Loe raamatut: «Ich sag's mit Sax!»

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Manche Menschen machen meine Welt wunderbar,

einfach nur, weil ich sie kenne, ihre Stimme höre

oder Zeit mit ihnen verbringen kann.

Einige (vielleicht auch beiläufig) gesagte Worte von ihnen

habe ich ganz tief in mein Herz einzementiert und

sie sind Motivation für vieles, was ich im Leben versuche.

Dankeschön an alle, die mir ihre Zeit geschenkt haben!

adakia Verlag UG (haftungsbeschränkt), Leipzig

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Gesamtherstellung: adakia Verlag, Leipzig

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH

2. Auflage, Februar 2021

ISBN 978-3-941935-87-7 (EPUB)

ISBN 978-3-941935-86-0 (MOBI)


Inhalt

Cover

Impressum

Titel

Vorwort

Wie alles begann

Liebe auf den ersten Ton

Saxophon- und Klavierlehrer

Die erste Band

Storys hinter der TV Kamera

Vom Fern-Sehen

Wie ein Balletttänzer meinen Auftritt rettete

Zu Gast im Mittagsmagazin

Das Lied vom Schwan

Von der Ostsee in den Sattel – Dreh mit Pferden

Die deutsche Nationalhymne

Mit Sax im Boxring

Parallelen von Sportlern und Musikern

Mein Saxophon wird »Miss Black« getauft

»Miss Black«

Das Saxophon höchstpersönlich erzählt

Über die Beziehung zu einem lebenden Gegenstand

Tournee-Spaß

Kosmetikkoffer und Hotel-Foyer

Fußball-WM und Winnetou

Spaß mit dem „S“

Die arme Security

Gage auf Roulette-Tisch

Späßchen auf der Bühne

Musikalische Begegnungen und Gedanken im Einkaufscenter

Unvergessene Veranstaltungen

Annaberger Bühnensturz

Formel 1 und heißer Asphalt

Finn Martin: »Unser Leben hängt immer am Faden«

Weihnachtstour mit gebrochenem Finger

Konzert für Gnadenhof

Vernebelter Techniker

Saxophon mit Galoppverstärkung

Im Showlexikon und Museum

Der ganz normale Wahnsinn im Profi-Alltag

Sax und ich – das tägliche Üben

Vom Schüler- und Lehrersein

Zwischen Fitness und Sax-Appeal

Mein Saxophonorchester »Sax & Fun«

Begegnungen mit der Polizei

Ich, der Betrüger und der Comedyfilm

Die Frau auf der Autogrammkarte

Polizeischau Neumünster

Über den Umgang mit manch’ Promis

Gedanken zu VIPs

Giovanni Trappatoni

Nena

Mike Krüger

Monica Theodorescuo

Ede Geyer

Bonnie Tyler

Mathias Platzek

Robert Harting

Mal ganz private Gedanken

Der Mann von damals in der Bar

Wie manch’ Bild entstand

AB oder »Geh raus und hab Spaß …«

Einmal Leben tauschen und zurück

Die lieben Nachbarn

Kleine Tipps für Saxophonfreunde oder die, die es werden wollen

Schlusswort(e)


Vorwort

Ich gehe davon aus, dass mich nur 0,00002 Prozent der deutschen Bevölkerung kennen, aber ich saß trotzdem bereits mit einigen Berühmtheiten an einem Tisch. So traf ich unsere Bundeskanzlerin Frau Merkel, spielte für Giovanni Trapattoni und Nena, trat in Shows unter anderen neben Mike Krüger, Nina Hagen und Jürgen Drews auf und flog mit meinem Saxophon durch einige Länder.

Deshalb hier ein paar erklärende Worte zu mir.

Heute bin ich über 40 Jahre alt und habe fast die gleiche Zeit mit meinem Saxophon verbracht. Dass mein Hobby tatsächlich zum Beruf werden würde, war nicht immer vorgegeben, nicht wirklich einfach und ursprünglich nicht einmal geplant.

Wenn es da nicht diesen einen Mann gegeben hätte!

