Renko

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Steffen

Er schrie aus Leibeskräften, wimmerte und wand sich. Es war eine gute Entscheidung von ihm gewesen, dass Kai auch die Füße fixierte. Ich mochte mir nicht vorstellen, was für Horrorschmerzen er da durchlitt.

Sein Gesicht war tränenüberströmt, sein kompletter Körper mit Schweiß bedeckt, was mit Sicherheit in den Wunden brannte. Der Schmerz an seinem Schwanz übertönte aber vermutlich alles. Unsere Hände umklammerte er, obwohl die letzte Schraube endlich raus und der Käfig entfernt war. Er hatte sie uns fast zerquetscht, aber im Vergleich zu den Schmerzen, die er erlebte, war das wohl harmlos. Weder Kai noch ich hatten was dazu gesagt oder unternommen.

»Den Schritt hast du hinter dir«, sagte Leon und zog damit Renkos Aufmerksamkeit auf sich. »Ehrlich gesagt, würde ich dir gern ein Schmerzmittel verabreichen, bevor ich weitermache.«

»Nein!«, wehrte er sofort ab, wie er es die ganze Zeit schon tat, seitdem Leon ihm das zum ersten Mal vorgeschlagen hatte.

»Ich muss einige Wunden aber ausspülen, weil sich dort schon Eiter bildet«, erklärte Leon ernst.

»Ich will aber keine Schmerzmittel!«, regte er sich auf.

»Renko, sei doch vernünftig«, versuchte Leon es auf eine andere Weise.

»Nein! Keine Schmerzmittel!«, schrie der ihm daraufhin regelrecht entgegen.

»Stopp!«, beschloss Kai, was Renko zusammenfahren ließ. »Du machst eine Spritze Schmerzmittel fertig«, erlaubte er Leon, »und du wirst es hinnehmen«, entschied er gegenüber Renko.

Als der zu einer Erwiderung ansetzte, reichte nur ein Dom-Blick von Kai, um ihn davon abzuhalten. Dass er diese Karte ausspielte, wirkte auf den ersten Blick falsch. Renko hatte schon so viele Schmerzen durch das Entfernen des Käfigs erleiden müssen, dass sein Körper sicher total überfordert gewesen wäre, hätte er jetzt den Rest auch noch ohne Schmerzmittel zu ertragen versucht. Er war schließlich kein Masochist.

Bevor Leon die Spritze ansetzte, löste Kai den Gurt und die Manschetten, sodass Renko komplett befreit war.

Die Spritze war drin. Renko muckte gar nicht mehr auf. Kais Worte schienen ihn wieder in die Spur gebracht zu haben, sodass er damit zurechtkam.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis er wegdämmerte.

»So, das hätten wir schon mal. Ich hätte es auch nicht mit mir selbst vereinbaren können, ihn ohne Schmerzmittel weiter zu behandeln. Dafür ist sein Körper zu malträtiert«, sagte Leon, während er alle Utensilien aus seiner Tasche holte, die er brauchen würde. »In einer Klinik hätte man ihn dafür vielleicht sogar in Narkose gelegt.«

»Hm. Ich würde ja zu gerne wissen, wer ihm das angetan hat«, gab Kai betroffen zu.

»Ich habe da schon so eine Vermutung«, murmelte ich leise, sodass nur er mich hörte und nicht Leon, der wieder in seiner Tasche kramte.

Mit den Lippen formte ich das Wort ›später‹, als Kai mich fragend ansah. Er nickte kaum merklich, dann konzentrierten wir uns wieder auf Leon, der mit der Wundversorgung begann.

Er war erst zwei Stunden später fertig, sodass ich Renko nach oben tragen konnte.

Einige heftige Wunden hatte er mit Pflaster abgeklebt. Das betraf drei Stellen auf dem Rücken, eine am Schulterblatt und zwei auf seiner Brust. Der Rest war nur gereinigt und mit Salbe eingeschmiert worden. Die Wunden an den Fußsohlen waren auch heftig, aber dort bekam man kein Pflaster zum Halten, deswegen musste Salbe ausreichen.

Ich legte Renko in mein Bett und ging wieder nach vorne zur Haustür, um Leon zu verabschieden.

