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5.

Mein Kopf auf seine Brust gebettet, horche ich seinem hypnotisierendem Herzschlag. Es schlägt langsam und kräftig. Sein Atem geht gleichmässig und seine Hand streift behutsam meinen Arm auf und ab. Ich fühle mich in seiner Umarmung ausserordentlich geborgen, was mich glücklich macht und zugleich beängstigt.

Ich drehe meinen Kopf etwas, um Oliver ansehen zu können. Seine Augen sind geschlossen. Er sieht entspannt aus und auf seinem Gesicht zeichnet sich ein leichtes Lächeln ab. Ich lege meinen Kopf wieder an seine Brust und streife ihm behutsam darüber.

„Was schwirrt dir im Kopf herum?“ Oliver drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Nichts.“

„Da bin ich anderer Meinung. Warum liegst du wie ein Eisblock neben mir? Hat es dir nicht gefallen oder bereust du etwa schon, was geschehen ist?“

„Ich bin kein Eisblock. Ich fühle mich sogar ausserordentlich wohl.“

„Vielleicht noch bis vor wenigen Minuten. Irgendwas beunruhigt dich. Also, was wirbelt in deinem süssen Gehirn herum?“

„Überfällst du jede Frau auf diese Art?“

„Ich habe dich nicht überfallen. Du warst genauso daran beteiligt, wie ich. Oder hast du vergessen, wie du mich in dein Schlafzimmer gezerrt hast?“

Zum Glück habe ich ihm nicht mein Gesicht zugewandt, sonst würde er die brennende Röte, die meine Wangen verfärbt, sehen.

„Warum weichst du meiner Frage aus? Hat es etwas mit diesem Ron zu tun?“

„Ron? Woher weisst du von Ron?“

„Du hast diesen Namen gerufen, bevor du mir die Tür aufgeschlossen hast. Ist er dein Freund?“

Empört setze ich mich auf und bedecke meine Blösse mit der Bettdecke. „Denkst du wirklich ich würde hier mit dir in meinem Bett liegen, wenn ich einen Freund hätte?“ Es enttäuscht mich, was er von mir denkt.

„Ich habe gehofft, dass du so reagieren würdest.“ Oliver zieht mich zurück an seine Brust. „Ich wäre richtig eifersüchtig, wenn es einen anderen Kerl gäbe, der dich berühren dürfte.“ und legt seinen Zeigefinger und Daumen an mein Kinn, um es in seine Richtung zu heben, bevor seine Lippen sanft über meine streifen.

Nachdem wir uns ein weiteres Mal geliebt haben, umschlingt er mich von hinten und hält mich fest. Ich spüre seinen ruhigen Atem in meinem Nacken und frage mich, wann das letzte Mal ein Mann bei mir übernachtet hat. Es ist schon sehr lange her, dass mich jemand so gehalten hat, wie es Oliver soeben tut.

Ich dachte ich würde dieses Gefühl der Geborgenheit, das mich in diesem Moment beschleicht, nicht mehr vermissen. Dass ich es nicht mehr brauchen würde, aber mir wird schlagartig klar, dass ich mich in all den Jahren selbst belogen und betrogen habe. Und dass ich mich abermals belügen würde, wenn ich auch nur eine Sekunden glauben würde, ich könnte mit diesem Adonis in meinem Bett eine Zukunft haben.

Meine rechte Hand tastet nach seiner Hand, die mich an sich gedrückt hält und verschränke meine Finger mit seinen. Ich schliesse meine Augen und geniesse jeden meiner Atemzüge, bis ich in einen erholsamen Schlaf falle.

Müde greife ich nach meinem Wecker, um ihn auszuschalten. Doch das Geräusch endet nicht, als ich auf den Aus-Knopf gedrückt habe. Ich öffne ein klein wenig meine Augen. Es herrscht noch immer vollkommene Dunkelheit, was mich nachdenken lässt. Einen Blick auf die digitale Uhranzeige meines Weckers, bedeutet mir, dass es knapp zwei Uhr nachts ist und dass ich noch über vier Stunden schlafen kann. Meine Augen fallen mir bereits wieder zu, während ich mich auf die andere Seite drehe. Meine Hand bewegt sich über das Laken, das sich zerwühlt und warm anfühlt und plötzlich sind alle Erinnerungen an letzten Abend wieder da. Aber wo ist Oliver? Schlagartig bin ich hellwach. Das Bett ist leer. Ich hoffe, dass er nur kurz auf die Toilette gegangen ist und gleich wieder zu mir ins Bett gekrochen kommt, da höre ich schon das Wasser laufen. Kurz darauf kommt er durch die Tür. Nur ist er nicht nackt, wie ich ihn gesehen und gespürt habe, bevor ich eingeschlafen bin, sondern vollständig bekleidet und zurechtgemacht. Bereit um mir Lebewohl zu sagen.

