Loe raamatut: «Kleines Gulasch in St. Pölten», lehekülg 2

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Bizarr & wohltuend: Oktopus im Nacken

Der Verdacht lag ja schon längst nahe, aber jetzt muss es als wissenschaftlich abgesichert gelten: Man fährt am besten, wenn man sein Leben als Marionette verbringt. Zur Erlangung einer korrekten und möglichst schmerzfreien Körperhaltung, so erklärte mir mein Heilgymnastiker, ist es hilfreich, wenn man sich vorstellt, an einem Faden zu hängen. Ein akutes Cervicalsyndrom (CVS) ist überhaupt prächtig dazu angetan, einen mit jenen existenzialphilosophischen Happen zu versorgen, die milde Alltagsentgleisungen (Sieg des falschen Fußballvereins, Triumph der falschen Musik, Erfolg der falschen Partei, Erwerb der falschen Apfelsorte) leichter erträglich machen. Schlafen und dann auch wieder aufstehen können ist ja auch schon mal was sehr Feines! Ein prächtiges System medizinischer Versorgung, dessen Erhalt vom Erfolg der richtigen Parteien abhängt, sorgt zudem dafür, dass sich gut ausgebildete Menschen mit wunderbaren Fähigkeiten um meinen Stütz- und Bewegungsapparat kümmern. Hochgewachsene Frauen in schwarzen Schlauchkleidern erfreuen mein Auge (auch wenn es schmerzt, den Blick nach oben zu richten), andere unfassbar freundliche Frauen holen mir ungezuckerten Gratiskaffee. Man pappt mir einen elektrischen Oktopus an den Nacken, was mich in der Folge zum Tragen hochkragiger Kleidungsstücke nötigt, da die Spuren dieser Behandlung so aussehen, als würde ich mich für Innovationen auf dem Hundehalsbandsektor interessieren und mich gerne in Hobbykellern mit verspiegelten Decken aufhalten. Hernach kommen dann Menschen mit beachtlicher Armmuskulatur und kneten an meinen Muskeln herum, die zwar nicht vorhanden, dafür aber bretthart und voller Astlöcher sind. Schuld daran ist die Überidentifikation mit meiner Schreibtischplatte. Mein Masseur rät zum Berufswechsel oder einer dreimonatigen Auszeit, ein Vorschlag, den ich umgehend an meinen Chef weiterleite. Dieser versetzt sich spontan in meine Lage und bekommt sofort einen betonharten Nacken. Ich verschreibe ihm einen Berufswechsel und borge ihm meinen Comfort-Cool-Pack mit blauem Nackenkühlgel.

Zero Tolerance for Stammkundenverarsche

Ich weiß, dass es Kulturen voller Langmut, Weisheit und zotteliger Rinderrassen gibt, die den Shopping-Samstag gering achten und vertane Zeit nicht kennen. Warten zum Beispiel finden die super, weil es für sie gar nicht warten bedeutet, sondern von Gott geschenkte Zeit oder so. Ich gehöre dieser Kultur aber leider nun mal definitiv nicht an und habe mich auch dazu entschlossen, entsprechenden Culture-Switch-Awareness-Classes, wie sie in jeder besseren Volkshochschule angeboten werden, fernzubleiben. Und Warten finde ich total scheiße. Was ich in letzter Zeit so zusammenwarten musste! Es begann in dem supergut organisierten Rückenbegradigungsinstitut, in dem ich es leider verabsäumte, meine Präsenz bei der zentralen Koordinationsstelle anzuzeigen, weswegen ich dann eine Dreiviertelstunde sinnlos herumsaß und darauf wartete, endlich aufgerufen zu werden, um vom Doktor persönlich zusammengeklappt und wieder aufgefaltet zu werden, was die Wirbelsäule lustig krachen und die Wirbel an ihre angestammten Plätze hüpfen macht. Wertvolle Friseurtermine wurden mittlerweile versäumt. Das war aber alles nichts gegen das Herumstehen an der Haltestelle Arbeitergasse am Freitag, dem 25.10., zwischen 9.50 und 10.15 Uhr. Ich bin treuer Jahresnetzkartenabonnent, habe der gottverdammten Stadtregierung die absolute Mehrheit verschafft und ergo absolut null Verständnis dafür, an einer der wichtigsten Straßenbahnhaltestellen Wiens 25 Minuten (!) lang warten zu müssen, ohne dass innert der ersten zehn Minuten irgendein livrierter Clown der Verkehrsbetriebe antanzte, um mich sanft beim Musikhören zu unterbrechen und mit aufwendigen Erklärungen, Entschuldigungen und Entschädigungsfahrten in einer jener von Champagnerströmen und spärlich bekleideten jungen Damen durchtosten Stretch-Limos zu versorgen, in denen die sauberen Herren Spitzenbeamten der Verkehrsbetriebe ihre orgiastischen Spritzfahrten nach Bratislava zu absolvieren pflegen. So nicht! Nicht mit mir!! Zero Tolerance for Stammkundenverarsche!!! Das nächste Mal können sich die selber wählen!!!!