Ich war verdammt jung und das erste Mal soooo verliebt, wie Frau es eben ist …

Nun saß ich also mit IHM in einer Bar. Ich MUSSTE ihn beeindrucken – irgendwie!

Einfach völlig locker drauf los plappernd entglitt mir der Satz:

»Du, ich werde übrigens Solosaxophonistin.«

Upps, seine Augen katapultierten auf die Größe von LKW-Reifen und er sah mich daraus zwar irgendwie liebevoll, aber vorwiegend mitleidig und sehr zweifelnd an.

ER glaubte mir nicht, er dachte tatsächlich ich spinne!

Ab jetzt war ich extrem unter Druck.

Der – bis dahin völlig undurchdachte – Satz sollte nun Wirklichkeit werden.

Ich MUSSTE also irgendwie Solosaxophonistin sein.

Und zwar schnell!

Diesen Blick des Mannes, den ich unbedingt für mich begeistern wollte, nahm ich als Herausforderung. Übrigens ahnte ich damals nicht, wie oft mir seine Kombination von LKW-Reifen-Augen und absoluter Ungläubigkeit im Leben noch begegnen würde.

Ich ahnte aber auch nicht, wie viel Begeisterung und Gaudi mir mein Saxophon noch bescherte, wohin das Sax uns überall führte und wen ich dadurch alles kennenlernte.

Und in einigen wenigen Augenblicken war ich auch kurz davor, es eigenhändig in die Schrottpresse zu stecken.


Liebe auf den ersten Ton

Freilich kam ich nicht Saxophon spielend auf die Welt. Ich wurde nicht in einem Schloss geboren und auch nicht mit goldenen Löffeln gefüttert. Aber ich hatte eine grandios glückliche Kindheit mit allem, was dazugehört. Ich tobte viel im Garten, hatte meinen Hund Arco, war im Winter zum Skifahren in den Bergen und im Sommer am Meer.

Die liebevollsten Eltern der Welt waren zweifellos meine und sie taten alles für mich, was irgend möglich war.


Trotz beruflicher Anspannung investierten sie sehr viel Zeit in mich. Wir lasen in Kinderbüchern, sangen Lieder und unterhielten uns sehr viel über Dinge, die wichtig sind für einen kleinen Menschen. Ich meine solche Sachen wie Ehrlichkeit, Anstand, Respekt und Mut zum Gefühlezeigen. Musikalisch waren meine Eltern glücklicherweise auch. Als ich aus dem Schrei- und Rasselklapperalter raus war, hatte ich plötzlich ein Akkordeon um! Nach gefühlten zehn Wochen, vielleicht waren es tief in meiner Seele auch nur zehn Minuten, beschloss ich: DAS Instrument hasse ich. Meine Standpunkte verteidigte ich schon damals recht konsequent. Ich zeigte kurzzeitig Kompromissbereitschaft, aber immer gekoppelt mit allen falschen Tönen, die ich dem Ding entlocken konnte. War auch nicht schwer. Ich tat einfach so, als würde ich üben. Den monotonen Klang des Akkordeons blendete ich durch konsequentes Weghören aus.

Man kann mit gewissen Ton-Kombinationen schon akustische Umweltverschmutzung betreiben und damit elterliche Nerven extrem auf die Probe stellen.

Und genau das war der Plan. (… Mut zum Gefühlezeigen!) Der Sound des Akkordeons war für mich persönlich der grausamste Sound meines Lebens. Und mein Blick war nie auf den Noten, sondern immer auf Papas faszinierendem SAXOPHON! Nach kurzer Zeit hielt ich es das erste Mal allein in den Händen.

Das Saxophon fühlte sich grandios an, fast so, als wäre es extra für mich gebaut worden. Es sah umwerfend aus, mit all seiner Eleganz und Persönlichkeit.

Ich erinnere mich noch heute, dass in diesem Augenblick ein Lichtstrahl auf die goldig glänzenden Klappen fiel.