„Ich hatte gehofft, ich würde dich nicht wecken.“ Er setzt sich neben mich auf den Bettrand.

„Wolltest du gehen ohne dich zu verabschieden?“

„Nein.“ Er streicht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und legt sie hinter mein Ohr.

„Und warum gehst du dann mitten in der Nacht?“

„Ich habe morgen, nein schon heute“ korrigiert er sich. „einen anstrengenden Nachmittag. Ich muss ausgeruht und fit sein. Aber wenn ich hier bei dir bleibe, werde ich alles andere als das sein.“

Fragend blicke ich ihn an.

„Ich finde keinen Schlaf neben dir. Ständig möchte ich dich berühren oder bewundere dich, während du vor dich hin schnarchst.“

„Ich schnarche nicht.“

„Nein, das tust du nicht.“ Er zieht seinen linken Mundwinkel leicht nach oben. „Aber ich danke dir für diesen Gesichtsausdruck, den du mir soeben geschenkt hast.“ Er beugt sich zu mir und bedeckt meinen Mund mit seinen Lippen.

„Wo gehst du jetzt hin?“ frage ich ihn, als wir uns wieder voneinander lösen können.

„Ins Hotel.“

„Das nur ein paar Meter von hier entfernt steht?“

„Ja.“

„Aber....“

„Ich würde viel lieber hier bei dir bleiben. Deinen warmen, weichen Körper schmecken und spüren. Aber ich kann nicht. Obwohl ich ein Profifussballer bin, kann ich mir keine Fehler leisten, sonst bin ich schnell ersetzt. Und Fehler darf ich mir morgen keine leisten.“ Bevor er sich erhebt, küsst er mich nochmals. „Ich melde mich bei dir, so schnell ich kann.“

„Ich freue mich darauf.“

Nun ist es keine Täuschung, sondern wirklich der Wecker, der so unbarmherzig vor sich hin plärrt, bis ich meine Augen vollkommen geöffnet habe und endlich den schrillen Gesang durch einen Knopfdruck verstummen lasse.

Während ich mir ein bequemes Baumwollkleid aus sattem Grün überziehe, das im Nacken gebunden wird, etwas Schminke auftrage, ein paar Toastscheiben in den Toaster werfe und mir einen heissen Kaffee zubereite, rede ich mir ständig ein, dass der vergangene Abend nichts zu bedeuten hat. Dass ich mich genauso fühlen und benehmen werde, bevor ich Oliver getroffen habe, was ja auch stimmt. Sofort strafen mich meine Lügen mit einem bösen Blick, der mir im Spiegel entgegenkommt.

Was versuche ich mir nur einzureden? Seit Kimi habe ich nicht mehr so empfunden, wie in den letzten vierundzwanzig Stunden. Ebenfalls dachte ich, ich würde nie mehr so fühlen können. Aber Oliver brauchte nicht einmal einen Tag, mein altes Leben völlig aus dem Ruder zu bringen.

Wie kann ich nur so dämlich sein, mich ausgerechnet in einen der weltbesten Fussballer zu verlieben? Jetzt hat das Wort, das ich auf keinen Fall mehr in mein Kopf lassen wollte, Form angenommen. Es hat sich in eine äusserst attraktive und erfolgreiche Gestalt verwandelt.

Endlich glaubte ich mein Leben wieder richtig leben zu können, da braucht kein Mann darin aufzutauchen, um es in einer kurzen Zeit wieder zu zerstören.

Ich darf es nicht mehr als eine Affäre betrachten, denn etwas anderes kommt für Oliver gar nicht in Frage, da bin ich mir sicher. Ich möchte gar nicht in Erfahrung bringen, wie vielen Frauen er schon das Herz gebrochen hat und ich werde nicht die Nächste sein.

Die Toastscheiben springen wie auf ein Kommando aus dem Toaster heraus. Ich nehme mir eine und bestreiche sie mit einer köstlichen Haselnuss-Nougatcrème.

Ich halte soeben auf meinem Parkplatz an, als meine Schwester gerade angelaufen kommt und die Tür zu unserem Büro aufschliessen will. Sie lächelt mich an und pfeift mir zu, während ich aus meinem weissen VW Golf steige.

