Loe raamatut: «Play with me 9: Ich bin hier!»

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Play with me

Band 9

Ich bin hier!

Julia Will

© 2020 Amrûn Verlag

Jürgen Eglseer, Traunstein

Lektorat: Susanne Pavlovic, Textehexe

Umschlaggestaltung: cover & books Buchcoverdesign

Alle Rechte vorbehalten

ISBN TB – 978-3-95869-1551

Print: Bookpress

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar

v1 20

Mike

Die Polizei erlaubt uns schließlich zu gehen, aber es dauert noch ewig, bis Nick und ich uns endgültig auf den Heimweg machen. Wir haben die Hoffnung, die Sache zwischen Tim und Nick zu klären, wenn erst mal alle Gäste weg sind, aber da ist nichts zu machen. Fiona ist fix und fertig und schlussendlich wirft Tim uns mehr oder weniger raus. Nicht schön.

Jetzt laufen wir schweigend nebeneinander her in Richtung U-Bahn. Es ist schweinekalt. Der Regen, der vor ein paar Minuten eingesetzt hat, macht es nicht gerade besser. Während also meine viel zu dünne Jacke langsam durchweicht, schweifen meine Gedanken immer wieder zu Leon. Ob die Auseinandersetzung mit seinem Vater sehr schlimm war? Kurz bevor wir losgegangen sind, habe ich ihn angeschrieben, aber bisher hat er die Nachricht noch nicht mal gelesen. Ich habe sogar schon kurz darüber nachgedacht zu ihm zu fahren, aber das macht seine Situation vermutlich eher schlimmer als besser.

Doch so beschissen das alles ist, kann ich nicht bereuen, was zwischen Leon und mir passiert ist. Erst dieser unglaubliche Blowjob auf der Treppe und dann der Sex im Büro. Es war einfach der Wahnsinn! Leons vollkommene Hingabe, die Geräusche, die er dabei gemacht hat, dieses tiefe, zufriedene Stöhnen ...

Ich darf nicht zu viel daran denken, sonst werde ich direkt wieder hart. Er ist die Erfüllung meiner sexuellen Phantasien ...? Gut, wir haben im Prinzip nicht viel gemacht und es ist wahrscheinlich dumm, von einmaligem Sex direkt auf alles zu schließen, aber ich glaube, dass da etwas Besonderes zwischen uns ist. Fast wie zwischen Chain und mir, wenn wir unsere Lemons schreiben. Nur, dass es echt ist. Dass ich ihn wirklich sehen, anfassen und vor allem auch riechen und küssen kann. Fuck, Leon riecht echt so gut.

»Alles in Ordnung?«

Ich brauche einen Moment bis ich realisiere, dass ich gemeint bin. Gut, wer auch sonst, außer uns ist um diese Uhrzeit ja keine Sau mehr unterwegs.

»Eh ... Ja, warum?«

»Du hast grade voll komisch das Gesicht verzogen. Wie so ne halb bekiffte Katze, die nicht von ihrer Katzenminze wegkommt.«

»Oh Gott, du bist so blöd!« Leise lachend schüttle ich den Kopf.

»Auch nicht blöder als du.« Wieder wird es still zwischen uns und die bedrückenden Gedanken von vorhin sind wieder da. Vor allem der Streit mit Tim.

»Sag mal ... Meinst du, dass es möglicherweise wirklich Kai gewesen ist, der die Polizei gerufen hat?«

Nick seufzt schwer.

»Ich weiß es nicht. Ich will es nicht glauben. Das wäre selbst für Kai zu extrem, aber komplett ausschließen kann ich es nicht und das frisst mich an. So richtig.« Ich nicke und lehne mich gegen ihn, weil mir inzwischen echt erbärmlich kalt ist, obwohl ich eigentlich eine gute innere Heizung habe.

»Das stimmt. Aber es war auch nicht fair von Tim, dir die Schuld zu geben. Selbst wenn Kai es gewesen sein sollte, bist du dafür nicht verantwortlich.«

»Ich weiß. Den Schuh ziehe ich mir auch nicht an, aber ich wäre selbst von ihm enttäuscht. Und was Tim angeht ... Ich verstehe ihn ja. Die ganze Lage ist richtig beschissen für Fiona, aber ich find´s kacke von ihm, dass er mich mit reinzieht. Am See hat er selbst noch mit Kai getrunken und gefeiert. Ich hab gesagt, dass ich ihn nicht auf der Party haben will.« Er schnaubt wütend, dann wiegt er den Kopf. »Vorrangig, weil ich keinen Bock hatte, dass er wieder Kevin mitschleppt, aber ich wette, Tim hätte kein Problem gehabt, wenn Kai gekommen wäre.« Ich nicke. Die zwei werden wahrscheinlich niemals beste Freunde, aber sie kamen ganz gut miteinander klar.