Was für ein magischer Moment! Ich entlockte dem Sax einen ersten Ton und hatte sofort das Gefühl: DIESES Instrument »lebt«.

Ab diesem Zeitpunkt waren meine Puppen langweilig. Als Papa mir dann noch eine Melodie vorspielte, die ich Wochen vorher auf dem Akkordeon üben musste und akustisch der direkte Vergleich stand, war es um mich geschehen.

Halleluja, genau das war es, was ich wollte.

Liebe auf den ersten Ton.


Als Kind im Urlaub … die entspannteste Zeit überhaupt.


Arco war einer der ersten Männer in meinem Leben.

Saxophon- und Klavierlehrer

In elterlicher Obhut begann also meine Musikausbildung. Papa legte meine Finger auf die Klappen des Saxophons und zeigte mir, wie man ihm Töne entlockt. Mama schulte mein Gehör durch Klavierbegleitung. Wir musizierten zu dritt. Es machte riesigen Spaß. Allerdings passierten mir doch einige falsche Töne (in Wirklichkeit war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Ton richtig). Wie bei jeder Ausbildung gehörten demzufolge auch Korrekturen dazu.

In meinem kindlichen Kopf war das allerdings ein unerträglicher Zustand. ICH sollte Fehler machen? Niemals! Das sagten sie doch nur, weil mein Kinderzimmer nicht wirklich einem sterilen OP-Saal glich! Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Mein Zimmer mutierte hin und wieder schon zum Chaos. Teilweise musste man echt sportlich sein, um so große Schritte machen zu können, dass man unfallfrei von der Tür zum Schrank kam. Aber Saxophon üben war einfach wichtiger, als aufzuräumen. Und diese Prioritäten setzte ich verdammt konsequent.

Um die häusliche Harmonie zu retten, bekam ich einen fremden Lehrer, Gerhard Jahn. Ich fuhr nun einmal wöchentlich von meiner kleinen Heimatstadt Brehna mit dem Zug nach Halle zur Musikschule. Gerhard Jahn war klasse, aber auch autoritär.

Wir wurden schnell richtig gute Freunde. Ich widersprach fast nie und übte verdammt fleißig all diese Etüden. Derartige Übungen dienen unter anderem der Fingerfertigkeit und klingen meist unterirdisch langweilig. Oft ging eine Etüde mindestens über eine A4-Seite. Ich mochte sie trotzdem und spielte aus Spaß mit mir selbst um die Wette. Jeden Tag notierte ich mein erreichtes Tempo und freute mich wie ein Schneekönig, wenn ich wieder schneller geworden war. Einige davon kann ich noch heute auswendig. Aber ich wollte mehr, moderne Lieder, schöne Melodien, Solostücke und so etwas! Herr Jahn erfüllte mir diese Wünsche hin und wieder, achtete aber stets auf korrekte Ausführung der parallel aufgegebenen Etüden. Später baute er musikalische Ausflüge in die Klassik ein. Beethoven, Mozart, Händel, Vivaldi! Sie alle erforderten flotte Fingerfertigkeit und ich verstand den Sinn der Etüden am praktischen Beispiel. Sobald wir ein melodisches Stück behandelt hatten, standen wieder zehn Wochen Etüden im Programm.

Eines Tages meinte Herr Jahn, dass ich zusätzlich Klavierunterricht brauche. Okay! Er empfahl mir meinen zukünftigen Klavierlehrer mit den Worten: »Kathrin, der ist gaaaanz witzig, ihr werdet jede Menge Spaß haben.« Meine Liebe galt dem Sax, das stand fest für die Ewigkeit, aber nach der Tragik mit dem Akkordeon beschloss ich, den schwarz-weißen Tasten noch eine Chance zu geben. Ich vertraute ja auf die Ankündigung »witzige und spaßige Person« und ging mit genau diesem Gedanken zur ersten Klavierstunde.