»Denkt daran, dass er so wenig wie möglich läuft. Am besten nur zur Toilette und zurück.«

»Was denkst du, wie lange das sein sollte?«

»Ich würde ja sagen, bis die Wunden an den Füßen verschwunden sind, aber das hält er sicher nicht durch. Einfach so lange wie möglich.«

»Okay. Und danke, echt. Ich hätte niemals gedacht, dass es ihm so schlecht geht. Stell dir vor: Er hat vorhin noch ganz normal mit uns trainiert«, sprach ich.

»Ja. Man hat echt nichts gemerkt. Erst durch Bens Aktion, die eigentlich nur als Spaß gedacht war. Der Arme! Hoffentlich hat Mirco ihn beruhigen können. Der hat sich mächtig Vorwürfe gemacht«, sagte Kai.

Leon winkte ab. »Mirco schafft es, ihn zu beruhigen, macht euch da mal keinen Kopf. Achtet lieber gut auf Renko. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das so spurlos an ihm vorbeigeht.«

Ich seufzte. »Morgen wird er sich übelst schämen. Wir kennen uns ja eigentlich gar nicht richtig. Nur durch die Befragung von Ben, wenn man so will.«

»Ich schätze, jetzt kennt ihr so ziemlich alles, was ihn betrifft. Ungewollt. Passt einfach auf, dass er nicht abstürzt.«

»Werden wir«, versprach Kai. Wir wechselten einen tiefen Blick, der mir einen Schauer über den Körper laufen ließ.

»Gut. Meldet euch, wenn was sein sollte, wenn eine Wunde wieder aufplatzt oder so. Ansonsten schaue ich übermorgen automatisch vorbei. So lange solltet ihr ihn auf jeden Fall nicht allein lassen. Bis dann.«

Er hob nochmal grüßend die Hand und verschwand. Wir winkten ihm nach. Ich schloss die Haustür und lehnte mich mit einem tiefen Seufzer von innen dagegen. Kai stand ein paar Schritte vor mir und betrachtete mich genau.

»Alles ein bisschen viel, hm?« Er traf den Nagel auf den Kopf.

»Hm.«, stimmte ich zu und schloss erschöpft die Augen.

Ich hörte seine Schritte und spürte seine Hand an meiner Schulter. »Wir werden das schon schaffen mit dem Kleinen.«

Ich gluckste, trotz allem. »Kleiner? Eben hast du ihn noch Großer genannt.«

Ich öffnete die Augen und sah ihn an. Kai schmunzelte. »Ist doch egal. Wir schaffen das trotzdem.«

»Hm.«

»Komm mal her.«

Noch ehe ich reagieren konnte, zog er mich von der Tür weg und umschloss mich mit seinen Armen. Fest drückte er mich an sich und mein Körper entspannte sich sofort. Es tat gut, lockerzulassen.

»Wir sollten ins Schlafzimmer gehen, damit er nicht allein ist, wenn er aufwacht«, beschloss Kai nach einem langen Moment und löste sich von mir. Ich nickte und gemeinsam gingen wir rüber.

Aus Mangel an Sitzmöglichkeiten zog Kai sich seine Schuhe aus und setzte sich neben den schlafenden Renko aufs Bett. Das Mittel, welches Leon ihm gespritzt hatte, hatte ihn komplett ausgeknockt. Seitdem schlief er. Was auch wichtig für ihn war, davon war ich überzeugt.

Das leise Klopfen von Kais Hand auf das Bettlaken ließ mich meine Gedanken unterbrechen. Ich stand noch am Fußende des Bettes und sah zu ihm rüber.

»Komm her zu mir, hier ist noch Platz«, schlug er vor.

Eigentlich kuschelten wir nur, wenn es sich nach einem Spiel mit einem gemeinsamen Sub anbot. Und auch dann nur so lange, bis besagter Sub wieder munter war und sich unsere Wege trennten. Das hier war anders. Renko war ein Sub. Aber nicht unser Sub. Für den Moment war es mir jedoch egal, denn ich kam Kais Einladung gern nach. Zudem es sowieso mein Bett war, in dem die beiden Männer sich befanden. Ich setzte mich neben ihn, woraufhin er mich an sich zog, bis mein Kopf an seiner Schulter ruhte. Er brauchte das scheinbar ebenso wie ich. Es fühlte sich aber auch richtig an. Komplett.