»Ich glaube, er hat einfach nur Angst um seine Freundin.«

»Ist mir egal. Und hör auf, ihn zu verteidigen. Zu dir war er auch scheiße und man darf einem Freund böse sein, wenn er sich scheiße verhält.«

»Ja, schon, aber ... hm.« Wir erreichen die U-Bahnstation und ich bin heilfroh, dass wir zumindest aus dem Regen raus sind. Die nächste Bahn in meine Richtung kommt laut Anzeige in sieben Minuten.

»Nichts hm. Ihr sollt euch ja nicht auf ewig hassen, aber ihr seid seit hundert Jahren befreundet, und du kannst ja wohl bitte gar nichts für das, was passiert ist.«

Ich nicke langsam, weil ich weiß, dass er eigentlich Recht hat. Aber trotzdem. Es ist Tim. Er hat es bestimmt nicht so gemeint.

»Tut mir leid, dass er dich so angegangen ist.«

»Ey, du musst dich nicht entschuldigen. Auch dafür bist du nicht verantwortlich.«

»Ich weiß.«

»Dann red kein dummes Zeug. Sag mal, kann ich mit zu dir? Daheim fällt mir garantiert die Decke auf den Kopf und dann lieg ich nur ewig wach.«

»Klar, komm.«

Eine Dreiviertelstunde später sind wir endlich bei mir und als ich vor der Tür gerade meinen Schlüssel aus der Hose fische, muss ich niesen. Mir ist so krass kalt …

»Ach fuck. Ich hoffe, ich werde nicht krank.«

»Ich hoff´s auch. Gib her.«

Ich zittere inzwischen so sehr, dass er mir den Schlüssel abnimmt. Er sperrt auf, wir gehen rein und in mein Zimmer. Sofort ziehe ich das nasse Zeug aus und drei trockene Oberteile übereinander an. Fuck, es ist immer noch so kalt! Bibbernd und jammernd krabble ich unter meine Bettdecke und sehe Nick furchtbar leidend an. Es schüttelt mich richtig.

»Kannst du mich liebhaben? Ich erfriere!«

»Ja, warte, lass mich Schlafsachen anziehen!« Er schmunzelt amüsiert und holt sich zielsicher eine weite Jogginghose und ein graues Schlafshirt aus meinem Schrank. Dann legt er sich endlich zu mir. Ich kuschle mich fest in seine Arme, immer noch leicht zitternd, aber langsam geht es wieder.

»Du, sag mal«, fange ich schließlich an und warte, bis er leise brummt. Ich war nicht sicher, ob er vielleicht schon schläft.

»Was denn?«

»Denkst du, Leon ist okay? Ich hab ihm vorhin geschrieben, aber er hat die Nachricht noch nicht mal gelesen.«

»Wegen seinem Dad, meinst du?« Ich nicke.

»Hast du das Gesicht von seinem Dad gesehen? Ich wollte Leon am liebsten festhalten.«

»Shit. Ist es so schlimm bei ihm?«

»Hannah hat hin und wieder mal erwähnt, wie streng und konversativ sein Vater ist.«

»Konservativ.«

»Ist dasselbe«, motze ich und er lacht kurz.

»Meinst du, dass er ihm was tut?«, frage ich leise.

»Glaubst du echt, dass da was passieren könnte?« Er klingt ehrlich schockiert.

»Ich weiß nicht. Ich mach mir halt Sorgen.«

»Hm. Aber was willst du denn machen?«

»Na ja, nichts. Ich kann ja nichts tun.«

»Er wird sich schon melden.«

»Hm.«

Wirklich besser fühle ich mich damit nicht. Aber Fakt ist: Ich kann Leon nicht helfen.

»Mal was anderes. Habt ihr´s jetzt getan? Also wirklich? Oder kam die Polizei euch zuvor?«, fragt er und ich spüre es direkt in meinem Magen kribbeln.

»Nein, wir hatten ...« Eigentlich sollte ich nicht so zufrieden in den Kragen meines Pullis grinsen. Die Lage ist echt beschissen gerade, aber wie könnte ich nicht? Ich meine, der Sex war einfach nur der Oberhammer!

»Uuund?« Nick grinst auch, das höre ich.

