Loe raamatut: «Pflanzenalchemie - Ein praktisches Handbuch - eBook»

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Pflanzenalchemie


Manfred M. Junius

Pflanzenalchemie

Ein praktisches Handbuch

Traditionelle Phytotherapie und Spagyrik

Heilkräftige Essenzen, Tinkturen und Elixiere selbst zubereiten

Herausgegeben von Olaf Rippe

AT Verlag

Allen Brüdern und Schwestern in der Kunst,

der kleinen Familie, der großen Familie.

Die Herausgabe dieses Buches wurde unterstützt von den Firmen

Aurora Pharma, meta Fackler, Spagyrik Pharma, Spagyros und Soluna.

Vollständig überarbeitete, aktualisierte und ergänzte Ausgabe des © 1982 unter demselben Titel im Ansata-Verlag, Interlaken, erschienenen Werks, basierend auf der vom Autor selbst vorgenommenen und erweiterten Übersetzung des von ihm ursprünglich © 1979 bei Edizioni Mediterranee, Rom, auf Italienisch herausgegebenen Buches »Alchimia verde. La preparazione alchemica delle sostanze vegetali«.

© 2016

AT Verlag, Aarau und München

Umschlagbild: Paul Struck, © Helga Thun Hohenstein

Bildbearbeitung: Vogt-Schild Druck, Derendingen

ISBN eBook 978-3-03800-089-1

www.at-verlag.ch

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Inhalt

Vorwort des Herausgebers Olaf Rippe

Geleitwort von Susanne Fischer-Rizzi

Vorwort von Manfred Junius zur deutschen Erstausgabe

Spagyria und Spagyrik – die Geheimnisse der alten Meister

Transmutation – die Kunst der Verwandlung

Signaturenlehre, was ist das?

Die Ratschläge des Basilius Valentinus

Die philosophischen Grundlagen der Alchemie

Die drei philosophischen Prinzipien, die vier Elemente und die Quintessenz

Die Smaragdtafel des Hermes Trismegistos

Hermetisches ABC

Die Wunder der Schöpfung

Intermezzo – Die Flüchtigmachung des Weinsteins

Merkur, Sulphur und Sal im Pflanzenreich

Praktische Hinweise zur Spagyrik

Der Auszug der drei philosophischen Prinzipien aus Pflanzen

Der Auszug der ätherischen Öle, das heißt des flüchtigen Sulphurs

Destillation durch Kochen in Wasser

Destillation von ätherischen Ölen mithilfe von Wasserdampf

Destillation von ätherischen Ölen mit Ölabscheider

Der Merkur

Die Separation

Die Reinigung

Die Besonderheiten von Helm und Auffanggefäß in der Destillation

Wasser ist nicht gleich Wasser

Der fixe Sulphur und sein Salz

Das Sal

Die Gestirne

Die Astrologie als Grundlage alchemistischer Arbeit

Die Nützlichkeit der Astrologie

Heilpflanzen und ihr Bezug zu den Gestirnen

Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn

»Die Gunst der Stunde« – Tage, Stunden und Rhythmen der Planeten

Das genaue Horoskop als Grundlage der alchemistischen Arbeit

Die Aufbereitung spagyrischer Tinkturen und Essenzen

Tinkturen

Spagyrische Tinktur durch Kalt-Mazeration

Spagyrische Tinktur mithilfe der Soxhlet-Extraktion

Essenzen

Aus Tinkturen hergestellte spagyrische Essenzen

Spagyrische Essenz aus frischen Pflanzen mithilfe von Vergärung

Spagyrische Essenz aus frischen Pflanzen mithilfe von Vergärung nach Zusatz vergärbaren Zuckers

Spagyrische Essenz aus frischen Pflanzen mit Abscheidung der ätherischen Öle und anschließender Vergärung des Rückstands

Die Methode Johann Georg Glaubers

Gemeinsamkeiten der beschriebenen Methoden

Die Zirkulation – der Weg zur vollendeten Arznei

ANHANG

Von den alten Meistern lernen: Historische Schriften

Das Pflanzenmagisterium des Paracelsus

Das Circulatum Minus des Urbigerus

Elixier – Clyssus – Pflanzenstein

Lebenselixier und Tonikum, überliefert durch Andreas Libavius

Das Opus Vegetabile des Johannes Isaac Hollandus

Von der Quintessenz des Weins

Alchemistische Zeichen und Symbole

Alte Gewichte

Nachwort von Manfred Junius: Wie können wir heilen?