„Du hast dich ja richtig ins Zeug gelegt?“ begrüsst sie mich mit je einem Kuss auf jede Wange. „Hast du heute irgendwas bestimmtes vor oder habe ich einen besonderen Termin verpasst?“

„Warum?“ Ich verstehe nicht, auf was sie anspielen möchte und sehe sie verständnislos an.

„Für wen hast du dich so aufgebrezelt?“

„Das habe ich nicht. Ich habe nur ein einfaches Kleid angezogen, das ich in der hintersten Ecke von meinem Schrank gefunden habe.“

„Und was ist mit der Schminke, die du sonst nie zur Arbeit trägst?“

„Ich hatte einfach Lust dazu.“ Ich gehe an ihr vorbei und öffne die Tür mit meinem eigenen Schlüssel.

„Möchtest du mir nicht verraten, was gestern Abend geschehen ist?“

Ich sehe sie etwas verärgert an, sage aber kein Wort.

„Und versuche gar nicht erst, mich für eine Närrin zu halten. Ich bin deine Schwester und kann dir ganz genau ansehen, dass irgendwas vorgefallen ist. Es kann ja nur etwas Positives sein, wenn ich dich so ansehe. Also...“

„Er stand gestern einfach vor meiner Tür und dann führte eins zum anderen.“

„Wer? Ron?“

„Nein, doch nicht Ron. Oliver.“

„Oliver?“ Tina zieht ihre Augenbrauen zusammen und überlegt angestrengt, welchen Oliver ich meinen könnte, bis ein Licht in ihrem Kopf aufgeht. „Oliver Falk, der Fussballer? Der Sohn...“

„Ja genau der.“ unterbreche ich sie.“

„Du hast mit ihm geschlafen, stimmts?“ Sie sieht mit einem Mal nicht mehr überrascht aus, sondern ein wissender Ausdruck breitet sich auf ihrem Gesicht aus. „Das ist ja wunder...“

„Sprich nicht weiter. Ich weiss nicht, was ich von letzter Nacht halten soll. Ich weiss aber, dass ich nicht noch einmal diesen Schmerz empfinden möchte, den ich nach Kimi erlebt habe. Ich besitze nicht mehr die Kraft, mein Leben abermals so in den Griff zu bekommen wie jetzt, falls mir das Herz nochmals gebrochen werden sollte. Es wird nichts ausser einer kurzen Affäre geben, wenn da überhaupt etwas ist. Vielleicht war es ja einfach eine einmalige Sache. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Oliver mehr als das möchte. Er ist leider nicht nur ein bekannter Fussballer, sondern ein richtiger Schürzenjäger.“

 

„Dann mach dir nicht so einen Kopf und geniesse diese Zeit.“

„Das habe ich mir auch gesagt, aber...“

„Was aber?“

„Ich habe Kimi geliebt. Für keinen Mann, der nach Kimi meinen Weg gekreuzt hat, habe ich so empfunden, wie für ihn.“ Ich atme kurz tief ein, bevor ich weiterrede. „Bis jetzt.“

Tinas Strahlen, mit dem sie mich soeben noch angelächelt hat, droht in sich zusammen zu fallen. Ich kann es förmlich sehen. Sie braucht nichts mehr zu sagen, denn ich weiss so schon, dass ich recht habe. Ich muss vorsichtig sein.

Ich sitze nun schon den ganzen Tag an meinem Schreibtisch und beantworte etliche E-Mails, nehme Anrufe entgegen und bringe meine Termine mit denen von Tina in Einklang. Mein Arbeitstag neigt sich langsam dem Ende zu. Aber heute freue ich mich nicht auf meine leere Wohnung. Seit langer Zeit ist es nicht mehr vorgekommen, dass ich meine Arbeit benutze, um nicht nach Hause gehen zu müssen.

Ich habe nichts mehr von Oliver gehört, seit er aus meiner Wohnung verschwunden ist. Er hat versprochen sich zu melden. Nur habe ich keine Ahnung, wann das sein wird und ich mache mich zum Deppen, indem ich voller Ungeduld auf ein Zeichen von ihm warte.

Ich bin enttäuscht von mir, dass ich mich in so wenigen Stunden zu einer verliebten Närrin machen konnte. Es schmerzt mich, wie schwach ich in Wirklichkeit bin. Wie konnte ich nur annehmen, ich wäre gegen alle Männer immun?

