Grüner Hund

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Zwei Tonnen Hund

Wie Baba in mein Leben trat

Baba war ein Zufall. Ich wollte einen ganz anderen Hund adoptieren, eine aufgeweckte Belgische Schäferhündin, die allerdings anderswohin vermittelt wurde. In Freiburg führte ich damals die Tierheimhunde aus und nahm häufiger Clementine mit, eine stark übergewichtige Rottweiler-Hündin. Ein armer, fetter Findling mit unbekannter Vergangenheit. Clementine war auf unseren Gassi-Runden in der Regel teilnahmslos, lief gleichgültig neben mir an der Leine und interessierte sich weder für mich noch für die Umgebung. Ich hatte nicht allzu viel Freude mit ihr, sie tat mir aber leid – ich wollte, dass sie wenigstens etwas von ihren 30 überschüssigen Kilos verliert. Bei einem unserer Gassi-Gänge begleitete mich mein damaliger Partner. Und Clementine war wie ausgewechselt: Sie brachte uns Stöckchen, animierte zum Spielen, legte sich mit Schwung auf den Rücken, um am Bauch gekrault zu werden, und schmuste mit uns. Sie tat einfach alles, was ein agiler, neugieriger, lebenslustiger Hund tut. "Sag mal, wollen wir nicht die Clementine adoptieren?", fragte ich meinen Freund in einem Anfall von Übermut. "Bist du verrückt, zwei Tonnen Hund?", fragte er zurück.


Hauptsache Rudel

Ein paar Tage später zogen die zwei Tonnen Hund bei uns ein. Aus Clementine wurde Baba, auf Polnisch "Weib". Der Name schien mir passend, weil der süße Klotz so grobmotorisch und ungraziös unterwegs war, keine Elfe und ganz sicher keine Lady. "Rammbock" hätte ihr aber auch gestanden. Sehr schnell haben wir herausgefunden, wie Baba tickt. Nicht mein Freund, also nicht die männliche Gesellschaft, wie ich ursprünglich vermutet hatte, war der Grund für Babas gute Laune, sondern die Nähe des "Rudels". Baba war nur ein ganzer Hund, wenn zwei oder mehr Menschen in der Nähe waren. Dann versprühte sie ihren Charme und glänzte mit überdurchschnittlicher Intelligenz. Sie lief immer ohne Leine – außer in der Stadt, als Alibi – und niemals weiter als fünf Meter von ihrem Menschen entfernt, meist direkt bei Fuß. Sie erledigte sogar ihr Geschäft auf Kommando, wartete dann aber oft, bis ich von meinem Abstecher zum Mülleimer wieder zurückkam und wir den weiteren Weg fortsetzen konnten. Der Tüte hinterher zu traben und wieder zurück, schien ihr häufig sinnlos. Sie war eine Einzelgängerin, anderen Hunden gegenüber vollkommen gleichgültig. Es zählte nur der Mensch. Wir verstanden uns wortlos. Sie war uns eine großartige Partnerin und treue Begleiterin. Eine Persönlichkeit, ein Dickkopf, ein süßer Fratz. Im Laufe der Zeit hat sie ihre überflüssigen Pfunde verloren, an Grazie aber keinen Deut gewonnen.

Dreijährige Freundschaft

Nach drei gemeinsamen Jahren, sie war ungefähr zehn, mussten wir sie leider wegen eines akuten Nieren- und Leberversagens gehen lassen. 2007 war ich wissenstechnisch leider nicht so weit wie heute. Ich hatte Baba regelmäßig entwurmen und impfen lassen, sie hatte auch Trockenfutter bekommen. Mit dieser Speiseplangestaltung gehörte ich zu den 45 Prozent der Hundehalter11, die ihren Tieren Trockenfutter vorsetzen. Nach Einschätzung des Hamburger Tierarztes Dirk Schrader sind 80 Prozent der Todesfälle bei älteren Hunden und Katzen krebsbedingt. Den Zuwachs bei den Tumoren führt er auf das industrielle Futter zurück. "Mit den Umsatzzahlen der Futterindustrie stieg die Krebsrate massiv an", behauptet der Arzt, der im Buch "Katzen würden Mäuse kaufen" zitiert wird.12