»Wahnsinn!«

»Echt? Besser als mit mir?« Bevor ich antworten kann, kichert er los und drückt mich noch etwas fester an sich. »War nur Spaß, wehe, du antwortest da drauf!«

»Du weißt doch gar nicht, was ich sagen will!«

»Trotzdem! Aber du kannst mir sagen, wie geil er war und wie ihr´s gemacht habt.«

»Sehr, sehr, sehr geil und wir waren im Büro von Fionas - oh fuck! Wir konnten nicht saubermachen, weil die Polizei uns quasi direkt eingesackt hat. Shit! Ihr Vater wird nicht glücklich sein. Tim bringt mich um.« Mir wird richtig flau im Magen. Ich muss Fiona morgen unbedingt schreiben und mich entschuldigen! Für den Moment hat sich das mit dem Frieren definitiv erledigt, denn mein Gesicht glüht vor lauter Scham, während Nick amüsiert vor sich hin kichert.

»Ist das dein Ernst? Ihr habt Sauerei gemacht und es einfach so gelassen?«

»Was hatten wir denn für ne Wahl!? Entschuldigung, wir kommen gleich, wir müssen nur schnell noch die Wichse wegwischen?«

»Oh Gott, wie geil!« Es schüttelt ihn richtig vor lauter Lachen und ich muss niesen. Und nochmal. »Gesundheit! Nochmal, dann darfst du dir was wünschen!«

»Geht nicht mehr.« Super. Jetzt läuft mir die Nase.

»Gibst du mir bitte ein Taschentuch?«

»Ja, Sekunde.«

Während Nick in meinem Nachtschränkchen wühlt, ziehe ich den ersten Pullover aus. Anschließend legen wir uns wieder hin, jetzt aber mit etwas Abstand, sodass ich Nick ansehen kann. Er grinst immer noch. Wahrscheinlich wegen der Wichse im Büro von Fionas Vater.

»Hör auf zu grinsen, das ist nicht lustig.«

»Du grinst ja selbst, du Esel. Aber hey, vielleicht kriegt sie´s ja weg, bis ihr Vater wiederkommt.«

»Weil das so viel weniger peinlich ist, wenn Fiona Leons Wichse wegwischen muss ...«

»Oh Mann, wir müssen echt das Thema wechseln, sonst lache ich da die ganze Nacht drüber!«

»Du bist scheiße«, brumme ich, versuche nicht dabei zu lachen, aber das ist gar nicht so einfach. Trotz aller Peinlichkeit.

»Nein, ihr seid scheiße! Das arme Mädchen, ey!«

»Halt die Klappe!«

»Ne, es ist zu lustig! Aber gut ...« Er kichert nochmal kurz, dann hat er sich wieder gefangen und ich muss schon wieder niesen. Mist ...

»Gesundheit. Also ist es jetzt was Ernstes mit Leon und dir?«

»Huh? Warum? Inwiefern, ernst?«

»Na ja ... Das sah schon niedlich aus, wie ihr da Händchen gehalten habt. Ich dachte, dass da vielleicht mehr ist?«

Der zweite Pullover muss weichen. Mir wird langsam echt verdammt warm.

»Öh ... Ich weiß nicht. Darüber haben wir nicht gesprochen. Ich weiß nicht, wie er das sieht.« Warum muss er jetzt damit kommen? Wir haben gevögelt, nicht geheiratet!

»Ja, gut, und was willst du? Du magst ihn doch?«

»Dich mag ich auch. Und wir hatten regelmäßig Sex, und das hat doch auch gereicht.«

Geschlagene drei Sekunden sieht er mich einfach nur an.

»Dein Ernst? Das mit dir und mir, war was komplett anderes. Das sieht ein Blinder mit Krückstock!«

»Was soll man da sehen?«

»Maaann, Mike, jetzt stell dich nicht dümmer als du bist! Man sieht mehr als deutlich, dass ihr voll aufeinander steht! So richtig! Und das seit Monaten! Nur ihr Zwei rafft das irgendwie nicht.«

»Das stimmt doch gar nicht.«

Langsam wird mir richtig heiß. Muss er damit jetzt anfangen? Leon und ich ... Das geht nicht. Das ist total lächerlich.

Also, ja, ich finde ihn wirklich wahnsinnig heiß. Der Sex heute war absolut phänomenal und allein der Gedanke, dass Leon genau das mit jemand anderem tun könnte, macht mich rasend – okay ... okay, ahm ... unter Umständen ... ganz vielleicht ... wäre es eventuell möglich, dass ich tatsächlich auf Leon von Falkenberg stehe. Fuck. Wie konnte das denn passieren?

»Kennst du diesen geschockten Katzensmiley? So siehst du grade aus. Als hätte dir jetzt endgültig jemand deine Katzenminze weggenommen. Manchmal liebe ich dein Gesicht.«

»Halt den Mund. Ich … muss damit jetzt erst mal klarkommen«, stammle ich verwirrt, drehe mich auf den Rücken und starre hoch an die Decke.