Ich greife nach meinem Smartphone, nachdem ein Signalton eine Nachricht angekündigt hat. Ich entsperre das Display und sehe einen Eingang einer Kurzmitteilung, von einer mir unbekannten Nummer. Mit meinem Zeigefinger drücke ich darauf und die Nachricht wird geöffnet. Vermisst du mich schon? O.F.

Ein Bild des Mannes, der mir den Kopf in kürzester Zeit verdreht hat, stiehlt sich vor mein inneres Auge. Der gut gebaute Mann, mit seinen ozeanblauen Augen, lächelt mich so unverhohlen an und ist so deutlich in meinen Erinnerungen, dass ich schon glaube, er stehe in seiner vollen Pracht vor mir.

„Träumst du von mir?“

Ich fliege beinahe zu Boden, als ich abrupt von meinem Stuhl aufspringe und in das schönste Gesicht sehe, das soeben meine Gedanken beherrscht hat. „Was? Aber...“ Ich starre verständnislos auf mein Smartphone, das ich immer noch umklammert halte.

„Deine Schwester war so nett und hat mir deine Privatnummer gegeben.“

„Ach so. Aber du hättest sie auch sicher ohne ihre Hilfe herausgefunden, nicht wahr?“ Ich lege mein Telefon hin.

„Sicher. Aber so ging es einfacher. Ich wollte dich nicht erschrecken.“ Er lächelt mich unverschämt an.

„Kannst du nicht anklopfen?“ Ich habe versucht, meiner Stimme einen ernsthaften Ton mitschwingen zu lassen, was mir jedoch kläglich misslingt, als er die Tür hinter sich schliesst und mit geschmeidigen Schritten quer durch das Büro auf mich zukommt.

„Das habe ich, aber du warst weit weg. Ich hoffe bei mir.“ Er legt seine Hände um meine Taille und zieht mich an sich, bevor sein Mund sich auf meinen senkt.

Alles um mich herum verschwindet. Ein einziger Kuss von ihm und meine Welt scheint völlig in Ordnung zu sein. Mir scheint, als könnte mir nichts anhaben und verliere mich in seinen starken Armen. Nach einem unbeschreiblichen, intensiven und langen Kuss lässt er langsam von mir ab und sieht mich lächelnd an und obwohl wir uns erst gerade geküsst haben, verlangen meine Lippen schon wieder nach seinem samtweichen Mund.

„Oliver.“ hauche ich. „Ich habe nicht erwartet, dich heute nochmals zu Gesicht zu bekommen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich schon damit gerechnet, heute gar nichts mehr von dir zu hören.“

„Ich habe versprochen, mich bei dir zu melden und meine Versprechen halte ich.“

„Du hast es mir nicht versprochen.“

„Das war auch gar nicht nötig, denn ich wusste, dass mich nichts davon abbringen kann, mich bei dir zu melden. Hast du Hunger?“

„Was hast du vor?“

„Eigentlich würde ich viel lieber dich vernaschen, aber das muss warten. Ich habe nämlich einen Riesenappetit.

Olivers Bodyguard erwartet uns vor meinem Büro und öffnet die Wagentür, sobald er uns aus der Tür treten sieht. Ich lasse mich auf der hinteren Sitzbank nieder. Oliver setzt sich neben mich und greift nach meiner Hand, die er auf sein rechtes Bein legt. Verlegen schaue ich nach vorne zu unserem Fahrer und als hätte Oliver meine Gedanken lesen können, entgegnet er: „Er wird nicht nach hinten sehen. Geschweige denn mit irgendjemandem darüber reden, was wir miteinander besprechen oder machen. Ich vertraue ihm.“

Es erstaunt mich, wie gross sein Vertrauen in andere Personen sein kann, wenn man seine Jugend in Betracht zieht. Irgendwann werde ich ihn darauf ansprechen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.

Jetzt geniesse ich erst einmal die Fahrt an Olivers Seite. Er hält meine Hand und streicht mit seinen Fingern sanft über meine Knöchel. Seine Wärme, die er ausstrahlt, ist mir nur allzu deutlich bewusst und ich muss mich beherrschen, nicht über ihn herzufallen.

Nachdem Mitchell den Wagen auf dem Parkplatz vor einem feinen Restaurant in der Umgebung von Herisau abgestellt hat, verschränkt Oliver seine Finger mit meinen und führt mich die Treppe hinauf, ohne mich auch nur eine Sekunde loszulassen. Kaum sind wir im Innern, kommt ein Kellner herbeigeeilt und begrüsst uns höflich.

