Loe raamatut: «Die Krone der Schöpfung», lehekülg 3

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GOOGOL

Schon seit Längerem waren die Suchmaschinen jetzt immer die Ersten, die wussten, was die Menschen bewegte. Die beliebteste Suchmaschine trug den Namen Google, weil der, der die Domain Googol für die Suchmaschinenfirma sichern sollte, sich verschrieben hatte. Googol ist der Name für eine Zahl mit 100 Nullen, also 10100, und so sollte auch die neue Suchmaschine heißen. Der Name der unvorstellbar großen Zahl schien den Begründern der neuen Suchmaschine die perfekte Metapher für das Wissen ihrer Maschine und das Internet überhaupt. Eigentlich hatte die unvorstellbar große Zahl schon einen anderen Namen gehabt, aber als dann dem Neffen eines Mathematikers der Name Googol einfiel, fanden den alle viel besser, und man nannte die große Zahl noch mal um. Manchmal braucht es mehrere Fehler, damit etwas richtig werden kann, und keiner kann wissen, welche Fehler das sein müssen.

Eine noch größere Zahl als ein Googol ist ein Googolplex, also 10 hoch Googol. Ein Googol hat hundert Nullen und ein Googolplex ist größer als die gesamte Anzahl der Protonen im Universum, hat zumindest der Mann behauptet. Ich frage mich schon, wie das sein kann, weil das Universum ist ja eigentlich unendlich.

Auf jeden Fall war Google schnell klar, dass das mit dem Coronavirus eine größere Sache werden würde. Aber da es ansonsten noch kaum etwas darüber gab – einfach nur viele Fragen, aber keine Antworten – entschied Google, sobald man »Corona« eingab, einfach, einen roten Kasten anzuzeigen, auf dem SOS Warnmeldung stand. Auf diesem Banner gab es ein Zeichen, das so aussah wie der Teilen-Button, wenn man aber darauf klickte, passierte gar nichts. Wahrscheinlich ging es bei dem Banner eher um so ein Grundgefühl, dass das, wonach man suchte, wichtig und gefährlich war, auch wenn man unter dem Suchbegriff noch kaum etwas finden konnte.

VIROLOGEN

Bislang hatte sich eigentlich kaum einer für das Berufsbild des Virologen interessiert, doch nun hörte man immer häufiger von ihnen und kannte manche sogar beim Namen. Virologen beschäftigen sich mit der Virologie als der Lehre von den Viren, erforschen deren Eigenschaften und suchen nach Möglichkeiten, sie zu bekämpfen.

Der Virologe, der in unserem Land bald der bekannteste aller Virologen sein sollte, schließlich hatte er den SARS-Erreger mitentdeckt und war auch ein bisschen hübsch, saß gleich von Anfang an mit in den Talkshows. Er hatte die Proteinkristalle, die er aus den Virenhüllen hatte wachsen lassen, mit hochbrillantem Röntgenlicht durchleuchtet und aus den gewonnenen Bildern die exakte Struktur der Proteine am Computer berechnet. Aber nicht nur das: Wegen seines angenehmen Äußeren und seiner ruhigen, eindringlichen Art zu reden, vertrauten die Menschen ihm bald mehr als den meisten anderen, die in der Krise eine Meinung hatten. Er aber blieb ganz ruhig, denn er war doch in erster Linie Wissenschaftler. Er ließ sich nicht hinreißen, irgendwelche Zahlen zu nennen, auch wenn die Journalisten mit noch so vielen Tricks versuchten, ihm eine Zahl zu entlocken. Er wusste am allerbesten, dass den Menschen doch nicht geholfen war, wenn sie Zahlen hörten, sie verstanden ja rein gar nichts davon.

