Loe raamatut: «Schöne Pferde durch Training»

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Schöne Pferde

durch Training

Körper und Seele

ganzheitlich fördern

LISA KITTLER

Schöne Pferde
durch Training

Körper und Seele

ganzheitlich fördern

Haftungsausschluss

Autorin und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden an Mensch und Tier, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden.

Copyright © 2016 by Crystal Verlag, Wentorf

Gestaltung und Satz: Crystal Verlag, Wentorf

Titelfoto: Privat

Fotos im Innenteil: Lisa Kittler, privat

Zeichnungen: Susanne Retsch-Amschler

Lektorat: Martina Kiss

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

ISBN: 978-3-95847-009-5

INHALT
Warum gerade dieses Thema?
Das Beispiel der Prinzessin
Was ist Schönheit?
Schönheit – ein ästhetisches Empfinden
Das schöne Pferd
Das Exterieur
Das Interieur
Schönheit – auch eine Frage des Lebensumfelds
Haltungsbedingungen und Fütterung
Pflege und Ausrüstung
Trainingsvoraussetzungen – Theorie
Positive Lernatmosphäre
Abwesenheit von Stressoren
Zeitmanagement
Positive Unterstützung
Die Trainerpersönlichckeit
Schreibtischpädagogik
Ziele formulieren, Pläne entwickeln
Wissen und Gefühl
Fehler und Probleme



Mein persönlicher Weg – Praxis
Erste Kommunikation entwickeln: Führtraining
Ausrüstung
Handhabung
Körpersprache
Führpositionen
Kopf tief
Halten, Warten und Durchparieren
Angehen und Wechsel innerhalb sowie zwischen den Gangarten
Die Vorhand positionieren – Hinterhandwendung
Die Hinterhand positionieren – Vorhandwendung
Rückwärtsrichten
Handwechsel
Raus in die Natur
Die zweite Ebene der Kommunikation: Boden- und Longenarbeit
Anatomie und Biomechanik des Pferdes
Fit für die Kreislinie
Ausrüstung
Stellung
Biegung
Verfeinerte Positionierung der Vorhand – Schulterherein
Verfeinerte Positionierung der Hinterhand – Kruppeherein
Auf Abstand
Königsdisziplin Freiarbeit – Freiheit auf Ehrenwort
Kommunikation prüfen
Freiheitsdressur
Das freie Spiel
Persönliches Nachwort



WARUM GERADE
DIESES THEMA?
Das Beispiel der Prinzessin

Dieses Buch würde es nicht geben, wenn ich nicht einer ganz bestimmten vierbeinigen Persönlichkeit begegnet wäre. Mein Lebensweg wäre wohl ein deutlich anderer als der, den ich seitdem beschreite.

Vor neun Jahren lernte ich mitten in meinem Lehramtsstudium durch puren Zufall die Anglo-Araber-Stute „Salt and Pepper“ kennen – bald nur noch „die Prinzessin“ genannt. Sie war zu diesem Zeitpunkt sowohl psychisch als auch physisch in einem schlechten Zustand.

Trotzdem muss es etwas gegeben haben, was mich an diese verschlossene Stute band, sodass ich sie nach einigen Jahren als Reitbeteiligung schließlich kaufte. An Reiten war in ihrem Zustand nicht zu denken, sodass ich mich nach 13 Jahren klassischer Reitausbildung auf verschiedenen Pferden völlig neu orientieren musste. Die Prinzessin veranlasste mich, meinen bisherigen Weg zu überdenken und meinen Horizont drastisch zu erweitern.

Um den muskulären Zustand der Stute zu verbessern, beschäftigte ich mich zuerst umfassend theoretisch mit dem Thema Bodenarbeit als Vorbereitung und eigenständige Ergänzung zum Reiten. Da aber weder ich noch die Prinzessin in diesem Bereich über praktisches Vorwissen und Können verfügten sowie keine Trainer in unserer Anfangszeit zu finden waren, lernte ich, mich sehr stark in sie einzufühlen, immer auf ihre Reaktionen und Stimmungen zu achten sowie mich selbst und mein Handeln ganz genau zu reflektieren. Nur so konnten wir beide zusammen lernen und Fortschritte erzielen. Vielleicht war das unser großes Glück, denn so bezog ich sehr schnell neben der körperlichen vor allem die psychische Entwicklung in unseren Trainingsprozess mit ein.