Renko

Ich erwachte aus einem komischen Schlaf und brauchte einen Moment, um mir bewusst zu werden, was alles passiert war. An den Raum, in dem ich mich befand, konnte ich mich nicht erinnern. Ich hatte ein Spielzimmer in Erinnerung. Als ich mich nach rechts drehte, entdeckte ich Kai und Steffen, die ebenfalls im Bett waren. Beide lehnten am Kopfende. Steffen war offenbar an Kais Schulter eingenickt. Kai sah aus dem Fenster, aber irgendwie registrierte er wohl, dass ich wach war, denn plötzlich drehte er den Kopf zu mir.

»Na? Wie fühlst du dich?«

»Ich ...«, setzte ich an, führte den Satz aber nicht zu Ende.

Mir war mit einem Mal alles so peinlich. Außerdem tauchte Olaf in meinen Gedanken auf. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was der mit mir tun würde, wenn er mich das nächste Mal zu packen bekam. Mir lief es eiskalt den Rücken runter.

»Hey, ruhig«, hörte ich Kai wieder und spürte kurz darauf seine Hand auf meinem Kopf, wo er sachte durch meine Haare streichelte.

Seine Berührung holte mich schnell in die Gegenwart zurück, ließ den Gedanken an Olaf verschwinden. Unsicher sah ich zu ihm auf.

»Mir ist das alles so unangenehm«, stammelte ich.

»Muss es nicht. Wirklich nicht«, sagte Kai und schaute mich mit warmem Blick an.

Steffen wurde ebenfalls langsam wach. Er blinzelte und sah zu Kai auf. »Ach, verdammt, da bin ich wohl eingeschlafen.«

Er rappelte sich etwas auf, sodass sein Kopf nicht mehr an Kais Schulter ruhte. Sein Blick wanderte zu mir.

»Wie geht’s dir?«, fragte auch er.

»Es tut mir leid«, entwich es mir.

»Dir muss nichts leidtun«, entgegnete Steffen.

»Um dich mal aufzuklären«, berichtete Kai, »Leon hat alle Stellen gesäubert und mit Salbe versehen. Die schlimmsten Striemen sind mit Pflaster abgeklebt, nur deine Fußsohlen nicht, weil da die Pflaster nicht gut halten. Er hat dir absolutes Laufverbot erteilt, es sei denn, du musst auf Toilette.«

»Laufverbot?«, hakte ich irritiert nach.

»Ja, damit deine Fußsohlen abheilen können.«

»Gut, heute kann ich mich noch ausruhen, aber morgen muss ich wieder auf die Arbeit.«

»Du kannst so doch nicht arbeiten!«, wandte Steffen ein.

»Doch. Ich muss. Ich habe heute schon gefehlt.«

»Was du musst, ist, dich ausruhen«, erwiderte Steffen.

»Das geht schon.«

»Du solltest das nicht so auf die leichte Schulter nehmen.«

 

»Lass das mal meine Sorge sein!«, rebellierte ich, da ich mich in die Ecke gedrängt fühlte.

Da war Steffen, der wollte, dass ich mich ausruhte, Kai, der vermutlich das Gleiche wollte, und Olaf, bei dem ich wusste, dass es fatal wäre, wenn ich nicht zur Arbeit ging. Das Theater, was er veranstalten würde, wollte ich nicht erleben.

»Schluss!«, ging Kai dazwischen und brachte uns beide zum Schweigen.

Er sah mich streng an. »Du bleibst. Bis übermorgen, wenn Leon deine Wunden nochmal kontrollieren kommt.«

»Nein!«, hielt ich stur dagegen, auch wenn es mir bei seinem Blick schwerfiel.

Er hob eine Augenbraue. »Das war keine Frage, sondern eine Ansage. Das diskutiere ich nicht.«

»Ich diskutiere da auch nicht! Ich werde gleich nach Hause gehen und damit hat sich das! Eure Hilfe in allen Ehren, aber ich krieg das auch allein hin!«

»Verdammt. Du wirst hierbleiben und dich erholen«, versuchte er weiter, mir vorzuschreiben, was ich zu tun und zu lassen hatte.

»Nein! Du bist nicht mein Dom!«, schrie ich ihn an.

»Aber immerhin hast du erkannt, dass ich einer bin«, gab er trocken zurück, was mir bewusst machte, was ich da gerade gesagt hatte.