QUOTE

Ein Schauer durchlief sie, als während der Sendung die magische Zahl nach oben durchbrochen wurde. Der Sendeleiter hatte das Zeichen gemacht. Sie wusste also, dass gerade etwas Besonderes passierte und dass sie Teil davon war. So hoch waren die Quoten schon seit 2001 nicht mehr gewesen. Da machte es nichts, dass sie für ein paar Sekunden den Faden verlor und der Redefluss ins Stocken geriet. Ihr war etwas schwindelig und die Lichter an der Studiodecke begannen sich zu drehen, trotzdem lächelte sie weiter in die Runde. Dafür war sie Profi genug. Der Virologe, der zu ihrer Rechten saß, nutzte den Moment und erläuterte noch mal die R-Zahl. Er sprach so weich, stets darauf bedacht, dass kein falsches Wort aus seinem Mund kam. Das verschaffte ihr die Pause, die sie brauchte, um ihre Gedanken zu fokussieren, und sie blickte auf das beleuchtete Notausgangsschild, auf das grüne Männchen, das sich in Sicherheit brachte.

Man hatte schon gedacht, es wäre vorbei mit dem Staatsfernsehen. Die Streaming-, also Video-on-Demand-Anbieter und Plattformen hatten das Fernsehprogramm zunehmend unattraktiv erscheinen lassen. Nur die Alten wussten es noch zu schätzen, sich vom öffentlichrechtlichen Rundfunk viele Stunden am Tag berieseln zu lassen. Als aber der Virus kam, war das die Chance, auf die die Programmchefs und Sendungsmacher lange gewartet hatten. Nur ganz ab und zu gab es noch was zur Unterhaltung, aus gegebenem Anlass. 40 Jahre »Verstehen Sie Spaß?«, leider ohne Publikum, aber live aus München, mit Kameramännern mit Mundschutz. Aber in der Hauptsache sah sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk von der Krise dazu ermächtigt, zusammen mit der Regierung und den Top-Virologen das Krisenmanagement zu übernehmen und die beunruhigten Bürger zu informieren.

TEST

Am besten konnte man es vielleicht mit feinen Stichen beschreiben, mitten in mir drin. Begonnen hatte es in den Augenwinkeln, da, wo sich eigentlich die Tränenflüssigkeit sammelt, und nun bahnte es sich seinen Weg durch mich hindurch. Dass man nur wenige von den beschriebenen Symptomen hat, ist noch kein Beweis nicht infiziert zu sein, das konnte man überall lesen. Ich hatte den Virus jetzt schon fast eine Woche lang und lief immer noch so mir nichts, dir nichts durch die Gegend. Nicht zu fassen, dass mich keiner testen wollte. Der Virus war ganz anders als alles, was ich bis dahin erlebt hatte. Dass es sich um eine gänzlich neuartige Krankheit handelte, konnte man daran erkennen, dass alles wie in Zeitlupe verlief. Mein Körper hatte keinerlei Verhaltensmuster, wie er auf den ihm unbekannten Virus reagieren sollte.

Ich war mir unsicher, ob ich es besser allen sagen sollte, um sie vor mir zu warnen, oder es lieber geheimhalten. Ich ging meinen neuen Nachbarn aus dem Weg. Aus dem Fenster sah ich die schwangere Nachbarin mit einem Korb zum Dorfsupermarkt hinübergehen. Ihr Bauch war in kürzester Zeit erstaunlich dick geworden. Sie taten alle noch so, als würde das Leben einfach weitergehen können. Ich wollte irgendwas hinüberrufen, um ihr wenigstens ein Zeichen zu geben, aber was hätte ich schon rufen sollen? Schließlich rief ich sie an und sagte, dass ich ein Kratzen im Hals spüre, nur damit sie das wisse, und dass ich mich sofort testen lassen würde. Dann wählte ich die Nummer des Gesundheitsamts. Auf die Frage, wie ich darauf komme, infiziert zu sein, musste ich ein bisschen ausholen und von dem Filmfestival erzählen und der Zombieserie und so weiter. Die freundliche Frauenstimme am Apparat, die sich alles geduldig angehört hatte, erklärte mir, dass diese Umstände nicht ausreichten, um mich für einen Test zu qualifizieren, und dass ich lieber zum Hausarzt gehen und mich auf Grippe untersuchen lassen sollte. Das Besorgniserregendste an unserem Telefonat war die besänftigende Freundlichkeit der Frau. Es musste also wirklich schlimm sein, dachte ich. Im Hintergrund hörte ich noch eine andere freundliche Frauenstimme, die wohl gerade jemand anderen am Telefon beruhigte. Seltsamerweise hatte ich den Gedanken, was der andere Anrufer doch für ein Trottel war, dass er da anrief und sich einbildete, er hätte den Virus.