Unwissen schützt vor Strafe nicht

Babas Gebrechen führe ich auf mein Unwissen zurück. Und auf meine Gutgläubigkeit den Tierärzten gegenüber. Das Bewusstsein, das Leben des geliebten Tieres eigenhändig verkürzt zu haben, tut sehr weh. Ich klammere mich nur noch an den Gedanken, dass sie mit uns drei glückliche Jahre genossen hat. Unwissenheit schützt leider nicht vor Strafe. Für uns war es der viel zu frühe Abschied und die unsägliche Leere, die Baba hinterlassen hat. Von ihrer Vergangenheit wussten wir gar nichts. Außer, dass sie Vorbesitzer hatte, die ihr unheimlich viel beigebracht und sie krankhaft übergewichtig haben werden lassen. Dem gemeinsamen Lebensabschnitt mit Baba verdanke ich meine Schwäche für Rottweiler – und eine ganze Menge unvergesslicher Erinnerungen, die mich immer noch zum Lächeln bringen. Ich hatte Baba nie als Welpe erlebt, konnte sie nicht aufwachsen sehen – das ist bei Tierheimhunden sehr selten. Doch niemals – niemals! – hätte ich Baba gegen einen Welpen mit einer perfekten Ahnentafel getauscht. Nach meinen Begleitern werde ich immer in den Tierheimen suchen. Von Hundezucht halte ich nichts. Die Tierheime quellen über, dort gibt es Hunde jeder Größe, jeden Alters, Rassehunde und Mischlinge, die alle sehnsüchtig auf ihre Chance warten und die sich oft selbst aufgeben, wenn sie Hoffnung auf ein Zuhause verloren haben. Wer Tiere wirklich liebt, müsste eins adoptieren statt es designen zu lassen. Niemand braucht einen maßgeschneiderten Hund. Einen Hund zu adoptieren macht mich nicht zu einem besseren Menschen. Es macht aber das Hundeleben besser. Und das ist ein verdammt gutes Gefühl.


Baba, halb Hund, halb Mensch

Deutsche Tierheime kämpfen um ihre Existenz

Jedes zweite Tierheim am Rande der Insolvenz

Es wird wieder voll hinter den Mauern des hauptstädtischen Tierheims im Nordosten Berlins – die Ferienzeit beginnt. Zahlreiche Hunde, aber auch Katzen und Kleintiere, werden von ihren Besitzern ausgesetzt oder mit fadenscheinigen Begründungen abgegeben. Hinter Gittern des futuristisch anmutenden Rundbaus, der 2001 auf einer Fläche so groß wie 22 Fußballfelder errichtet worden ist, sitzen gerade 233 Hunde. Am schlimmsten trifft es die sogenannten Kampfhunderassen, die nur selten vermittelt werden. In Berlin sind das der Pitbull-Terrier, der American Staffordshire-Terrier und der Bullterrier sowie ihre Kreuzungen. Aber auch alte und kranke Tiere verbringen im Tierheim Monate, gar Jahre, bis sie ein Zuhause finden. Wenn überhaupt. Denn manchmal lautet das Urteil eben "lebenslänglich". "Früher hat ein Hund durchschnittlich 110 Tage bei uns verbracht bis er adoptiert wurde. Heute sind es im Schnitt schon 148 Tage", erklärt Kerstin Butenhoff, Pressereferentin des Tierheims. "Im Vergleich dazu bleiben die Listenhunde deutlich länger bei uns, durchschnittlich 484 Tage." Eine Dissertation13 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover hat in 16 nordrhein-westfälischen Tierheimen unter 291 beobachteten Hunden eine Verweildauer von knapp 13 Monaten im städtischen und knapp 14 Monaten im ländlichen Gebiet dokumentiert. Deutlich über ein Jahr also. Eine lange Zeit für das verhältnismäßig kurze Hundeleben. Ein grünes, nachhaltiges Thema ist das deshalb, weil wir uns fragen sollten, ob wir die Hundezuchtmaschinerie immer weiter befeuern wollen oder einmal genauer hinschauen auf die Tiere, die "verwertungsökonomisch" eben nicht gleich weggehen.


