Loe raamatut: «Mein Freund, der Kunde»
»Beim Verkaufen sollte man nicht an den Umsatz, sondern an den Kunden denken! Die Beispiele von Jürgen Frey führen das anschaulich vor Augen. Ich hoffe, dass die Botschaft von vielen Unternehmen nicht nur gelesen, sondern auch umgesetzt wird.«
Martin Wehrle
Bestseller-Autor »Ich arbeite in einem Irrenhaus«
»Jürgen Frey wollte selbst nie der typische Verkäufer sein. Auf seine ganz natürliche Art kenne ich ihn seit Jahren als erfolgreichen Vertriebsprofi. Jetzt ermutigt er seine Leser, in Vertrieb und Verkauf ebenfalls einen authentischen, ehrlichen Weg zu gehen.«
Hermann Scherer
Speaker & Business Expert
»Jürgen Freys Buch passt genau in unsere Zeit. Seine Beispiele, Methoden und Tipps zeigen, wie man die kritischen Kunden von heute überzeugt.«
Bernd Trautwein
Partner KPMG
»Im Wettbewerb vergessen wir oft das Wichtigste: Kaufentscheidungen werden stark von Emotionen bestimmt. Jürgen Frey zeigt Ihnen, wie Sie die positiven Gefühle der Kunden wecken können und wie Sie damit erfolgreich werden. Ganz nebenbei steigern Sie damit aber auch den Wert Ihres Unternehmens und den Ihres persönlichen Lebens.«
Mag. Wolfgang Sparer
Geschäftsführer WIFI Tirol
»Mit diesem Buch gibt Jürgen Frey einen systematischen Leitfaden, ohne großen Druck noch erfolgreicher verkaufen zu können! Bevor dies geschieht, muss der Leser jedoch einige wichtige Fragen für sich und sein Unternehmen bzw. seine Produkte und Dienstleistungen beantworten. Zusätzlich zeigt das Buch viele nützliche Praxisbeispiele auf, die in den jeweiligen Bereichen als Benchmark eine wertvolle Orientierung geben. Fazit: Keine langweilige Theorie – sondern aus der Praxis sehr interessant und anschaulich für die Praxis geschrieben.«
Bernhard Sommer
Vorstand Kern-Haus AG
Jürgen Frey
Mein Freund,
der Kunde
Ohne Tricks und Fallen Kunden gewinnen und behalten
mit einem Geleitwort von Werner Tiki Küstenmacher
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Lektorat: Dr. Sandra Krebs, GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de
Umschlagfoto: Christiano Ribeiro / shutterstock
©2014 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2012 erschienenen Buchtitel „Mein Freund, der Kunde“ von Jürgen Frey, ©2012 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
ISBN Buchausgabe: ISBN 978-3-86936-433-9
ISBN epub: 978-3-86200-955-8
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Copyright © 2012 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Inhalt
Ich wollte nie »Verkäufer« sein
Geleitwort von Werner Tiki Küstenmacher
SCHRITT 1
Wissen, wer du bist: Kernkompetenz
Verkaufsdruck ist keine Lösung
Raus aus der Stressfalle!