HONKA, BAR DES VERGESSENS

»Nichts wie weg hier«, dachte Geraldine. Das verdammte Kaff war total ausgestorben, und das an einem ganz normalen Wochentag. Geraldine lenkte ihren Schritt weiter in Richtung Zentrum. So sehr, wie sie sich auf die Einsamkeit gefreut hatte, freute sie sich jetzt, endlich mal wieder auf Menschen zu treffen. Es waren nur zwei Wochen gewesen, die sie in der einsamen Hütte ganz allein verbracht hatte, und sie war froh, dass sie durchgehalten hatte, aber genug war genug. Sie bog auf den Platz vor der Kirche ein, der zu ihrem Erstaunen ebenfalls total ausgestorben war. An der Längsseite des Platzes befand sich ein Einkaufsmarkt und gleich gegenüber das große Haus, in dem sie wohnte. Es war früher mal ein Hotel gewesen, aber schon lange wollte hier niemand mehr absteigen. Mitten auf dem Platz war die Bushaltestelle.

»Wenn die Einsamkeit in der Hütte dich nicht kleingekriegt hat«, dachte Geraldine, »dieses Drecksloch wird es ganz sicher schaffen.«

Man konnte Geraldine die vielen Tage in der Wildnis durchaus ansehen, aber selbst die Tatsache, dass sie ganz in Funktionskleidung gehüllt war und die Körperpflege in der letzten Zeit auf das Nötigste reduziert hatte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie eine schöne Frau war. Von ihrem langen, aschblondem Haar, jetzt selbstbewusst zu einem Dutt gebunden und unter dem Trapperhut verborgen, hatten es ein paar Strähnchen geschafft, sich zu befreien und hingen in kleinen Löckchen an ihren Wangen herunter. Ihr Gesicht war fein, aber klar geschnitten, mit einer geraden Nase. Der Gürtel, der mit allerlei nützlichen Kleinigkeiten bestückt war, ließ unter der Wachstuchjacke ihre schlanke, sportliche Figur erahnen.

Sie ging auf die Bushaltestelle zu, um die Abfahrtszeiten zu studieren, aber als sie so dastand, vertieft in die Uhrzeiten und Orte auf dem Plan, hörte sie, ganz leise, ein kehliges Stöhnen. Sie schaute in das kleine Häuschen hinein. Ihre Augen hatten noch gar keine Zeit, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, als zwei verlotterte Gestalten sich aus dem Holzverschlag schälten und aus der Bushaltestelle herauswankten, direkt auf sie zu.

Scheiße, was war das denn? Sie hatten überall Verletzungen und waren voller dunkelbraunem Schmodder. Das musste mal Blut gewesen sein. Einem fehlten die Wangen und seine Zahnreihen waren bis hinten offen zu sehen. Die Typen kamen direkt auf sie zu.

»Scheiße, Scheiße, Scheiße«, dachte Geraldine. Sie drehte sich um und wollte in den Supermarkt fliehen, aber da packte sie einer der Kerle auch schon am Oberarm.

»Gehirn …«, grunzte er.

PANIK

Man muss nicht in Panik geraten, braucht keine Angst zu haben, keine großen Mengen auf Vorrat kaufen und vor allem nicht versuchen, in sein Wochenendhaus zu fliehen.