Biografie Manfred Junius

Erweiterte Bibliografie

Der Herausgeber

Stichwortverzeichnis

Das Licht der Natur

Vorwort des Herausgebers Olaf Rippe zur Neuauflage

»Alle Erkenntnis der Welt, die wir Menschen auf Erden besitzen, stammt nur aus dem Lichte der Natur. Dieses Licht der Natur reicht vom Sichtbaren zum Unsichtbaren und ist hier so wunderbar wie dort. Im Lichte der Natur ist das Unsichtbare sichtbar.«

Paracelsus

Bücher haben eine Geschichte wie wir Menschen, und nur wenige entgehen dem Schicksal des Vergessens. Damit Bücher in unserem Gedächtnis bleiben, müssen sie entweder von einer bedeutenden Persönlichkeit stammen, oder sie befassen sich mit einem besonderen Inhalt, dem eine gewisse Zeitlosigkeit eigen ist, oder das Thema trifft den Nerv der Zeit. Bei dem vorliegenden Buch über die Pflanzenalchemie finden wir alle drei Gesichtspunkte vereint.

Der Autor Manfred Junius, der 2004 überraschend verstorben ist, war ein Botschafter der Kulturen. Als multilinguales Genie bereiste er die Welt und erforschte die Geistestraditionen von Orient und Okzident. Er lebte unter anderem in Deutschland, Italien, Indien und Australien, aber sein eigentliches Zuhause war überall dort, wo Menschen sich trafen, um miteinander schöpferisch tätig zu sein. Seine große Leidenschaft galt der Musik, und seine enorme Begabung machte ihn zum Meister der indischen Klassik. Von dort ist der Weg zur Alchemie nur ein Katzensprung. Töne wirken transformierend auf Körper, Seele und Geist ein, und genau dies will auch die Alchemie – dies durfte ich bei unserem ersten Treffen selbst erfahren.

Als ich Manfred Junius vor vielen Jahren in der Firma Soluna in Donauwörth kennenlernen durfte, erwartete ich ein tolles Seminar in Alchemie und Tipps vom Meister für die Praxis. Doch diese Erwartung wurde enttäuscht, dafür wurde ich um eine tiefe Erfahrung reicher. Anstelle der Laborarbeit spielte er für uns indische Musik und erläuterte deren Wirkung auf den Energiekörper. Selten hat mich eine Erfahrung so berührt, und tatsächlich erlebte ich eine direkte Resonanz, die ich als körperlich entgiftend, seelisch läuternd und als geistig belebend beschreiben möchte. Gerne hätte ich mehr Zeit mit dem Meister verbracht, doch leider verstarb er kurz darauf. Wie so oft gehen Wünsche aber doch irgendwie in Erfüllung, und zwölf Jahre nach seinem Tod machte mir der AT Verlag den Vorschlag, sein Buch »Pflanzenalchemie« neu herauszugeben.

Schon kurz nach Erscheinen 1980 hatte das Werk den Rang eines Klassikers. Nahezu alle, die sich seitdem mit Alchemie und Spagyrik befasst haben, wurden von diesem Buch inspiriert, auch mir ist es so gegangen. Was das Buch besonders auszeichnet, ist die Verknüpfung von Philosophie und Praxis, aber auch die Verbindung von Hermetik, Astrologie, Alchemie und Ethik, die nach Paracelsus, dem großen Vorbild aller Alchemisten, die vier Säulen der Heilkunst bilden.

Alchemisten sind Sinnsuchende, sie suchen nach dem geistigen Band, das diese Welt im Innersten zusammenhält. Sie betrachten die Natur und damit auch den Menschen auf mystische Weise. Sie studieren das Wesen der Elemente und das Wirken der Gestirne – entsprechend widmet Junius wesentliche Teile im Buch den philosophischen Grundlagen und der Astrologie. Im Mittelpunkt steht jedoch die Laborarbeit. Durch diese hat der Alchemist Anteil an der Göttlichkeit der Schöpfung, und letztendlich ist sein Streben nicht Gold, sondern die Liebe, von der Paracelsus meinte, sie wäre die höchste Arznei. Spätestens seit den Zeiten des Paracelsus geht es in der Alchemie jedoch ebenso um die Herstellung von hochwirksamen Arzneimitteln, die man als Spagyrik bezeichnet.