Innerhalb recht kurzer Zeit öffnete sich die Prinzessin, wurde engagierter und vertrauensvoller. Ihre – oder besser unsere – seelische Entwicklung, unser Zusammenfinden, ließ das physische Training noch einmal viel wertvoller und effektiver werden. Innerhalb der nächsten Jahre hatte sich die Prinzessin körperlich und seelisch völlig verändert.

Diese Veränderung von einem sprichwörtlich „hässlichen Entlein zum schönen Schwan“ nahmen außenstehende Personen wahr und äußerten ihre Bewunderung. Die Wandlung hin zu einem schönen Pferd wurde und wird jedoch häufig als eine überraschende und einmalige Entwicklung eines einzelnen Pferdes angesehen. Meiner Meinung nach haftet dieser Wandlung aber nichts Wundersames an, denn jedes Pferd hat das Potenzial, ein „schöner Schwan“ zu werden! So, wie ich es vor acht Jahren bei meiner Anglo-Araber-Stute unbewusst spürte, muss der Besitzer des „hässlichen Entleins“ das Potenzial nur wahrnehmen und eine Entwicklung für möglich halten. Mithilfe eines ganzheitlichen Trainings ist eine Veränderung dann für jeden im Rahmen seiner Möglichkeiten und denen des Pferdes realisierbar. Neben der körperlichen Förderung des Pferdes spielt dabei vor allem die psychische Entwicklung eine große Rolle: Ein Schwan sieht schließlich nur schön aus, wenn er auch einen gewissen Stolz in sich trägt.

Das Buch möchte Ihnen einen roten Faden für das ganzheitliche Training hin zu einem schönen Pferd in die Hand geben. Dieser basiert vor allem auf meinen ganz persönlichen Erfahrungen mit meiner Stute, die sehr prägend für mich und meine folgende Ausbildertätigkeit im Pferdebereich waren und es heute noch sind. Meine persönlichen Ansätze werden vertieft und ergänzt durch schon bestehende Konzepte und Theorien unterschiedlichster Fachleute der Pferdewelt, mit denen ich mich anhaltend intensiv theoretisch und praktisch auseinandersetze. Diese Kombination hat sich im Lauf der Jahre in der Ausbildung von vielen verschiedenen Pferden sowie deren Besitzern als erfolgreich erwiesen. Denn trotz meiner hier formulierten Gedanken, Anregungen und Übungsvorschläge bleibt die Ausbildung des Pferdes und des dazugehörigen Menschen nach meinem roten Faden immer individuell ausgerichtet und jederzeit flexibel anpassbar.


Vorher – Verspannte oder sogar schon atrophierte Muskulatur und ein ungesundes Laufverhalten sprachen für keine gute Ausbildung. (Foto: Lisa Kittler)

Das Geschenk eines solchen Trainings sind schönere, stolzere, gesündere und leistungsfähigere Pferde und ebenso reflektiertere sowie zufriedenere Besitzer. Als Partner können Sie sich gemeinsam mit Ihrem Pferd weiterentwickeln!

Dabei wünsche ich Ihnen und Ihrem Pferd viel Freude!

Ihre

Lisa Kittler


Nachher – Nach drei Jahren intensiver Förderung von Körper und Seele hatte die Prinzessin eine komplett andere Erscheinung. (Foto: Lisa Kittler)


WAS IST SCHÖNHEIT?
Schönheit – ein ästhetisches Empfinden

Im Pferdesportbereich begegnen dem Pferdebesitzer viele konkrete Kategorien und klar definierte Begrifflichkeiten, mit denen die Qualität eines Pferdes und dessen Training beurteilt und bewertet werden können. Viele sprechen beispielsweise vom Takt und der Hinterhandaktivität der Pferde, urteilen, dass die Vierbeiner auf M-Niveau in der Dressur oder im Springsport starten können.

Von diesen vorgegebenen Bewertungskriterien möchte ich mich in diesem Buch entfernen. Zwar sind sie fast allen Pferdebesitzern bekannt und werden häufig von ihnen selbst verwendet, doch meist geschieht dies nur floskelhaft. Die wenigsten wissen oder erkennen, wie zum Beispiel eine korrekte Hinterhandaktivität aussieht oder eine Piaffe gymnastisch wertvoll gearbeitet wird, und können es deswegen nicht richtig beurteilen. Das ist nicht verwerflich, denn schließlich betreiben die meisten Reiter ihren Sport als Hobby und nicht als Wissenschaft oder Profession. Sie müssen sich im Lauf der Zeit erst einmal das Wissen aneignen und die Fähigkeiten erwerben, ein Pferd und/oder dessen Training fachlich beurteilen und bewerten zu können.