»Womit? Dass deine Minze weg ist?«

»Damit, dass ich Leon ne ganze Ecke toller finde als gedacht ...«

***

Am nächsten Morgen habe ich das Gefühl, als würde das Sterben losgehen. Männergrippe. So richtig. Nick lacht mich aus, seit ich die Augen aufgemacht und angefangen habe zu jammern.

Aber fuck, mir geht´s so furchtbar schlecht! Meine Nase ist zu, mein Hals kratzt, ich hab Fieber! Bestimmt! Noch nicht gemessen, aber ich hab unter Garantie welches! Und mir tut alles weh!

»Na komm jetzt, aufstehen! Ich hab Hunger!«

»Du nervst, geh weg! Ich bin krank«, jaule ich gequält und drehe mich auf die Seite, aber der Blödarsch kennt kein Erbarmen. Er packt mich an der Schulter und schüttelt mich.

»Gib mir Esseeen!«

»Mahaaann, Nick! Hab Mitleid!«

»Neeein! Ich muss was essen!«

»Du weißt doch, wo alles ist, hol dir was und bring mir auch was mit!«

»Nö, ich bin Gast! Steh auf jetzt! Wer ficken kann, kann auch Frühstück machen!«

»Ich hasse dich.«

»Macht gar nichts. Auf jetzt.«

Elegant wie ein Walross wälze ich mich zum Bettrand, angle nach der flauschigen Kuscheldecke am Bettende, wickle mich hinein und stehe schwankend auf. Meine Nase läuft. Obwohl sie zu ist und ich keine Luft bekomme. Was für eine Verarsche. Seufzend putze ich sie und schlurfe dann hinter Nick her in die Küche, wo ich auf einen der Küchenstühle falle. Ich will wieder ins Bett.

»Boah, du stellst dich so an. Was willst du haben?«

»Ich will ... Ich ... Ich weiß nicht.« Wieder muss ich die Nase hochziehen, zwei Sekunden später niesen.

»Aufwischen. Also, ich backe mir Brötchen auf. Willst du auch? Gesundheit.«

»Danke. Ja. Zwei Brötchen und ein Ei. Nein, zwei Eier.«

»So krank kannst du nicht sein, wenn du solchen Hunger hast.«

»Niiick, ich sterbeee!« Verzweifelt sinke ich auf den Tisch. Meine Hände hängen dabei rechts und links über die Tischkante. Durch den Mund atmen ist scheiße.

»Ich weiß. Mist, nur noch drei Bötchen - wooaaaah, da sind Croissants!« Triumphierend holt er beides aus dem Eisfach und hält die Tüten hoch.

»Ich will auch Croissants«, hauche ich leidend.

»Dann nur ein Brötchen?«

»Hjaa.«

»Gott, du bist echt schlimm.«

»Männergrippe ist tödlich für Männer!«

»Ich weiß. Armer Kerl.«

»Lach nicht! Hhhtschi! Aua!«

Jetzt hab ich mir den Kopf am Tisch gestoßen.

»Oh Mann!« Er lacht einfach weiter, der gemeine Blödmann! Immerhin macht er Essen.

»Kann ich Kakao haben?«

»Mit Milch oder Wasser?«

»Milch!«, rufe ich entrüstet. Wie kann er nur sowas fragen? Er zuckt nur grinsend die Schultern.

»Ja, keine Ahnung, jeder macht das anders.«

»Kakao mit Wasser ... Bäh.« Ich schüttle mich angewidert und sinke erschöpft zurück auf den Tisch. Mir geht´s so schlecht. Brummelnd bleibe ich einfach so liegen und lausche den Geräuschen, die Nick macht, während er unser Frühstück zubereitet. Er macht das echt gut. Er muss mich nicht mal mehr fragen, was er wo findet, aber er war inzwischen ja auch oft genug hier.

»Du, übrigens, wir haben gestern noch gewichtelt. Während ihr oben wart. Wir waren ja nicht sicher, ob ihr überhaupt nochmal runterkommt. Wobei ich nicht glaube, dass wir die Lose überhaupt noch brauchen, so wie die Lage aktuell aussieht.« Erschrocken zucke ich hoch. Bin ich nochmal eingeschlafen? Was wollte er jetzt? Ach ja, das Wichteln.

»Ich fürchte es auch.« Leon. Sofort breitet sich ein sehr ungutes Gefühl in meiner Magengegend aus.

Vorhin war ich noch zu verschlafen, um aufs Handy zu schauen. Ich mache mir echt Sorgen. Eigentlich blöd, denn was soll sein Vater denn schon tun? Leon ist schließlich erwachsen.