Die Vorgehensweise der Spagyrik hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur wenig geändert. Blättert man in historischen Texten, findet man ganz ähnliche Beschreibungen wie bei Junius, wenn man sie denn versteht, denn die alten Texte sind meistens sehr kryptisch und dementsprechend heute kaum mehr verständlich. Diesem Problem sah sich zweifellos auch Junius gegenüber, und deshalb ist sein Buch in weiten Teilen der gelungene Versuch, für uns die alten Texte zu entschlüsseln. Außerdem hatte er in dieser Hinsicht sicher gute Lehrer, ohne die es in der Alchemie nicht geht.

Immer wieder verwies er auf die Aktualität des Themas, indem er Herstellungsverfahren spagyrisch orientierter Pharmafirmen erwähnte. Da sich in den letzten vierzig Jahren enorm viel geändert hat, wurde dieser Aspekt in der aktuellen Neubearbeitung des Werks nochmals vertieft. Die Naturheilkunde erfreut sich einer stetig wachsenden Nachfrage, und ganz besonders gilt dies für spagyrische Präparate. Es erschien mir daher sinnvoll, die Besonderheiten mancher Firmen, die nach den in Junius’ Buch geschilderten Prinzipien arbeiten, eingehender darzustellen.

Der Zeitgeist verlangt nach einer neuen Betrachtung der Heilkunde – weg von einer reinen Methodik, hin zu einem Weg, in dem Philosophie und Heilkunst wieder miteinander verbunden sind. Das macht dieses Buch hoch aktuell, denn genau darum ist es Junius gegangen. In der ayurvedischen Medizin Indiens, mit der er sich intensiv befasste, kam es nie zu diesem Bruch, der bei uns in etwa mit der Renaissance einsetzte. Daher verwies er oft auf deren Heilwege, um die westliche Alchemie zu verdeutlichen. Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, wie viele Europäer zunächst den Weg über die östlichen Weisheiten gingen, um irgendwann festzustellen, dass ein vergleichbarer Schatz auch in unserer Kultur zu finden ist; auch mir selbst ist es so ergangen. Doch was heute weite Kreise zieht, war vor fast vierzig Jahren, als sein Buch erschien, noch weitgehend im Anfangsstadium. Insofern war sein Buch auch ein Stück Pionierarbeit.

Bei einer Neuauflage muss dies alles natürlich berücksichtigt werden. Ein schlichter Nachdruck ohne jede Änderung würde dem Zeitgeist nicht mehr entsprechen. Bei der Überarbeitung wurde dennoch größter Wert darauf gelegt, den Originaltext möglichst unverändert zu übernehmen. Wo es zum besseren Verständnis sinnvoll erschien und um die Aktualität zu unterstreichen, wurden jedoch einige Textpassagen neu strukturiert und mit Kommentaren und erklärenden Zusätzen versehen, auch ein Index darf heute nicht mehr fehlen. Eine wesentliche Neuerung ist zudem die umfassende Neubebilderung des Buches, da Alchemie eine bildhafte Symbolsprache ist; dementsprechend war auch ein zeitgemäßes neues Layout nötig.

In diesem Zusammenhang möchte ich Urs Hunziker vom AT Verlag danken, dass er diese Neuauflage möglich gemacht hat, ebenso den Firmen, die mir Bildmaterial zur Verfügung gestellt und die Arbeit als Sponsor unterstützt haben. Wir verdanken es nicht zuletzt diesen Firmen, dass die Alchemie heute so lebendig ist. Mein besonderer Dank gilt Dr. Ricarda Fackler, Karin Proeller, Helga Thun-Hohenstein, Patrick Baumann, Dr. Renato Kaiser und Hannes Richter für ihre Unterstützung.

Bedanken möchte ich mich besonders bei Susanne Fischer-Rizzi für ihre Beiträge. Sie hat Manfred Junius nicht nur gut gekannt, sondern hält mit ihrer Arbeit auch sein Lebenswerk auf besondere Weise lebendig.

Mein größter Dank gilt jedoch Manfred Junius selbst, der uns alle mit seinem Buch reich beschenkt hat, für die Ehre, die mir mit dessen Überarbeitung zuteil wurde.

Olaf Rippe, Ostern 2016

Die Renaissance der Alchemie

Geleitwort von Susanne Fischer-Rizzi

»Die Alchemie ist die Kunst der Suchenden.«

Manfred Junius

Dieses Buch erschien 1979 erstmals im italienischen Verlag Edizioni Mediterranee, 1982, vor fast 35 Jahren, folgte die deutsche Ausgabe im Schweizer Ansata Verlag. Nun liegt das Werk in einer überarbeiteten Neuauflage vor.