Herbert Benasse begrüßte mich: »G-g-guten T-t-Tag K-k-kathrin, sp-p-piel mir d-d-doch mal w-w-was vor!«

Super, dachte ich, er macht gleich am Anfang einen Witz! Nun wollte ich die Fröhlichkeit seinerseits knackig fortführen und antwortete: »G-g-guten T-t-Tag Herr B-b-benasse! K-k-klar d-ddoch!« Da war er – dieser Moment – schockierte LKW-Reifengroße Augen sahen mich an. »Scheiße!«, schoss es mir durch den Kopf und ich begriff in diesem Augenblick, dass die Begrüßung gar nicht witzig sein sollte. Herr Benasse stotterte wirklich! In diesem Moment wäre ich am liebsten in den Erdboden versunken.

Natürlich wurde ich röter als mein extra neu gekaufter Pullover, ich bekam Schweißausbrüche und meine Finger wurden beim Vorspiel noch steifer, als sie eh schon waren. Dieser fürchterliche Fauxpas war mir Jahre später noch schrecklich peinlich. Die nächsten sechs Jahre Klavierunterricht wurden alles andere als witzig und meine Liebe zum Saxophon wurde manifestiert.

Immerhin – er brachte mir ne Menge bei, war immer fair und ließ mich durch keine Prüfung rauschen. Eine halbwegs gute Pianistin konnte er aus mir trotz aller Kraftanstrengung nicht machen.

Die erste Band

Irgendwann fragten mich meine Musik-Lehrer tatsächlich, ob ich Lust hätte, in ihrer Band zu spielen. So durfte ich noch als Schülerin neben meinen Lehrern Gerhard Jahn und Herbert Benasse in der größten Halleschen Tanzband aufschlagen.

Ab jetzt war ich Saxophonistin in der Wolfgang Kudritzki Band!


Es war die beste Schule, die mir passieren konnte. Neben Profis als blutiger Anfänger (wobei ich das zu diesem Zeitpunkt keineswegs so sah!) lernte ich, die Theorie in der Praxis anzuwenden. Blattspiel zum Beispiel … das heißt, man bekommt ohne Probe irgendein fremdes Notenblatt vorgelegt und schon geht’s los … 1-2-3-4 und ab die Post! Das war wörtlich zu nehmen, die Männer waren schneller als die Polizei erlaubt, und bis ich es begriff, waren die Herren bereits im Refrain. Das Prozedere wiederholte sich tragischerweise regelmäßig.

Wir begleiteten auch Artisten – die mitgebrachten Partituren dieser Künstlergattung waren immer schnell und meistens auch sehr schwierig zu spielen. Außerdem fuhren die Solisten oft von einem Auftritt zum nächsten, standen also unter Zeitdruck und kamen immer so knapp, dass echt NIE eine Probe vorab möglich war. Aber ich war lernfähig und meine Lehrer hatten bewundernswert große Geduld mit mir. Ich hatte übrigens im Leben noch viel häufiger das Glück, mit Leuten zu arbeiten, die mir zeigten, wo der Haken hängt. Das ist zwar immer sehr schwierig und erdend, dafür aber extrem bildend.

Ausreichend Lampenfieber war auch immer im Gepäck.

Einmal begleiteten wir ein internationales Tanzturnier. Man erklärte mir vorab, was auf mich (immer noch als Schülerin!) zukommt. Standards, Walzer, Tango, Quickstep, Rock ’n’ Roll und lateinamerikanische Sachen wie Samba, Rumba, Paso Doble, Jive.

Oh, was war ich aufgeregt! Ich war sogar so aufgeregt, dass ich zwar alle meine passenden Outfits einpackte, aber beide Saxophone vergaß. Wir bemerkten das nach knapp 80 Kilometern zurückgelegter Strecke. Der Bandbus drehte meinetwegen und wir holten die Instrumente. Ich hörte mir 160 Kilometer lang an, wie unerklärlich es sei, zwar an Outfits zu denken, aber die Saxophone zu vergessen und welche Vorteile doch ein Mann am Saxophon hätte. Mist, irgendwie hatten sie ja Recht.

