Loe raamatut: «Sportsoziologie in 60 Minuten»
Lars Riedl
Sportsoziologie in 60 Minuten
UVK Verlag · München
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„Sportsoziologie in 60 Minuten“ führt kompakt und verständlich in die Problemstellungen und Methoden dieser Teildisziplin der Sportwissenschaft ein.
Alle Titel „in 60 Minuten“: Sportpädagogik, Sportgeschichte, Sportsoziologie, Sportökonomik, Sportmedizin, Sportpsychologie, Bewegungswissenschaft und Trainingswissenschaft.
Dr. Lars Riedl arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Sportsoziologie der Universität Paderborn. Schwerpunktthemen seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit bilden u. a. das Sportpublikum, organisationssoziologische Analysen des Sports sowie kommunale Sportentwicklungsplanung. lars.riedl@uni-paderborn.de
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ISBN 978-3-7398-3076-6 (ePDF)
ISBN 978-3-7398-8076-1 (ePub)
Inhalt
Sportsoziologie in 60 Minuten
1 Einführung – Themen und Phänomene der Sportsoziologie
2 Entstehung und Entwicklung der Sportsoziologie
3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportsoziologie
4 Verhältnis der Sportsoziologie zur Sportpraxis
Anwendungsbeispiel: Spitzensport und Schule
Literatur
Kommentierte Links zu Verbänden, Zeitschriften, aktuellen Podcasts und Videos
Sportsoziologie in 60 Minuten
Vermutlich sind die wenigsten Leser dieses Buches bereits vor ihrem sportwissenschaftlichen Studium mit der Sportsoziologie in Kontakt gekommen. So manch einer mag sich daher fragen, was sich dahinter verbirgt und warum man sich damit überhaupt befassen solle. Sport ist doch in erster Linie eine körperliche Angelegenheit. Beim Laufen, Fußballspielen oder Skifahren erproben sich vor allem menschliche Körper. Meistens geht es dabei um die Steigerung der Leistung, des Wohlbefindens oder der Gesundheit eben dieser Körper. Und für viele Studierende der Sportwissenschaft scheinen gerade diese Aspekte eine latente, wenn nicht gar manifeste Motivation zur Aufnahme ihres Studiums zu sein. Insofern interessieren sie sich vor allem für die körper- und individuumsbezogenen Teildisziplinen, z.B. Sportpädagogik, Bewegungswissenschaft, Trainingswissenschaft oder auch Sportpsychologie, versprechen diese doch nützliches Wissen für das eigene Sporttreiben. Weit weniger offensichtlich ist, welchen Beitrag die Sportsoziologie leisten kann.
Die soziale Dimension des Sports wird oftmals unhinterfragt vorausgesetzt bzw. nur selten explizit wahrgenommen. Dabei lassen sich im Sport mannigfaltige soziale Phänomene entdecken. Dies beginnt bereits mit den Fragen, was denn Sport überhaupt sei und wie man ihn von anderen körperlichen Bewegungspraktiken unterscheiden könnte: Was macht beispielsweise den Unterschied zwischen der Leichtathletikdisziplin Gehen, dem Nordic Walking und dem sonntäglichen Spaziergang im Park aus? Wie verhält es sich mit Wrestling und Ballett? Handelt es sich dabei um Sport oder sind es vielmehr körperlich höchst anspruchsvolle Darbietungen aus den Bereichen Show und Kunst?
Um auf diese Fragen eine Antwort geben zu können, bedarf es einer Definition von Sport. Und damit ist man bereits bei den sozialen Aspekten des Sports, denn Definitionen sind immer sozial ausgehandelte Festlegungen. Es lässt sich nämlich gar nicht „objektiv“ das Wesen des Sports ergründen, sondern es handelt sich immer um soziale Beschreibungen und Verständigungen darüber, was als Sport gelten soll. Dies wird nicht zuletzt auch daran deutlich, dass sich das Sportverständnis in der Gesellschaft immer wieder verändert.
An der Grundkonstellation des sportlichen Wettkampfs wird die basale Sozialität des Sports deutlich: Mindestens zwei Sportler treten gegeneinander an und konkurrieren um das knappe soziale Gut sportlicher Erfolg. Dabei werden sachliche Leistungsunterschiede in die soziale Differenz von Siegern und Verlieren transformiert. Die Wettkämpfe folgen dabei bestimmten, sportartenspezifischen Regeln. Neben der Rolle des Sportlers lassen sich weitere soziale Rollen bzw. Sozialfiguren identifizieren, z.B. Schiedsrichter, Trainer, Manager und Zuschauer. Und es gibt mit dem Fairplay sogar eine dem Sport eigene Moral (Schimank, 1988, S.189).