Mir scheint, gerade zur richtigen Zeit. Die Alchemie erlebt heute eine Renaissance. Viele, die sich mit Heilpflanzen, Naturheilkunde, Spagyrik und Traditioneller Europäischer Heilkunde beschäftigen, suchen nach einem verständlichen und anwendbaren Weg zur Alchemie. Dieses Buch ist von einem bedeutenden Alchemisten unserer Zeit verfasst, der mit Hingabe und Leidenschaft sein kostbares Wissen teilt – ein Glücksfall. Es ist ein praktischer Führer für die hermetische Kunst und eignet sich sehr gut für das selbstständige Arbeiten. Die Leserinnen und Leser werden in diesem Standardwerk nicht nur in die wichtigsten Grundkenntnisse der Alchemie und in die praktische alchemistische Laborarbeit eingeweiht, sondern finden auch leicht nachvollziehbare Rezepte zur Herstellung von heilkräftigen Essenzen, Tinkturen und Elixieren. Mit den Zuordnungen zu den Gestirnen, durch die Verbindung von Laborarbeit mit den Rhythmen der Planeten, wird die praktische alchemistische Arbeit in einen würdevollen kosmischen Zusammenhang gestellt. Selbst für weiterreichende, komplexe alchemistische Arbeiten wie das »Circulatum Minus des Urbigerus«, den »Pflanzenstein« und das »Pflanzenmagisterium des Paracelsus« vermittelt der Autor ein tiefes Verständnis, erläutert die Hintergründe und gibt praktische Anleitungen.

Ich besitze ein Exemplar der Ausgabe von 1982 mit einer Widmung des Autors. Manfred wünschte mir darin ganz herzlich alles Gute auf meinem alchemistischen Weg. Er fügte ein Zitat aus dem Rigveda hinzu: »Lasst edle Gedanken von allen Seiten zu uns kommen.« Wenn ich heute diese Zeilen lese, steht er wieder vor meinem geistigen Auge: ein großer, stattlicher Mann mit einer starken, lebendigen Präsenz. Eine Aura von Liebenswürdigkeit umgab ihn, man fühlte sich angenommen und vertraute ihm als Lehrer und Freund. Viele empfanden seine Nähe als heilend.

Was mich an Manfred besonders beeindruckte, war seine gelebte und authentische Bescheidenheit – ungewöhnlich für einen Menschen mit einem so enormen Wissen. Er beherrschte vierzehn Sprachen, war Professor für indische Musik, Doktor der Ayurvedamedizin und Experte in vielen weiteren Bereichen. Er war ein Suchender, ganz im Sinne der alchemistischen Tradition, bewegt von den Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach den Geheimnissen der Natur, dem Wunsch nach Erkenntnis.

Nachdem er in Deutschland Pharmakologie studiert hatte, ging er mit dreiundzwanzig Jahren nach Indien. Sein Interesse an indischer Musik und Tanz war in ihm als jungem Mann in Spanien geweckt worden. Als Achtzehnjähriger reiste er in dieses Land »auf der Suche nach dem verlorenen Orient innerhalb Europas«. Er tanzte drei Jahre lang als Mitglied des Spanischen Nationalballetts. Danach studierte er in London den nordindischen Tanz Kathak. Doch im Grunde suchte er nach den Wurzeln dieses Tanzes, nach dem Orient, den er in Spanien nicht gefunden hatte, und verließ deswegen Europa. Es zog ihn nach Indien. Dort sollte er die Hälfte seines Lebens verbringen.

Er studierte zunächst an der von Rabindranath Tagore gegründeten Vishva-Bharati-Universität und setzte seine Studien der indischen Musik achtzehn Jahre lang an verschiedenen Orten fort. Er saß als Schüler zu Füßen vieler großer Meister wie Ravi Shankar, Pandit Gopal Das und Ustad Asad Ali Khan. Es wurde ihm der Professorentitel für klassische indische Musik verliehen, und man feierte ihn in Indien als »fremdländischen Magier indischer Musik«. Gleichzeitig interessierte sich Manfred Junius auch für Alchemie und fand in Italien in seinem Freund und Lehrer Augusto Pancaldi, der in der italienischen Schweiz lebte, einen Meister, der ihn in die Geheimnisse der Alchemie einweihte. Die Alchemie und der Wunsch, heilen zu können, führte ihn weiter zur Ayurvedamedizin, die Alchemie und Heilkunst verbindet. Mit über fünfzig Jahren nahm er dazu ein Studium an der Universität in Poona auf und wurde in diesem Fach selbst Dozent an dieser Universität.