„Schön Sie zu sehen, Herr Falk. Meine Dame.“ Er nickt mir kurz zu und wendet sich wieder an Oliver. „Darf ich Sie gleich an Ihren Tisch bringen oder möchten Sie vorher noch etwas an unserer Bar zu sich nehmen?“

„Hallo Darius. Heute lassen wir die Bar aus. Wir nehmen gerne eine kleine Erfrischung an unserem Tisch ein.“

„Ganz wie Sie wünschen.“ Der Kellner, der auf den Namen Darius hört, dreht sich um und wir folgen ihm, bis er an einem runden Tisch, in einer ruhigen Ecke stehen bleibt. Er zieht einen Stuhl hervor und bedeutet mir, mich darauf niederzulassen.

Ich bin es nicht gewohnt, soviel Aufmerksamkeit zu bekommen und fühle mich fast ein wenig fehl am Platz, was Oliver nicht zu entgehen scheint.

„Daran wirst du dich gewöhnen müssen.“

„An den Service oder an deine Anwesenheit?“

„An beides.“ Sein Lächeln leuchtet im Kerzenschein, das von den Kerzen in der Mitte des Tisches stammt. „Ich geniesse deine Gegenwart und hoffe, es ergeht dir genauso.“

Ich bin wirklich überrascht über seine Offenheit und sehe ihn eindringlich an, im Bemühen etwas Verräterisches in seinen Augen zu erkennen. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, ob er seine Worte ernst meint, oder ob er solche Dinge sagt, um auf diese Weise das zu bekommen, was er will. Weiss er, dass ich seinem Charme völlig erliege? Dass ich nicht anders kann, als mich in ihn zu verlieben? „Oliver...“

„Haben Sie schon etwas gewählt?“ unterbricht mich ein anderer Kellner, als der der uns an den Tisch begleitet hat, was mir sehr gelegen kommt.

„Ich hätte gerne die Spargelcrèmesuppe.“

„Für mich das Fischgericht.“

„Möchten Sie noch eine Flasche Wein dazu?“

„Bringen Sie uns eine Flasche Vega Sicilia.“

„Kommt sofort.“ Der junge Kellner geht mit eiligen Schritten Richtung Küche und verschwindet hinter einer Pendeltür.

„Was wolltest du mir sagen?“ Oliver nimmt zu meiner grossen Verzweiflung das Thema von vorhin wieder auf.

Ich sollte ihm auf der Stelle sagen, was ich fühle, dass ich nicht verletzt werden möchte, aber mein Mut lässt mich vollkommen im Stich. Ein Blick auf ihn und ich wünsche nichts sehnlicher, als in seinen Armen zu liegen, ihn zu küssen, zu berühren, zu schmecken. Ihm jetzt von meinen Gefühlen, die ich selbst nicht richtig verstehen kann, zu erzählen, würde mich weit von meinem Wunsch, der sich hoffentlich nach unserem gemeinsamen Essen erfüllt, entfernen. Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass auch Oliver nach unserem Restaurantbesuch, die gleichen Absichten hegt, wie ich.

„Ich kann meine Nachspeise kaum erwarten.“ Ich sehe ihm direkt in die Augen und befeuchte mit meiner Zunge langsam meine Lippen. Wenigstens habe ich ihm einen Teil davon erzählt, was mir im Kopf herumschwirrt.

Oliver greift über den Tisch und legt seine Hand auf meine. „Ich bin ganz deiner Meinung.“ Er lächelt mir verschmitzt zu. „Das Kleid steht dir hervorragend. Es unterstreicht die Farbe deiner Augen, die ein wunderschönes grün besitzen.“

Ich fühle mich wie ein kleines Mädchen, dass noch nie ein solches Kompliment erhalten hat und spüre, wie die Hitze meine Wangen dunkel färben. Dank dem schwachen Kerzenschein, das uns uns etwas Licht an unserem Tisch spendet, kann Oliver meine Verlegenheit nicht ansehen.

Der Kellner bringt uns die bestellte Flasche Rotwein, füllt etwas davon in Olivers Glas ein, der das edle Nass darin schwenkt und genüsslich probiert.

„Ausgezeichnet.“ Oliver stellt sein Glas wieder auf den Tisch, woraufhin der Ober unsere beide Gläser mit dem roten Getränk füllt.