Der Sport verfügt auch über eigene Organisationsformen. Zu nennen sind hier vor allem die derzeit über 90.000 Sportvereine, die sportartenübergreifenden Sportverbände, z.B. der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), Landessportverbände/-bünde, Stadtsportbünde, und die sportartenspezifischen Fachverbände, wie der Deutscher Fußball-Bund (DFB) oder der Deutsche Eishockey-Bund (DEB). Darüber hinaus existiert eine enorme Anzahl kommerzieller Sportanbieter, z.B. Fitness-Studios, Soccer Domes, Tennishallen. Und selbstverständlich wird Sport oftmals auch in informellen bzw. selbstorganisierten Arrangements, beispielsweise in Laufgruppen oder in gerade für Trendsportarten typischen „Szenen“ betrieben.
Die enorme gesellschaftliche Bedeutung des Sports wird schon an der großen Zahl an aktiven Sportlern wie auch an Zuschauern und Fans deutlich. Allein der DOSB verzeichnete 2017 über 27 Mio. Mitgliedschaften1, Länderspiele der deutschen Fußballnationalmannschaft erreichen oftmals ein ähnlich großes Publikum. Es gibt offensichtlich eine große gesellschaftliche Nachfrage nach Sport. Beispielsweise interessieren sich Wirtschaft und Massenmedien vor allem für den Spitzensport, weil sie das Sportpublikum für sich als Kunden oder als TV-Zuschauer und Zeitungsleser gewinnen wollen. Die Politik fördert Spitzen- wie auch Breitensport mit enormen Beträgen beispielsweise zum Zwecke des Aufbaus einer kollektiven Identität, der Repräsentation in der internationalen Gemeinschaft oder der Integration von Menschen, die sonst aus der Gesellschaft weitgehend exkludiert sind. Und im Erziehungssystem wird Sport als geeignetes Erziehungsmittel gesehen, auch wenn um Form und Umfang des Sportunterrichts gern gestritten wird.
Und schließlich unterliegt der Sport selbst dem sozialen Wandel. Es entstehen neue Sportarten und Bewegungspraktiken, immer größere Bevölkerungsgruppen werden einbezogen und neue Sporträume erschlossen – unberührte Landschaften (z.B. Klettern, Canyoning) ebenso wie innerstädtische Räume (z.B. beim Stadtmarathon, Parcours).
All diese Beispiele deuten an, wie vielschichtig sich die soziale Dimension des Sports beobachten lässt. Aufgabe der Sportsoziologie ist es, auf der Grundlage von soziologischen Theorien und Methoden diese Phänomene in den Blick zu bekommen und zu analysieren. Es gilt also die klassische Frage der Soziologie – „Was ist der Fall und was steckt dahinter?“ (Luhmann, 1993) – mit Blick auf den Sport zu beantworten.
Lernziele
Die Leser bekommen einen Einblick in die Vielfalt sozialer Aspekte des Sports und erfahren, welche Phänomene und Themen für die Sportsoziologie relevant sind.
Sie erkennen, wie die Sportsoziologie entstanden ist, inwieweit sie sich an den Universitäten etabliert hat und wie sich ihr Verhältnis zur allgemeinen Soziologie einerseits und zur Sportwissenschaft andererseits darstellt.
Sie lernen anhand zentraler Forschungsthemen wichtige Erkenntnisse der Sportsoziologie kennen und bekommen ihre grundlegenden Theorierichtungen sowie die wichtigsten Forschungsmethoden aufgezeigt.
Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportsoziologie zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst.
1 Einführung – Themen und Phänomene der Sportsoziologie
Die Sportsoziologie ist in Deutschland institutionell vor allem in der Sportwissenschaft verankert. Sie gewinnt jedoch ihre theoretischen und methodischen Vorgaben weitgehend aus ihrer Mutterdisziplin, der Soziologie. Insofern gilt es, sich zunächst mit der Soziologie als Wissenschaftsdisziplin zu befassen, wenn man wissen will, was unter Sportsoziologie zu verstehen ist. Der Begriff Soziologie wurde vom französischen Wissenschaftler Comte zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen. Er besteht aus dem lateinischen Teil „socius“ (gemeinsam, verbunden, verbündet) und dem griechischen Teil „logos“ (Lehre, Sinn, Prinzipien) und diente zur Begründung einer neuen, sich am Vorbild der Naturwissenschaften orientierenden Disziplin.