Es hat immer einen besonderen Reiz, das zu tun, was man nicht tun soll, und manchmal hat man auch einfach das Gefühl, dass man es gerade doch tun sollte, weil es in Wirklichkeit das Allersinnvollste ist, nur dass eben nie alle das Allersinnvollste zur gleichen Zeit tun können und deswegen vor dem Allersinnvollsten gewarnt wird. Trotzdem hat es alle überrascht, wie schnell dann das Hamstern losging und die Autos sich auf den Ausfallstraßen aus der Stadt heraus stauten. An einem Tag war in den Discountern noch alles wie immer und dann, auf einmal, waren alle Regale leer, ohne dass sich sonst etwas Entscheidendes geändert hätte. Besonders erstaunlich war, dass es das Klopapier war, das als Erstes weg war und dann für lange Zeit nur noch ab und zu mal wiederkam. Ich habe mir nie viel aus Klopapier gemacht, aber wenn etwas weg oder wenig ist, entwickelt man mitunter ein starkes Verlangen danach. Und so begann ich, ab jetzt vor allem das einzukaufen, was nur noch besonders wenig da war, und wollte am meisten das haben, was gar nicht mehr zu finden war. Mehl und Zucker und Hefe und Klopapier. Der Mann kam mit einer Tüte Vitamintabletten nach Hause, so etwas hatte er noch nie gekauft.

Ich saß am offenen Küchenfenster, denn das war der Platz, an dem jetzt am besten jeder sitzen sollte, und schaute über den Dorfplatz zur Kirche, zum Haus des Liebhabers und zum Dorfsupermarkt. Im Hintergrund liefen auf YouTube Lieder aus meiner Jugend, das erschien mir gerade am passendsten. Menschen aus der Stadt, die noch kein eigenes Wochenendhaus hatten, fuhren herum und beugten sich dabei in ihren Autos vor und zeigten auf Häuser, in denen sie sich durchaus vorstellen konnten zu wohnen, wenn auch nur vorübergehend. Alte Freunde riefen an und auch Freunde, die schon lange keine Freunde mehr waren, erinnerten sich, dass man ihnen einmal ein Leben auf dem Land angepriesen hatte. Ich rechnete herum, bei einer Mortalitätsrate von, sagen wir mal, i % und einer Infektionsrate von 70 %, also bis zur Herdenimmunität – diese beiden Zahlen hatte ich jetzt schon häufiger im Internet gelesen –, macht das am Ende circa 4 Milliarden Infizierte und damit 40 Millionen Tote. Da merkte man ja schon, dass das irgendwie nicht stimmen konnte.

DRAMATURGIE

Hinten beim Kompost, da wo es wegen der hohen Bäume immer ein bisschen kühler und auch ein bisschen feucht ist, bilden die Brennnesseln im April erst nur einen fröhlichen hellgrünen Schimmer. Wenn man dann aber kurz nicht achtgibt, beginnen sie zu schießen. Sie schießen immer weiter und werden fett und dunkelgrün und bald kann man gar nicht mehr durchgehen, ohne dass die Nesseln einem die Unterarme verbrennen. Damit aber nicht genug, die Brennnesseln multiplizieren ihr Wachstum, bis sie übermannshoch sind. Aber da merken sie auch schon, dass sie langsam ein Problem kriegen mit den langen dünnen Stängeln, und die Blattläuse haben sich auch längst daran gewöhnt, exponentiell zu wachsen.

In einem abgeschlossenen Ökosystem, habe ich gelesen, stößt jedes Wachstum irgendwann an seine Grenzen. Es wächst einfach, bis es nicht mehr geht und von etwas anderem wieder herunterreguliert wird. Also entweder von einem Feind, einem Mangel oder Stress. Jedes Ökosystem reguliert sich selbst, das ist das, was ein Ökosystem überhaupt erst ausmacht. Alles, was einer in einem Ökosystem macht, hat Auswirkungen und fällt auf ihn und die anderen im Ökosystem zurück.