»So, hier, bitte schön.«

Nick schiebt mir einen Teller zu.

Ächzend richte ich mich auf.

»Fuck, ich liebe dich, echt jetzt.« Ich werde zwar nicht mal die Hälfte davon schmecken, aber scheiß doch drauf! Ich weiß, dass es theoretisch geil schmecke würde! Vor allem der Speck, den er noch angebraten hat und den ich echt gern gerochen hätte.

»Ich weiß. Guten Hunger.«

Wieder oben in meinem Zimmer checke ich als erstes mein Handy und das dumpfe Drücken in meinem Bauch wird nicht besser. Leon hat meine Nachricht immer noch nicht gelesen. Gerade will ich mein Handy wieder weglegen, da fällt mir ein, dass ich gestern vollkommen vergessen habe, Chain zu antworten. So lange lasse ich ihn normalerweise nicht warten. Sofort fühle ich mich noch schlechter.

Während Nick im Bad ist, kuschle ich mich zurück ins Bett und öffne den Chat.

›War ziemlich cool, bis die Polizei kam. Lärmbelästigung und Verdacht auf Drogenbesitz und dann haben die auch noch wirklich was gefunden. War weniger geil. Wie war dein Wochenende bisher?‹

Abgeschickt.

Oh, ich habe eine Antwort von Hannah auf meine Sprachnachricht bekommen.

›Hihihi, ich wusste, dass du dich freust! XD Ich saß bestimmt zwei Stunden bei deiner Mum und hab mit ihr Fotos rausgesucht, als du arbeiten warst. Es war sooo lustig! Ich wäre echt zu gern dabei gewesen! XD Wie ist es sonst so?‹ Die Nachricht ist noch von heute Nacht. Gegen halb zwölf. Das müsste gerade die Zeit gewesen sein, in der ich ihren Ex gevögelt habe. Boah, wie das klingt ... Und dabei war es für mich tatsächlich mehr als nur einfach Sex. Mir wird direkt wieder heiß, wenn ich an gestern Nacht denke, und das kommt mit Sicherheit nicht vom Fieber. Ich höre die Badezimmertüre und schreibe schnell eine Antwort.

›War ziemlich geil! Nick hat mir nen Stripper besorgt und Fionas Haus ist echt der Wahnsinn! Bis die Polizei kam, wars echt ein voller Erfolg!‹

»Hat Leon sich gemeldet?«, fragt Nick, als er ins Zimmer kommt und mich am Handy sieht. »Gesundheit.«

»Danke.« Schniefend ziehe ich die Nase hoch und angle nach einem Taschentuch. »Ne, bisher nicht.«

»Hm. Nicht so geil. Aber vielleicht schläft er auch einfach noch? Ist ja erst halb zehn.«

»Wäre möglich. Kann ja nicht jeder so ne Nervensäge haben, die einen Sonntag morgens todkrank aus dem Bett wirft und einen zwingt, Frühstück zu machen.«

»Frühstück zu machen, aha?«

»Ja ... du Unmensch.«

»Ja, ja, ich Unmensch. Rutsch rüber, mir ist kalt. Was machen wir jetzt? Netflix?« Er geht schon rüber zu meinem Schreibtisch, um meinen Laptop zu holen. Ich nicke. Warum auch nicht. Wirklich groß bewegen kann und will ich mich heute nicht.

»Okay. Aber kannst du mir noch Tee machen? Bitte?« Ich gucke lieb und er lacht.

»Du bist echt anstrengend, wenn du krank bist.«

»Ich bin nicht einfach krank. Ich sterbe!«, schmolle ich, nehme ihm den Laptop ab und hätte ihn dann fast vom Bett geworfen, weil ich so heftig niesen muss.

»Gesundheit.«

***

Neun Folgen ›Suits‹ später liegen wir immer noch in meinem Bett. Zwischenzeitlich bin ich nochmal eingeschlafen und habe den Anschluss in der Serie verpasst, aber nach dem Nickerchen ging es mir schon ein bisschen besser.

Leon hat sich den gesamten Tag nicht gemeldet und ich fühle mich von Stunde zu Stunde schlechter. Mir ist schon klar, dass er sich in einer blöden Lage befindet, aber ich hätte trotzdem erwartet, dass er sich meldet, nachdem wir uns gestern so nahe waren. Als ich seine Hand in meiner gehalten habe, da dachte ich schon, dass da irgendwie -

»Ich glaube, deine Eltern sind wieder da.«

»Huh? Echt?«

»Jap. Ich meine, ich habe eben deine Mum lachen gehört.«

»Ah, okay. Mum!«, krächzte ich. Mehr gibt mein Hals gerade nicht her und Nick lacht schon wieder.