Deutsche Tierheime gefährdet

In Deutschland existieren rund 1.400 Tierheime14, dazu zählen auch tierheimähnliche Einrichtungen, Wildtierauffangstationen, Pflegestellen und Gnadenhöfe. Das Berliner Tierheim ist das größte nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und mit über 175 Jahren der zweitälteste Tierschutzverein der Bundesrepublik, gleich hinter dem 180 Jahre alten Stuttgarter Verein. Das Tierheim in der Hauptstadt bekommt wenig Unterstützung von der Kommune und finanziert sich vor allem von Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Nachlässen zugunsten des Tierschutzvereins Berlin (TVB). Lediglich für die Fundtiere der Tiersammelstelle, die das Tierheim für Berlin betreibt, zahlt die Stadt. Über 90 Prozent der im Deutschen Tierschutzbund vereinten Tierheime nehmen Fundtiere und von den Kommunen beschlagnahmte Tiere auf. "Circa 80 Prozent davon erhalten Gelder über eine Pauschalzahlung, die anhand der Ausgaben der letzten Wirtschaftsjahre ermittelt wird", erklärt Lea Schmitz, Pressereferentin beim Deutschen Tierschutzbund e. V. in Bonn. Die sogenannte Pro-Kopf-Umlage liegt nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes zwischen 0,20 und 1,50 Euro und ist regional unterschiedlich. Im Norden und Osten sei der Durchschnitt tendenziell höher als im Süden und Westen. Im Schnitt liege die Pro-Kopf-Pauschale bei etwa 0,50 Euro.

Nur punktuelle Verbesserung

Positive Entwicklungen und eine vorläufige Stabilisierung der angespannten Lage gibt es nur punktuell, etwa in den Tierheimen in Essen, Köln, Hameln, Gifhorn, Münster und Berlin. Das Berliner Tierheim beispielsweise hat einen neuen Vertrag mit dem Land ausgehandelt, der seit dem 1. Januar 2017 gilt. Insgesamt ist die Pauschalzahlung von 660.00 Euro pro Jahr auf 1,4 Millionen Euro erhöht worden. Das hört sich zwar recht viel an, im letzten Jahr sind bei dem Tierschutzverein allerdings Kosten in Höhe von rund drei Millionen Euro entstanden. "Die Vereine haben einen Rechtsanspruch auf den Ersatz von 100 Prozent ihrer Aufwendungen für die Aufnahme von Fundtieren und beschlagnahmten Tieren, in der Regel werden aber Verträge ausgehandelt, die diesen Bedarf nur zu 30 – 60 Prozent abdecken. Die Vereine nehmen damit ein wirtschaftliches Minus in Kauf, um überhaupt

 

oben: Durchschnittliche Verweildauer von 291 beobachteten Hunden in 16 Tierheimen im städtischen und ländlichen Einzugsgebiet Nordrhein-Westfallens, Dissertation Ursula Mischke-Koning

unten: Durchschnittliche Verweildauer von 291 beobachteten Hunden in 16 Tierheimen Nordrhein-Westfallens unterteilt nach Gruppen, Dissertation Ursula Mischke-Koning

etwas in der Hand zu haben", ergänzt Lea Schmitz. "Die Verpflichtung, Fundtiere aufzubewahren, besteht für sechs Monate. Nur 3 Prozent der von uns befragten Tierheime erhalten eine Kostenerstattung für eine Dauer der vollen sechs Monate". Viele bekämen die Kosten nur für 28 Tage erstattet, andere Kommunen zahlen einen Pauschalbetrag. Allen gemeinsam sei, dass die Aufwandserstattung auch nicht annähernd kostendeckend ist. Die Differenz fangen die Tierheime in der Regel mit Spenden auf. "Sie subventionieren die Kommunen mit Spendengeldern", so Lea Schmitz. "Oft ist die Gesetzgebung zusätzlich belastend, statt hilfreich, besonders wegen der Hundeverordnungen der Länder, durch die insbesondere große Hunde und bestimmte Rassen im Tierheim landen und nur schwer vermittelbar sind. Das stellt die Tierheime vor kaum zu lösende Aufgaben."

