Loe raamatut: «Das Kapital: Band 1-3 (Mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen)», lehekülg 37

Font:

Soweit daher sein Tun und Lassen nur Funktion des in ihm mit Willen und Bewußtsein begabten Kapitals, gilt ihm sein eigner Privatkonsum als ein Raub an der Akkumulation seines Kapitals, wie in der italienischen Buchhaltung Privatausgaben auf der Debetseite des Kapitalisten gegen das Kapital figurieren. Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.

Aber die Erbsünde wirkt überall. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise, der Akkumulation und des Reichtums, hört der Kapitalist auf, bloße Inkarnation des Kapitals zu sein. Er fühlt ein "menschliches Rühren" für seinen eignen Adam und wird so gebildet, die Schwärmerei für Askese als Vorurteil des altmodischen Schatzbildners zu belächeln. Während der klassische Kapitalist den individuellen Konsum als Sünde gegen seine Funktion und "Enthaltung" von der Akkumulation brandmarkt, ist der modernisierte Kapitalist imstande, die Akkumulation als "Entsagung" seines Genußtriebs aufzufassen. "Zwei Seelen wohnen, ach! in seiner Brust, die eine will sich von der andren trennen!"

In den historischen Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise, und jeder kapitalistische Parvenü macht dies historische Stadium individuell durch – herrschen Bereicherungstrieb und Geiz als absolute Leidenschaften vor. Aber der Fortschritt der kapitalistischen Produktion schafft nicht nur eine Welt von Genüssen. Er öffnet mit der Spekulation und dem Kreditwesen tausend Quellen plötzlicher Bereicherung. Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein konventioneller Grad von Verschwendung, die zugleich Schaustellung des Reichtums und daher Kreditmittel ist, sogar zu einer Geschäftsnotwendigkeit des "unglücklichen" Kapitalisten. Der Luxus geht in die Repräsentationskosten des Kapitals ein. Ohnehin bereichert sich der Kapitalist nicht, gleich dem Schatzbildner, im Verhältnis seiner persönlichen Arbeit und seines persönlichen Nichtkonsums, sondern im Maß, worin er fremde Arbeitskraft aussaugt und dem Arbeiter Entsagung aller Lebensgenüsse aufzwingt. Obgleich daher die Verschwendung des Kapitalisten nie den bona fide Charakter der Verschwendung des flotten Feudalherrn besitzt, in ihrem Hintergrund vielmehr stets schmutzigster Geiz und ängstlichste Berechnung lauern, wächst dennoch seine Verschwendung mit seiner Akkumulation, ohne daß die eine die andre zu beabbruchen braucht. Damit entwickelt sich gleichzeitig in der Hochbrust des Kapitalindividuums ein faustischer Konflikt zwischen Akkumulations- und Genußtrieb.

"Die Industrie von Manchester", heißt es in einer Schrift, die Dr. Aikin 1795 veröffentlichte, "kann in vier Perioden geteilt werden. In der ersten waren die Fabrikanten gezwungen, hart für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten."

Sie bereicherten sich besonders durch Bestehlung der Eltern, die ihnen Jungen als apprentices (Lehrlinge) zuwiesen und dafür schwer blechen mußten, während die Lehrlinge ausgehungert wurden. Andrerseits waren die Durchschnittsprofite niedrig, und die Akkumulation verlangte große Sparsamkeit. Sie lebten wie Schatzbildner und verzehrten bei weitem nicht einmal die Zinsen ihres Kapitals.

"In der zweiten Periode hatten sie begonnen, kleine Vermögen zu erwerben, arbeiteten aber ebenso hart als zuvor", denn die unmittelbare Exploitation der Arbeit kostet Arbeit, wie jeder Sklaventreiber weiß, "und lebten nach wie vor in demselben frugalen Stil … In der dritten Periode begann der Luxus, und das Geschäft wurde ausgedehnt durch Aussendung von Reitern" (berittenen Commis voyageurs) "für Ordres in jeder Marktstadt des Königreichs. Es ist wahrscheinlich, daß wenige oder keine Kapitale von 3.000 bis 4.000 Pfd.St., in der Industrie erworben, vor 1690 existierten. Um diese Zeit jedoch oder etwas später hatten die Industriellen schon Geld akkumuliert und begannen steinerne Häuser statt der von Holz und Mörtel aufzuführen … Noch in den ersten Dezennien des 18. Jahrhunderts setzte sich ein Manchester Fabrikant, der eine Pint fremden Weins seinen Gästen vorsetzte, den Glossen und dem Kopfschütteln aller seiner Nachbarn aus."