Unbedankte Mühen, unerwartete Freuden

Stürme toben – in unseren Herzen und um unsere Häuser – und sorgen dafür, dass die Glastüren kaputtgehen. Man soll dann – wie ich vor Jahren an dieser Stelle schrieb („Gib den Dingen eine Chance, Mutter!“) – ein bisschen zuwarten, ob sich nicht auch so was tut. Nun habe ich am vergangenen Freitag das gesammelte Bruchgut aber doch eigenhändig und unter Absingen der Bach-Kantate „Ich will den Kreuzstab tragen“ zum Glaserer geschleppt. In Kulturen, in denen der permanente Konsum von gewalttätigen TV-Serien und olivenölbeträufeltem Mozzarella die Herzensbildung noch nicht völlig ausgerottet hat, werden Männer, die dergleichen auf sich nehmen, von Weib und Kind mit falschen, aber herzlichen Gesängen empfangen, mit Blumen bekränzt und einem gut gekühlten Fässchen schäumenden Getränks begrüßt. Hierauf erlegen Weib und Kind ein Tier der Wahl des Türenträgers und steckens ihm auf einen sich drehenden Spieß, unter dem ein lustiges Feuer züngelt. In meinem Falle blieben sogar die falschen, aber herzlichen Gesänge aus. Wo Undank ist, wächst das Schmerzhafte auch. Andere haben einen Tennisarm, ich habe eine Türschulter. Unlängst hatte ich einen Tanzhals. Allerdings konnte ich, bevor ich mir den Hals vertanzte, noch Zeuge einer Szene werden, in der Unschönes durch Schönheit geschlagen ward. Ein unangenehm biegsamer Tanzandroide tanzte eine junge Frau mit auffallend schöner Nase an, indem er sich bog, wand und auf gotteslästerliche Weise seinen Leib verrenkte. Während er so vor sich hinlimbote, bis Tänzer und Angetanzte einen rechten Winkel bildeten, erstarrte die schönnasige junge Frau in einer Rigidität, wie sie Giacometti in seiner berühmten Bronze „Die peinlich Berührte“ nicht stärker zum Ausdruck gebracht hat. Die Gelegenheit, den Tanzandroiden in die Kronjuwelen zu treten, wurde durch diese Schockstarre zwar vergeben, aber es war schon sehr schön, mitanzusehen, wie die Anstrengungen des zappeligen Kampfknackarsches just den konträren Effekt des erhofften Dahinschmelzens hatten. Da nimmt man einen Tanzhals dann doch ganz gerne in Kauf.