„Das Essen wird gleich serviert, Herr Falk.“ teilt uns der Mann mit dem weissen Hemd und schwarzer Hose mit und verschwindet aus unserer Hörweite.

„Macht es dir nichts aus, dass man dich überall erkennt?“ Überall wo wir hingehen, wird Oliver mit seinem Namen angesprochen und man bringt ihm einen gewissen Respekt entgegen.

„Zugegebenermassen hatte ich anfangs so meine Schwierigkeiten. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran und solange sie dich in Ruhe lassen, ist alles in Ordnung.“

„Und wenn dir jemand zu nahe kommt?“

„Für das habe ich meinen Bodyguard.“ Oliver dreht sein Gesicht in jene Richtung, in der sich Mitchell befindet.

„Geht er überallhin, wo du hingehst?“

„Worauf willst du hinaus?“ Er sieht mich mit einem kühlen Blick an.

„Hat er keine Familie, Freunde, Bekannte?“

„Wir haben das schon geregelt. Diesbezüglich brauchst du dir keine Sorgen zu machen.“ Damit scheint diese Sache für ihn abgeschlossen zu sein.

„Hast du schon Erfahrungen mit Stalkerinnen gemacht?“

„Ja, sie sitzt mir gegenüber.“ Sein Lachen klingt herrlich und befreit, das aus seiner Kehle dringt und es macht mich glücklich, dass er sich mir gegenüber so unbeschwert benimmt.

Auch wenn er mir ausweicht und keine klare Antwort gibt, hacke ich nicht länger nach und geniesse seine entspannte Stimmung. Aber irgendwann möchte ich mehr darüber erfahren.

Das Essen schmeckte hervorragend und der Wein vollbrachte den Rest. Ich fühle mich beflügelt und frei von meinem plagenden Wissen, das seine Vergangenheit betrifft. Es ist mir bewusst, dass ich irgendwann mit ihm darüber reden muss, bevor mich die Schwere dieser Last erdrückt. Oder schlimmer noch, dass er aus einem anderen Grund erfährt, dass ich seine düstere Kindheit kenne.

Während wir auf der Rückbank kaum die Hände voneinander lassen können und uns mit Küssen übersäen, fährt Olivers Bodyguard zu mir nach Hause.

Unser Atem geht immer schneller und abgehackter und unsere Erregung steigert sich ins Unermessliche.

„Ich möchte dich spüren.“ flüstert Oliver in mein Ohr. „Ich kann mich kaum noch beherrschen.“

Ich rücke etwas von ihm ab und sehe ihn an. „Nein. Solange wir nicht alleine sind, passiert nicht mehr als fummeln. Komm das nächste Mal ohne dein Leibwächter.“

Olivers Mundwinkel wandern in die Höhe. „Das meine Süsse werde ich in meinem Gedächtnis behalten.“ und küsst mich heiss und innig.

Ein Räuspern zerrt uns aus unserer intimen Umarmung. Erst jetzt bemerke ich, dass wir uns gar nicht mehr bewegen, sondern vor meiner Wohnung stehen. Mitchell ist bereits ausgestiegen und hält Oliver und mir die Tür auf.

„Sie brauchen nicht hier unten zu warten. Ich melde mich bei Ihnen.“ sagt Oliver seinem breitschultrigen Bodyguard und zerrt mich im selben Moment mit sich.

„Endlich.“ stöhnt er an meinem Hals, als ich die Wohnungstür hinter uns verschlossen habe.

„Möchtest du etwas trinken?“ frage ich ihn, während ich meine Sandaletten von den Füssen streife.

„Von dir.“ Er hebt mich mit einer Leichtigkeit hoch und läuft mit schnellen, entschlossenen Schritten in mein Schlafzimmer. Als wäre ich das Kostbarste auf der Welt, legt er mich sanft auf das mit Satin bezogene Bett.

Er lächelt mich frech an und greift nach meinem Rocksaum. Gekonnt streift er mein Kleid über den Kopf und kann seinen Blick nicht mehr von meinem, nur noch mit Unterwäsche bekleideten Körper, abwenden. Der Glanz der in seine Augen tritt und das traumhafte Ozeanblau noch intensiviert, lässt mein Herz schneller schlagen.

 

Er befreit sich schnell von seinen Kleidern und während er seine Hose aufknöpft, entledige ich mich der Spitzenunterwäsche, die ich heute Morgen sorgsam ausgewählt und wie mir gerade bewusst wird, nur aus einem Grund angezogen habe. In der Hoffnung, dass Oliver mich besuchen kommt.