Vor dem Aufkommen der Maschinerie betrug der abendliche Konsum der Fabrikanten in den Kneipen, wo sie zusammenkamen, nie mehr als 6 d. für ein Glas Punsch und 1 d. für eine Rolle Tabak. Erst 1758, und dies macht Epoche, sah man "eine im Geschäft wirklich engagierte Person mit eigner Equipage!" "Die vierte Periode", das letzte Dritteil des 18. Jahrhunderts, "ist die von großem Luxus und Verschwendung, unterstützt durch die Ausdehnung des Geschäfts." Was würde der gute Dr. Aikin sagen, wenn er heutzutag in Manchester auferstände!

Akkumuliert, Akkumuliert! Das ist Moses und die Propheten! "Die Industrie liefert das Material, welches die Sparsamkeit akkumuliert." Also spart, spart, d.h., rückverwandelt möglichst großen Teil des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital! Akkumulation um der Akkumulation, Produktion um der Produktion willen, in dieser Formel sprach die klassische Ökonomie den historischen Beruf der Bourgeoisperiode aus. Sie täuschte sich keinen Augenblick über die Geburtswehn des Reichtums , aber was nützt der Jammer über historische Notwendigkeit? Wenn der klassischen Ökonomie der Proletarier nur als Maschine zur Produktion von Mehrwert, gilt ihr aber auch der Kapitalist nur als Maschine zur Verwandlung dieses Mehrwerts in Mehrkapital. Sie nimmt seine historische Funktion in bitterm Ernst. Um seinen Busen vor dem unheilvollen Konflikt zwischen Genußtrieb und Bereicherungstrieb zu feien, verteidigte Malthus, im Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts, eine Teilung der Arbeit, welche dem wirklich in der Produktion begriffenen Kapitalisten das Geschäft der Akkumulation, den andren Teilnehmern am Mehrwert, der Landaristokratie, Staats-, Kirchenpfründnern usw., das Geschäft der Verschwendung zuweist. Es ist von der höchsten Wichtigkeit, sagt er, "die Leidenschaft für Ausgabe und die Leidenschaft für Akkumulation (the passion for expenditure and the passion for accumulation) getrennt zu halten". Die Herrn Kapitalisten, seit lange in Lebe- und Weltmänner verwandelt, schrien auf. Was, rief einer ihrer Wortführer, ein Ricardianer, Herr Malthus predigt hohe Grundrenten, hohe Steuern usw., um dem Industriellen einen fortwährenden Stachel durch unproduktive Konsumenten aufzudrücken! Allerdings Produktion, Produktion auf stets erweiterter Stufenleiter, lautet das Schibboleth, aber

"Produktion wird durch einen solchen Prozeß weit mehr gehemmt als gefördert. Auch ist es nicht ganz billig (nor is it quite fair), eine Anzahl Personen so im Müßiggang zu erhalten, nur um andre zu kneipen, aus deren Charakter man schließen darf (who are likely, from their characters), daß, wenn ihr sie zu funktionieren zwingen könnt, sie mit Erfolg funktionieren."

So unbillig er es findet, den industriellen Kapitalisten zur Akkumulation zu stacheln, indem man ihm das Fett von der Suppe weggchöpft, so notwendig dünkt ihm, den Arbeiter möglichst auf den Minimallohn zu beschränken, "um ihn arbeitsam zu erhalten". Auch verheimlicht er keinen Augenblick, daß Aneignung unbezahlter Arbeit das Geheimnis der Plusmacherei ist.

"Vermehrte Nachfrage von Seite der Arbeiter meint durchaus nichts als ihre Geneigtheit, weniger von ihrem eignen Produkt für sich selbst zu nehmen und einen größren Teil davon ihren Anwendern zu überlassen; und wenn man sagt, daß dies, durch Verminderung der Konsumtion" (auf seiten der Arbeiter) "glut" (Marktüberfüllung, Überproduktion) "erzeugt, so kann ich nur antworten, daß glut synonym mit hohem Profit ist."