Zappelphilipp und Tanzmonade

Mir ist nicht klar, ob respektive was das über den Betrieb, an den mich Herzblut, protestantisches Arbeitsethos und stattliche, monatlich überwiesene Geldsummen seit Jahrzehnten binden, aussagt, aber wir hatten letzten Winter die erste Weihnachtsfeier mit Tanz. Unter der sachkundigen Anleitung der DJs Fasthuber und Stöger (ich durfte zehn Minuten lang Zeug für depressive Fortysomethings auflegen) wurden Teile der betriebseigenen Villa in einen Tanzpalast verwandelt. Interessant ist schon einmal, wer wann zu tanzen beginnt, wie viel Alkohol er/​sie davor konsumieren muss und wer partout und durch keine der auf Betriebskosten großzügig verteilten Drogen dazu zu bewegen ist, sich zu bewegen. Auch fand ich es sehr bemerkenswert, dass diese Innovation das geschlechtliche Verhalten meiner Kolleginnen und Kollegen in keiner Weise verändern konnte. Nie, nie, nie, nie findet bei unseren Weihnachtsfeiern spontaner Geschlechtsverkehr oder auch nur der Körper- und sonstige Grenzen überbrückende Austausch von Körpersäften statt. Damit will ich durchaus niemanden zu gar nichts aufgefordert haben (hausinterne E-Mails erübrigen sich), ich stelle nur fest. Meine erst wenige Monate währende Tätigkeit als MC haben mich außerdem gelehrt, dass das durchaus nicht unüblich ist. Auf meinen gemeinsam mit DJ Rubinowitz unternommenen Reisen durch Österreich muss ich mir als Eintänzer schon einen Haxen ausreißen, um die Menschen überhaupt zum Tanzen zu bewegen. Als Erstes sind meistens pseudolesbische Mädchenkreise dazu bereit, ironisch zu tanzen und unter sich zu bleiben. Später betreten dann einzelne Männer die Tanzfläche, um den Zappelphilipp zu geben. Und dann gibt es noch die Tanzmonaden: supergut aussehende Frauen, die in seliger narzisstischer Versunkenheit nur für sich und ihr Karma tanzen. Wir lernen daraus, dass Tanzen als Anbahnung geschlechtlicher Geneigtheiten weitgehend ausgedient hat. Dergleichen findet heute wohl eher im Rahmen von Fahrprüfungen, Schiffstaufen, Kindergeburtstagen und Beschneidungsfeiern statt. Interessant.

The Good, the Bad and the Ugly
Hitzeleichtsinn ist kein Kavaliersdelikt

Dass die dünne Eisschicht der Zivilisation unter den derzeit herrschenden Temperaturen längst verdampft ist, verwundert nicht. Und doch bin ich immer wieder verstört, wenn mein Bedürfnis, in der Fußgängerzone gemeinsamer, von allen geteilter Werte zu wandeln, wieder einmal als schieres Wunschdenken enttarnt wird, das jeglicher Verankerung in der Wirklichkeit entbehrt. Die Tatsache, dass viele meiner Geschlechtsgenossen die außergewöhnliche Hitzeentwicklung zum Anlass nehmen, sich der letzten Reste von Oberkörperbekleidung zu entledigen, muss als krasses Fehlverhalten angeprangert werden. Vor seinem Hochofen oder in seinem Schrebergarten mag jeder machen, was er will, aber die Zurschaustellung entblößter Oberkörper ist nur in Zonen zulässig, die mit „öffentliches Freibad“, „Swingerclub“ oder „Stadion“ überschrieben sind. Es ist auch völlig wurscht, ob sich das maskuline Selbstbewusstsein in einem durchtrainierten Coca-Cola-light-Werbung-kompatiblen Oberkörper oder darin manifestiert, dass man in der radikalen Ermangelung eines solchen keinen Grund erblickt, sich freundlicherweise zu verhüllen. Das Tragen blickdichter und mit Ärmeln versehener Leibchen muss als eine tragende Säule des in uns versenkten Sittengesetzes gelten. Die andere Säule heißt: Obacht aufs Knie! Überknielange Hosen sind sowieso dufte, knielang ist korrekt. Übers Knie hochrutschende Hosenbeinsäume allerdings müssen als frivol gelten. Ein bisschen Frivolität braucht natürlich jede Gesellschaft, da können die Männer schon einmal so weit gehen, dass man ihr Knie erahnt, wenn sie sitzen. Soll sein. Alles Kürzere aber ist ein Schlag ins Gesicht wahrer Herzensbildung. Frauen brauchen freilich nicht zu glauben, dass sie sich jetzt zurücklehnen können – womöglich gar in Shorts. Vielmehr sollten sie einen noch viel weiteren Bogen um dieses Kleidungsstück machen als Männer. Es ist für Frauen fast schicklicher, untenherum nackend herumzulaufen, als kurze Hosen zu tragen. Ja, je mehr ich darüber nachdenke, umso sicherer bin ich mir, dass es sich just so verhält.