Eine federleichte Verbindung und kraftvolle Bewegungen des Pferdes lassen einen schönen Eindruck vom gemeinsamen Training entstehen. (Foto: privat)


Mag der Hals noch gut gerundet sein, so entsteht doch kein schöner Eindruck. Zwang und Druck ersticken Schönheit schon im Keim. (Foto: Lisa Kittler)

Aus diesem Grund möchte ich in diesem Buch ein Kriterium zur Beurteilung und Bewertung des Trainings von Pferden verwenden, das vielleicht erst einmal etwas seltsam erscheint: die Schönheit.

Diese Wahl hat mehrere Gründe. Jeder Mensch besitzt ein angeborenes ästhetisches Empfinden und kann deswegen nicht nur in der Malerei, Mode und Architektur Schönheit wahrnehmen, sondern auch bei Lebewesen und sogar bei ihrem Zusammenspiel miteinander. Die Beurteilung, ob ein Pferd oder dessen Training schön ist, erfordert vom Beurteilenden demnach keinerlei Vorkenntnisse und ist somit von jedermann durchführbar.

Das Erkennen von Schönheit ist dabei kein individueller Eindruck eines Betrachters, sondern besitzt eine relative Allgemeingültigkeit, die sich im Lauf der Evolution entwickelt hat. Es gibt einen unbewussten Konsens in der Gesellschaft, was als schön wahrgenommen wird. So ist es nicht verwunderlich, wenn ein Kind ohne Vorwissen ein durch den gesamten Körper schwingendes und frei ausschreitendes Pferd ebenso als schön empfindet wie ein routinierter Trainer.

Als schön wird in der Regel etwas bezeichnet, was einen besonders angenehmen Eindruck hinterlässt. Dieser Eindruck des Betrachters lässt sich nicht erzwingen, er ist entweder da oder nicht. Auch die Schönheit entsteht nur aus sich selbst heraus und lässt sich nicht forcieren. Dies ist vor allem im Pferdesportbereich ein Vorteil. Denn dort werden allzu oft mit Zwang und Druck bestimmte äußerliche Kriterien scheinbar erfüllt, lassen die seelische Komponente der Ausbildung aber vollkommen außen vor.

Um die Schönheit des Pferdes zu entwickeln, sind andere Voraussetzungen zu schaffen und andere Wege zu gehen, fernab der konventionellen Ausbildungspraktiken.

Das schöne Pferd

In diesem Buch wird das Kriterium „Schönheit“ zur Beurteilung von Pferden verwendet. Doch was ist eigentlich ein „schönes Pferd“? Fragt man verschiedene Leute, bekommt man darauf unterschiedliche Antworten. Persönliche Vorlieben oder kulturelle Prägung führen dazu, dass einige im Gegensatz zu anderen bestimmte Einzelmerkmale bei Pferden bevorzugen und andere wiederum eher ablehnen.

Doch jeder kennt sicherlich diesen Moment, in dem ein Pferd im Fernsehen, in einer Show oder auf einer Fotografie zu sehen ist und alle Betrachter sich unabhängig von ihren Vorlieben oder Prägungen einig sind: Dieses Pferd ist schön! Ihr angeborenes ästhetisches Empfinden lässt in der Regel alle Menschen Pferde bevorzugen, deren Körper In bestimmten Proportionen ausgeformt sind und ganz bestimmte Symmetrien aufweisen. Das Gesamtbild jeder Rasse muss harmonisch sein, um von allen als schön empfunden zu werden.

Außerdem haben schöne Pferde immer einen ganz besonderen Ausdruck. Sie erscheinen stolz, selbstbewusst, freudig und vor allem gesund. Dies beeinflusst maßgeblich ihre Bewegungen und dadurch wiederum ihr äußeres Erscheinungsbild. Ein schönes Pferd ist also immer eine Einheit aus Körper und Seele.