Er legt sich auf mich. Seine harte Erektion, die nicht zu ignorieren ist, drückt an meinen Bauch.

Mein Verlangen steigert sich ins Grenzenlose, als er seinen Mund um eine meiner Brustknospe legt und daran saugt.

„Oh bitte, Oliver. Nimm mich. Ich möchte dich in mir spüren.“ bringe ich zwischen meinen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Ohne auf meine Bitte einzugehen, wendet er sich meiner zweiten Knospe zu, die sich ihm bereits voller Erwartung entgegenreckt.

Meine Hände verfangen sich in seinen kurzen Haaren und zerre fein daran. Mein Becken bewegt sich kaum auf und ab, aber es hat genau die Wirkung, die ich herbeigewünscht habe.

Oliver stemmt sich auf seine Ellbogen neben meinem Kopf. Verharrt eine Sekunde und sieht mir tief in die Augen, bevor er seinen erigierten Penis tief in mich stösst.

Wir bewegen uns in einem gleichmässigen Rhythmus. Unsere Lippen suchen ständig die des anderen. Meine Finger krallen sich in seine straffen Pobacken, um ihn noch tiefer in mir aufzunehmen.

„Oh Verena, du bist einzigartig.“ stöhnt er laut auf, als er seine Männlichkeit mit wilden, harten Stössen in mich rammt. Seine Finger suchen nach meinem Venushügel und reiben ihn mit sanften Kreisen. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen und lasse mich von meinen starken Gefühlen treiben, bis mein Unterleib zu bersten droht. Meine Fingernägel bohren sich in seinen Rücken und als wir gemeinsam dem Höhepunkt entgegen steuern, klammere ich mich wie eine Ertrinkende an ihn.

Ich lächle Oliver an, der nackt ausgestreckt neben mir liegt und mit meinen Haaren spielt. Niemals hätte ich zu träumen gewagt, dass ich irgendwann mein Bett mit diesem fesselnden und geheimnisvollen Mann teile und doch ist es in den letzten dreissig Stunden schon das zweite Mal, dass wir uns in meinem Schlafzimmer befinden und unbekleidet nebeneinander liegen.

Ich küsse Oliver auf die Brust und kuschle mich in seine Armbeuge. Ein Hochgefühl der seltenen Art überkommt mich, als er seine Hand auf mein Hinterteil legt und mich fest an sich drückt. In diesem Augenblick wünsche ich mir nichts sehnlicher, als für immer hier mit ihm liegen bleiben zu können. Dass wir uns angeregt unterhalten, zusammen lachen und uns lieben. Dass uns niemand und nichts voneinander lösen kann.

Welchem Märchen geistere ich eigentlich hinterher? Ich würde gerne glauben, dass ihm unsere Bekanntschaft genauso viel bedeutet wie mir, aber tief in meinem Herzen weiss ich, dass dies nie der Fall sein wird. Ich passe nicht in die Reihe seiner Bekanntschaften, da bin ich mir ziemlich sicher. So wie auch mein Unterbewusstsein sagt, dass ich nur eine kleine Ablenkung, ein kurzer Zeitvertreib für ihn bin.

Mir fallen die Worte meiner Schwester wieder ein. Mach dir nicht so einen Kopf und geniesse diese Zeit. Und eben das mache ich jetzt auch. Ich wische meine unangenehmen Gedanken weg und blicke in sein markantes Gesicht, mit den eindrucksvollsten Augen, die ich je gesehen habe und die mich soeben gründlich mustern.

„Was hat dich dazu bewogen jenen Menschen zu helfen, die nach ihren Familienangehörigen suchen?“

„Es sind nicht nur Familienangehörigen. Es kann sich auch um alte Freunde handeln, die sich irgendwann in ihrem Leben aus den Augen verloren haben.“ entgegne ich ausweichend.

„Das kommt schlussendlich aufs Gleiche an. Aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“ Oliver dreht sich zur Seite, stützt sich auf seinem linken Arm ab und sieht mich eindringlich an. Ich lege mich auf den Rücken und sehe an die Decke.

„Wo soll ich beginnen?“

„Beim Anfang?“

Es ist zwar kein Geheimnis, warum ich meinen Job mache und doch ist es eine ganz private Geschichte. Ich hole tief Luft. „Vor fünf Jahren ertrug Tina, meine Schwester, den Gedanken nicht mehr, nicht zu wissen, wer ihre leiblichen Eltern sind. Sie hatte das Gefühl, als wisse sie nicht, wer sie ist. Sie bekam einfach keine Ruhe mehr, bis ich ihr angeboten habe ihr zu helfen, nach ihnen zu suchen.“

„Tina ist deine Adoptivschwester?“ fragt er mich ganz überrascht.