Sojasaucenloser Sonntag mit Suzanne

„Jetzt geht das wieder los: Frauen im Sommergewand“, schreibt König Kralicek in mein Handydisplay. Der Mann hat Recht. Es ist Sonntag, der 1. April, es ist warm, und vielerlei hebt an: Erdbeere und Spargel fläzen in den Kisten der Marktstandler, zartblättriger Bärlauch wiegt sich im Wind des Wienerwaldes, und auf dem Rohrhaus verzweifelt das Servierpersonal, nicht minder der Kunde. Der volksnahe und naturtrübe Teil der Falter-Redaktion (im Übrigen identisch mit dem FC-Tirol-Flügel) findet sich geschlossen ein, Jamaaladeen Taschwer und ich reihen uns in die Schlange vor der Schank und üben uns in solidarischer Geduld. Ach, es geht jetzt alles wieder von vorne los. Schon am Donnerstag, als ich meine Sparbücher aus ihrer anonymen Existenz befreite und auf europäisches Niveau hob, plauderte der Bankbeamte am Telefon über die Probleme der Ära Holender im Vergleich mit der Ära Maazel („Das war doch kein Stagione-Betrieb!“), am Samstag dann gings ans Schleckerreinstecken in der Linie 18, an dem ich nur als Beobachter teilhatte und in Hinsicht auf beide Beteiligten darob doch herzlich froh war. Frühling hin oder her, man kann nicht jedem Co-Passagier in der Straßenbahn einfach den Schlecker reinstecken. Das meinte auch die ältere Dame („Und das vor dem Kind“), wohingegen das Kind, das zufällig meins war, das Treiben mit gelassenem Amusement beobachtete. Ein Wochenende, das so beginnt, muss mit Würde zu Ende gebracht werden. Der Sonntagabend stand folglich im Zeichen meines Pürierstabs. Ich pürierte die Möhre, ich pürierte die Beere, ich formte den Bärlauch zum handlichen Ball – ins Tiefkühlfach mit ihm. Die Austernpilze jedoch warf ich ins sprotzende Öl. Scharf briet ich die braunen Hüte, hackt’ Knoblauch hinein, servierte Basmati dazu (Sojasauce war aus). Als Schimanski aus dem Büro geworfen wurde, landete er mit der Fresse direkt zwischen den Beinen der neuen Oberstaatsanwältin. Es war bloß eine Wiederholung, aber ein guter Sonntag hat einen Film mit Suzanne von Borsody im Abendprogramm. Oder mit Ulrike Folkerts.

Kein Hotdog, kein Geschlechtsverkehr!

Vor einiger Zeit bin ich einmal mit einem Typen Straßenbahn gefahren, der sich rasiert hat – live! Er tat dies mit einem Elektrorasierer, was ohnedies das Letzte ist. Wenn schon Rasur in der Straßenbahn, dann nur nass! Mit Pinsel, Seifenschale, Rasierspiegel & After-Shave-Zerstäuber – das hätte schon wieder was! Das hätte Grandezza! Aber im Großen und Ganzen bin ich der Auffassung, dass Grandezza in der Straßenbahn nichts verloren hat, schon gar nicht, wenn sie sich in Teilgebieten der Körperpflege manifestiert (auch das Fingernägelabknipsen muss als unzulässig gelten!). Hobbybenimmtanten wie ich halten das eigentlich für selbstverständlich, müssen dann aber eben mit Bedauern feststellen, dass es hier mit dem Selbstverständlichen so ist wie überall auf der Welt – nicht besonders weit her. Aus diesen Gründen müssen wir jetzt leider eine Straßenbahnbeförderungsethikkommission einsetzen. Die soll zum Beispiel festlegen, dass Geschlechtsverkehr oder fortgeschrittene Geschlechtsverkehrsanbahnungstechniken wie Ausgreifen oder Ausziehen von hautnahen Kleidungsstücken der Straßenbahnbeförderungsethik Hohn sprechen. Noch wichtiger ist Folgendes: Obacht mit dem Essen im öffentlichen Raum! Unlängst saß im Filmmuseum einer vor mir, der hatte sich schnell noch einen Hotdog vom Würstelstand geholt. Also, das geht nun wirklich nicht. Da sieht man sich Ausschnitte der Klassiker des Neorealismo an, und die Partisanenerschießung wird von Frankfurterschwaden untermalt. No, signore! Und was im Filmmuseum unrecht ist, muss auch in der Straßenbahn als unbillig gelten; die Straßenbahn ist gewissermaßen ein Filmmuseum auf Schienen. Vor dem Betreten des Waggons muss ausgeraucht und -geatmet werden (schnell noch inhalieren und dann den Rauch im Wageninneren ausstoßen – voll daneben!). Warme Nahrung hat vollständig gekaut und geschluckt zu werden. Schnitzellandstyropor, Kebabstanniol, Sushiboxen und dergleichen sind vor dem Einstieg korrekt zu entsorgen. Die Neuburgersemmel ist ein Grenzfall, die warme Leberkässemmel definitiv verboten!