Der gelehrte Zank, wie die dem Arbeiter ausgepumpte Beute förderlichst für die Akkumulation zu verteilen sei zwischen industriellem Kapitalist und müßigem Grundeigentümer usw., verstummte vor der Julirevolution. Kurz nachher läutete das städtische Proletariat die Sturmglocke zu Lyon und ließ das Landproletariat den roten Hahn in England fliegen. Diesseits des Kanals grassierte der Owenismus, jenseits St.-Simonismus und Fourierismus. Die Stunde der Vulgärökonomie hatte geschlagen. Grade ein Jahr, bevor Nassau W. Senior zu Manchester ausfand, daß der Profit (inkl. Zins) des Kapitals das Produkt der unbezahlten "letzten zwölften Arbeitsstunde" ist, hatte er der Welt eine andre Entdeckung angekündigt. "Ich", sagte er feierlich, "ich ersetze das Wort Kapital, als Produktionsinstrument betrachtet, durch das Wort Abstinenz (Enthaltung)." Ein unübertroffenes Muster dies von den "Entdeckungen" der Vulgärökonomie! Sie ersetzt eine ökonomische Kategorie durch eine sykophantische Phrase. Voila tout. <Das ist alles.> "Wenn der Wilde", doziert Senior, "Bogen fabriziert, so übt er eine Industrie aus, aber er praktiziert nicht die Abstinenz." Dies erklärt uns, wie und warum in früheren Gesellschaftszuständen "ohne die Abstinenz" des Kapitalisten Arbeitsmittel fabriziert wurden. "Je mehr die Gesellschaft fortschreitet, um so mehr Abstinenz erfordert sie", nämlich von denen, welche die Industrie ausüben, sich die fremde Industrie und ihr Produkt anzueignen. Alle Bedingungen des Arbeitsprozesses verwandeln sich von nun in ebenso viele Abstinenzpraktiken des Kapitalisten. Daß Korn nicht nur gegessen, sondern auch gesät wird, Abstinenz des Kapitalisten! Daß der Wein die Zeit erhält, auszugären, Abstinenz des Kapitalisten! Der Kapitalist beraubt seinen eignen Adam, wenn er die "Produktionsinstrumente dem Arbeiter leiht" (!), alias sie durch Einverleibung der Arbeitskraft als Kapital verwertet, statt Dampfmaschinen, Baumwolle, Eisenbahnen, Dünger, Zugpferde usf. aufzuessen oder, wie der Vulgärökonom sich das kindlich vorstellt, "ihren Wert" in Luxus und andren Konsumtionsmitteln zu verprassen. Wie die Kapitalistenklasse das anstellen soll, ist ein von der Vulgärökonomie bisher hartnäckig bewahrtes Geheimnis. Genug, die Welt lebt nur noch von der Selbstkasteiung dieses modernen Büßers des Wischnu, des Kapitalisten. Nicht nur die Akkumulation, die einfache "Erhaltung eines Kapitals erheischt beständige Kraftanstrengung, um der Versuchung zu widerstehn, es aufzuessen". Die einfache Humanität gebeut also offenbar, den Kapitalisten von Martyrtum und Versuchung zu erlösen, in derselben Weise, wie der georgische Sklavenhalter jüngst durch Abschaffung der Sklaverei von dem schmerzlichen Dilemma erlöst ward, ob das dem Negersklaven ausgepeitschte Mehrprodukt ganz in Champagner zu verjubeln oder auch teilweis in mehr Neger und mehr Land rückzuverwandeln.