Immer an den Kunden denken
Es geht auch einfach
Vom Kurzstreckenläufer zum Marathongewinner
Immer auf der Suche nach Chancen
SCHRITT 2
Gute Freunde hast du wenige: Zielgruppenfokus
Der Kunde, das unbekannte Wesen
Von der Zielgruppe zum Freundeskreis
Mut zum Verzicht zahlt sich langfristig aus
Sich auf ein Lebensgefühl einschwingen
Authentisch kommunizieren und Nähe schaffen
SCHRITT 3
Freunde sind füreinander da: Servicequalität
Stimmt der Service nicht, ist der Kunde weg
Das Gewöhnliche außergewöhnlich gut machen
Kunden mögen es angenehm und leicht
Die Details machen den Unterschied
Mit Service überraschen und begeistern
Authentizität und klare Worte machen Freu(n)de
SCHRITT 4
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit: Innovationsfähigkeit
Innovationen rechtzeitig auf den Weg bringen
Mit den richtigen Leuten ein Zukunftsteam bilden
Das Zukunftsteam als »Ideenmaschine«
Priorisieren, recherchieren und dann entscheiden
Ideen testen und dem Markt das letzte Wort lassen
Warum Innovationen heute wichtiger denn je sind
SCHRITT 5
Wissen, was du tust: Verkaufsstrategie
Gute Vorbereitung ist (fast) alles
Der Irrweg: Druck erzeugen
Der Ausweg: einen Sog auslösen
Die Methode: den Sog verstärken statt tricksen
Neue Wege gehen, neue Kunden finden
SCHRITT 6
Der Wirklichkeit ins Auge sehen: Zufriedenheitsmessung
Woran Zufriedenheitsbefragungen scheitern
Wer nicht fragt, bleibt dumm
Was zählt, ist die Empfehlung: Net Promoter® Score
Wir hätten da noch eine Frage: Integration im Prozess
Verräterische Augenblicke: indirekte Messung
So machen Kunden und Mitarbeiter gerne mit
SCHRITT 7
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft: Kundenbeziehungspflege
Das Grundprinzip: Erst geben, dann nehmen
Das Beziehungskonto in der Balance halten
Tu Gutes und mach einen Plan
Allzeit bereit für den Kunden
Schritt für Schritt zur lebendigen Kunden-Community
Verkaufen, ohne Verkäufer zu sein
Danke!
Literatur
Der Autor
Für meinen Vater.
Während ich dieses Buch schrieb, hast Du Dich mit unglaublichem Ehrgeiz nach einem schweren Verkehrsunfall wieder ins Leben zurückgekämpft.
Ich wollte nie »Verkäufer« sein
Als ich in einem großen Industrieunternehmen eine Lehre machte und später ein wirtschaftswissenschaftliches Studium absolvierte, hätte ich mir niemals vorstellen können, in den Vertrieb zu gehen. Vertrieb und Verkauf waren mir ungefähr so sympathisch wie die Welt der Mafiabosse von New York in der Filmtrilogie »Der Pate«. Mit aalglatten Typen, die mit Tricks und Fallen ihre Kunden über den Tisch ziehen, wollte ich nichts zu tun haben. Und heute? Heute bin ich seit mehr als einem Jahrzehnt Vertriebsleiter. Ich berate mittelständische Unternehmen, wie sie ihre Umsätze steigern, und bin Referent zu diesem Thema. Ich liebe meinen Beruf und möchte nichts anderes machen.
Nie wollte ich »Verkäufer« sein – und bin es auch nicht geworden. Aber ich habe Wege gefunden, wie Unternehmen nahezu automatisch Kunden gewinnen und behalten. Nichts anderes bedeutet für mich »verkaufen«. Ich habe die Dinge immer schon anders gemacht, als man es in den gängigen Vertriebs- und Verkaufsschulungen lernt, und meine Kunden als Freunde gesehen. Ich habe mich um langfristige Beziehungen bemüht. Dabei habe ich nicht den kurzfristigen Gewinn, sondern die nachhaltige Entwicklung in den Vordergrund gestellt. Bei tempus-Consulting bin ich schließlich zu Kollegen gestoßen, die ähnlich denken und meine Art zu schätzen wissen.
In letzter Zeit fällt mir auf, dass es vielen Menschen in Unternehmen so geht, wie es mir schon immer gegangen ist: Sie sind das »typische« Verkaufen durch Druck leid. Sie wollen erfolgreich sein, ohne dabei Werte wie Ehrlichkeit und Verlässlichkeit verraten zu müssen. Sie möchten ihren Kunden wirklich helfen und eine freundschaftliche Beziehung zu ihnen aufbauen. Für diese neue Generation von Unternehmern, Führungskräften und Mitarbeitern habe ich dieses Buch geschrieben. Es zeigt in sieben Schritten den Weg zur nachhaltigen Kundenbeziehung. Am Ende des Weges steht ein viel größerer Erfolg, als Sie ihn mit Tricks und Fallen jemals erzielen können.