Es muss nicht immer geritten werden

Neulich hat sogar ein Taxifahrer für mich gebremst. Hätte er nicht machen müssen. Hat er aber. Ließ mich auf der Prater-Hauptallee einfach über den Zebrastreifen laufen. Spätestens seit diesem Vorfall weiß ich, dass der natürliche Feind des Praterläufers nicht im Auto, sondern buchstäblich hoch zu Ross sitzt. Reiten ist das mit Abstand übelste soziopathische Verhalten, das in unserer Kultur als Sportart durchgeht (warum hier seit Jahrzehnten eine Gesetzeslücke aufklafft, die zu schließen ich den Justizminister hiermit eindringlich auffordere, ist unerklärlich). Von wegen Sport! Menschen sitzen auf den Rücken von Tieren, die von der Natur weder zum Laufen noch zum Springen, sondern ausschließlich zum Ziehen von Lasten ersonnen wurden, und bewegen sich im Schritttempo durch den Prater. Sie würden von jedem mediokren Power-Walker überholt werden, würden diese Bestien mit ihren – oft den Durchmesser von 50-Liter-Fässern erreichenden – Hufen nicht so viel Staub aufwirbeln und dadurch Erstickungsanfälle argloser Hobbysportler verursachen.

Dass die von Pferden permanent abgeapfelte Scheiße, die in der Wiener Innenstadt von eigens dafür eingesetzten Maschinen der MA 48 großflächig verrieben und damit erst zur vollen olfaktorischen Durchschlagskraft entfaltet wird, allenfalls von Rosenzüchtern und sonstigen Perversen geschätzt wird, sei nur am Rande bemerkt. Pferde, das weiß man, besitzen eine seltsame Faszination auf präpubertäre Mädchen. In Grenzen ist das auch entschuldbar. Ab einem gewissen Alter aber sollten die Erziehungsberechtigten dafür sorgen, dass diese Phase nicht anhält und so zu schwer behebbaren Störungen führt. Runter mit den Pferdepostern, rauf mit dem Ronan-Keating-Starschnitt!! Tausende von hormonüberfluteten, halbminütlich ausspuckenden Schlabberhosenträgern bedürfen der Betreuung, und auch etwaige aufkeimende lesbische Neigungen wollen jetzt entwickelt werden. Es gibt so viele schöne homosexuelle Sportarten wie Synchronschwimmen, Beachvolleyball oder Simultanschach. Es muss nicht immer geritten werden.