Unser angeborenes ästhetisches Empfinden kann aber leider auch überlagert werden. Umso öfter wir bestimmte Abbildungen oder Präsentationen sehen, umso normaler und zum Teil sogar erstrebenswerter wird dieses Schönheitsideal für uns. Dem Pferdebesitzer wird heutzutage aufgrund verschobener Leitbilder im heimischen Stall, beim Training sowie auf Kursen oder in den Medien zumeist ein sehr fragwürdiges Schönheitsideal von einem Pferd vermittelt. So bezeichnen beispielsweise einige Personen gestresste Pferde, die in Rollkur gearbeitet werden oder spektakuläre Spanntritte zeigen, als schön, und manche Vertreter des Westernsports finden die zuchtbedingt an der Hinterhand vollkommen mit Muskeln überladenen sowie überbauten Quarterhorses ästhetisch.


Der kugelrunde Bauch sowie der Fettkamm am Hals lassen dieses deutlich übergewichtige Pferd nicht schön aussehen. (Foto: Lisa Kittler)

Das Exterieur

An diesem unnatürlichen Schönheitsideal des Pferdes möchte ich mich in diesem Buch nicht orientieren, sondern an dem, was durch unser angeborenes ästhetisches Empfinden bestimmt wird. Zuerst konzentriere ich mich auf das Exterieur – also das äußere Erscheinungsbild sowie den Körperbau des Pferdes. Dies kann im Gegensatz zum Interieur schon beim ersten kurzen Anblick bewertet werden. Einer der wichtigsten Faktoren in der Beurteilung eines Lebewesens im Hinblick auf seine Schönheit ist der Gesundheitszustand. Nur wenn es gesund ist, wird es als schön empfunden. Denn Gesundheit bedeutet Überlebens- und Leistungsfähigkeit – Eigenschaften, die in der gesamten Evolution maßgeblich waren und es immer noch sind, weswegen sie unsere Wahrnehmung wesentlich beeinflussen. Um als gesund eingeschätzt zu werden, sollte das Pferd vor allem einen guten Ernährungszustand haben. Knochige Wirbelsäulen und sichtbare Rippen lassen ein Tier eher krank aussehen. Aber dicke Fettpolster neben dem Schweif sowie hinter den Schultern verschlechtern den Eindruck vom Gesundheitszustand. Die Muskulatur des Pferdes gibt ebenso Aufschluss über seine Leistungsfähigkeit und damit über seine Schönheit. Gewünscht wird eine harmonische Verteilung der gut ausgeprägten Muskulatur über den gesamten Körper. Gänzlich oder nur in bestimmten Körperregionen fehlende Muskulatur lässt das Pferd nicht vital erscheinen. Übermäßig ausgeprägte und zumeist verspannte Muskelpartien, wie sie zum Beispiel häufig am Unterhals oder den Sitzbeinmuskeln vorkommen, sind ebenfalls nicht sehr ansehnlich.


Dieses Pferd sieht nicht schön aus. Das struppige Fell, die fehlenden Muskeln und sichtbaren Rippen sprechen für einen schlechten Gesundheitszustand. (Foto: Lisa Kittler)


Mit einer Vielzahl von eingezeichneten Linien können Sie überprüfen, ob Ihr Pferd ein harmonisches Gebäude hat. (Foto: Lisa Kittler)

Auch Fell und Langhaar des Pferdes fallen beim Betrachten des äußeren Erscheinungsbildes sofort ins Auge und tragen entscheidend dazu bei, ob wir das Pferd als schön empfinden oder eher nicht. Glänzend und voll sollen Mähne, Schweif und Fell sein. Struppiges und löchriges Fell oder dünne, stumpfe Mähnen sowie Schweife lassen das Pferd krank aussehen und sind wenig attraktiv.

Das Gebäude der Pferde kann im Hinblick auf seine Wirkung auf den Betrachter wissenschaftlich untersucht werden. Auf einem Bild eingezeichnete Linien geben Aufschluss über die Harmonie des Körperbaus. Als schön wird dabei ein Pferd wahrgenommen, dessen Gebäude stimmige Proportionen und klare Symmetrien aufweist. Einige allgemeingültige Anhaltspunkte möchte ich anhand des (auf Seite 15) abgebildeten Pferdes erläutern. Es ist nur eine auf dieses Tier beispielhaft zugeschnittene Auswahl an Kriterien. Sicherlich lassen sich noch viele weitere finden, was aber den Rahmen dieses Buches sprengen würde.