Der Schlüssel zu Ihrem Verkaufserfolg ist ein ganzheitlicher Ansatz. Erweitern Sie Ihre Perspektive über das eigentliche Verkaufsgespräch hinaus! Kernkompetenzen, Zielgruppenfokus oder Innovationsfähigkeit sind mindestens ebenso wichtig, um Kunden zu begeistern, wie ein gelungenes Verkaufsgespräch. Die Methode in diesem Buch basiert auf einem von vier Handlungsfeldern der bewährten TEMP-Methode®. Jörg Knoblauch, Jürgen Kurz und ich haben diese mehrfach preisgekrönte Methode vor etwa zehn Jahren entwickelt. Inzwischen arbeiten über 2000 Unternehmen erfolgreich damit. Dieses verlässliche Gerüst erfährt im vorliegenden Buch ein gründliches »Update«, das dem aktuellen gesellschaftlichen Wertewandel hin zu Nachhaltigkeit und einem guten Miteinander gerecht wird.
Dieses Buch richtet sich an Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter in Unternehmen jeder Größe. Denn die Prinzipien, die aus Kunden langjährige Freunde machen, sind überall dieselben. Entsprechend finden Sie auf den folgenden Seiten bunt gemischte Beispielgeschichten – von Handwerksbetrieben, wie dem des Malermeisters Werner Deck, über Mittelständler, wie Tergon oder Steiff, bis hin zu Konzernen, wie Daimler und Nestlé. Die Erfahrung zeigt mir: Alle können voneinander lernen, die Kleinen von den Großen, und genauso die Großen von den Kleinen.
Im Mittelpunkt meiner Philosophie steht immer die Entscheidung, Kunden wie gute Freunde zu behandeln. Sie werden sehen: Wer das beherzigt, dem fällt alles andere leicht. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende und Gewinn bringende Lektüre!
Ihr
Jürgen Frey
Geleitwort von Werner Tiki Küstenmacher
Niemand kann zweimal in denselben Fluss steigen, meinte der antike Philosoph Heraklit listig. Denn immer strömt neues Wasser nach, jede Minute, jede Stunde, jedes Jahr. Das ist ein Naturgesetz. Wie alles im Fluss ist, vergeht auch die Zeit. Die Gesellschaft verändert sich, jeder Mensch verändert sich, sogar unsere Werte und Glaubensvorstellungen sind ständigen Änderungen unterworfen.
Es ist noch nicht lange her, da ging es in der Wirtschaft in erster Linie darum, die Effizienz zu steigern und kurzfristigen, maximalen Erfolg zu erzielen. Vertrieb und Verkauf sollten den dafür nötigen Druck erzeugen. Tricks und Raffinesse wurden augenzwinkernd in Kauf genommen, solange die Bilanz stimmte.
Doch einer neuen Generation ist bewusst geworden, welche Nachteile diese einseitige Orientierung auf Dauer mit sich bringt. Sie sieht, dass dadurch nicht nur die Natur zerstört wird und viele Menschen auf der Strecke bleiben, die dem Druck nicht gewachsen sind. Es wird auch den Aktiven im Zentrum unserer Wirtschaft immer klarer, dass am Ende sie selbst daran Schaden nehmen, an ihrem Körper und an ihrer Seele.
Gleichzeitig möchten sie ihren Wohlstand erhalten und für die Zukunft sichern. Sie sind sicher: Mit gutem Willen und Kreativität kann es gelingen, eine Gesellschaft zu formen, in der alles Lebensnotwendige auf Dauer für alle erwirtschaftet werden kann und in der jeder die Chance auf ein gutes Leben hat. Oder, in Kurzform, einfacher und glücklicher leben kann.
Das ist die optimistische simplify-Vision, die ich auf jeder Seite dieses Buches spüre. Jürgen Frey ist für mich in Deutschland der Vertriebsexperte, der die Zeichen der Zeit am besten erkannt hat. In seinem Buch vertritt er einen integrierenden Ansatz: Strategien und Methoden, die sich bewährt haben, sind auch in Zukunft unverzichtbar. Doch sie benötigen ein Upgrade, das den gesellschaftlichen Wandel berücksichtigt.