In allen Bereichen – Musik, Tanz, Alchemie, hinduistische Kultur, Heilkunst, Philosophie – fand er tiefes Wissen und Weisheit, erkannte die göttlichen, heiligen Gesetze und konnte wie kaum ein anderer Querverbindungen in diesen Bereichen ziehen. Er war ein »uomo universale«, wie in der italienischen Renaissance ein Universalgenie bezeichnet wurde, ein kosmopolitischer Mensch, der auch als spiritueller Lehrer viele Menschen inspirierte. In Indien wurde ihm der ehrenvolle Titel »Acharya« verliehen, die Bezeichnung eines hinduistischen religiösen Lehrers, der durch sein Verhalten anderen ein Beispiel ist.

Manfred Junius gab in Seminaren weltweit sein Wissen über Alchemie, Musik, Medizin, Astrologie weiter und inspirierte viele Menschen. Er erzählte uns, seinen Schülerinnen und Schülern, während der Laborarbeit oft spannende Geschichten aus der Alchemie. Er schöpfte dabei aus seinem reichhaltigen Wissen und seinen vielen Reisen auf der Suche nach Erkenntnis. Er nahm uns mit nach Spanien, zu den ersten Alchemisten in Europa, nach Indien zu den Alchemisten, die sich ganz dem Heilen verschrieben hatten, und brachte uns beeindruckende Persönlichkeiten der europäischen Alchemie wie Paracelsus näher. Von Junius hörte ich zum ersten Mal vom Leben und Wirken der Alchemistinnen in Alexandria, vom »Opus mulierum«, der alchemistischen Kunst der Frauen. Er inspirierte mich, dieser Spur zu folgen, meinen alchemistischen Weg mit ihrem zu verbinden. Ich folgte seinem Rat, woraus unter anderem eine Wanderausstellung über die Alchemistinnen der Geschichte, »Opus mulierum, die vergessene Kunst der Frauen«, entstanden ist.

Doch Manfred Junius wirkte nicht nur als Alchemist. Als begnadeter Musiker begeisterte er mit seiner Sitar und der Surbahar, der großen Schwester der Sitar, und gab zahlreiche Konzerte in Europa und Australien. Während unserer alchemistischen Arbeit spielte er oft oder gab davor oder danach Konzerte in einer nahegelegenen Stadt. Wer seiner Musik lauschte, konnte die »Alchemie der Musik«, die »Transformation durch Töne«, erleben.

Manfred Junius siedelte 1979 nach Australien über und gründete dort gemeinsam mit Dr. Krishna Kumar Australerba Laboratories, eine Firma, die spagyrische und ayurvedische Präparate herstellt. Als Logo der Firma diente ein Bild aus einem alchemistischen Buch, das Manfred Junius besonders am Herzen lag: ein Holzschnitt aus dem 1618 erschienenen Werk von Michael Maier »Atalanta Fugiens«, das einen Alchemisten zeigt, der auf der Suche nach Erkenntnis mit wachen Sinnen den Spuren der Göttin Natura folgt. Manfred Junius schreibt in seinem Buch dazu: »Die alten Meister empfehlen, stets der Natur zu folgen und diese die Arbeit von selbst tun zu lassen.« So inspirierte er seine Schülerinnen und Schüler zur genauen Beobachtung der Natur, zu einem tieferen Verständnis ihrer Weisheit, um Erkenntnis zu erlangen und als Schutz vor menschlicher Hybris.

2004 verstorben, hat Manfred Junius als Lehrer in den Bereichen Alchemie, Ayurveda und klassische indische Musik eine großes Lücke hinterlassen.

Sein Wirken in der Alchemie und in der Musik sah Junius immer auch als inneren Wachstumsprozess, ganz in der Tradition der Alchemie: wie außen so innen, wie oben so unten. Sie diente ihm zur Vervollkommnung der Persönlichkeit, zur inneren Reinigung, zu edlen Gedanken, wie er es in seiner Widmung in meinem Exemplar des Buches schrieb. Dies verlieh ihm seine besonders berührende Bescheidenheit und seine starke heilende Ausstrahlung.

Ich wünsche dem Buch, dass es in diesem Geist weiter wirkt und noch viele Leserinnen und Leser inspiriert.