Ich riss mich bei diesem Tanzturnier dermaßen zusammen, dass ich sämtliche Stilistiken einhielt, keinen Einsatz verpasste und mich trotzdem noch showmäßig bewegte. Wahrscheinlich war ich selten sieben Stunden am Stück so hochkonzentriert. Am Ende kam ein Wertungsrichter in die Bandgarderobe und meinte:

»Meine Herren – Glückwunsch zu dieser gelungenen Veranstaltung. Sehr gern kommen wir wieder auf sie zu. Und ihre Frau mit Saxophon war klasse.«

Ich verkniff mir ein Lächeln.

Viele Abende stand ich nun musizierend auf Bühnen und kam erst spät nachts heim. Da ich in der Schule ausgesprochen gut war, entfiel so auch gelegentlich die erste Stunde Mathematik oder Geografie. Die Hausaufgaben waren immer leicht, gab es doch mal die Schulnote zwei, ärgerte ich mich maßlos. Ich hatte fast immer alles Einsen (außer in Ordnung und Betragen). Das hielt mir den Rücken frei, um die verbleibende Zeit in die Musik zu investieren und mit meinem Hund zu spielen.

Als Band arbeiteten wir mit Dagmar Frederic, Heinz Florian Oertel, Eberhard Chors, Günthi Krause und Peter Wieland. Sie waren zur damaligen Zeit der Wende echte Stars, die sich ihre Karriere bereits erarbeitet hatten und mit mir trotzdem bodenständig und ausgesprochen liebenswert umgingen. Das prägte mich für die Zukunft: »Den wahren Charakter eines Menschen erkennt man daran, wie er mit Schwächeren umgeht.« Die ersten Schritte auf die Bühne waren also getan und ich verstand allmählich:

Erfolg ist eine Treppe – keine Tür! Man geht nicht einfach durch eine Tür und ist am Ziel. Und eine Treppe kann man recht mühsam nach oben steigen, aber ebenso flott nach unten stolpern … und in High Heels geht’s noch schneller abwärts! Aber oft war das Glück an meiner Seite.



Vom Fern-Sehen

Wenn sich ein Künstler nur auf sein Glück verlässt, wird er ganz schnell vom Glück verlassen sein. Zu unserem Beruf gehört mehr, als so mancher glaubt. Das Zauberwort heißt Arbeit. Damit meine ich Beständigkeit, Biss, Kreativität und immer wieder üben, üben und nochmals üben. Sonst sieht man dem Geschäft schneller zu, als einem lieb ist – und zwar aus der Ferne!

Da ich das nicht vorhatte, war ich längst zum Arbeiter geworden. Ich wollte nicht auf dem Sofa liegen, Schokolade in mich reinstopfen und über andere Leute im Fernsehen meckern.

Und ein Künstler braucht Öffentlichkeit. Er muss gesehen werden – am besten im Fernsehen. Mein Ziel war, es wenigstens selbst zu versuchen. Dass diesen Gedanken Unmengen an Menschen haben, ist zu jeder Tageszeit im TV zu erleben. Nun gut, bei manchen klappt es, bei manchen geht es schief. Welche Varianten hatte ich also für mich?

Das Risiko, dass mein Fernsehauftritt bei Günther Jauchs »Wer wird Millionär« in öffentlicher Blamage endet, war zu hoch. Ehrlich, dafür bin ich zu doof.

Für die Chirurgen-Sendung »Extrem schön« war ich eventuell von Mutter Natur noch zu gut ausgestattet, also nicht hässlich genug. Ich halte mich zwar nicht für schön, aber wenn ich gebadet, eingecremt und geschminkt bin, ist es zumindest irgendwie auch ohne plastische Chirurgie zu vertreten. Und das »Dschungelcamp« kam für mich als Vegetarier und mit einigen Phobien belastet auch nicht in Frage. Es gibt noch »Frauentausch«. Aber das hätte extremes Aufräumen bedeutet. Irgendwie ist bei mir im Haus immer das Chaos vorherrschend. Ich hatte ja schon als Kind in Ordnung nur ne Zwei auf dem Zeugnis. Außerdem, welcher fremde Mann könnte mich und mein ständiges Saxophonspiel eine Woche lang ertragen? Diese Kraft hatte nur einer, und der hätte mich NIEMALS eine komplette Woche mit einer anderen Frau getauscht.