Ich gehe zu Spar und kaufe Salz ein

„Es gibt sie noch, die guten Dinge“, lautet der Wahlspruch des Manufactum-Versands, der mir alle halben Jahre seinen Katalog ins Postfach wuchten lässt – voll mit Dingen, die ich immer schon gebraucht habe: seien es die unfehlbaren japanischen Samurai-Astsägen (bamboo-proof!), die berühmten Essexer Eieruhren aus unverwüstlichem Sattelleder oder die handgesägten Lakritzstangen aus dem Piemont, die einzigen, die noch aus echtem Bärenkot hergestellt werden. Der Manufactum-Katalog ist der feuchte Traum von Männern, die aufrecht in handgenähten Büffellederstiefeln sterben wollen (nachdem sie sich mit der Damaszenerklinge ihres Rasiermessers die Kehle durchgeschnitten haben), und von Frauen, die sich von nach englischem Rasierwasser und Büffelleder riechenden Herren die sattelledernen Eieruhren reparieren lassen. Was aber nützt einem die funktionstüchtigste Essexer Eieruhr, wenn man zwar Eier, aber eines nicht hat: Salz! „Ein Mensch ohne Salz ist wie ein Mann ohne Büffellederstiefel“, lautet ein altes Navajo-(sprich: Nau-fach-suu-)Sprichwort. Da steht die Salzbüchse am Tisch des blassen Mannes und der Squaw, die mit ihm den Tisch teilt, aber das Salz „gibt nicht mehr aus“, wie die Mutter meiner Mutter zu sagen pflegt. Das liegt darin, dass nur mehr winzige, taube Salzkörnchen in der Büchse sind, so genannter Salinenschotter, der zwar beim Schütteln täuschend echte Salzkorngeräusche von sich gibt, aber über keinerlei Geschmacksmoleküle mehr verfügt. „Welches Schwein hat die Büchse leer gesalzen?“, frage ich und blicke in Gesichter, die sich in Unschuldspantomime üben. Das geht ein paar Tage so. „Salzlose Tage sind wie Tage, an denen deine Büffellederstiefel beim Schuster sind“, sagt der Sioux (sprich: Srilanka). Und er hat Recht. Nach zwei Wochen gehe ich zum nächstgelegenen Spar und kaufe eine kleine Büchse Ischler Spezial-Salz und eine große Büchse Meersalz. Es ist, als hätte ich ein neues Paar Büffellederstiefel geschenkt bekommen.

Schlechte sind noch schlechter als keine

Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, in Restaurants in unangenehme Situationen zu geraten. Die wichtigsten davon sind: a) ein Attentat der Mafia, bei dem man zu Tode kommt und mit dem Gesicht in die Pasta fällt; b) eine Szene mit einer eifersüchtigen Frau, in deren Griffweite sich Nudelgerichte befinden; c) keine Pfeffermühle. Bislang sind mir die Situationen a und b glücklicherweise erspart geblieben, wohingegen ich von c das ein oder andere Liedchen zu singen weiß. Ich bin, weiß Gott, ein pflegeleichter Kunde, der schon dem ein oder anderen Handelsangestellten ein kleines Leuchten ins Auge gezaubert oder nach Verlassen von Herrenhandtaschengeschäften das Verkaufspersonal zu hysterischem Gelächter inspiriert hat. In Restaurants erinnere ich mich freilich hin und wieder des Bonmots, demzufolge der Kunde König sei, und verlange zwei Dinge: warme Suppen und Pfeffermühlen. Noch schlimmer als keine Pfeffermühlen sind schlechte Pfeffermühlen. Wer fremde Wohnungen betritt, um sich dort sexuell zu betätigen und/​oder zu essen, sollte sein/​ihr Augenmerk nicht an solch nebbiche Nebensachen wie Tapetenmuster oder Hygienestandards verschwenden, sondern höflich, aber bestimmt zur Pfeffermühlenprüfung schreiten. „Ich hätte gerne eine Bloody Mary mit frisch gemahlenem Pfeffer, danke, sehr lieb, aber ich mahle selber“ ist ein tadelloses, mit allen Wassern avancierter Benimmbücher gewaschenes Sätzchen. In Anwalts- und Fußballtrainerkreisen gilt ein „Nein danke, ich schnupfe schwarz“ als ebenso dezenter wie unmissverständlicher Hinweis darauf, dass man statt dem traditionellerweise angebotenen Koks lieber eine Mühle hätte. Kommt man Ihnen dann mit peinlichen Ausreden oder so einer Art wurmstichigen Nachbildung einer barocken bayrischen Bauernkirche, die allenfalls unregelmäßig stiebenden Pfefferstaub absondert, ist es erlaubt, ja nachgerade geboten, wortlos das Haus zu verlassen. Der Erwerb einer funktionstüchtigen Pfeffermühle ist eine denkbar einfache und wohlfeile Angelegenheit, die jedem zugemutet werden darf.

Tasuta katkend on lõppenud.