Knauserig trotz 300 Millionen Hundesteuer

Die unzureichende Finanzierung ist eines der größten Probleme, mit denen die deutschen Tierheime zu kämpfen haben. Das haben auch Sitzungen eines Runden Tisches ergeben, den das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im September 2016 und April 2017 mit Vertretern der Tierschutzverbände und der für den Tierschutz zuständigen Landesministerien abgehalten hat. Zahlreiche Tierheime klagen darüber, notwendige Erweiterungen, Reparaturen, Sanierung oder Modernisierung nicht durchführen zu können. Die Situation der Tierheime nannte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes ein "staatliches Versagen auf allen Instanzen". Schuld daran sei vor allem ein sogenanntes "Bermudadreieck des Föderalen Systems", in dem sich Bund, Länder und Kommunen die Kompetenzen gegenseitig zuschieben würden. Die Kommunen "winden sich häufig aus ihren gesetzlichen Pflichten, Fundtiere angemessen zu versorgen, indem sie Definitionen für Tiere in Not so auslegten, dass faktisch kaum ein Tier als Fundtier gelte", so Schröder. Der Deutsche Tierschutzbund fordert einen Sonderinvestitionstopf von einmalig 50 Millionen Euro für dringende Maßnahmen in den Tierheimen. Das wäre lediglich ein Sechstel der 300 Millionen Euro, die die Kommunen jährlich an Hundesteuer einnehmen.


Im Berliner Tierheim warten zurzeit über 230 Hunde auf eine zweite Chance

Sonderfall Auslandstiere

Neben den herkömmlichen Abgabe- und Fundtieren nehmen manche Tierheime auch noch Straßenhunde oder Tierheiminsassen aus ausländischen Tötungsaktionen auf. Die Praxis ist selbst unter Tierschützern sehr umstritten. Die Verfechter argumentieren damit, dass die Tiere in ihrem Ursprungsland kaum eine Überlebenschance haben, weil sie dort nach kurzer Frist im Tierheim eingeschläfert oder auf der Straße misshandelt, vergiftet oder durch Autos getötet werden. Die Gegner des Hundeimports führen an, dass das Grundproblem im Ausland dadurch nicht gelöst und die Vermittlung der inländischen Tierheiminsassen zusätzlich erschwert wird. Es gibt eine Reihe unseriöser Organisationen, die unter dem Deckmantel des Tierschutzes einen florierenden Welpenhandel betreiben. Gute Tierschutzorganisationen, die Hunde nach Deutschland vermitteln, setzen dagegen auf nachhaltige Hilfe, indem sie ein Umdenken in der Bevölkerung fördern, sichere Refugien für Straßenhunde vor Ort bauen und vor allem Kastrationen unterstützen.

Tiere vom ausländischen Tierschutz finden selten den Weg ins deutsche Tierheim. Eine Ausnahme bilden Abgabetiere, die über andere Organisationen aus dem Ausland vermittelt wurden, ihre Halter sie aber aus irgendwelchen Gründen wieder zurückgeben. "Vielen Menschen kommt eine Adoption romantisch und easy vor. Dabei sind das oft Straßenhunde, die ein Leben an der Leine und in der Wohnung nicht gewohnt sind und ihre Vorliebe für Müll auf der Straße nicht ablegen werden", sagt Kerstin Butenhoff. "Manchmal sind aber auch die einfachsten Voraussetzungen nicht gegeben: Ein Hund mit kaputter Hüfte beispielsweise kann nicht in der dritten Etage wohnen. Wenn die Information auf beiden Seiten – der Tierschutzorganisationen und der Tierhalter – fehlt, „führt es nicht selten zu prekären Situationen und endet mit einer Abgabe des Tieres bei uns. Da die Auslandstierschutzvereine meist keine Tierheime betreiben, können sie ihre vermittelten Tiere auch nicht wieder zurücknehmen."

Lieber Tiere aus lokalen Tierheimen?

Eine Adoption im lokalen Tierheim hält Kerstin Butenhoff für sehr einfach. "Nicht etwa, weil unsere Vergabekriterien lascher sind, wir haben auch strenge Regeln. Aber der Interessent kann sich vor Ort ein besseres Bild von dem Tier machen, es richtig kennenlernen. Und auch wir können den potenziellen Halter besser einschätzen." Manche Interessenten gehen schon mal mit leeren Händen nach Hause, wenn sie die Voraussetzungen nicht erfüllen. "Eine Absage erntet böse Kommentare, wir müssen aber im Interesse der Tiere handeln. Es geht nicht um unsere Ansprüche, sondern um die der Tiere. Eine Adoption aus der Laune heraus darf nicht stattfinden". Das Tierheim möchte wissen, ob in dem künftigen Haushalt auch andere Tiere leben und wie lange der Hund alleine bleiben soll. Die potenziellen "Adoptiveltern" müssen sich auch Fragen nach ihrer Hundeerfahrung und ihrem Lebensstil gefallen lassen. Ein sportlich ambitionierter Hund wird beispielsweise auf der Couch nicht glücklich. "Bei der Adoption sollen auch alle Familienmitglieder dabei sein und sich bewusst für das konkrete Tier entscheiden", so Kerstin Butenhoff.