Beim Schreiben dieser Zeilen stockt mir gerade der Atem – ich hab IHN eigentlich nie danach gefragt …

Oh, also schnell zurück zur Realität!

Meine realistische Chance ins Fernsehen zu kommen, bestand also nur, wenn ich gute Arbeit vorlegte und mein Saxophon klingen ließ. Dieser Grundsatz zieht sich bis heute durch mein Leben. Ich hab ganz sicher ne Menge Fehler, aber mangelnden Fleiß kann mir niemand vorwerfen.

Nun ist Fernsehen aber ein sehr spezielles Thema.

Als Zuschauer erlebt man immer die perfekte Show, hoch professionell inszeniert. Allerdings – wie im wahren Leben auch – spielen sich hinter den Kulissen manchmal lustige, manchmal auch tragische und nicht immer vorhersehbare Dinge ab. Und genau dahin möchte ich Sie jetzt mitnehmen und Ihnen einige Begebenheiten erzählen.

Wie ein Balletttänzer meinen Auftritt rettete

Vorweihnachtszeit 2011.

Es stand eine Musiksendung im Fernsehen an.

Für einen Instrumentalisten ist das prinzipiell ein großes Glück, zum ganz großen Glück wird es, wenn man diese Chance bekommt, ohne einen Namen wie zum Beispiel Claydermann oder Garrett zu tragen. Und da mein Name Kathrin Eipert ist, ich aus Brehna komme, und ich weder ein Management noch eine Plattenfirma mit entsprechenden »Vitamin-B-Kontakten« im Rücken habe, war es echt phänomenal.

Es ging also in die Chemnitzer Stadthalle zur Aufzeichnung von »Weihnachten bei uns« mit Inka Bause. Der Weg klingt kürzer als er ist, nicht unbedingt in Kilometern gerechnet, sondern in Zeit. Ich füge vor TV-Shows dieses Kalibers nämlich immer einige »Umwege« ein.

Umwege zum Frisör, Umwege zur Kosmetikerin, Umwege ins Fingernagelstudio. Nicht zu vergessen sind die Umwege in Boutiquen. Irgendetwas brauche ich ja immer zum Anziehen, und zwar etwas Neues, Schönes, Passendes. Einkaufen ist für mich übrigens der absolute Horror. Es ist eine wahnsinnige Zeitinvestition, bis ich das passende Outfit komplett habe. Passen muss die Klamotte ja zu mir, zum Musiktitel und nicht zuletzt zum schwarz-silbernen Sax.

Ich beneide jeden Star, der dafür Profis an seiner Seite hat!

Und ganz sicher wünschen sich meine begleitenden Freunde auch, dass ich dafür ’nen Profi hätte. Sie erleben nämlich bei meinen Shopping-Trips die gesamte Klaviatur der Emotionen.

Nun gut, die Umwege lagen erfolgreich hinter uns (ich besaß ein neues Abendkleid, schwarz, mit lachsfarbener Schleppe) und meine beiden Techniker und ich kamen in Chemnitz an.

Es war eine Weihnachtssendung mit wirklich gelungener Kulisse. Der MDR hatte eine Kombination aus Weihnachtslandschaft, kleinen Fachwerkhäusern und tausenden Lichtern aufgebaut.

Meine Musik war total romantisch – ein Medley aus Bette Midlers »The rose«, »From a distance« und »Wind beneath my wings«.

Der Auftritt war so geplant, dass vier tolle Tänzer vom MDR Fernsehballett mir optische Unterstützung gaben und ich in einer riesigen Weihnachtskugel spielte.

Diese Weihnachtskugel war ein dekorierter, knapp zwei Meter großer Luftballon.