»Wow, das hat´s jetzt voll gebracht!«

»Arsch.«

»Ich geh runter und sag Bescheid, dass wir da sind. In ner Stunde oder so hau ich eh ab.«

Als er aus dem Zimmer ist, greife ich nochmal zum Handy. Kein Chain, kein Leon. Und auch kein Tim. Okay, bei dem hatte ich auch nicht erwartet, dass er sich meldet, aber es wäre schön gewesen. Keine Ahnung was ich da unternehmen soll.

»Wo ist mein armes, todkrankes Baby!«, höre ich meine Mutter übertrieben dramatisch auf dem Flur rufen und mache mich schon mal bereit, mich von zwei Leuten gleichzeitig auslachen zu lassen. Womit hab ich das verdient?

»Ich bin hier.« Dabei sehe ich echt voll fertig aus. Hab ich vorhin gesehen, als ich auf dem Klo war! Meine Augen sind rot, mein Gesicht blass und meine Nase ist rau vom vielen Schnäuzen. Nick ist ein mitleidloser Arsch.

Meine Mum kommt ins Zimmer, gefolgt von Nick, und setzt sich zu mir aufs Bett. »Aaaaw! Mein armer kranker Schatz!«, jault sie, zerrt mich in ihre Arme und streichelt meinen Kopf. Fühlt sich eher nach Schlagen an.

»Muuum, ich hab Kopfweh ...«, maule ich und seufze an ihrem Ausschnitt.

»Was, wirklich? Ach Gott, das tut mir so leid!«

»Verarsch mich nicht! Ich bin krank! Ich hab Fieber!«, jammere ich.

»Tatsächlich? Hast du schon Fieber gemessen, mein armes krankes Vögelchen?«

»... Nein.« Brummelnd schiebe ich sie weg und gucke finster. Sie grinst. Sie hat echt kein Stück Mitgefühl! »Rabenmutter ...«

»Was hast du gesagt, Schatz?«

»Nichts!«

»Ich hole eben das Thermometer.«

»Ne, musst du nicht. Ich weiß doch, dass ich Fieber hab, guck!«, beteuere ich, nehme ihre Hand und lege sie auf meine brennende Stirn.

»Hm ... Fühlt sich gerade so lauwarm an.«

»Spinnst du? Ich koche innerlich!«

»Du hast mein volles Mitgefühl.« Ihr Lächeln ist so fies, dass ich mich direkt noch kranker fühle. »Ich gehe das Thermometer holen.«

»Mum!« Schon ist sie weg und ich lasse mich schwer seufzend zurück ins Kissen fallen. »Ich hasse dich«, brumme ich in Nicks Richtung. Der hebt nur abwehrend die Hände.

»Ey, ich hab gar nichts gemacht, ja? Ich genieße nur die Show.«

»Das ist überhaupt nicht lustig, meine Mum ist -«

»Sooo, da bin ich wieder. Runter mit der Hose!«

»Was?« Sofort sitze ich aufrecht im Bett. Hat sie das gerade echt gesagt?

»Na komm, stell dich nicht so an. Jeder in diesem Zimmer hat dein süßes Poppöchen schon gesehen, ist doch nichts dabei.« Grinsend zupft sie an der Decke.

»Auf gar keinen Fall!«, kreische ich panisch und klammere mich an die Decke. Im Leben lasse ich das nicht zu!

»Jetzt komm schon, stell dich nicht so an, Schatz, da misst es sich am besten!«

»Gar nicht! Gib das Ding her!«

»Ach Mike!«

»Ich sagte nein!«

»Bisher hast du nichts gesagt, ich hab dich nur jammern und heulen gehört!«

»Muuum!«

Natürlich habe ich mir schlussendlich das Thermometer nicht in den Hintern schieben lassen und mir ist auch klar, dass meine Mutter mich damit nur ärgern wollte, aber nichtsdestotrotz ist es mir doch ein bisschen unangenehm, dass meine Temperatur bei gerade mal 37,6 Grad liegt. Natürlich ziehen meine Mum und Nick mich dann nur noch mehr auf, bis ich mich schließlich zutiefst beleidigt zur Wand drehe und so tue, als würde ich einschlafen. Die zwei sind so unglaublich gemein zu mir.

Nick geht dann irgendwann nach Hause und ich liege weiter rum und spiele mit meinem Handy. Leon hat sich immer noch nicht gemeldet. Ich hoffe wirklich, dass nichts passiert ist. Morgen haben wir zur selben Zeit unseren ersten Kurs. Heißt, ich kann ihn vorher abfangen und abchecken, ob bei ihm alles klar ist. Kurz überlege ich, ob ich ihm nochmal schreiben soll, lasse es dann aber. Wenn er die eine Nachricht nicht gelesen hat, wird er auch die nächste nicht lesen.