Steffen stöhnte. »Leute, wir drehen uns im Kreis. Wie wäre es, wenn wir erst mal aufstehen und etwas essen? Na gut, Renko, du stehst noch nicht auf, dich trage ich.«

»Ich kann auch aufstehen, so schlimm ist es nicht«, beharrte ich weiterhin.

Steffen verdrehte die Augen. »Schön. Ich trage dich trotzdem. Falls du es noch nicht gemerkt hast: Ich bin auch ein Dom. Also versuch gar nicht erst, gegen uns anzukommen, das schaffst du nämlich nicht.«

Er zwinkerte und stand aus dem Bett auf. Ich schnaubte.

»Und ich kann es gerne tausend Mal wiederholen: Du bist nicht mein Dom. Genauso wenig wie Kai.«

»Und wir drehen uns immer noch im Kreis, also beende ich das jetzt ein für alle Mal. Wir wechseln in die Küche. Steffen, du trägst ihn, und dann kümmere ich mich ums Essen, während du uns aufklärst, was da bei dir alles gewesen ist.«

Mit den Worten stand er auf und ging, barfuß wie er war, aus dem Schlafzimmer.

»Du hast es gehört. Hier, zieh die Jogginghose an, die dürfte dir passen, obwohl du schmaler bist als ich«, sagte Steffen und reichte sie mir rüber.

Da wurde mir erst bewusst, dass ich nackt unter der Decke lag.

»Wo sind meine Sachen?«

»Unten. Die müssen erst gewaschen werden.«

»Hm«, brummte ich unzufrieden, zog aber die Jogginghose an.

Es war komisch, keine Unterhose darunter zu tragen, aber da mein Schwanz immer noch vor Schmerz pochte, war das wohl eine kluge Entscheidung.

»Bist du so weit? Halt dich fest«, fragte Steffen und hob mich, zum wiederholten Mal, auf seine starken Arme.

In der Küche sah ich das erste Mal auf die Uhr und stellte schockiert fest, dass es bereits kurz nach dreiundzwanzig Uhr war. Steffen folgte meinem Blick, da er mir am Tisch gegenübersaß und mich ansah.

»Ja, das wird eine kurze Nacht werden«, befand er.

»Ihr könnt ausschlafen. Ich werde morgen als Einziger von uns auf die Dienststelle fahren«, teilte Kai vom Herd aus mit, wo er Rührei mit Speck zubereitete.

Steffen runzelte die Stirn.

»Ich will aber keinen Urlaubstag vergeuden.«

»Was ist mit Überstunden? Da haben wir genug von«, antwortete Kai.

»Hm. Eben. Du kannst auch hierbleiben.«

»Nein. Einer muss Thorsten informieren.«

Ich keuchte auf, woraufhin Kai sich zum Tisch umdrehte.

»Worüber informieren?«, fragte ich ihn leise.

»Darüber, dass du diese Woche nicht mehr arbeiten wirst. Ich kenne deinen Schichtleiter nicht, aber Thorsten ist unserer, und der kann das ja weitergeben.«

Innerlich atmete ich auf.

»Zu dem Thema, woher deine Verletzungen stammen, kommen wir gleich. Erst essen wir«, stellte Kai mir allerdings in Aussicht, was mich direkt wieder unruhiger werden ließ.

Aber ich durfte es ihnen nicht zeigen. Es wäre ganz schlecht, wenn sie herausbekämen, dass Olaf, mein Teampartner, der Verursacher war.

Die Zeit des Essens ging leider für mein Gefühl viel zu schnell rum. Kai hatte gerade den Tisch abgeräumt, als er sich auch schon mir gegenüber hinsetzte, statt wie beim Essen, links über Eck von mir. Jetzt saßen sie mir beide gegenüber. Und sie sahen mich beide intensiv an. Das würde eine harte Runde werden.

»Ich frage jetzt mal ganz direkt. Wer hat dir das angetan?«, wollte Kai wissen.

»Ich werde dir darauf nicht antworten«, gab ich zurück.

»Und warum nicht?«

Daraufhin schwieg ich.

»War es in einem Club und du willst nicht, dass der Inhaber jetzt Ärger bekommt?«, fragte Steffen. »Wenn dem so ist, dann sei beruhigt. Dahingehend sind alle Clubinhaber abgesichert. Zur Verantwortung gezogen wird immer nur der Verursacher. Da kann ja kein Clubinhaber was für, wenn einer seiner Gäste Mist verzapft. Deswegen unterschreibt man als Besucher solcher Clubs ja immer so eine nette Klausel.«

»Es war übers Internet«, erzählte ich, nachdem ich sicher war, das meine Maske saß.