„Ja. Was aber nicht heisst, dass ich sie nicht wie eine echte Schwester betrachte. Wir verstanden uns immer gut. Dieses Wissen, dass sie nicht aus gleichem Fleisch und Blut ist, wie ich, hat uns eher zusammengeschweisst als auseinander gebracht.“

„Ist sie nicht älter als du?“

„Du möchtest wissen, warum ich eine Adoptivschwester habe?“ Ich warte seine Antwort gar nicht erst ab. „Meine Eltern versuchten mehrere Jahre ein Kind zu bekommen. Niemand fand einen wirklichen Grund für ihre Unfruchtbarkeit heraus und irgendwann haben sie die Hoffnung aufgegeben ein eigenes Kind zu bekommen und haben sich für eine Adoption entschieden. Tina, die in einem Babyfenster abgegeben wurde, kam mit acht Wochen zu meinen Eltern. Sie umsorgten und liebten sie vom ersten Tag an, an dem sie zu ihnen kam. Sie behandelten sie immer, als wäre sie ihr eigen Fleisch und Blut. Sie waren endlich eine glückliche Familie. Zwei Personen die sich von Herzen liebten, denen nach verzweifelten Versuchen schwanger zu werden, ein Mädchen geschenkt wurde. Nie im Traum hätten sie erwartet, dass meine Mutter zwei Jahre später im Spital liegen würde, um ein Kind zu gebären.“

„Deine Augen bekommen ein ganz besonderes Leuchten, wenn du von deinen Eltern sprichst. Du musst sie wirklich gern haben.“

„Ja. Sie bedeuten mir sehr viel.“

„Bewahre diese Liebe gut in deinem Herzen auf. Behandle Sie wie einen kostbaren Schatz. Denn ein solches Geschenk bekommen nicht alle.“ Obwohl er versucht nicht sarkastisch zu klingen, schwingt doch ein spöttischer Unterton in seiner Stimme mit.

Ich drehe mich zu ihm um, um in sein Gesicht sehen zu können, das zu einer starren Maske geworden ist. Nicht sicher, ob er sich von mir berühren lässt, strecke ich vorsichtig meine Hand nach ihm aus und lege sie auf seine Wange.

„Es tut mir leid, dass du keine solche Geborgenheit in deiner Kindheit erleben durftest, aber du hast...“

„Ich brauche dein Mitleid nicht, Verena.“ Seine Augen haben jeglichen Glanz verloren, den sie noch vor wenigen Minuten besessen haben. Sein Blick wirkt hart und kalt, als er sich aufsetzt. „Ich konnte gut auf die Liebe verzichten, die mir meine Eltern nicht geben wollten. Und ich kann es noch heute. Sieh mich an.“ Er zeigt mit seinem Zeigefinger auf sich. „Ich habe es weit geschafft und das alles ohne die Hilfe meiner Erzeuger. Warum versuchst du eigentlich nicht mehr, mich zu einem Treffen mit meiner Mutter zu bewegen? Es lag dir vor einigen Tagen noch so sehr am Herzen, warum jetzt nicht mehr?“

„Oliver“ sage ich kaum hörbar. Seine Frage bringt mich etwas aus der Fassung, aber überrascht bin ich nicht wirklich. Ich wusste, dass dieser Moment eines Tage kommen wird, nur habe ich gehofft, dass es noch eine Weile dauern wird, damit ich ihm eine ehrliche Antwort geben kann, wozu ich heute noch nicht in der Lage bin, weil mein Mut mich verlassen hat.

Ich verstehe seine Abneigung gegenüber seinen Eltern, aber dass er sich selbst so sehr belügt, macht mich traurig. „Ich wollte dich nicht verärgern. Und ja, du hast es verdammt weit gebracht, worauf du sehr stolz sein kannst.“

Er sieht mich abwartend und fragend an. Fieberhaft suche ich nach einer geeigneten Erklärung. „Weisst du noch, was du mir bei unserem Treffen gesagt hast?“

„Was?“ Er klingt wütend und sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an.

„Du hast mir genug deutlich erklärt, dass du deine Mutter weder hören noch sehen möchtest und das habe ich akzeptiert. Es ist ganz allein deine Entscheidung.“