Hach Mann. Und von Chain kam auch noch nichts. Dafür hat Hannah sich gemeldet. Sie ist inzwischen gelandet und auf dem Heimweg und will mich gleich von zu Hause aus anrufen und erzählen, wie es in Vegas war. Gerade überlege ich, ob ich den Laptop nochmal starten soll, da klingelt auch schon mein Handy.

»Heeey«, brumme ich ins Telefon, lasse sie direkt hören, wie furchtbar krank ich bin.

»Hey! Wow, was ist mit deiner Stimme los?«

»Ich bin krank.«

»Awww, armer Kerl. Grippe?«

»Männergrippe.«

»Oh, also quasi tot«, fragt sie trocken, aber ich ignoriere ihren spöttischen Unterton einfach.

»Jaaa, und Nick und Mum haben mich geärgert!«

»Die Blöden ... armes Ding.«

»Ja. Aber jetzt erzähl! Wie war´s in Vegas?«

»Oh mein Gott, Mike! Es war SO genial! Es war ... Thorsten ist ... Oh Gott, ich sag´s dir!«

»Klingt, als hättet ihr Sex gehabt?«

»Scheiße, ja!« Es poltert dumpf und ich stelle mir vor, wie sie sich zu Hause die Schuhe abstreift und sie fallen lässt. »Er hatte ja dieses große Meeting, und danach hat er mich zum Galadinner mitgenommen. Dafür hat er mir extra noch ein Kleid gekauft, denn ich hatte ja nichts Passendes dabei! Ich kam mir fast vor wie in Pretty Woman und wehe du sagst jetzt, dass du den Film nicht kennst! Ich schick dir dann noch Fotos! Jedenfalls, hinterher sind wir direkt in unser Zimmer und dann haben wir quasi nichts anderes mehr gemacht als Sex zu haben. Es war so gut! Er ist so gut! Fuck, Mike, ich hatte keine Ahnung, dass sowas möglich ist, ich meine ...« Sie wird leiser, flüstert jetzt ins Mikrofon. Amüsiert schmunzelnd ziehe ich die Beine an.

»Ja?«

»Ich bin vier Mal hintereinander gekommen! Vier Mal!«

»Uuuh, ich bin so neidisch auf euch Frauen. Ich will das auch können!«

»Es war so genial! Wir hatten sogar Sex im Aufzug!«

»Woah, wie geil!«, lache ich und freue mich für sie, dass sie ihr Wochenende so genießen konnte.

»Und im Pool! Mitten in der Nacht und ich glaube, wir sind beobachtet worden, aber es war mir egal, weil ... Mike ... Das waren die besten drei Tage meines Lebens!«

»Klingt sehr danach. Habt ihr auch gespielt?«

»Ja, zweimal waren wir im Casino, aber nicht sehr lang. Ich hab beim Roulette ein bisschen was gewonnen, das war cool.«

»Hehe, Glückwunsch! Glück in der Liebe und Glück im Spiel, läuft bei dir!«

»Ich bin echt so, so, so glücklich, ich kann´s dir gar nicht sagen!« Das freut mich unglaublich für sie. Sie hatte so viel Ärger und Stress die letzten Monate, nicht zuletzt auch wegen mir. Darum freut es mich einfach doppelt, dass es ihr mit Thorsten so gut geht und er ihr auch so guttut.

»Und jetzt erzähl! Wie war die Party! Was meinst du damit, dass die Polizei da war?« Und dann erzähle ich ihr erst mal alles. Angefangen von dem überraschenden Trip in meine Vergangenheit, weiter zu dem Stripper und dann … schwenke ich direkt zu dem Auftauchen der Polizisten. Irgendwie bin ich noch nicht bereit dazu, ihr von Leon und mir zu erzählen. Ich muss das erst mal selbst für mich sortieren. Und obwohl ich selbst merke, dass meine Geschichte sich ein bisschen lückenhaft anhört, fragt sie nicht nach. Wahrscheinlich ist ihr selbst aufgegangen, dass ich das Thema Leon umgehe.

Wir telefonieren insgesamt etwa zwei Stunden. Vor allem die Sache mit Nick und Tim schockiert sie ziemlich und wir überlegen hin und her, wie man da vermitteln könnte, kommen aber zu keinem Ergebnis.