Es handelt sich demnach um die Wissenschaft, die nicht den einzelnen Menschen, sondern das Soziale, also das Zusammenleben von Menschen, in den Mittelpunkt stellt. Die Soziologie untersucht, wie Menschen miteinander interagieren und gemeinsam bzw. in Bezug aufeinander handeln und welche sozialen Prozesse und Strukturen dem zugrunde liegen. Ihre grundlegenden Fragen lauten: Wie ist soziale Ordnung möglich? Und: Auf welchen Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten basiert das Soziale?
Dabei lässt sich zwischen der allgemeinen Soziologie einerseits und den speziellen Soziologien – den sogenannten Bindestrichsoziologien, z.B. Arbeits-, Wissenschafts-, Familiensoziologie, politische Soziologie oder eben Sportsoziologie – andererseits unterschieden. Einem generellen Gültigkeitsanspruch folgend befasst sich die allgemeine Soziologie vor allem mit basalen Theorien und den Grundbegriffen des Sozialen, z.B. soziales Handeln, Interaktion, Kommunikation, Normen, Rollen, Macht, Herrschaft, sozialer Wandel, soziale Ungleichheit, Sozialisation, Organisation, Gruppe, Gesellschaft. Die speziellen Soziologien hingegen sind auf die Erforschung bestimmter gesellschaftlicher Teilbereiche und spezifischer Problemstellungen ausgerichtet. Entsprechend erforscht die Sportsoziologie den Sport aus soziologischer Perspektive, indem sie die dort vorzufindenden sozialen Prozesse und Strukturen untersucht.
Mit den eingangs genannten Beispielen deutete sich bereits an, dass sich das Soziale im Kontext des Sports auf ganz unterschiedlichen Ebenen entdecken lässt. In der Soziologie ist es üblich, zwischen der Mikro-, Meso- und Makro-Ebene zu unterschieden und damit soziale Strukturen unterschiedlichen Komplexitätsgrads zu bezeichnen.
Beispielsweise rücken auf der Mikro-Ebene kleinere soziale Gebilde, wie Face-to-Face-Interaktionen in den Fokus der sportsoziologischen Analyse. Gerade im Sport gibt es eine Vielzahl solch kleinerer und häufig auch relativ flüchtiger – deswegen aber nicht weniger bedeutsamer – sozialer Zusammenhänge. Man denke nur an die im Wettkampf aufeinandertreffenden Athleten, aber auch an das Gespräch zweier Fußballfans auf der Tribüne, an die Selbstinszenierungen von Bodybuildern in Fitnessstudios, das gesellige Beisammensein im Vereinsheim, die Interaktion zwischen Trainer und Athlet während einer Auszeit oder die Kommunikation innerhalb einer Trainingsgruppe.
Dem gegenüber lassen sich auf der Meso-Ebene stabilere und komplexere soziale Ordnungsmuster identifizieren. Dabei handelt es sich vor allem um formale Organisationen und Institutionen, die sich wiederum in unterschiedliche Organisationsformen, z.B. Sportvereine, Verbände oder kommerzielle Sportanbieter, unterscheiden und hinsichtlich ihrer spezifischen Strukturbesonderheiten untersuchen lassen. An dieser Stelle begegnet man beispielsweise Analysen zum Autonomiegrad, respektive zur Umweltabhängigkeit von Sportorganisationen. Ebenso wird danach gefragt, welche Ziele diese Organisationen verfolgen, wie sie ihre Mitglieder gewinnen und binden, über welche Abteilungen und Stellen sie verfügen, welche Formen der Machtverteilung und Entscheidungsverfahren (z.B. Hierarchie oder Demokratie) sie entwickeln und welche spezifischen Werthaltungen und Organisationskulturen sie hervorbringen.
Und schließlich lässt sich auf der Makro-Ebene, also der umfassenden Ebene von Gesellschaft und ihren Teilsystemen die Entwicklung des Sportsystems in Abhängigkeit von unterschiedlichen Gesellschaftsformen untersuchen, die Auswirkungen gesellschaftlichen Wandels, z.B. von Globalisierungs- und Individualisierungsprozessen, auf den Sport analysieren oder auch die Austauschbeziehungen zwischen dem Sportsystem und seinen Umweltsystemen – vor allem Wirtschaft, Massenmedien, Politik und Erziehungssystem – in den Blick nehmen.
Bereits mit der Differenzierung in diese drei Ebenen deuten sich die Komplexität des Gegenstandsbereichs der Sportsoziologie und damit auch die Vielzahl möglicher Forschungsfragen an. Prinzipiell unbeantwortet bleibt hierbei allerdings – und darauf hinzuweisen ist wichtig – die Frage, wie das Soziale sein soll? Mit anderen Worten:
Tasuta katkend on lõppenud.