»Übers Internet? Ihr habt also geschrieben und dann hast du dich mit ihm getroffen?«, hakte Kai nach.

»Genau.«

»Wie lange geht der Kontakt schon?«

»Schon länger. Erst online, dann persönlich.«

»Seit wann persönlich? Oder eher, wie oft schon?«, fragte er weiter.

»Schon öfters.«

»Und du bist nach der ersten heftigen Nummer nicht skeptisch geworden?«, mischte Steffen sich wieder dazwischen.

»Nein. Es war vorher nie so heftig.«

»Die Wunden an deinen Fußsohlen sind nicht alle so frisch wie die an deinem Rücken.«

Das hatte Kai erkannt? Mist. Nach außen hin behielt ich meine Maske auf.

»Die sind vom gleichen Tag«, behauptete ich.

Jetzt donnerte Kai mit der Faust auf den Tisch, sodass ich tatsächlich zusammenzuckte. Steffen hatte wohl Erfahrung mit Kais Art, denn er hatte sich keinen Millimeter gerührt.

»Ich bin Polizist, verkauf mich nicht für blöd, Renko«, warnte er gefährlich leise.

»Ich verkauf dich nicht für blöd. Im Übrigen bin ich das auch. Polizist.«

»Deswegen ist das hier ja gerade so spannend. Mal sehen, wer den längeren Atem hat«, erwiderte Kai trocken. »Die Wunden an deinen Füßen waren älter als die an deinem Oberkörper.«

»Das mag wohl daran liegen, dass ich auf den Füßen laufe. Sie sind stärker belastet.«

»Aber wie kommt es, dass die weniger schlimmen Stellen an deinen Füßen bereits verheilt waren und am Oberkörper hingegen nicht?«

»Was weiß ich? Vielleicht heilt die Haut an den Füßen besser.«

»Vielleicht, vielleicht«, wiederholte Kai, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Merkst du eigentlich, wie du dich gerade um Kopf und Kragen redest?«

Noch ehe ich darauf etwas Schlagfertiges sagen konnte, sprach Steffen.

»Olaf Häuser.«

Mehr sagte er nicht, aber das brauchte er auch nicht. Meine Maske verschwand nur für eine Sekunde, aber das genügte den beiden. Sie waren nun mal Polizisten und im Verhören genauso gut geschult wie ich. Und ja, ich musste mir eingestehen, dass ich auf der Seite desjenigen, der verhört wurde, nicht das beste Bild abgab. Auf der Seite des Polizisten hatte ich definitiv mehr Übung.

»Jep, du hast recht«, stimmte Kai in Steffens Vermutung mit ein. »Also wohl doch nicht online.«

»Der war von Beginn an mein Verdächtiger, seit ich die Wunden gesehen habe.«

Überrascht sah ich Steffen ins Gesicht. Er erwiderte meinen Blick.

»Du fragst dich, warum? Nun, nenn es siebten Sinn, keine Ahnung. Verhärtet hat sich der Verdacht tatsächlich erst, bei diesem Gespräch. Ich habe dich nämlich nicht das erste Mal vor mir. Das hat mir die Sache ungemein erleichtert. An dem Tag, an dem wir dich zum Mittagessen mitgenommen haben, da kam Olaf zu seinem Schreibtisch, als ich dich gefragt habe, ob du uns begleiten möchtest. Du hast ihm Blicke zugeworfen, von denen ich jetzt weiß, dass es ängstliche waren. Du wusstest, dass er dir das nicht gestatten würde, wenn er dich auf der Dienststelle offen als Sub behandeln könnte. Hab ich recht?«

»Sklave«, korrigierte ich krächzend. Für Olaf hatte ich von Anfang an Sklave sein müssen. Als Sub reichte ich ihm nicht.

»Wie dem auch sei. Eben habe ich gemerkt, dass du uns gegenüber viel lauter bist, mehr in Konfrontation gehst. Das hat dich letztendlich verraten. Vor ihm kuschst du, vor uns nicht.«

»Ich kusche nicht vor ihm.«

»Nein, deswegen hast du ja auch diese Verletzungen«, entgegnete Steffen.