Zu sehen ist ein Warmblüter mit vielen Volloder Halbblütern in der Ahnenreihe vor dem Beginn seiner Ausbildung. Die Stute steht im Quadrattyp, die Tendenz ist aber durch den ausreichend langen Rücken nicht zu stark ausgeprägt, weswegen das Format ansprechend wirkt. Die Proportionen zwischen den einzelnen Körperpartien des Pferdes sind ebenfalls harmonisch. Der schön geschwungene Hals findet wie gewünscht im Genick seinen höchsten Punkt. Dieser und der ausdrucksstarke Kopf haben eine passende Größe im Verhältnis zum Restkörper. Die Beine sind ausreichend lang und haben kräftige Gelenke sowie klare Sehnen. Dies alles sind Punkte, die unserem Verständnis von Schönheit entsprechen. Einige Punkte verdeutlichen aber, dass das Exterieur nicht optimal ist. Die Proportionen und Symmetrien zwischen Vor- und Hinterhand sind nicht besonders günstig. Die Vorhand wirkt aufgrund der relativ steilen Schulter gedrungener als die Hinterhandpartie, die deutlich flacher und harmonischer geformt ist. Die steile Schulter in Kombination mit dem etwas tiefer angesetzten Hals bewirkt eine verstärkte Vorhandlastigkeit des Pferdes, die durch die rückständigen Vorderbeine noch klarer zu erkennen ist. Die Rückenlinie beginnt mit einer guten Widerristpartie, endet aber leider in einer aufgewölbten Lende, die nicht gewünscht ist.


Die Stute knapp drei Monate später: Die Muskulatur wurde gut aufgebaut und lässt das Pferd nun deutlich harmonischer erscheinen. Die Rückständigkeit ist weniger geworden, die Aufwölbung im Lendenbereich nicht mehr zu sehen. Nur der Hals dürfte sich noch etwas entwickeln. (Foto: Lisa Kittler)

Solche Pferde wie die abgebildete Stute begegnen Ihnen bestimmt oft. Sie wirken ansprechend, aber aufgrund ihres nicht optimalen Gebäudes nicht unbedingt sehr schön. Doch das können sie noch werden! Zwar ist das Exterieur von Geburt an vorgegeben und kann nicht wirklich verändert werden, aber eine ganzheitliche Ausbildung gleicht viele Mängel aus. Indem die veränderbaren Strukturen des Pferdes (wie die Muskulatur und über einen langen Zeitraum auch die Sehnen und Bänder) durch Training gut ausgebildet und/oder positiv verändert werden, können Exterieurmängel „kaschiert“ werden.

Stellen Sie sich zum Beispiel vor, die Fuchsstute hätte eine weniger verkrampfte Lendenmuskulatur und würde somit diesen Bereich nicht so stark stauchen. Die Erhebung der Rückenlinie wäre gar nicht mehr so deutlich zu sehen. Würde die Hinterhand- und Rumpfmuskulatur etwas besser aufgebaut, wäre die Rückständigkeit der Vorderbeine wahrscheinlich kaum noch vorhanden, weil sie die Vorhand tragen helfen würden. Die Stute würde – trotz des immer noch nicht optimalen Gebäudes – durch die muskuläre Entwicklung insgesamt viel harmonischer aussehen und damit schöner wirken. Kann der Betrachter ein Pferd live sehen, bezieht er ebenfalls die Bewegungsqualität in seine Beurteilung der Schönheit mit ein. Die Bewegungen eines Pferdes sind zwar abhängig vom angeborenen Gebäude, lassen sich aber durch ein sinnvolles Training formen und deutlich verbessern.

Bei der Beurteilung sind ebenfalls bestimmte Symmetrien und Proportionen entscheidend. Vorgriff und Rückschub der Vorder- und Hinterbeine sollten möglichst gleichmäßig sein. Auch die Auf-und-ab-Bewegung des Rückens oder die Pendelbewegung des Halses und Schweifes wünscht sich der Betrachter nahezu ausgeglichen. Der Takt in allen drei Gangarten muss absolut gleichmäßig sein und vieles mehr. Insgesamt sollte sich das Pferd also losgelassen, fließend, leicht und harmonisch bewegen, um vom Betrachter als schön wahrgenommen zu werden.

Das angeborene Gebäude des Pferdes ist die Grundkomponente bei der Beurteilung seiner Schönheit. Doch können durch eine ganzheitliche Ausbildung der Fütterungszustand, die Muskulatur und die Bewegungsqualität verbessert werden, sodass das Pferd deutlich schöner erscheint. Jedes Pferd hat demnach Entwicklungspotenzial!

Tasuta katkend on lõppenud.