In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn. Der vor einigen Jahren verstorbene Richard Jones, Nachfolger von Malthus auf dem Lehrstuhl der politischen Ökonomie am ostindischen College zu Haileybury, erörtert dies gut an zwei großen Tatsachen. Da der zahlreichste Teil des indischen Volks selbstwirtschaftende Bauern, existiert ihr Produkt, ihre Arbeits- und Lebensmittel, auch nie "in der Form (in the shape) eines Fonds, der aus fremder Revenue erspart wird (saved from Revenue) und daher einen vorläufigen Prozeß der Akkumulation (a previous process of accumulation) durchlaufen hat". Andrerseits werden die nicht-agrikolen Arbeiter in den Provinzen, wo die englische Herrschaft das alte System am wenigsten aufgelöst hat, direkt von den Großen beschäftigt, denen eine Portion des ländlichen Mehrprodukts als Tribut oder Grundrente zufließt. Ein Teil dieses Produkts wird in Naturalform von den Großen verzehrt, ein andrer Teil für sie von den Arbeitern in Luxus- und sonstige Konsumtionsmittel verwandelt, während der Rest den Lohn der Arbeiter bildet, die Eigentümer ihrer Arbeitsinstrumente sind. Produktion und Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter gehn hier ihren Gang ohne alle Dazwischenkunft jenes wunderlichen Heiligen, jenes Ritters von der traurigen Gestalt, des "entsagenden" Kapitalisten.

4. Umstände, welche unabhängig von der proportionellen Teilung des Mehrwerts in Kapital und Revenue den Umfang der Akkumulation bestimmen: Exploitationsgrad der Arbeitskraft – Produktivkraft der Arbeit – Wachsende Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital – Größe des vorgeschoßnen Kapitals

Inhaltsverzeichnis

Das Verhältnis, wonach der Mehrwert sich in Kapital und Revenue spaltet, als gegeben vorausgesetzt, richtet sich die Größe des akkumulierten Kapitals offenbar nach der absoluten Größe des Mehrwerts. Angenommen 80% würden kapitalisiert und 20% aufgegessen, so wird das akkumulierte Kapital 2.400 Pfd.St. oder 1.200 Pfd.St. betragen, je nachdem der GesamtMehrwert sich auf 3.000 oder auf 1.500 Pfd.St. belaufen hat. Demnach wirken bei Bestimmung der Größe der Akkumulation alle die Umstände mit, die die Masse des Mehrwerts bestimmen. Wir fassen sie hier nochmals zusammen, aber nur insofern sie mit Bezug auf die Akkumulation neue Gesichtspunkte bieten.

Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.

"Arbeitslöhne", sagt J. St. Mill, "haben keine Produktivkraft; sie sind der Preis einer Produktivkraft; Arbeitslöhne tragen nicht, neben der Arbeit selbst, zur Warenproduktion bei, so wenig als der Preis der Maschinerie selbst. Könnte Arbeit ohne Kauf gehabt werden, so wären Arbeitslöhne überflüssig."

Wenn aber die Arbeiter von der Luft leben könnten, so wären sie auch um keinen Preis zu kaufen. Ihr Nichtkosten ist also eine Grenze im mathematischen Sinn, stets unerreichbar, obgleich stets annäherbar. Es ist die beständige Tendenz des Kapitals, sie auf diesen nihilistischen Standpunkt herabzudrücken. Ein oft von mir zitierter Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, der Verfasser des "Essay on Trade and Commerce", verrät nur das innerste Seelengeheimnis des englischen Kapitals, wenn er es für die historische Lebensaufgabe Englands erklärt, den englischen Arbeitslohn auf das französische und holländische Niveau herabzudrücken. Er sagt u.a. naiv:

"Wenn aber unsre Armen" (Kunstausdruck für Arbeiter) "luxuriös leben wollen … muß ihre Arbeit natürlich teuer sein … Man betrachte nur die haarsträubende Masse von Überflüssigkeiten (heap of superfluities), die unsre Manufakturarbeiter verzehren, als da sind Branntwein, Gin, Tee, Zucker, fremde Früchte, starkes Bier, gedruckte Leinwand, Schnupf- und Rauchtabak etc."

Er zitiert die Schrift eines Fabrikanten von Northamptonshire, der mit himmelwärts schielendem Blick jammert:

"Arbeit ist ein ganzes Dritteil wohlfeiler in Frankreich als in England: denn die französischen Armen arbeiten hart und fahren hart an Nahrung und Kleidung, und ihr Hauptkonsum sind Brot, Früchte, Kräuter, Wurzeln und getrockneter Fisch; denn sie essen sehr selten Fleisch, und wenn der Weizen teuer ist, sehr wenig Brot." "Wozu", fährt der Essayist fort, "wozu noch kommt, daß ihr Getränk aus Wasser besteht oder ähnlichen schwachen Likören, so daß sie in der Tat erstaunlich wenig Geld ausgeben … Ein derartiger Zustand der Dinge ist sicherlich schwer herbeizuführen aber er ist nicht unerreichbar, wie seine Existenz sowohl in Frankreich als Holland schlagend beweist."

