir ein leises Seufzen. Und das, obwohl ich zurzeit schon froh gewesen wäre, das ständig präsente Prickeln meiner Libido loszuwerden. Die ständige Geilheit.

»Also gehe ich davon aus, dass deine Fantasie nicht in einem geschlossenen Büro stattfindet und auch nichts mit SM zu tun hat?«, erkundigte sich Joanna und legte ihre Hände zusammen. Eine Geste, die nachdenklich wirkte.

»Nein.« Ich schluckte und wünschte mir zum hundertsten Mal in dieser Woche, die Wunschvorstellung einfach abschütteln zu können. »Zumindest glaube ich das nicht.«

»Die Jagd war sehr aufregend, hat mir persönlich gut gefallen«, urteilte Joanna. »Die meisten Menschen haben sexuelle Fantasien und die meisten kann man überraschend einfach umsetzen – sobald man von ihnen weiß.« Sie zwinkerte mir zu, so als wären wir Verbündete auf derselben Seite. Konnten wir aber nur werden, wenn ihre Vorstellungskraft der meinen ebenbürtig war.

»Aber meine Fantasien sind noch finsterer als die von Alex«, gab ich zerknirscht zu. Dann sprudelten die Worte, die ich mir vorher so sorgsam zurecht gelegt hatte aus mir heraus, als hätten sie nur auf jemanden gewartet, der zuhörte. Ich erzählte von dem Traum, der mich in der letzten Nacht heimgesucht hatte und noch von einigen anderen zuvor, ohne auch nur ein einziges, schmutziges Detail auszulassen.

»Du hast Recht, man könnte es als SM-Spiele bezeichnen. Rollenspiele, die immer ein Dominanzgefälle haben und die viel mit Unterwerfung und inszenierter Vergewaltigung zu tun haben.« Die Blondine nickte andächtig. »Aber eigentlich sind wir keine Wunscherfüller in dieser Richtung.«

»Mir ist klar, dass die Umsetzung meiner Träume heikel ist und die Realität anders aussieht.«

»Besonders, weil der Grad zwischen strafbarer Handlung und genau das, was der Kunde will, wirklich hauchdünn ist«, erklärte die Chefin des Escort-Service. »Es hat auch etwas von einem Tunnelspiel.«

»Man kann nicht mehr zurück, wenn man die Grenze überschritten und das Spiel begonnen hat?« Jetzt war ich diejenige, die zustimmend nickte.

 

»Hast du dir das wirklich gut überlegt? Was, wenn du erst hinterher den Absturz hast und dich fragst, wie zum Teufel du solche Sachen in dieser Situation genießen konntest?«

Ich schwieg und suchte nach einer Erklärung, die nicht nur mich überzeugte. Schließlich meinte ich: »Ich habe diese Träume seit Jahren, aber seit einem Monat sind sie unerträglich, sie verfolgen mich, sie nutzen jede Unachtsamkeit, um sich in mein Leben zu stehlen, inzwischen sogar jede freie Minute. Ich bin fast so weit, jeden Mann anzuspringen, der sich mir zur Verfügung stellt, aber es nutzt nichts. Ich kann diese Fantasien nicht mehr verdrängen und will wissen, wie es sich anfühlt, überwältigt zu werden, hilflos zu sein, ausgeliefert. Kein Mitspracherecht mehr zu besitzen und vom Willen anderer abhängig zu sein.« Wieder trommelten meine Finger wie von selbst auf der Armlehne. »Es ist kein harter Sex, nach dem ich verlange, es ist unkontrollierbarer Sex. Zumindest für mich unkontrollierbar.«

Joanna nickte stumm, aber ihr Blick ließ mich immer noch nicht frei. Deswegen fuhr ich fort: »Ich will mich nicht hingeben … ich will dazu gezwungen werden, mich hinzugeben. Ich will all diese Dinge in die Tat umsetzen – umsetzen lassen. Aber ich bin nicht dumm und ich hätte gerne ein Sicherungsseil, ein Safeword.«

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