Jetzt können wir eigentlich nur noch abwarten, hat der Top-Virologe gesagt, als alle Vorsichtsmaßnahmen endgültig besiegelt waren. Wir schlossen uns ein und guckten auf die Kurven, die langsam aber stetig nach oben krochen.

APOTHEKE

Gleich, als ich bemerkte, dass die Apothekerin die freundliche Stimme aufgesetzt hatte, spürte ich wieder dieses beklemmende Gefühl im Brustkorb. Wenn Sie sich krank fühlen, bleiben Sie besser zu Hause. Rufen Sie beim Gesundheitsamt an, die helfen Ihnen gerne weiter. Gehen Sie bitte nicht zum Arzt und nicht ins Krankenhaus, außer es muss unbedingt sein. Wenn es unbedingt sein muss, gehen Sie sofort ins Krankenhaus.

Die Apothekerin konnte ja nicht wissen, dass die Stimmen vom Gesundheitsamt, wenn man dort anrief, empfahlen, dass man einfach mal zum Arzt oder in die Apotheke gehen soll. An der Koordination der Empfehlungen muss dringend noch gearbeitet werden, dachte ich. Ich habe dann doch noch mal gefragt, aber sie sagte wieder nur ganz ruhig in einem leichten, fast fröhlichen Ton, dass sie keine Atemmasken führen würden. Ich war mir eigentlich sicher gewesen, dass ich hier in der Dorfapotheke Atemmasken bekommen würde, weil in unserem Dorf trug noch niemand eine. Ich hatte mir schon vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn ich als Erste auf einmal mit einer Atemmaske herumliefe. Natürlich würden dann alle denken, dass ich das Virus habe und alle anstecke. Aber das dachten sie ja sowieso, weil im Grunde hatte ich ja auch die ganzen Leute aus all den Risikoländern hergeholt, und auch die, die immer zwischen Stadt und Dorf hin- und herfuhren. Es würde mir also so oder so angelastet werden. Aber die Atemschutzmasken waren aus beziehungsweise hatte es nie welche gegeben und sie könnten auch nicht nachbestellt werden, sagte die Apothekerin.

Das Tragen von Masken wäre im Übrigen gar nicht unbedingt hilfreich, wahrscheinlich sogar gefährlich, sagten die Verantwortlichen, die wussten, dass es nicht genügend Masken für alle gab und Panik vermeiden wollten. Nur, wenn man schon eine Maske hatte, dann sollte sie vielleicht trotzdem besser getragen werden. Man war sich ziemlich sicher, dass das Tragen von Masken mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch nicht schaden würde.

PARTYS

Da fiel es mir auf einmal wieder ein. Irgendwie war alles aus dem Ruder gelaufen und ich hatte versprechen müssen, dass ich ihn nie wieder treffen würde. Und wir hatten uns auch wirklich schon seit Jahren nicht mehr getroffen, nicht offiziell und auch nicht inoffiziell. Aber auf der Party, in der Nacht, als ich so lange auf dem Filmfest unterwegs gewesen war, stand er auf einmal vor mir, und jetzt kamen mir auch wieder die Bilder in den Kopf, wie ich ihn geküsst habe, irgendwo zwischen den Mänteln an der Garderobe. Er war meine letzte Hoffnung, noch ein paar Details über die Veranstaltung zu erfahren, wegen der Zombieserie und dem Geld, das ich damit verdienen könnte, und ich rief ihn an. Es war dann allerdings doch keine gute Idee gewesen und letztendlich konnte er mir auch nur sagen, dass ich sehr betrunken gewesen war und komisch getanzt habe. Dann hat er noch gesagt, dass ich ihn bitte nie wieder anrufen soll.