Zwei Jahrzehnte später verfolgte ein amerikanischer Humbug, der baronisierte Yankee Benjamin Thompson (alias Graf Rumford), dieselbe Philanthropielinie mit großem Wohlgefallen vor Gott und den Menschen. Seine "Essays" sind ein Kochbuch mit Rezepten aller Art, um Surrogate an die Stelle der teuren Normalspeisen des Arbeiters zu setzen. Ein besonders gelungnes Rezept dieses wunderlichen "Philosophen" ist folgendes:

"Fünf Pfund Gerste, fünf Pfund Mais, für 3 d. Heringe, 1 d. Salz, 1 d. Essig, 2 d. Pfeffer und Kräuter – Summa von 20 3/4 d. gibt eine Suppe für 64 Menschen, ja mit den Durchschnittspreisen von Korn kann die Kost auf 1/4 d. per Kopf" (noch nicht 3 Pfennige) "herabgedrückt werden."

Mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion hat die Warenfälschung Thompsons Ideale überflüssig gemacht.

Ende des 18. und während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts erzwangen die englischen Pächter und Landlords das absolute Minimalsalair, indem sie den Ackerbautaglöhnern weniger als das Minimum in der Form des Arbeitslohns, den Rest aber in der Form von Pfarreiunterstützung auszahlten. Ein Beispiel der Possenreißerei, womit die englischen Dogberries in ihrer "legalen" Festsetzung des Lohntarifs verfuhren:

"Als die Squires die Arbeitslöhne für Speenhamland 1795 festsetzten, hatten sie zu Mittag gespeist, dachten aber offenbar, daß die Arbeiter nicht desgleichen nötig hatten … Sie entschieden, der Wochenlohn solle 3 sh. per Mann sein, wenn der Laib Brot von 8 Pfund 11 Unzen auf 1 sh. stünde, und er solle regelmäßig wachsen, bis der Laib 1 sh. 5 d. koste. Sobald er über diesen Preis stiege, sollte der Lohn proportionell abnehmen, bis der Preis des Laibes 2 sh. erreicht hätte; und dann sollte die Nahrung des Mannes 1/5 weniger als vorher sein."

Vor dem Untersuchungskomitee des House of Lords, 1814, wird ein gewisser A. Bennett, großer Pächter, Magistrat, Armenhausverwalter und Lohnregulator, gefragt:

"Wird irgendeine Proportion zwischen dem Wert der Tagesarbeit und der Pfarreiunterstützung der Arbeiter beobachtet?" Antwort: "Ja. Das wöchentliche Einkommen jeder Familie wird über ihren Nominallohn hinaus voll gemacht bis zum Gallonlaib Brot (8 Pf. 11 Unzen) und 3 d. per Kopf … Wir unterstellen den Gallonlaib hinreichend für die Erhaltung jeder Person in der Familie während der Woche; und die 3 d. sind für Kleider; und wenn es der Pfarrei beliebt, die Kleider selbst zu stellen, werden die 3 d. abgezogen. Diese Praxis herrscht nicht nur im ganzen Westen von Wiltshire, sondern, wie ich glaube, im ganzen Land." "So", ruft ein Bourgeoisschriftsteller jener Zeit, "haben die Pächter jahrelang eine respektable Klasse ihrer Landsleute degradiert, indem sie dieselben zwangen, zum Workhouse ihre Zuflucht zu nehmen … Der Pächter hat seine eignen Gewinne vermehrt, indem er selbst die Akkumulation des unentbehrlichsten Konsumfonds auf Seite der Arbeiter verhinderte."

Welche Rolle heutzutag der direkte Raub am notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in der Bildung des Mehrwerts und daher des Akkumulationsfonds des Kapitals spielt, hat beispielsweis die sog. Hausarbeit (s. Kap. XV, 8, c.) gezeigt. Weitere Tatsachen im Verlauf dieses Abschnitts.