Unternehmen, die heute Kunden Produkte und Dienstleistungen verkaufen wollen, dürfen nicht auf die alten Rezepte setzen. Sie müssen authentisch sein, ihre Werte transparent machen und eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kunden aufbauen – eine Beziehung, die eventuell sogar schwere Wirtschaftskrisen und epochale Umwälzungen unseres Systems überlebt.
Langfristiger Erfolg in einer ungeahnten Dimension tritt an die Stelle von schnellem Gewinn. Dieses veränderte Verhältnis zwischen Anbieter und Kunde lässt sich am besten ausdrücken mit einer Metapher, über die viele zunächst staunen werden: Freundschaft. Kunden als Freunde?
Ich lade Sie ein, mitzustaunen und den Beginn einer neuen Ära der Kundenbeziehung mitzuerleben. Ich freue mich, dass es dieses Buch gibt, und wünsche Ihnen, dass es Sie so mitreißt wie mich.
Ihr
Werner Tiki Küstenmacher
Schritt 1
Wissen, wer du bist: Kernkompetenz
»Wirklich gute Freunde sind Menschen, die uns ganz genau kennen und trotzdem zu uns halten.«
MARIE VON EBNER-ESCHENBACH
Stammkunden wissen, was sie an einem Unternehmen haben. Deshalb kaufen sie dessen Produkte oder Dienstleistungen immer wieder. Sie müssen nicht von Verkäufern überredet oder ausgetrickst werden. Manchmal sind Kunden echte Fans. Doch solche Kunden hat nur, wer weiß, wer er ist und worin er besonders gut ist. Wem klar ist, was er kann, der braucht nicht zu blenden. Konzentration macht selbstbewusst, schafft Vertrauen und zieht Kunden an.
Aufträge kamen früher wie von selbst
Es war einmal ein Unternehmen, das seine Produkte nicht zu verkaufen brauchte. Stammkunden aus 51 Ländern der Erde schickten regelmäßig ihre Aufträge, die dann sauber abgearbeitet wurden. In diesem Unternehmen war ich jahrelang Vertriebsleiter. Ich hatte also die schöne Aufgabe, das Abarbeiten der Aufträge zu leiten. Unsere Firma drilbox besaß damals praktisch das weltweite Monopol auf Bohrerkassetten. Eine kleine, aber lukrative Nische. Meinetwegen hätte es noch jahrelang so weitergehen können. Doch wie Sie sich schon denken können, kam es anders.
Schauplatz des Showdown war die Internationale Eisenwarenmesse in Köln. Alles begann wie immer. Wir waren einer von über 2000 Ausstellern auf dieser weltgrößten Messe ihrer Art, deren Messekatalog so dick war wie das Telefonbuch von New York. In jenem Jahr gab es zum ersten Mal einen »China Pavillon«. Ich war neugierig und machte mich in einer Mittagspause auf den Weg dorthin. Als ich eine Rolltreppe zu den Chinesen herabfuhr, kam mir bereits der Duft von asiatischem Essen entgegen und ich hörte lautes Stimmengewirr.
Schmunzelnd ging ich durch einen roten Torbogen, der mit goldenen Schriftzeichen verziert war. Rechts und links begrüßten mich Plastiklöwen mit erhobener Tatze und weit aufgerissenem Maul, ganz wie zu Hause im China-Restaurant. Schon nach wenigen Metern stand mir dann selbst der Mund offen. An einem der Messestände gab es nämlich unsere Bohrerkassetten. So exakt nachgebaut, dass später sogar unsere eigenen Mitarbeiter Schwierigkeiten hatten, sie von den Originalen zu unterscheiden. Ich schaute auf die Preise. Für das Geld konnten wir nicht einmal unser Rohmaterial einkaufen.
Auf einmal ging es nur noch um den Preis
Plötzlich wurde ich mit meinem Namen begrüßt. Ich war überrascht, weil ich damals noch keinen einzigen Chinesen persönlich kannte. Doch als ich mich umdrehte, erkannte ich einen unserer besten Kunden. Und dann sah ich an den Tischen noch weitere unserer Kunden. Sie verhandelten mit den Chinesen bereits über die Liefertermine. Ein mulmiges Gefühl stieg in mir auf. Und das Gefühl sollte mich nicht täuschen. Schon kurze Zeit später sah ich einen dieser Kunden wieder. Diesmal in seiner Firma. Grinsend eröffnete er unser Gespräch mit den Worten: »Herr Frey, ich möchte heute mit Ihnen über drei Dinge sprechen: Erstens den Preis, zweitens den Preis und drittens den Preis.« Ich war in meinem Selbstvertrauen erschüttert und wusste nicht, was ich sagen sollte.