Deutscher Tierschutzbund www.tierschutzbund.de

Durch Konsumverhalten Tierschutz praktizieren –

Und was man noch für einen nachhaltigen Tierschutz machen kann

Das Schöne am Tierschutz: Du kannst immer und überall etwas tun. Das Unschöne: Du wirst nie am Ziel ankommen, denn Tierleid wird es immer geben. Das Tätigkeitsspektrum ist enorm und erlaubt es jedem, der gewillt ist, abhängig von individuellen Möglichkeiten und Vorlieben, etwas zu bewegen.


Eigenes Konsumverhalten ändern

Der Tierschutz beginnt bekanntlich auf dem eigenen Teller, auch wenn die Verdrängung einwandfrei funktioniert. Du musst nicht gleich zum militanten Veganer werden, die Kluft zwischen der Hunde- oder Katzenliebe und dem auch so geliebten Steak oder Schnitzel auf dem Teller kannst du aber durchaus etwas verkleinern, indem du dich bewusster ernährst. Lege regelmäßig vegetarische oder vegane Tage in der Woche ein – du entdeckst neue Geschmäcke und tust gleichzeitig etwas Gutes. Isst du auswärts, verzichte auf Fleisch – professionelle Köche können aus pflanzlichen Zutaten wunderbare Speisen kreieren, den Fleischgeschmack wirst du gar nicht vermissen. Kaufe weniger, dafür hochwertiges Bio-Fleisch aus sicherer Quelle, die Freude darüber wird doppelt so groß sein, wenn du seltener in den Genuss kommst und dann auch noch an einem Stück Fleisch kaust, das zu einem glückliche(re)n Tier gehörte. Kaufst du vegane oder vegetarische Produkte, greife zu kleinen, lokalen Marken, die ihre Produkte aus Überzeugung tierleidfrei herstellen. Mit Produkten großer Konzerne wie die Rügenwälder Mühle & Co. finanzierst du weiterhin den Tod der Tiere. Denn damit machen die weltweit agierenden Unternehmen den größten Umsatz. Das Gleiche gilt für deinen Hund oder deine Katze – statt dem Haustier ein minderwertiges Futter internationaler Konzerne vorzusetzen, greife zu kleineren, engagierten Futtermarken, die auf Qualität und Tierwohl achten.

Geld richtig spenden

Geht es über den eigenen Teller- und Napfrand hinaus, stehen dir unzählige Möglichkeiten zur Verfügung, den Tierschutz zu unterstützen. Die zeitlich am wenigsten intensive Methode ist die finanzielle Hilfe. Hier ist die Hürde seitens der Tierschutzorganisationen denkbar niedrig – unterschiedlichste Varianten der Geldüberweisung findest du auf den Webseiten. Du kannst bestimmte Projekte einmalig oder systematisch unterstützen, Mitglied in einer Organisation werden – was mit einem regelmäßigem (Mindest-)Beitrag verbunden ist, oder eine Patenschaft für ein Tier übernehmen. Große, bekannte Tierschutzorganisationen haben mehr Reichweite, größere Medienwirkung und ein stärkeres Lobby, aber auch einen Wasserkopf an Mitarbeitern, die du mit deiner Spende ebenfalls finanzierst. Je geringer der Verwaltungsapparat und je kürzer die Wege, umso besser lässt sich der Einsatz der Spenden nachvollziehen. Überzeuge dich vor Ort von der Arbeit der Organisation, dann bekommst du ein gutes Gefühl über die Aktiven, deren Beweggründe und die dringendsten Probleme. Frag offensiv, wo deine Spende landet und frag nach einem Jahresbericht oder anderen Dokumentationen. Wirst du zu der Spende gedrängt – ob durch Zeitdruck wegen übertriebener Dringlichkeit oder gefühlsbetonte, gar grausame Bilder, die Mitleid erregen wollen, ist das eher ein schlechtes Zeichen. Unterstützungswürdige Hilfswerke räumen freiwillig ein Widerrufsrecht oder eine Kündigung zum beliebigen Zeitpunkt. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist übrigens das DZI Spenden-Siegel (www.dzi.de).