Obschon in allen Industriezweigen der aus Arbeitsmitteln bestehende Teil des konstanten Kapitals genügen muß für eine gewisse, durch die Größe der Anlage bestimmte Anzahl Arbeiter, so braucht er doch keineswegs immer in demselben Verhältnis zu wachsen wie die beschäftigte Arbeitsmenge. In einer Fabrikanlage mögen hundert Arbeiter bei achtstündiger Arbeit 800 Arbeitsstunden liefern. Will der Kapitalist diese Summe um die Hälfte steigern, so kann er 50 neue Arbeiter anstellen; dann muß er aber auch ein neues Kapital vorschießen, nicht nur für Löhne, sondern auch für Arbeitsmittel. Er kann aber auch die alten 100 Arbeiter 12 Stunden arbeiten lassen statt 8, und dann genügen die schon vorhandnen Arbeitsmittel, die sich dann bloß rascher verschleißen. So kann durch höhere Anspannung der Arbeitskraft erzeugte, zusätzliche Arbeit das Mehrprodukt und den Mehrwert, die Substanz der Akkumulation, steigern ohne verhältnismäßige Steigerung des konstanten Kapitalteils.

In der extraktiven Industrie, den Bergwerken z.B., bilden die Rohstoffe keinen Bestandteil des Kapitalvorschusses. Der Arbeitsgegenstand ist hier nicht Produkt vorhergegangner Arbeit, sondern von der Natur gratis geschenkt. So Metallerz, Minerale, Steinkohlen, Steine etc. Hier besteht das konstante Kapital fast ausschließlich in Arbeitsmitteln, die ein vermehrtes Arbeitsquantum sehr gut vertragen können (Tag- und Nachtschicht von Arbeitern z.B.). Alle andern Umstände gleichgesetzt, wird aber Masse und Wert des Produkts steigen in direktem Verhältnis der angewandten Arbeit. Wie am ersten Tag der Produktion, gehn hier die ursprünglichen Produktbildner, daher auch die Bildner der stofflichen Elemente des Kapitals, Mensch und Natur, zusammen. Dank der Elastizität der Arbeitskraft hat sich das Gebiet der Akkumulation erweitert ohne vorherige Vergrößerung des konstanten Kapitals.

In der Agrikultur kann man das bebaute Land nicht ausdehnen ohne Vorschuß von zusätzlichem Samen und Dünger. Aber dieser Vorschuß einmal gemacht, übt selbst die rein mechanische Bearbeitung des Bodens eine wundertätige Wirkung auf die Massenhaftigkeit des Produkts. Eine größere Arbeitsmenge, geleistet von der bisherigen Anzahl Arbeiter, steigert so die Fruchtbarkeit, ohne neuen Vorschuß an Arbeitsmitteln zu erfordern. Es ist wieder direkte Wirkung des Menschen auf die Natur, welche zur unmittelbaren Quelle gesteigerter Akkumulation wird, ohne Dazwischenkunft eines neuen Kapitals.

Endlich in der eigentlichen Industrie setzt jede zusätzliche Ausgabe an Arbeit eine entsprechende Zusatzausgabe an Rohstoffen voraus, aber nicht notwendig auch an Arbeitsmitteln. Und da die extraktive Industrie und Agrikultur der fabrizierenden Industrie ihre eignen Rohstoffe und die ihrer Arbeitsmittel liefern, kommt dieser auch der Produktenzuschuß zugute, den jene ohne zusätzlichen Kapitalzuschuß erzeugt haben.

Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansions-kraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.

Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit.

Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts. Bei gleichbleibender Teilung desselben in Revenue und Zusatzkapital kann daher die Konsumtion des Kapitalisten wachsen ohne Abnahme des Akkumulationsfonds. Die proportionelle Größe des Akkumulationsfonds kann selbst auf Kosten des Konsumtionsfonds wachsen, während die Verwohlfeilerung der Waren dem Kapitalisten ebenso viele oder mehr Genußmittel als vorher zur Verfügung stellt. Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.