Es gibt Partys, die sind schwer zu stoppen, wenn sie erst mal so richtig in Fahrt gekommen sind. In einer Après-Ski-Hütte im Nachbarland war eine Party am Laufen und wollte einfach nicht aufhören. Jedes Jahr im Dezember fängt die Party dort an und nimmt täglich an Fahrt auf. Zum Fasching wird dann der Turbo gezündet und die Party schießt unkontrollierbar bis zu ihrem Aufprall Anfang Mai. Schließlich musste der Landeshauptmann schweren Herzens die Skisaison vorzeitig für beendet erklären, anders war das Treiben nicht zu stoppen. Da fuhren die Angesteckten nach Hause und wurden dort die Patienten 1, wenn nicht der Patient i zwischenzeitlich von woanders gekommen war.

GENRE ZOMBIE

Der Zombiefilm ist eine Unterkategorie des Horrorfilms. Ansonsten gibt es auch noch Psycho, Splatter, Mystery, Exorzismus, Geister und Clowns. Beim Zombiefilm geht es meistens darum, dass jemand, der eigentlich tot ist, gar nicht wirklich tot ist, sondern aus irgendwelchen Gründen Kontakt zu den Lebenden sucht, um diese ebenfalls in Untote zu verwandeln. Das Wesentliche am Zombie ist sein seelenloser Zustand und sein halb verwester Körper. Meistens hat der Zombie noch eine Rechnung offen oder glaubt, etwas begleichen zu müssen. Es gibt aber auch ferngesteuerte Zombies, die von einer höheren Macht gelenkt werden. Diese höhere Macht will zum Beispiel die Weltherrschaft an sich reißen und der Zombie soll ihr dabei helfen. Die Ansteckung erfolgt, wie auch beim Virus, meist über Berührung. Nach der Zombieberührung wird der Lebende nach kurzer Zeit ebenfalls zum Zombie.

Es kam mir schon ein bisschen komisch vor, dass Geraldine sich gar nicht groß gewundert hat, als ihr da plötzlich die Untoten aus der Bushaltestelle entgegentraten. Ich hatte mir vorgenommen, das später alles noch genau zu erklären, wo sie gewesen war und warum sie nichts mitbekommen hatte, aber dann habe ich verstanden, dass das eben genauso ist im Zombiegenre und dass ich also auf einem sehr guten Weg war. Irgendjemand ist einfach mal weg, und als er oder sie wiederkommt, ist irgendwas komisch, und dann kommen auch schon die ersten Zombies von überall her. Groß wundern tut sich da eigentlich keiner, es ist ja ein Zombiefilm.

AMERIKA II

Der Fernseher läuft mit den neuesten Nachrichten. Der Präsident liegt auf dem Bett und twittert. In der einen Hand hält er eine Cola Light, in der anderen das Smartphone. Er hatte natürlich auch den Regierungscomputer und das Regierungstablet, auf denen er jederzeit twittern könnte, aber die verwendete er so selten, dass sie wahrscheinlich gar nicht aufgeladen waren. Er hatte gerade noch mal was zum »damned China virus« gepostet, weil es ihn so verdammt wütend machte, wenn einer dieses verfluchte CoViD-Wort benutzte. Das würde er ihnen aber schon noch beibringen.

Es war ein anstrengender Tag gewesen, alle hatten irgendetwas von ihm hören wollen. Was denn nun wäre mit den Infizierten, und wie er sich das alles vorstellte. Er hatte eigentlich schon die Schnauze voll gehabt, aber dann war er doch vor die Kameras getreten und hat gesagt, dass er sie alle retten würde. Eine Billion Dollar würde er verteilen, jeder wird Geld bekommen und jeder eine Behandlung, wenn er sie bräuchte, kostenlos, wenn es sein musste. Die Firmen kriegen alle unbegrenzt Kredit und ein Impfstoff ist sowieso schon so gut wie gefunden. In zwei bis drei Wochen ist der Spuk vorbei und alles wird noch viel mehr am großartigsten sein als zuvor. Das müsste genügen. Ursprünglich sollte das Geld ja in die Mauer gesteckt werden, um diesen Zaunkletterern mal zu zeigen, was Amerika unter einer Grenze versteht. Aber dieses Gequatsche mit dem China-Virus wollte einfach nicht aufhören.

Tasuta katkend on lõppenud.

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