Der Riesenballon ist eigentlich wie jeder normale kleine Luftballon auch, nur wesentlich größer. Ich musste da ja reinpassen. Das Zeug besteht aus Gummi. Wie sich jeder vorstellen kann, ist Gummi nicht wirklich atmungsaktiv. Und bei einem Durchmesser von etwa einem Meter achtzig ergibt sich ein Volumen von knapp über drei Kubikmetern, also deutlich kleiner als beispielsweise ein Renault Twingo. Nicht wirklich viel, um darin längere Zeit zu verweilen …

Und zusätzliches Fernsehlicht macht zwar immer ausgesprochen schön, ist aber gefühlt heißer als die Sonne.

Ich möchte Ihnen meine Situation etwas verdeutlichen. Stellen Sie sich bitte vor, Sie sitzen fünfzehn Minuten im Hochsommer bei gleißendem Sonnenlicht im komplett geschlossenen Renault Twingo – und zwar ohne Klimaanlage! Recht zügig steigt die Temperatur auf über 50 Grad Celsius und Sie werden beginnen, extrem zu schwitzen. Ich auch!

Die Maske hatte echt großartige Arbeit geleistet, die Frisur hielt wie ursprünglich gedacht und das Make-up sah aus, als würde ich mich völlig normal fühlen. Dass meine Garderobe inzwischen komplett nassgeschwitzt war, konnte der TV-Zuschauer weder sehen noch riechen.

Nur die Luft wurde irgendwann knapp. Aber gut, darauf war ich ja trainiert.

Doch eine winzige Kleinigkeit hatte ich nicht bedacht: Meine Hände waren auch nassgeschwitzt.

An einem ganz bestimmten Punkt im Lied musste der Ballon wirkungsvoll knallen und ich in voller Schönheit weiter spielen.

Da ich das musikalische Arrangement kannte wie kein zweiter, sollte ich den Ballon zum Knallen bringen. Dafür hatte ich im Kleid eine Nagelfeile befestigt, die ich nur kurz raus ziehen und in den Ballon stechen musste. Eigentlich ein guter Plan. Wenn da nicht die nassen Hände gewesen wären. Die dämliche Nagelfeile rutschte durch meine Finger, noch bevor sie den Ballon auch nur annähernd erreichte. Ich versuchte kurz, durch einen kräftigen Boxschlag den Knall zu erzwingen – aber auch das ging schief. Panik setzte ein.

Da hatte ich es bis zu einer Musiksendung geschafft und sollte trotz neuem Kleid und perfekter Maske die Sendung als Silhouette im Gummiballon verbringen? Nun, es sah fast so aus.

Der Regisseur, Axel Müller-Hönow, gab mir noch eine einzige Chance, ansonsten wäre der Beitrag vielleicht sogar komplett aus der Sendung geflogen. Diesen Umstand bekamen natürlich auch die Tänzer vom Fernsehballett mit.

Der gutaussehende Solotänzer kam mir zu Hilfe! Er meinte tiefenentspannt: »Kathrin, ich weiß, wann der Ballon knallen muss. Gib mir die Nagelfeile, ich drehe tanzend ein und steche zu.« Solche Menschen, die mit einem Satz meine (mir auch durchaus anzusehende) Verzweiflung in Lachen auflösen können, sind echt Gold wert.

Ich ging Stunden später also wieder in den Ballon, logischerweise noch mehr schwitzend als sonst – wegen Aufregung pur! Mein Herz schlug so sehr, dass mein (zusätzlich wärmender) Pushup-BH nicht nötig gewesen wäre.

Es kam diese Stelle im Lied – und – JA!

Er knallte punktgenau, die mir entgegen kommende warme Studioluft empfand ich kühlender als einen Polarsturm und spielte erfrischt, zufrieden und überglücklich weiter.

Bei der After-Show-Party war dann auch ich tiefenentspannt. Außerdem war es mir eine Freude, bei einem Glas Sekt mit den Höhnern zu plaudern. Und in der Künstlergarderobe hatte ich mit Veronika Fischer und Margot und Maria Hellwig eine Menge Spaß …, klar, wenn vier Blondinen sich die Garderobe teilen …!


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