Verkaufsdruck ist keine Lösung
Die alten Zeiten sind vorbei – gut so!
Heute als Berater habe ich Einblick in viele andere Unternehmen bekommen und weiß, wie viele Mittelständler in den vergangenen 15 Jahren ganz ähnliche Geschichten erlebt haben wie die beschriebene. Die einen haben den typischen Globalisierungsschock erlitten, als Billiganbieter aus Schwellenländern ihre Produkte kopierten. Andere wurden als Zulieferer von Kostendrückern in den Konzernen vom Schlage José Ignacio López erbarmungslos ausgequetscht. Wieder andere sahen sich als Traditionsunternehmen plötzlich von schnellen, innovativen Start-ups an den Rand gedrängt. Ich kann mich gut in Unternehmer und Mitarbeiter hineinversetzen, die wehmütig an die »gute alte Zeit« vor solchen Erlebnissen zurückdenken. Trotzdem wünsche ich persönlich mir diese Zeiten nicht zurück.
Es ist mittlerweile meine feste Überzeugung, ja meine tägliche Erfahrung in der Beratung, dass die schwieriger gewordenen Marktbedingungen für die allermeisten mittelständischen Unternehmen eine große Chance bedeuten. Es ist die Chance, sich zu konzentrieren, seine Kernkompetenzen zu entwickeln und dadurch zu neuen Stärken und ungekanntem Selbstbewusstsein zu gelangen. Es ist die Chance, Klarheit über das eigene Geschäft zu gewinnen und sich von überflüssigem Ballast zu trennen. Es ist schließlich auch die Chance, am Ende genauso mühelos Kunden zu gewinnen wie zu alten Zeiten einer Quasi-Monopolstellung. Bloß mit einer motivierteren Mannschaft, mehr Stolz auf die eigene Leistung, mehr Effizienz und mehr Nutzen für den Kunden. Wer würde diese Chance nicht nutzen wollen?
Leider heißt die erste Reaktion unzähliger Unternehmen auf den gestiegenen Druck von außen aber gerade nicht Konzentration und Entwicklung der Kernkompetenzen. Sondern die Reaktion ist, den Druck weiterzugeben. Selbst Druck zu machen. Verkaufsdruck. Mit dieser Möglichkeit, die sich jetzt als Irrweg entpuppt, wollen wir uns deshalb zunächst beschäftigen.
Mit flotten Sprüchen in die Preisschlacht
Verkaufsdruck ist keine Lösung
»Jetzt müssen wir besser verkaufen!«, schallt es durch die Flure vieler Unternehmen, sobald der Wind draußen schärfer weht. Die meisten Mitarbeiter verstehen das als Drohung. Zu Recht. Gegenüber langjährigen Stammkunden den Verkaufsdruck zu erhöhen ist nichts, wonach sich irgendein Mitarbeiter sehnt. Zumal es vielerorts herzliche und freundschaftliche Beziehungen zwischen Lieferanten und Kunden gibt. Neue Kunden irgendwie »anzuhauen« ist erst recht keiner gewohnt. Man ist doch keine Drückerkolonne! Allein das Wort »Kaltakquise« treibt vielen Mitarbeitern eher den kalten Schweiß auf die Stirn. Eine innere Stimme sagt ihnen: Ich kann nicht aggressiv verkaufen. Ich will das auch gar nicht! Plötzlich steigt der Stresspegel am Arbeitsplatz. Unter den Mitarbeitern regen sich Widerstände.