Die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit reagiert auch auf das Originalkapital oder das bereits im Produktionsprozeß befindliche Kapital. Ein Teil des funktionierenden konstanten Kapitals besteht aus Arbeitsmitteln, wie Maschinerie usw., die nur in längeren Perioden konsumiert und daher reproduziert oder durch neue Exemplare derselben Art ersetzt werden. Aber jedes Jahr stirbt ein Teil dieser Arbeitsmittel ab oder erreicht das Endziel seiner produktiven Funktion. Er befindet sich daher jedes Jahr im Stadium seiner periodischen Reproduktion oder seines Ersatzes durch neue Exemplare derselben Art. Hat die Produktivkraft der Arbeit sich in der Geburtsstätte dieser Arbeitsmittel erweitert, und sie entwickelt sich fortwährend mit dem ununterbrochenen Fluß der Wissenschaft und der Technik, so tritt wirkungsvollere und, ihren Leistungsumfang betrachtet, wohlfeilere Maschine, Werkzeug, Apparat usw. an die Stelle der alten. Das alte Kapital wird in einer produktiveren Form reproduziert, abgesehn von der fortwährenden Detailveränderung an den vorhandnen Arbeitsmitteln. Der andre Teil des konstanten Kapitals, Rohmaterial und Hilfsstoffe, wird fortwährend innerhalb des Jahrs, der der Agrikultur entstammende meist jährlich reproduziert. Jede Einführung beßrer Methoden usw. wirkt hier also fast gleichzeitig auf Zuschußkapital und bereits in Funktion begriffnes Kapital. Jeder Fortschritt der Chemie vermannigfacht nicht nur die Zahl der nützlichen Stoffe und die Nutzanwendungen der schon bekannten, und dehnt daher mit dem Wachstum des Kapitals seine Anlagesphären aus. Er lehrt zugleich die Exkremente des Produktions- und Konsumtionsprozesses in den Kreislauf des Reproduktionsprozesses zurückschleudern, schafft also ohne vorherige Kapitalauslage neuen Kapitalstoff. Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. Allerdings ist diese Entwicklung der Produktivkraft zugleich begleitet von teilweiser Depreziation funktionierender Kapitale. Soweit diese Depreziation sich durch die Konkurrenz akut fühlbar macht, fällt die Hauptwucht auf den Arbeiter, in dessen gesteigerter Exploitation der Kapitalist Schadenersatz sucht.

Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.

Ein englischer und ein chinesischer Spinner z.B. mögen dieselbe Stundenzahl mit derselben Intensität arbeiten, so werden beide in einer Woche gleiche Werte erzeugen. Trotz dieser Gleichheit besteht ein ungeheurer Unterschied zwischen dem Wert des Wochenprodukts des Engländers, der mit einem gewaltigen Automaten arbeitet, und des Chinesen, der nur ein Spinnrad hat. In derselben Zeit, wo der Chinese ein Pfund Baumwolle, verspinnt der Engländer mehrere hundert Pfund. Eine um mehrere hundert Mal größere Summe alter Werte schwellt den Wert seines Produkts an, in welchem sie in neuer nutzbarer Form erhalten werden und so von neuem als Kapital funktionieren können. "1782", belehrt uns F. Engels, "lag die ganze Wollernte der vorhergehenden drei Jahre" (in England) "aus Mangel an Arbeitern noch unverarbeitet da und hätte liegenbleiben müssen, wenn nicht die neuerfundne Maschinerie zu Hilfe gekommen wäre und sie versponnen hätte." Die in der Form von Maschinerie vergegenständlichte Arbeit stampfte natürlich unmittelbar keinen Menschen aus dem Boden, aber sie erlaubte einer geringen Arbeiteranzahl durch Zusatz von relativ wenig lebendiger Arbeit nicht nur die Wolle produktiv zu konsumieren und ihr Neuwert zuzusetzen, sondern in der Form von Garn usw. ihren alten Wert zu erhalten. Sie lieferte damit zugleich Mittel und Sporn zur erweiterten Reproduktion von Wolle. Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.

Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. In andren Worten: Es wächst die Wert- und Stoffmasse der Arbeitsmittel, wie Baulichkeiten, Maschinerie, Drainierungsröhren, Arbeitsvieh, Apparate jeder Art, die während längerer oder kürzerer Perioden, in beständig wiederholten Produktionsprozessen, ihrem ganzen Umfang nach funktionieren oder zur Erzielung bestimmter Nutzeffekte dienen, während sie nur allmählich verschleißen, daher ihren Wert nur stückweis verlieren, also auch nur stückweis auf das Produkt übertragen. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweis konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.