Zeit oder Sachen schenken

Besonders vor dem Winter werden oft Sachspenden wie Decken und Betten für ausländische Tierheime und Straßenhunde gesucht. Die städtischen Tiertafeln, also Vereine, die in Not geratene Tierhalter unterstützen, nehmen immer dankbar Tierfutter und Zubehör an und verteilen es dann weiter an Bedürftige. Hast du etwas Zeit übrig, kannst du in dem lokalen Tierheim Hunde ausführen oder Katzen Gesellschaft leisten. Zahlreiche Vereine brauchen auch Unterstützung bei allen anfallenden Arbeiten rund um unser Tierheim, bei Werbearbeit, Sammelaktionen, Büroaufgaben, bei der Betreuung von Futterplätzen und Patenschaften, bei Vereinsfesten oder Hausmeister- und Handwerkertätigkeiten. Die Liste der möglichen Aktivitäten ist unendlich lang, mit Sicherheit findest du etwas, was dir persönlich liegt und in deinen Lebensstil passt.

Pflegestellen: Hilfe am Tier

Sowohl lokale Tierheime als auch ausländische Tierschutzorganisationen suchen händeringend nach Pflegestellen. Lokale Tierheime wollen meist einem alten oder kranken Tier einen ruhigen Lebensabend oder stressfreie Rekonvaleszenz garantieren, für international tätige Tierschutzvereine ist eine Pflegestelle vor Ort die beste Möglichkeit, für ein bedürftiges Tier aus dem Ausland nach einem neuen Zuhause in Deutschland zu suchen. Die Kosten für Futter und medizinische Versorgung werden von der jeweiligen Organisation übernommen – du musst für die angemessene Betreuung sorgen. Überlege dir solchen Schritt ganz genau und hole möglichst viele Informationen über das Tier ein. Dem meist schon ohnehin gestressten Tier wird am wenigsten geholfen, wenn es von einer Pflegestelle zur anderen rübergereicht wird, weil es nicht stubenrein ist oder weil der Vermieter sein Veto eingelegt hat.

Der eigene Verein: Das etwas größere Kaliber

Deutschland ist das Land der Vereinsmeier: Aktuell gibt es hierzulande rund 600.000 eingetragene Vereine. Einen Verein zu gründen, ist ein deutsches "Grundrecht", und dir stehen vielfältige Möglichkeiten offen. Der Verein als Rechtsform ist steuerbegünstigt oder gar steuerbefreit. Als eine gemeinnützig anerkannte Initiative kannst du öffentliche Ressourcen verbilligt oder kostenlos nutzen. Es gibt darüber hinaus öffentliche Hilfen und Unterstützungen für gemeinnützige Einrichtungen. Im Vergleich zu einem Wirtschaftsunternehmen hält sich der bürokratische Aufwand für die Führung eines Vereins in Grenzen, eine Buchführung ist allerdings nötig, wenn aus deiner Initiative ein eingetragener Verein werden soll. Vor allem aber muss ein Verein sinnstiftend sein – wie etwa der kleine Tierschutzverein von Rebekka Hügli, die bedürftige Hunde, Katzen und Pferde betreut und sie in vertrauenswürdige Hände weitervermittelt – oder ihnen einen Gnadenplatz auf ihrem großen Grundstück bietet. Die Arbeit des Vereins finanziert sie teilweise über ihre Tierheilpraxis und private Tierpension.

 

So gründest du einen Verein

1. Mitglieder definieren

Um einen Verein zu gründen, brauchst du mindestens sieben Mitglieder, die einen nicht gewinnorientierten Zweck gemeinsam verfolgen wollen.

2. Gründungsversammlung: Name, Vorstand & Vertretung

Alle Vereinsmitglieder müssen eine so genannte Gründungsversammlung abhalten, bei der die Vereinssatzung verabschiedet und ein Vorstand gewählt wird.