Deshalb will das Management jetzt nachhelfen. In Wochenendseminaren werden sogenannte Verkaufstechniken geschult. Zu astronomischen Tagessätzen holt man Verkaufstrainer ins Haus. Sie sollen die Vertriebsmannschaft – oder besser gleich alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt – jetzt mal richtig scharfmachen. Solche Verkaufstrainer lieben flotte Sprüche wie »Rabat(t) ist eine Stadt in Marokko« oder »Der Kunde muss, wenn er über den Tisch gezogen wird, die Reibungsenergie als Nestwärme empfinden«. Den Mitarbeitern wird bei solcher Brutal-Rhetorik immer mulmiger, auch wenn es keiner zugeben will.
Wer keine Alleinstellung hat, muss über den Preis gehen
Am Ende steht die Preisschlacht. Der Kunde ist ja selten dümmer als der Anbieter. Er spürt den steigenden Druck ganz genau. Er merkt, dass der Anbieter lediglich besser »verkaufen« will, ihm aber sonst nichts anderes bietet als vorher. Gut, denkt sich der Kunde, wenn der Anbieter will, dass ich mehr kaufe, soll er mir bessere Preise machen. Das Preisgefecht ist eröffnet. Klaus Kobjoll, Unternehmer und Ludwig-Erhard-Preisträger, bringt es in seinem Buch Virtuoses Marketing auf den Punkt: »Wer keine deutlichen, schwer kopierbaren und dauernd beweisbaren Wettbewerbsvorteile aufweist, kann den Wettbewerb nur über den Preis führen!« (Kobjoll, S. 159) Und dieser Wettbewerb ist gnadenlos. Ich kenne keinen Mitarbeiter eines mittelständischen Unternehmens, dem ein Preiskampf Freude machen würde. In den letzten Jahren sind einige traditionsreiche Mittelständler sogar im Preiskampf zugrunde gegangen.
Verkaufstricks sollen die Probleme kaschieren
Über die Jahre ist mir aufgefallen, dass nahezu alle aggressiv verkaufenden Firmen etwas gemeinsam haben. Unternehmen, die Preiskriege anzetteln oder ihre Kunden unter Druck setzen, haben fast immer mindestens eines der folgenden Probleme:
Die Produkte sind austauschbar. Auf dem Markt gibt es viele gleichartige Angebote zu ähnlichen oder günstigeren Preisen. Trotzdem will das Management unbedingt den Absatz erhöhen.
Die Mitarbeiter identifizieren sich kaum mit den Produkten. Sie kennen die Produkte nur oberflächlich oder wissen den Nutzen für den Kunden nicht exakt zu benennen.
Das Produktportfolio ist inkonsistent. Entweder es werden so viele Produkte oder Produktvarianten angeboten, dass selbst die Mitarbeiter den Überblick verlieren. Oder es gibt bestimmte Produkte, die zu den übrigen nicht passen und einen einheitlichen Markenauftritt erschweren.
Die verzweifelte Suche nach dem Zusatzgeschäft
Sind Sie schon einmal mit Ryanair oder easyJet geflogen? Manchmal laufen diese Billigflüge vom Start bis zur Landung ab wie eine Dauerwerbeveranstaltung. Da geht es zu wie bei einer Kaffeefahrt, außer vielleicht, dass keine Heizdecken verkauft werden. Bei einem Ticketpreis, der die Marge dünn wie eine Rasierklinge macht, ist das kein Wunder. So wie die sich gnadenlos bekämpfenden Airlines nehmen es auch viele Mittelständler hin, dass die Preise auf ihrem Markt kaputt sind. Und auch sie wollen dann auf irgendeine andere Weise Geld verdienen. Ihr Kernprodukt verschenken sie beinahe, statt sich zu fragen, was dieses Produkt einzigartig macht und wie man es wieder zum Leuchten bringt.
Diese Frage stellt sich auch ein großes Unternehmen wie Karstadt erst seit Kurzem wieder. Jahrelang ließ man die Kaufhäuser verkommen, weil man zunächst lieber Versandhändler sein und dann Touristikkonzern werden wollte. Als man am Schluss sogar die Kaufhausimmobilien verkauft und zu horrenden Preisen zurückgemietet hatte, stand die Pleite ins Haus. Warum sollten Kunden auch bei einem Unternehmen kaufen, das nicht weiß, was es will?