Susanne Fischer-Rizzi

Vorwort von Manfred Junius zur deutschen Erstausgabe

Die Neubewertung natürlicher Heilmethoden in unserer Zeit führte zu einem ständig wachsenden Interesse an Heilpflanzen und deren klassischen – und damit auch den spagyrischen – Aufbereitungsmethoden. Die Spagyrik1 im Reich der Heilpflanzen besteht in der Anwendung alchemistischer bzw. als parachemisch zu bezeichnender Erkenntnisse und Methoden bei der Aufbereitung von Tinkturen, Essenzen und anderen Erzeugnissen aus den uns zur Verfügung stehenden Heilpflanzen. Das vorliegende Werk möchte dem Leser diese Methoden näherbringen.

Ich habe versucht, die Spagyrik ganzheitlich darzustellen. Ohne Kenntnis der Vorstellungswelt und der Hintergründe des spagyrischen Denkens wäre eine nur praktische Methodologie unvollständig. Die wichtigsten spagyrischen Aufbereitungsmethoden werden einzeln besprochen, entsprechende wichtige Textstellen sind im Original zitiert. Das Werk will zugleich als spagyrisches Experimentierbuch zur Praxis anregen. Es liegt in der Natur des behandelten Gebietes, dass ein derartiges Buch niemals vollständig sein kann, auch ist eine gewisse Uneinheitlichkeit schwer zu vermeiden. Das weite Gebiet der Spagyrik bietet sich eher wie ein Mosaik dar, das sich erst langsam durch die Mitarbeit des Lesers vervollständigt.

Es wird davon ausgegangen, dass der Leser grundlegende Kenntnisse der Heilpflanzenkunde besitzt bzw. bereit ist, sich diese zu erwerben. Aus diesem Grund handelt das vorliegende Werk nicht einzelne Heilpflanzen ab. Verschiedene ausgezeichnete Werke über dieses Gebiet sind leicht zu beschaffen, die Bibliografie enthält Hinweise dazu.

Grundsätzlich enthalten spagyrische Aufbereitungen die Heilkräfte der jeweils verwendeten Pflanzen, und zwar integral oder partiell. Durch bestimmte, der Spagyrik eigene Verfahren können diese Kräfte insgesamt oder auch einzeln weiter potenziert werden.

Die hermetische Terminologie befremdet den Nicht-Eingeweihten oft und kann leicht zu Missverständnissen führen; wir müssen uns daher mit der »Übersetzung« der oft sehr dramatischen und stets bildhaften Sprache vertraut machen, obgleich sie dadurch viel von ihrer Schönheit und Suggestivität verliert. Wer in einem Fachgeschäft für Laborbedarf einen Vorschlag für zweckmäßige Geräte zur »Extraktion der philosophischen Prinzipien aus Pflanzen« bekommen möchte oder nach einem geeigneten »Helm für Geister« fragt, wird einen ratlosen Blick ernten, es sei denn, der Verkäufer besäße selbst Kenntnisse der Spagyrik. Ein eingeweihter Spagyriker dagegen würde den Wunsch sofort verstehen und entsprechende Vorschläge machen können, denn hinter den zunächst absurd anmutenden Worten verbergen sich klare Begriffe.

Die Klassifizierung der Pflanzen nach den sieben alten Planeten kann bei modernen Astrologen Reformbedürfnisse wecken. Die moderne astrologische Forschung berücksichtigt auch die Transsaturnier und eventuell noch andere Einflüsse und Rhythmen. Aus Respekt gegenüber der klassischen Tradition habe ich mich bewusst auf die Siebenheit beschränkt. Außerdem muss zwischen den sieben planetarischen Prinzipien als solchen und deren Planeten unterschieden werden.

Die Parachemie ist der Öffentlichkeit in unserer Zeit immer mehr zugänglich geworden und wird heute in vielen Ländern praktiziert. Arzneien der führenden spagyrisch arbeitenden pharmazeutischen Industrie wie auch einzelner guter Spagyriker helfen Menschen in aller Welt.

Besonderen Dank schulde ich meinem Freund und Lehrer Augusto Pancaldi, Ascona; weiter Professor Dr. Krishna Kumar, vormals an der kalabresischen Staatsuniversität, später General Manager der Australerba Laboratorien in Adelaide, sowie dem führenden ayurvedischen Arzt Dr. Bhagwan Dash, Neu-Delhi, ebenfalls einer meiner hochverehrten Lehrer.

1Man findet in der Literatur unterschiedliche Schreibweisen: Spagyrik oder Spagirik, ebenso Alchemie, Alchimie und Alchymie. Junius bevorzugte die im Text verwendeten Schreibweisen »Spagyrik« und »Alchemie«. (Anm. d. Hrsg.)