Schließlich verabschieden wir uns. Wenn ich an morgen denke, habe ich weder Lust noch Energie aufzustehen, aber zu Hause bleiben ist keine Option. Dafür mache ich mir viel zu viele Gedanken wegen Leon, der sich auch während des Telefonats mit Hannah nicht gemeldet hat. Fuck, ey, ich hab echt so ein ungutes Gefühl bei der Sache.

***

Am nächsten Morgen stehe ich viel zu früh vor der Uni und warte auf Leon. Ich bin müde, fühle mich schlapp, aber immerhin nicht mehr so todkrank wie gestern. Meine Nase läuft zwar, aber ich bekomme Luft. Zitternd stehe ich in der Kälte und hasse mich selbst dafür, dass ich schon wieder nicht daran gedacht habe meine Handschuhe zu suchen. Kein Plan, wo die -

»Guten Morgen«, reißt Leon mich aus meinen Gedanken. Ach du Scheiße! Sein Gesicht!

»Oh Gott, was ist passiert?«, hauche ich, kann meinen Blick nicht von dem wirklich fiesen blauen Fleck nehmen. Fuck! Natürlich steht er selbst total cool und ungerührt da, lässt sich nicht anmerken, was er gerade denkt.

»Mein Vater ist passiert.«

»Dein ... scheiße Mann.« Ich kann nicht glauben, was ich da sehe.

»Hm.«

»Warum hast du dich nicht gemeldet?« Vorsichtig lege ich meine Finger auf seine Wange, direkt unterhalb der dunkelblauen Verfärbung. Er zuckt, weicht aber nicht zurück.

»Weil er mein Handy kaputt gemacht hat. Ich muss mir heute Nachmittag erst ein Neues kaufen.«

»Was zur Hölle ...« Mir war klar, dass sein Vater Stress machen würde, aber das ist echt krass! Und Leon zuckt einfach nur lässig die Schultern, als wäre das nichts.

»Das wird schon wieder.«

»Ja, ich weiß. Aber das sieht richtig fies aus.« Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass mir sowas passieren könnte. Bevor mein Vater mich schlagen würde, müsste ich ... Ich müsste ... Ich habe keine Ahnung. Mir fällt nichts ein, was meinen Vater so die Beherrschung verlieren lassen würde, dass er mich schlägt.

Langsam ziehe ich meine Finger zurück und er folgt der Bewegung, kommt mir immer näher, und erst als er nicht mehr als eine Handbreit von meinem Gesicht entfernt ist, schnalle ich, was er vorhat, und mache hastig einen Schritt nach hinten. Er runzelt die Stirn. Hektisch hebe ich die Hände.

»I-I-Ich bin krank! Ich will dich nicht anstecken!«

»Ah ...«

»Ja. Ich hatte gestern Fieber.«

»Ach so.« Er macht einen Schritt nach hinten, strafft die Schultern und ich fühle mich scheiße. Nicht, dass er irgendwie enttäuscht oder so aussieht. Und eigentlich wollte ich mich doch darüber freuen, dass er mich küssen wollte, dazu noch in aller Öffentlichkeit, aber … Ich muss das alles erst sortieren und ich will da nichts überstürzen. Denke ich. Keine Ahnung. Und außerdem bin ich ja wirklich krank. Ich beschütze ihn nur vor meinen Bakterien. Ich meine das nur gut.

»Ja ... Sorry«, entschuldige ich mich. Er zuckt die Schultern, als wäre das keine große Sache, obwohl die Stimmung gerade echt merkwürdig ist.

»Schon okay. Ich muss dann jetzt auch -«

»Gehen wir essen? Heute? Nach der Uni?«, platzt es aus mir raus, aber bitte, ich kann das jetzt nicht so stehen lassen. Am Ende denkt er, dass ich kein Interesse mehr an ihm habe. Entsprechend verwundert mustert er mich jetzt. Und dann lächelt er. Sofort fühle ich mich um Welten besser und grinse ihn an.

»Gerne.«

»Cool. Dann bis später. Ich schreib dir.«

Das Lächeln wird breiter.

»Ich kann dir immer noch nicht antworten.«

Peinlich berührt klatsche ich mir die flache Hand gegen die Stirn.

»Ach ja, stimmt! Eh ... Wann ist nochmal dein letzter Kurs zu Ende?«

»Um halb drei.«

»Okay, dann kurz nach halb drei hier?«

Tasuta katkend on lõppenud.

€1,99

Žanrid ja sildid

Vanusepiirang:
0+
Objętość:
120 lk
ISBN:
9783958691568
Kustija:
Õiguste omanik:
Bookwire
Allalaadimise formaat:
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Tekst, helivorming on saadaval
Keskmine hinnang 4,7, põhineb 587 hinnangul
Tekst
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Tekst
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Tekst, helivorming on saadaval
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