Der Name

Der Name des Vereins ist rechtlich relevant, er muss sich von anderen deutlich unterscheiden und darf auch nicht irreführend sein und etwa über Art und Größe des Vereins täuschen. Recherchiere den Namen von Vereinen am besten in deinem Registerbezirk, damit du nicht aus Versehen gegen Namensund Markenrechte verstößt. Das würde dich später gegebenenfalls dazu zwingen den Namen zu ändern. Außerdem drohen Schadenersatzforderungen.

Der Vorstand

Der Vorstand ist neben der Mitgliederversammlung das einzige Pflichtorgan eines Vereins. Der Vorstand leitet den Verein und vertritt ihn nach außen. Die Satzung regelt, wie der Vorstand zusammengesetzt wird, bestimmte Pflichtämter wie etwa den Schriftführer oder Kassenwart gibt es aber nicht. Der Vorstand muss nicht aus mehreren Personen bestehen.

3. Vereinssatzung verabschieden

Eine Satzung kann auch ohne Hilfe eines Rechtsanwalts formuliert werden. Diese Elemente dürfen in einer Satzung nicht fehlen:

■ der Vereinsname,

■ der Vereinssitz (meint nur den Ort, keine genaue Adresse),

■ Regelung zur Eintragung des Vereins,

■ Vereinszweck,

■ Regeln für Aus- und Eintritt von Mitgliedern,

■ die vereinbarten Mitgliedsbeiträge,

■ Regeln zur Beurkundung von Beschlüssen (Protokollierung),

■ Regelungen zur Bestimmung des Vorstandes und

■ zur Einberufung der Mitgliederversammlung.

Das, was die Satzung nicht regelt, wird durch das BGB und seine Auslegung durch die Rechtsprechung festgelegt.

4. Gemeinnützigkeit beantragen

Selbst wenn die Satzung einen gemeinnützigen oder sozialen Zweck vorsieht, ist der Verein nicht automatisch steuerlich als gemeinnützig eingestuft. Die Gemeinnützigkeit und damit die Berechtigung für die Steuerbefreiung prüft erst das zuständige Finanzamt auf Antrag – der Verein muss dabei den Vorgaben des § 52 AO entsprechen. Wenn du die Satzung dem Finanzamt vor Eintragung zur Prüfung vorlegst, hast du die Möglichkeit, falls erforderlich noch Änderungen durchführen zu können. Wurde die Gemeinnützigkeit anerkannt, prüft das Finanzamt in Abständen von rund drei Jahren nach, ob die Gemeinnützigkeit noch besteht.

5. In Vereinsregister eintragen

Der "eingetragene Verein" (e.V.) ist ins Vereinsregister eingetragen und damit amtlich als juristische Person anerkannt. Dadurch kann der Verein in seinem Namen klagen und verklagt werden, oder aber auch ins Grundbuch eingetragen werden. Es gibt zwar immer wieder nicht eingetragene Vereine, ihre rechtliche Situation ist allerdings schwierig, insbesondere in Bezug auf die Haftungsregelungen. Im Sinne der Rechtssicherheit für alle Beteiligten sollst du also eine Eintragung ins Vereinsregister vornehmen.

Die Eintragung des Vereins kann nur durch den gewählten Vorstand erfolgen. Dabei ist häufig die Beglaubigung eines Notars notwendig – allerdings nicht in allen Bundesländern. Auch das Protokoll der Gründungsversammlung und die Gründungssatzung sind von allen Mitgliedern unterschrieben vorzulegen. Im Ergebnis bekommt man einen Registerauszug vom Amt, der anschließend fürs Finanzamt wichtig wird.

6: Bankkonto eröffnen und Verein bei Finanzamt melden

Der Verein muss ein Bankkonto eröffnen und sich beim Finanzamt anmelden. Dafür ist der Registerauszug nötig. Auch ist eine Buchführung Pflicht.

Kosten der Vereinsgründung

■ Notargebühr für die Beglaubigung der Anmeldung (ca. 25 Euro zuzüglich Schreib- und Zustellgebühren)

■ Registergebühr für eine Eintragung beim zuständigen Amtsgericht (ca. 50 Euro)

■ die Bekanntmachung der Eintragung (zwischen 10 und 30 Euro)

Literaturtipp: Gerhard Geckle, Der Verein. Wie Sie einen e. V. erfolgreich gründen und führen (Haufe Taschenguide, Freiburg 2016