Kai

»Ihr versteht das nicht!«, brauste er plötzlich auf; wahrscheinlich durch Steffens schonungslose Worte verursacht.

»Dann klär uns auf«, forderte ich.

»Was gibt es da aufzuklären?! Ich stehe auf Schmerzen. Er hat es halt diesmal etwas übertrieben, mehr aber auch nicht!«, spie er.

»Du willst also sagen, dass es normalerweise einvernehmlich ist, ihm nur diesmal ein Ausrutscher passiert ist?«, wollte ich es genauer wissen.

»Ja!«

»Ich glaube dir nicht. Vor allem, da du vieles bist, aber sicherlich nicht masochistisch.«

»Warum?! Wenn es doch nun mal so ist!«

»Ich glaube es dir nicht«, sprach ich und beobachtete ihn in Ruhe.

Ich konnte innerlich von drei runterzählen, so stark konnte man ihm die bevorstehende Explosion ansehen. Bei eins sprang er von seinem Stuhl auf. Ich war leicht erstaunt, dass er so gar keinen Schmerz zeigte, obwohl seine Fußsohlen bei der Belastung brennen mussten.

»Wisst ihr was?! Ist mir egal, was ihr denkt! Es ist einvernehmlich! Glaubt das oder lasst es bleiben! Ich gehe jetzt!«

»Du setzt dich wieder!«, donnerte ich mit meiner Dom-Stimme durch die Küche, was ihn in seiner Bewegung einfrieren ließ.

Die Zeit nutzte Steffen, um sich in aller Ruhe in der Küchentür zu positionieren, sodass seine Fluchtmöglichkeit gleich null lag. Es dauerte fünf Sekunden, bis er wieder zum Leben erwachte. Wütend funkelte er mich an.

»Du hast mir nichts zu sagen! Wenn ich gehen will, gehe ich!«, begehrte er erneut auf.

»Renko, wen willst du mit dieser Aktion schützen?«, fragte ich ruhig in seine Wut hinein.

Er funkelte mich weiter an, aber er verriet sich. Mit einem winzigen Zucken der Unterlippe. Ich hatte ins Schwarze getroffen. Das war alles, was ich hatte erreichen wollen. Zu wissen, dass meine Gedanken auf dem richtigen Weg waren. Bevor er etwas sagen oder seine Flucht planen konnte, winkte ich ihn mit einer Hand zu mir.

»Komm mal her«, bat ich ihn mit sanften Worten. Nun war ich wieder komplett ich selbst und nicht der Polizist.

»Nein! Ich …«, stammelte er.

Ich seufzte, stand auf und überbrückte den Abstand zwischen uns und zog ich ihn in meine Arme. Er sträubte sich einen Moment, dann fiel die Anspannung allerdings ab und ich spürte, wie die Schluchzer seinen Körper zum Beben brachten. Mit einer Hand an seinem Hinterkopf drückte ich ihn an mich. Die andere lag vorsichtig auf seinem Rücken, bemüht, keine zusätzlichen Schmerzen auszulösen.

»Ist ja okay. Wir sind jetzt für dich da«, redete ich beruhigend auf ihn ein.

Ich sah zu Steffen, der auch sichtlich erleichtert war, dass der Teil des Gesprächs vorbei war.

»Ihr seid gemein, dass ihr meine Gefühle so aufhetzt«, beschwerte er sich.

Ich lachte leise. »Noch nie was von Verhörtechniken gehört?«

»Doch, klar, aber nicht auf der Seite der Person, die dabei durch die Mangel gedreht wird«, klagte er.

»Du hättest es einfacher haben können. Dir muss doch klar gewesen sein, dass wir nicht lockerlassen.«

»Mhm.«

»Und was den Teil angeht, den du jetzt immer noch nicht verraten hast, lass dir gesagt sein, auch das finden wir noch heraus«, teilte ich ihm offen mit.

»Ich habe nichts …«, setzte er an, aber ich ließ ihn nicht ausreden.

»Doch hast du. Versuch erst gar nicht, aus dem Netz wieder herauszukommen, das klappt nicht.«

Jetzt schwieg er und blieb still in meinen Armen stehen. Er akzeptierte hoffentlich, dass wir ihn nicht in Ruhe ließen.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?